Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck

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- KALIFORNIEN -

und schraubten uns bei inzwischen sehr heißen 35°C über den etwa 1.420 m hohen Mountain Pass hinunter in die Mojave Wüste; zu beiden Seiten aufragende Berge, vereinzelt ausgetrocknete Salzseen, sehr spärlicher Bewuchs, dann hinter einer Kurve riesige Sanddünen und mitten darauf Hunderte von sirrenden Windkrafträdern auf filigranen gitterförmigen Masten, die vor dem wolkenlosen blauen Himmel silbern in der Sonne glitzerten, ein wunderschöner Anblick. Ein kurzer Abstecher in die Calico Mountains führte uns zu der Hauptattraktion dieses Berggebietes, der Calico Ghost Town, eine verlassene Silberminensiedlung. Da man kaum eine Handvoll der Original-Häuser retten konnte, wurden neue nach altem Vorbild gebaut, quartierte man auf der Main Street entlang der hölzernen Bürgersteige eine rührige Andenkenindustrie ein, ließ eine kleine Eisenbahn durch das Gelände bimmeln und trieb damit auch den letzten Old-West-Ghost aus der Stadt. Wir kehrten jedenfalls auch ziemlich schnell auf unsere Hauptstrecke zurück.

Die nächsten 120 km entpuppten sich als sehr eintönig, ab und zu ging es durch verfallene Ortschaften, bis wir hinter Mojave den etwa 1.140 m hohen Tehachapi Pass überquerten. Die Landschaft wurde etwas lieblicher, die kleinen Ansiedlungen ein wenig gepflegter, bis wir nach wiederum ungefähr 120 km in die größere Universitätsstadt

- Bakersfield -

einfuhren. Es war bereits 7 p. m. und damit höchste Zeit für einen Stehplatz, den wir auch verhältnismäßig schnell auf einem hübsch angelegten privat geführten Campground am Stadtrand fanden, der der KOA angehörte, der größten Kette privater Campingplätze. In dem angegliederten kleinen Supermarkt konnten wir unsere Vorräte auffüllen und uns mit einigen frischen Zutaten für ein leckeres Abendessen eindecken. Dann genossen wir draußen auf „unserer“ Bank nach diesem heißen Tag noch eine Weile die laue Abendluft. Bereits um 9.30 p. m. lagen wir allerdings todmüde in unserem kuscheligen Doppelbett.

Dafür waren wir aber am nächsten Morgen schon um 7 a. m. recht ausgeschlafen wieder auf den Beinen. Schon um 8.30 a. m. ließen wir Bakersfield hinter uns. Die Sonne strahlte mit uns um die Wette, wir schienen ein Dauerabonnement bei Petrus zu haben. Flotte Countrymusik von inzwischen käuflich erworbenen Kassetten erhöhte unser Wohlbefinden. Zunächst führte uns der Highway durch sehr eintönige flache Landschaft, bis wir auf steilen Serpentinen sehr hoch in den Sierra National Forest hinaufkletterten.

Um 2.30 p. m. erreichten wir die Südspitze des

-Yosemite National Parks -

nach dem Grand Canyon das wohl bekannteste Naturschutzgebiet des Westens, 1984 von der UNESCO in die Liste der Weltnaturerbestätten übernommen. Über 3.081 Quadratkilometer erstreckt er sich entlang der westlichen Hänge der Sierra Nevada. Sehr beeindruckend im Mariposa Grove die zum Teil fast 3.000 Jahre alten gigantischen Mammutbäume (Sequoias), ihre Höhe liegt bei 85 m, und der Umfang erreicht bei einigen an der Basis imposante 35 m. Etwa 500 dieser Prachtexemplare findet man in diesem Hain, wegen der Zimtfarbe der Baumrinde, entstanden durch den reichen Anteil von Tannin, eine chemische Verbindung, werden sie auch Redwoods genannt.

Durch dichten Mischwald, zum Teil an atemberaubenden Abgründen entlang, arbeiteten wir uns hinunter in das Kerngebiet des Parks, das vom klaren Merced River durchflossene Yosemite Valley, ein etwa 13 km langes und bis zu 3 km breites grünes Hochtal, das 1.300 m hoch liegt und nur etwa 1% der Fläche des gesamten riesigen waldreichen Parks ausmacht. Gewaltige Granitfelsen ragen bis zu 1.400 m fast senkrecht auf.

Vom ersten Campground, den wir anfuhren, schickte uns ein Ranger zunächst zur Campground Reservation, die wir auch nach einigem Suchen im kleinen Yosemite Village fanden. Es war bereits sehr voll, aber Gott sei Dank bekamen wir noch einen Platz auf North Pines, der sich als sehr schön gelegen herausstellte, direkt am Merced River, unter riesigen Kiefern mit herrlichem Blick auf die umliegenden schroffen Berge. Entspannung war angesagt! Denkste! Unser Kühlschrank schlug Alarm, zeigte rotes Licht. Laut Anzeigetafel musste jedoch noch genügend Gas im Tank sein. Die Angaben stimmen allerdings manchmal nicht so ganz. Der Versuch, den Gasherd zu zünden, schlug auch fehl. Nun, da wir momentan sowieso nichts machen konnten, fanden wir uns mit dem Zustand ab, das im Tiefkühlfach als Vorrat gebunkerte Eis löffelten wir gemeinsam aus einer Suppenschüssel.

Einigermaßen erfrischt ließ ich meinen Herzallerliebsten lesend auf einem der zwei bequemen zusammenklappbaren Lehnstühle, die wir uns zusätzlich vom Vermieter geliehen hatten, am Ufer des plätschernden River zurück und ging auf Fotosafari. Tolle Motive gab es genug, außer der Natur hatten es mir auch die possierlichen Backenhörnchen angetan, die, wenn man sich ruhig verhielt, fast bis auf Streichelnähe herankamen und mich auf den Hinterbeinchen stehend oder sitzend, neugierig beäugten. Auf eine Begegnung mit den dort angeblich vorkommenden über zwei Dutzend Reptilienarten, geschweige denn einem Schwarz- oder Braunbären war ich allerdings nicht erpicht. Um 20 Fotos reicher kehrte ich sehr beeindruckt an unseren Standort zurück, um mich profaneren Dingen zuzuwenden, wie dem gemeinsamen Zubereiten des Abendessens. Der Tag war irgendwie wie im Fluge vergangen. Oh Wunder, der Backofen ließ sich wieder anzünden, und nach etlichen Versuchen bekamen wir auch den Kühlschrank wieder in Gang. Das Problem, von dem wir nicht wussten, wie es überhaupt entstanden war, konnten wir also abhaken. Mit großem Appetit verspeisten wir die frisch aufgebackenen Brötchen zu einem deftigen Eintopf und knackigen Würstchen. Das Dessert hatten wir ja bereits mit dem halb aufgetauten Eis schon vorweggenommen.

Sehr zufrieden mit uns und der Welt holten wir den zweiten Lehnstuhl aus dem Stauraum, und dann saßen wir zwei Alten gemütlich nebeneinander unter unserer weit ausladenden Kiefer, die Nachbarn waren hinter dichten Büschen verborgen. Zu unseren Füßen gurgelte der Merced River, am gegenüberliegenden Ufer loderten die Lagerfeuer der Zelter, leise Gitarrenklänge wehten herüber. Ein phantastischer Sternenhimmel erinnerte uns an unsere schon so lange zurückliegende Kennenlernphase, als mir ein zwanzigjähriger Student in sternklarer Nacht die Schwertgehänge des Jägers und andere mir bis dato völlig unbekannte Sternbilder aufzeigte. Ein blasser Mond tauchte die schroffen Felsen in ein weiches gespenstisches Licht, Romantik pur. Ein sehr schöner Abschluss für einen wieder wunderbaren Tag.

Am nächsten Morgen brachen wir, Wetter wie gehabt, zu einer ausgiebigen Erkundungsfahrt durch den Park auf, d.h. zunächst steuerten wir auf steil ansteigenden Serpentinen den 2.200 m hohen Glacier Point an. Der herrliche Blick auf die Gipfelschar des Parks, überragt vom 2.695 m hohen Half Dome, entschädigte mich für den sprunghaften Anstieg meines Adrenalinspiegels. Weiter ging es auf einem Scenic Drive an Schwindel erregenden Abgründen entlang, jeder Viewpoint wurde mitgenommen. Die viel gerühmten Yosemite Falls, ganz besonders der als traumhaft schön geschilderte Bridal Veil Fall (Brautschleier-Fall), zeigten sich in dieser Jahreszeit zwar etwas schmaler, aber trotzdem noch fotogen. Sehr beeindruckend jedoch der mächtige El Capitan, ein schwarzer Monolith mit einer über 1.000 m hohen senkrechten Wand, an der gerade wieder zwei wagemutige Freeclimber ihre Kräfte maßen, als winzige, sich ganz langsam bewegende Punkte waren sie unterhalb des Gipfels auszumachen.

Weiterhin atemberaubend ging es in westlicher Richtung aus dem Park hinaus, auf einsamer Straße noch eine ganze Weile durch imposante Hochgebirgslandschaft, pittoreske Städtchen boten eine willkommene Abwechslung, bis wir Richtung Norden abbogen und die Straße sich durch hügeliges saftig grünes Weideland schlängelte, auf dem riesige Rinderherden friedlich grasend dahin zogen und rassige Pferde beim näher Kommen unseres Ungetüms mit hoch erhobenen Schweifen davongaloppierten. Schmucke weit auseinander liegende weiße Farmhäuser mit ihren dekorativen schneeweißen Zäunen belebten das Bild. Einige Male ging es in langsamer Fahrt durch hübsche kleine Orte, wie Kulissen aus Hollywoodfilmen im Kleinstadtmilieu wirkend.

Nach etwa 185 km bogen wir kurz hinter Jackson auf einen wieder recht einsamen Highway ab, der uns nach weiteren 100 km in sehr engen Kehren über den 2.613 m hohen Carson Pass brachte. Nach der dritten scharfen Kurve lautes Poltern hinter uns, die Türsicherung des Kühlschranks hatte sich gelöst und der gesamte reichhaltige Inhalt sich bis in die letzten Ecken verteilt, na toll! Auf dem nächsten Parkplatz wurde der Schaden in mühevoller Kleinarbeit behoben. Noch wenige Meilen, dann breitete er sich in 2.000 m Höhe in voller Schönheit vor uns aus, der tiefblaue, als Reiseziel äußerst beliebte

- Lake Tahoe -.

Er ist knapp 35 km lang, bis zu 19 km breit und bis 490 m tief. Mit einer Gesamtfläche von 518 Quadratkilometern ist er damit ähnlich groß wie der Bodensee. Die selbst noch im Sommer schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada und der Carson Range erheben sich mehr als 1.200 m hoch über den Wasserspiegel. Der See liegt zu einem Drittel in NEVADA und zu zwei Dritteln in KALIFORNIEN. In dem zentralen Ort dieses Gebietes, in South Lake Tahoe, den wir nach etwa 10 km erreichten, verläuft die Grenze genau durch die Mitte. Dementsprechend ändert sich die Szenerie von einer Straßenseite zur anderen, in Kalifornien zahlreiche Motels und Geschäfte, Klein Las Vegas auf der anderen Seite mit luxuriösen Großhotels und Spielkasinos.

 

Wir fuhren zur Stehplatzsuche schnurstracks zur State Recreation Area am Sand Harbour Beach. Laut Auskunft eines Rangers war jedoch eine Übernachtung dort verboten. Also weiter in nördlicher Richtung auf der den See umrundenden Ringstraße, kein Campingplatz in der Nähe, und es wurde schon fast dunkel. Ein von der Straße her durch dichtes Buschwerk geschützter

- Scenic View Place -

kam uns da gerade recht. Wir verkrochen uns in die äußerste Ecke. Alle Vorhänge zur Straßenseite hin wurden geschlossen, um ja nicht entdeckt zu werden. Unser leckeres Abendessen verzehrten wir mit Blick auf Tausende von blinkenden Lichtern am weit entfernten kalifornischen Ufer des in tiefer Dunkelheit liegenden Sees, der Mond war hinter dicken Wolken verschwunden, keine Menschenseele weit und breit, auch keine Ortschaft in der Nähe. Über das Wasser fegte ein heulender Wind heran und versetzte unser Mobi in kräftige Schwingungen, etwas unheimlich! Da es auch empfindlich kalt wurde, krochen wir schon um 9.30 p. m. mit zusätzlicher Decke in unser wärmendes Bett und ließen uns in den Schlaf schaukeln.

Der nächste Morgen zeigte sich wieder sonnig, aber mit etwa 18°C sehr viel kühler, außerdem war es immer noch ziemlich stürmisch, weiße Schaumkronen, so weit das Auge blickte. Um 9.00 a. m. ging es wie immer gut gelaunt on the Road, immer direkt längs des Seeufers, streckenweise durch dichten Nadelwald, d.h. zum größten Teil hoch oben, wieder dicht an abgrundtiefen Schluchten entlang mit wundervollen Ausblicken auf die herrliche Landschaft. An der nördlichen Spitze erreichten wir die kalifornische Seite und damit eines der beliebtesten Skigebiete der Amerikaner. Die Hochgebirgswelt ist optimal für den Wintersport erschlossen. Das in einem reizvollen Hochtal gelegene Squaw Valley war 1960 Austragungsort der Olympischen Winterspiele. Am Ufer reiht sich ein Ort an den anderen, mehrere sehr schöne Badestrände locken auch im Sommer viele Gäste an. Vom hoch gelegenen Sugar Pine Point aus genossen wir noch einmal das überwältigende Panorama. Der Wind hatte sich gelegt, und als wir an der Südspitze einen letzten Blick über die Emerald Bay warfen, schimmerte sie in ihrer schönsten blaugrünen Farbe.

Quer durch bizarre Gebirgslandschaft leitete uns die Straße direkt gen

- Sacramento -

die Hauptstadt Kaliforniens, unser Tagesziel, in der wir um 14.30 p. m. eintrudelten. Wir stießen sofort auf eine hübsch angelegte Recreation Area direkt am Sacramento River, was wir natürlich endlich einmal wieder zu einer ausgiebigen Kuchenpause nutzten. Die anschließende Sightseeing Tour führte uns zunächst zu dem vom deutschstämmigen Johann (John) August Sutter im Jahre 1839 im von den Indianern übernommenen schlichten Adobe-Stil erbauten Fort, aus dem nach dessen Aufsehen erregendem Fund im Jahre 1848 und dem sich daraus ergebenden Goldrausch die spätere Metropole erwuchs. Das alte Festungswerk wurde nach Originalplänen detailgetreu wieder aufgebaut und bietet guten Anschauungsunterricht über die Landesgeschichte Kaliforniens und die Lebensweise der Pioniere vor dem Goldrausch.

Ein Blickfang im Stadtkern mit seinen von Bäumen gesäumten Straßen ist das von einem großen gepflegten Park umgebene Capitol, das zwischen 1860 und 1874 entstand und vor einigen Jahren liebevoll restauriert wurde. Das neoklassizistische Gebäude wird von einer riesigen vergoldeten Kuppel gekrönt, die in der Sonne glitzerte. Wegen der weiten Wege vom Parkplatz aus verzichteten wir auf eine ausführliche Besichtigung, ich schoss jedoch einige sehr schöne Erinnerungsfotos.

Weiter ging’s zum Historic Distrikt , etwa 1 km westlich vom Capitol am Flussufer des Sacramento River, mit seinen gemütlichen alten Häusern von Anfang bis Mitte des 19.Jahrhunderts, sehr hübsch restauriert. Als wir einen am Straßenrand in seinem Streifenwagen sitzenden Sheriff nach der Möglichkeit fragten, auf einem der vielen Parkplätze übernachten zu dürfen, bedauerte er, die Frage verneinen zu müssen, war aber sehr nett und geleitete uns zu einem RV-Parkplatz direkt unter einem stark befahrenen Freeway. Unmöglich, das war nichts für uns! Wir also über den Sacramento River zu einem KOA Campground, den wir uns schon vorher rausgesucht hatten. Inzwischen war es schon 7 p. m. und fast dunkel. Nachdem wir uns kurz verfahren hatten, fanden wir ihn endlich, er entpuppte sich aber als schrecklicher Platz, die Motorhomes standen dicht an dicht, 21 Dollar for nothing, nicht mit uns; also gewendet und nichts wie weg. Nach einigem Suchen stießen wir zu unserem Glück auf ein sehr hübsches Restaurant. Der Manager hatte nichts dagegen, dass wir nach dem Dinner die Nacht auf dem dazugehörigen Parkplatz verbrachten.

Für 26 Dollar incl. Tip und einer Karaffe Chablis genossen wir ein ausgesprochen leckeres Menü mit drei Gängen, ein wiederum sehr schöner Tagesabschluss.

Unser nächstes Ziel war die noch etwa 150 km entfernte Bodega Bay an der Pazifikküste. Wir fädelten uns also gegen 10 a. m. in den stark befahrenen Freeway Richtung San Francisco ein, bogen aber schon nach kurzer Zeit auf einen angebotenen Scenic Drive ab, der uns auf wunderschöner hügeliger Strecke durch das Sonoma Valley führte, das wie das benachbarte Napa Valley für seinen Weinanbau bekannt ist. So weit das Auge blickte, saftig grüne Rebstöcke, hübsch anzusehen die oft schlossähnlich wirkenden Weingüter. Die Sonne verwöhnte uns wieder mit warmen 25°C, also landeten wir am frühen Nachmittag in bester Urlaubsstimmung an der pazifischen Küste. Da wir so zeitig dran waren, ergatterten wir auf dem riesigen sehr hügeligen

- State Dunes Park -

einen der drei vorhandenen Plätze mit Aussicht auf die tief unten liegende weite Bodega Bay. Die Kuchenpause wurde mit kalten Drinks nach draußen verlegt. Während mein Schatz sich mit Fernglas und Lesestoff gemütlich auf seinem Lehnstuhl in der Sonne niederließ, machte ich zunächst einen kurzen Erkundungsgang. Da der Platz kein Restaurant besaß, deckte ich mich in dem kleinen Supermarkt mit den Zutaten für ein Abendessen an Bord ein.

Den Rest des Nachmittags genossen wir dann beide gemeinsam mit ausgiebigem Sonnenbad und spannender Urlaubslektüre. Die frische Seeluft machte Appetit, und so schmeckten uns die zarten Steaks aus der Pfanne und der knackige Salat, nicht zu vergessen der Wein aus dem Sonoma Valley, besonders gut. Der sich in der Bay spiegelnde Mond und Tausende von Sternen sowie die blinkenden Lichter vom Ufer der Bay sorgten wieder für einen äußerst romantischen Tagesabschluss.

Am nächsten Morgen ließ die Sonne sich etwas Zeit. Gegen 10 a. m. tasteten wir uns bei dichtem Nebel um die Bucht herum, der sich Gott sei Dank lichtete, als wir wieder auf den berühmten Highway One einbogen. Hoch über der Tomales Bay sorgten Schwindel erregende Abgründe wieder für einen rapiden Anstieg meines Adrenalinspiegels. Dazu war die Straßendecke noch sehr überholungsbedürftig. Ein kleiner Abstecher brachte uns zu den Muir Woods, einem der schönsten Redwood-Haine, ein mehr als 200 ha großes Waldgebiet mit riesigen, meist über 70 m hohen Mammutbäumen, von denen einige über 2.000 Jahre alt sind. Mit einem Umfang von etwa 6 m sind sie allerdings nicht ganz so gigantisch wie die in der Sierra Nevada.

Um 3 p. m. erreichten wir glücklich Sausalito, den nördlichen Vorort von

- San Francisco -.

Der Parkplatz direkt an der Marina kam uns gerade recht für unsere Kuchenpause. Die Hauptstraße an der Bucht war sehr überlaufen und lud nicht zum Verweilen ein. Also fuhren wir über die immer wieder faszinierende Golden Gate Bridge und landeten nach einigem Suchen auf einem Parkplatz im Presidio mit direktem Blick auf diese legendäre Brücke. Wir entschlossen uns spontan, dort die Nacht zuzubringen, da wir mit Gaby und Diethard erst am nächsten Tag verabredet waren. Die unmittelbare Nähe von Burger King verführte uns zu einem Fast Food Dinner. Für 8 Dollar wurden wir ausreichend satt. Na ja, solange man sich nicht täglich so ernährte! Unseren letzten Abend im Mobi verbrachten wir bei Kerzenschein und den restlichen „Tropfen“ Wein. Mit Blick auf die inzwischen hell erleuchtete Golden Gate ließen wir noch einmal die ganze herrliche Fahrt an uns vorüberziehen, mit dem Wohnmobil zu reisen, ist für uns einfach die schönste Art, Land und Leute kennen zu lernen!

Am nächsten Tag, einem Freitag, also Arbeitstag für unsere Tochter, bogen wir gegen 11 a. m. in die Pierce Street ein; große Begrüßung mit unserem Schwiegersohn, der erst nachmittags zur Uni musste. In aller Gemütsruhe räumten wir unsere persönlichen Sachen aus und machten uns an die Endsäuberung. In einem Klärwerk wurde das letzte Mal gedumpt und das restliche Wasser abgelassen. Dann schloss sich beim Vermieter in San Rafael der Kreis, laut Tacho waren wir 2.920 Meilen, also genau 4.698,28 km gefahren, bei 18 Tagen ein Tagesdurchschnitt von 261 km. Ein Highlight hatte sich an das andere gereiht, das mussten wir erst einmal in Ruhe verarbeiten.

Gegen 4.30 p. m. holte unsere Tochter uns mit „Mario“ ab, dem imposanten fahrbaren Untersatz. Da das Wetter wieder so toll war, fuhr sie mit uns zu den Marin Headlands auf der anderen Seite der Bay; von einem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus bot sich uns die Skyline dieser traumhaften Stadt, im Vordergrund die Golden Gate, noch einmal aus einer anderen, aber nicht minder tollen Perspektive dar, was natürlich auch in etlichen Fotos festgehalten werden musste. Nach riesigen Eisbechern im nahen Sausalito kehrten wir in die Pierce Street zurück, wo wir dann später zu viert fröhlich in Gabys Geburtstag hineinfeierten.

Da es ein Sonnabend war, konnten wir ihn richtig genießen. Gegen 1 p. m. machten wir von Fisherman’s Wharf aus eine eineinhalbstündige Rundtour mit dem Schiff, vorbei an der ehemaligen Gefängnisinsel Alcatraz, auch „The Rock“ genannt, berühmt-berüchtigt durch seinen prominentesten „Gast“, den legendären Gangsterboss Al Capone, inzwischen umfunktioniert zu einem Museum, zur Golden Gate und zurück bis unter die auch aus der Sicht sehr imposante zweigeschossige Oakland Bay Bridge. Bei herrlicher Sonne ließen wir uns auf der Terrasse eines hübschen Cafés an Pier 39 leckeren Kuchen schmecken mit bester Aussicht auf die Bay und das rege Leben und Treiben rundherum. Auf im Hafenbecken verankerten Pontons hatten es sich ganz besondere Gäste bequem gemacht, eine große Anzahl von Seelöwen, die, ohne sich von den vielen Touristen stören zu lassen, im hellen Sonnenschein vor sich hin dösten.

Am Abend genossen wir in einem im sechsten Stock in Chinatown gelegenen sehr edlen chinesischen Restaurant ein ausgesprochen leckeres Dinner. Zum Ausklang probierten wir in einer bekannten gemütlichen Bar ein paar wohlschmeckende exotische Cocktails, bevor wir leicht beschwipst, der Driver natürlich ausgenommen, auf Umwegen über steile Straßen am frühen Sonntagmorgen hochgestimmt nach Hause zurückkehrten.

Kurz nach 1 p. m. machten wir uns wieder mit einem vollen Picknickkoffer auf den Weg in den Golden Gate Park, wo wir uns nach altbewährtem Muster vier Stunden lang den Sommernachtstraum von Shakespeare zu Gemüte führten. Das Wetter spielte wieder prächtig mit. Der Tag wurde zu Hause mit einem lustigen Spielabend beschlossen.

Die Zeit bis Mittwoch nutzten wir bei anhaltend schönem Wetter für Ausflüge in die nicht minder schöne Umgebung. Den ganzen Dienstag hatten wir beiden Alten sogar den heiß geliebten Mario allein zur Verfügung, der uns brav zum Abschied noch einmal kreuz und quer durch die Stadt schaukelte, ein letztes Mal über die Golden Gate, dann hinüber nach Berkeley, eine sehr gepflegte Universitätsstadt mit weiten Parkanlagen in hügeliger Landschaft, weiter durch die benachbarte Industriestadt Oakland, aufgelockert durch ihren 64 ha großen Lake Merritt, ein idyllisch mitten in Downtown gelegener Salzwasser-Freizeitsee, und zurück über die untere Fahrbahn der doppelstöckigen Bay Bridge.

 

Am Donnerstag schlug endgültig die Abschiedsstunde. Gaby brachte uns um 2.30 p. m. zum Flughafen, pünktlich um 4 p. m. hob unsere Maschine ab. Die Zeit verging wieder wie im Fluge, ab und zu wurden wir etwas durchgeschüttelt, dafür entschädigte uns ein rot glühender Sonnenaufgang zum Frühstück. Um 10.00 Uhr ebenso pünktliche Landung im sonnigen, aber merklich kühleren Düsseldorf. Die Heimat hatte uns wieder, ein traumhafter Urlaub war zu Ende.

Genau dreizehn Tage später, am 18.10.89, bekamen wir frühmorgens den Schock unseres Lebens. Im Radio kam die Entsetzen auslösende Nachricht, dass San Francisco am Nachmittag des vorhergehenden Tages, also wenn man die Zeitverschiebung berücksichtigt, etwa 6 Stunden vorher vom schwersten Erdbeben seit 1906, das damals die Stadt fast vollständig in Schutt und Asche gelegt hatte, erschüttert wurde, und zwar erreichte es eine Stärke von 6,9 Punkten auf der Richterskala. Am stärksten betroffen war ausgerechnet die Marina, das Viertel, in dem unsere Lieben wohnten. Viele Häuser seien eingestürzt, überall Brände aufgeflammt, die Oakland Bay Bridge, auf der wir noch 14 Tage zuvor unterwegs waren, sei zum Teil zusammengebrochen, und ganz besonders dort hätte es viele Tote gegeben.

Unsere Versuche, telefonisch durchzukommen, scheiterten natürlich. Bei Anrufen innerhalb der Familie versuchten wir uns gegenseitig zu beruhigen, auch gute Freunde meldeten sich, um uns aufzurichten. Die inzwischen im Fernsehen erscheinenden Schreckensbilder trugen nicht gerade dazu bei. Dann endlich am Nachmittag der erlösende Anruf von Gaby, es ginge ihnen beiden gut, sie dürften nur vorläufig ihr Haus nicht betreten, rundherum waren einige eingestürzt, die Feuerwehr war mit dem Löschen der Brände beschäftigt, es herrsche totales Chaos. Als es losging, waren beide getrennt unterwegs, Gaby hatte gerade nach Feierabend den Fahrstuhl im Bürohochhaus verlassen und war auf dem Weg zur nahe gelegenen Bushaltestelle. Bei den ersten Erschütterungen rannte sie zusammen mit anderen Passanten geistesgegenwärtig in den nächsten Eingang, gerade noch rechtzeitig, bevor herabstürzende Scheiben und Mauerwerk mit großem Getöse auf Fußweg und Straße zerbarsten, Panik überall!

Als der Spuk vorbei war, schlug sie sich bis zur Pierce Street durch, wo sie dann das schon beschriebene Chaos vorfand. Erst als Diethard endlich nach einiger Zeit heil eintraf, er war in der Uni gewesen und zusammen mit seinen Kommilitonen auf freies Gelände geflüchtet, konnten beide erleichtert aufatmen. Und auch uns waren Riesensteine vom Herzen gefallen! San Francisco, eine traumhaft schöne Stadt, aber auf Dauer leben möchte ich dort nicht, denn wegen ihrer Lage genau auf der San-Andreas-Linie, an der sich die in entgegengesetzte Richtungen driftende Pazifische und die Nordamerikanische Platte reiben, ist sie extrem erdbebengefährdet. Schon seit Jahren prophezeien Naturforscher und Wissenschaftler „The Big One“, das die ganze Stadt vernichten wird. Hoffen wir, dass sie sich irren.