Schatz des Dharma

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Unreines und reines Karma

Ich möchte jetzt auf die Erklärung über Karma zurückkommen, weil ich finde, daß dies näher ausgeführt werden sollte. Sie fragen vielleicht, was die körperlichen, sprachlichen und geistigen Handlungen sind, auf die wir Bezug genommen haben. Die Handlungen, über die wir hier sprechen, sind diejenigen, die die Ursache für Glück oder Leid werden. Karma wird im allgemeinen in zwei Arten eingeteilt, in unreines und reines Karma; in anderen Worten, Karma, das Resultate innerhalb bedingten Daseins verursacht, und Karma, das Resultate außerhalb bedingten Daseins verursacht. Dieses wird erst dann erzeugt, wenn eine Person direkte Erkenntnis der Leerheit (Skt. Schunyata) erlangt hat. Karma, das ein Resultat innerhalb des bedingten Daseins erzeugt, wird ebenfalls in zwei Arten unterteilt, in heilsames und unheilsames unreines Karma. Damit Sie sich einen Begriff davon machen können, stellen Sie sich einen Kreis vor, der das bedingte Dasein darstellt. Auf diesem Bild sind zwei Pfeile; der eine zeigt nach oben, der andere nach unten. Diese Pfeile symbolisieren heilsame und unheilsame Handlungen. Außerhalb des Kreises ist ein weiterer Pfeil, der reines Karma symbolisiert, das heißt Handlungen, die die Ursache für das Erlangen der Befreiung sind. Der Kreis selbst stellt die Handlungen dar, die wir auf unserer jetzigen Stufe der Existenz ansammeln, nicht die von Arya-Wesen, das heißt von denen, die direkte Erkenntnis der Leerheit erlangt haben. Alle Handlungen innerhalb des Kreises sind unrein. Die zwei Pfeile deuten an, daß eine unreine Handlung entweder heilsam oder unheilsam sein kann. Die heilsamen Handlungen innerhalb bedingten Daseins sind die Ursache für Glück, die unheilsamen sind die Ursache für Leid.

Da auf unserer jetzigen Stufe unheilsame unreine Handlungen für alles Leid, das wir erfahren, verantwortlich sind, ist es diese Art von Handlungen, die wir zuerst beseitigen müssen. Bis wir direkte Erkenntnis der Leerheit erlangt haben, müssen wir heilsame unreine Handlungen ausführen, um die Ursachen für Glück und letztlich die vollständige Befreiung zu erzeugen. Da wir zur Zeit nicht fähig sind, reine Handlungen auszuführen, müssen wir unser möglichstes tun, um unheilsame unreine Handlungen zu beseitigen und heilsame unreine Handlungen auszuführen. Das sind zum Beispiel Anwendungen wie Großzügigkeit, Geduld und gewohnheitsmäßiges, reines ethisches Verhalten. Solche Handlungen sind das Mittel, durch das wir auf unser letztliches Ziel der Befreiung hin Fortschritte machen können. Wenn wir dann direkte Erkenntnis der Leerheit, der letztlichen Natur aller Phänomene, erlangen, werden wir fähig sein, uns aus bedingtem Dasein zu lösen. Als Folge dieser Erkenntnis werden unsere zuvor unreinen heilsamen Handlungen in reine heilsame Handlungen umgewandelt werden, und durch die Kraft dieser Umwandlung werden wir das Leid und seine Ursachen entwurzeln können. Wir sollten daher nicht fälschlicherweise denken, alle Handlungen seien eine Ursache für Wiedergeburt in bedingtem Dasein. Vielmehr müssen wir unterscheiden zwischen Handlungen, die unrein oder rein sind. Auch wenn unreine heilsame Handlungen ein Resultat innerhalb bedingten Daseins erzeugen, werden sie zunächst benötigt, um die Fähigkeit zu entwickeln, reine heilsame Handlungen auszuführen. Wenn wir zum Beispiel in ein Flugzeug einsteigen wollen, müssen wir zunächst einige Stufen erklimmen. Diese sind nötig, um in das Flugzeug zu gelangen, aber wenn wir einmal an Bord sind, brauchen wir sie nicht mehr, und sie können weggenommen werden. Reines Karma ist wie der Flug eines Flugzeugs. Die Stufen, die zur Tür hinaufführen, sind unreinen heilsamen Handlungen ähnlich. Wir können die Stufen nicht vermeiden, sie sind notwendig. Und wenn wir versuchen, unreine heilsame Handlungen zu vermeiden, weil wir sagen, sie seien eine Ursache für bedingtes Dasein, wäre dies unsinnig, weil sie genau das Mittel sind, mit dem wir die höheren Stufen erreichen.

Karma bezieht sich auf unsere täglichen Tätigkeiten, und abgesehen von diesen Tätigkeiten gibt es kein großes „Etwas“ außerhalb von uns, das unser Glück oder Leid verursacht. Wenn wir eine schlechte Handlung wie Töten oder Stehlen ausführen, wird das Resultat dieser Handlung sowohl in diesem als auch in zukünftigen Leben entstehen. In diesem Leben werden wir vielleicht von anderen verachtet und verletzt, und in zukünftigen Leben werden wir als Folge ähnliches erleiden. Wenn wir dagegen ein gutes Leben führen, uns Großzügigkeit zur Gewohnheit geworden ist und wir einer fehlerfreien Ethik folgen, werden wir das Resultat nicht nur in zukünftigen Leben erfahren, sondern selbst in diesem Leben werden sich sehr gute Wirkungen zeigen.

Konzentrative Meditation

Da viele von Ihnen an punktförmiger Konzentration interessiert sind, werde ich nun eine andere Methode erklären, die Sie anwenden können. Nachdem ich Ihnen diese Methoden gegeben habe, sollten Sie daran denken, daß unser Hauptziel ist, den Geist zu entwickeln und umzuwandeln, und daher diejenige Methode anwenden, die Sie als die leichteste und nützlichste für sich erachten.

Bei der Visualisation der Kanäle im Körper haben wir uns die unteren Enden der Kanäle vier Fingerbreit unterhalb des Nabels vorgestellt. An diesem Kreuzungspunkt wollen wir nun einen kleinen roten Lichtpunkt visualisieren. Jetzt zum Beispiel sitzen wir hier im Meditationsraum. Wenn wir uns aber vorstellen, daß wir zu Hause in einem Sessel im Wohnzimmer sitzen, sehen wir das ganz deutlich. Wir können uns auf der gegenüberliegenden Seite ein Büchergestell vorstellen, zu unserer Linken ein Fenster, das auf den Rasen hinausschaut, und zu unserer Rechten einen Kamin mit einer Uhr auf dem Sims und so weiter. Eine solche Visualisation ist ganz einfach. Wenn unsere Vorstellung kräftig ist, können wir fast den Eindruck haben, wir säßen daheim in einem Sessel. Auf die gleiche Weise werden wir, wenn wir mit dieser Meditation vertraut werden, fähig sein, uns selbst im Innern dieses roten Lichtpunkts zu visualisieren. Diese Art der Anwendung, die darauf ausgerichtet ist, punktförmige Konzentration zu entwickeln, ist sehr schwierig, und am Anfang werden wir sie nicht lange ausführen können. Vielmehr sollten wir mehrere kurze Sitzungen mit vielen Pausen dazwischen machen. Wir sollten einige Minuten meditieren, dann kurz rasten und dann wieder meditieren. Wenn wir so fortschreitend üben, wird unsere Konzentration allmählich zunehmen. Gewöhnlich erklärt ein Meditationsmeister jeweils nur einen kleinen Teil der Meditation, und der Schüler übt das, bis er diesen Teil meistert. Da die Zeit zu kurz ist, wird uns das nicht möglich sein, und so werde ich jetzt einige Methoden erklären, die Sie später anwenden können. Es wird am Anfang nicht leicht sein, das kann ich Ihnen versichern. Aber wenn Sie sich anstrengen, wird es von sehr großem Nutzen sein.

Wenn manche Leute diese Visualisation eines roten Lichtpunkts zu schwierig finden, gibt es eine andere Methode, die sie versuchen können. Bei dieser Meditation liegt der Konzentrationspunkt acht Fingerbreit oberhalb des Punkts zwischen den Augenbrauen. Legen Sie zuerst die vier Finger der linken Hand horizontal auf die Stirn. Der kleine Finger sollte sich gerade über dem Punkt in der Mitte zwischen den Augenbrauen befinden. Dann legen Sie die vier Finger der rechten Hand horizontal über die der linken. Auf diese Weise finden Sie auf dem Kopf einen Punkt nahe der Stelle, wo die Schädeldecke bei einem Baby eine Zeitlang nach der Geburt weich bleibt. Das ist der Punkt, an dem der zentrale Kanal und die beiden Seitenkanäle den Scheitel des Kopfes erreichen und sich dann wie der Griff eines Regenschirms in einer Rundung abwärts krümmen, bis sie in der Mitte zwischen den Augenbrauen beziehungsweise an den beiden Nasenlöchern enden. Hier, im Innern des zentralen Kanals, an der Stelle, gerade bevor er sich abwärts krümmt, visualisieren wir einen Punkt leuchtend weißen Lichts etwa in der Größe einer Erbse, wie eine winzige, weiße Glühbirne. Dieser Punkt liegt unter der Schädeldecke und über dem Gehirn. Die richtige Stelle ist sehr wichtig, und daher müssen wir sie genau bestimmen. Diesen leuchtenden, weißen Punkt sollte man sich in der Natur von Glück vorstellen. Wenn wir diese Meditation ausführen, muß unser Geist voll auf diesen Punkt konzentriert sein. So sehr, daß wir wirklich den Eindruck haben, unser Geist werde mit diesem Punkt eins.

Diese Art der Meditation wird einzig zum Zweck des Entwickelns punktförmiger Konzentration ausgeführt und hat nichts mit Untersuchen oder Analysieren zu tun. In gewisser Hinsicht ist sie ganz einfach. Wir können uns selbst leicht in einer bestimmten Situation vorstellen und auch die Umgebung und die verschiedenen Tätigkeiten, die in der Nähe vor sich gehen, visualisieren. In dieser Meditation visualisieren wir uns innerhalb dieses Lichtpunkts. Zeichen des Fortschritts werden bei beharrlicher Anwendung dieser Meditation auftreten. Wenn wir uns auf den Lichtpunkt unterhalb des Nabels konzentrieren, werden die Zeichen dort entstehen. Und wenn wir uns auf den Lichtpunkt am Scheitel konzentrieren, wird die Empfindung dort beginnen.

So habe ich nun vier verschiedene Meditationsanwendungen erklärt. Die erste ist die neunfache Atemmeditation, die zweite ist das Zählen der Ein- und Ausatmungen, und die dritte und vierte sind die Meditationen über Lichtpunkte.

Die Geistesfaktoren

Wie ich früher gesagt habe, ist geistiges Karma viel stärker als körperliches oder sprachliches Karma, und wir sammeln es viel schneller an. Da die Tätigkeiten und Funktionen des Geistes von entscheidender Bedeutung sind, werde ich nun über die Geistesfaktoren sprechen. Im allgemeinen sagen wir, daß es zwei Arten von Wissenschaft gibt, Wissenschaft, die sich mit der äußeren Welt beschäftigt, und Wissenschaft, die sich mit der inneren Welt beschäftigt wie mit der Erforschung der Natur des Geistes. Die folgende Erläuterung mag hilfreich sein, um westliche Psychologie zu verstehen, und ebenso mag westliche Psychologie hilfreich sein, um diese Erläuterung zu verstehen. Der Schlüsselpunkt ist jedenfalls: wenn wir die genaue Funktionsweise der Geistesfaktoren klar verstehen, wird es sehr hilfreich für das Verständnis der Natur unseres Geistes sein. Wir können wieder das Beispiel eines Flugzeugs benützen, um das zu verdeutlichen. Wenn wir durch den Raum fliegen, ist es das Flugzeug selbst, das steigt und sinkt oder geradeaus fliegt. Aber im Innern des Flugzeugs, im Cockpit, gibt es viele Hebel und Knöpfe, die gedrückt oder geschaltet, nach links oder rechts bewegt werden müssen und bewirken, daß das Flugzeug steigt oder sinkt, hierhin oder dorthin, schnell oder langsam fliegt. Die Höhe des Flugzeugs, Richtung, Geschwindigkeit und so weiter hängen von diesen Schaltern und Hebeln ab. In gleicher Weise hängt der Geist von den Geistesfaktoren ab, die bei seiner Wahrnehmung von Objekten funktionieren. Genauso wie viele Schalter und Hebel am richtigen Funktionieren eines Flugzeugs beteiligt sind, so sind auch zahlreiche Faktoren am richtigen Funktionieren unseres Geistes beteiligt.

 

In Wirklichkeit gibt es eine große Zahl von Geistesfaktoren, aber hier werden wir uns mit einer Einteilung in einundfünfzig Faktoren befassen. Von diesen einundfünfzig Geistesfaktoren müssen einige immer anwesend sein, damit der Geist richtig funktioniert, einige lenken den Geist in eine heilsame Richtung, und einige führen zu unheilsamen Handlungen. Diese einundfünfzig Geistesfaktoren sind in sechs Arten unterteilt: die fünf immer-anwesenden Faktoren, die fünf Objekt-bestimmenden Faktoren, die elf heilsamen Faktoren, die sechs Wurzelverblendungen, die zwanzig Sekundär-Verblendungen und die vier wechselbaren Faktoren.

(Ausführliche Erklärungen der Geistesfaktoren: Siehe Gesche Rabten, „The Mind and its Functions“.)

Wir werden mit der Erklärung der fünf immer-anwesenden Faktoren beginnen, aber zuerst lassen Sie mich Ihnen kurz eine Vorstellung von der Natur des Geistes selbst geben. Er kann unterteilt werden in den Hauptgeist und in die Geistesfaktoren. Der Hauptgeist ist der Geist, der Objekte wahrnimmt, der versteht, was erklärt wird, und der die Dinge der Erinnerung übergibt. Das wird im weiteren Verlauf noch ausführlicher erläutert werden. Während ich jetzt zu Ihnen spreche, ist es Ihr Hauptgeist, der über den Gegenstand des Vortrags nachdenkt, doch ist das nur eine seiner vielen Funktionen.

Die fünf immer-anwesenden Faktoren

1 Aufmerksamkeit

Die erste Gruppe der Geistesfaktoren ist die der fünf immer-anwesenden Faktoren. Der erste davon ist Aufmerksamkeit. Dies ist ein wahrnehmender Faktor, der den Hauptgeist in Tätigkeit setzt und ihn zu seinem Objekt lenkt. Es kann ein Objekt des Gesichtssinns, des Gehörsinns, des Geruchssinns, des Geschmackssinns oder des Tastsinns wie auch ein Objekt des Denksinns sein.

2 Erkennen

Der zweite immer-anwesende Faktor ist Erkennen. Das ist ein wahrnehmender Faktor, der den Hauptgeist zu einem bestimmten Objekt hinführt. Er ist wie ein Lenkrad, das es ermöglicht, ein Auto die Straße entlang zu steuern und nicht ziellos von einer Seite zur andern hin- und herzupendeln. Wenn wir zum Beispiel unseren Geist auf ein weißes Objekt richten, ist er nicht gleichzeitig auf ein gelbes Objekt gerichtet. Ähnlich ist er, wenn er auf ein gelbes Objekt gerichtet ist, nicht auf ein rotes Objekt gerichtet. Dieser Geistesfaktor befähigt den Geist, sich auf ein bestimmtes Objekt zu richten, ohne es mit einem anderen zu verwechseln. Wenn wir auf eine Gruppe von Leuten schauen, macht dieser Faktor, das Erkennen, es uns möglich, eine bestimmte Person aus der Menge herauszufinden.

3 Berührung

Der dritte Geistesfaktor ist Berührung. Berührung entsteht aus der Wechselwirkung zwischen Objekt, Sinnesorgan und Sinnesbewußtsein und bereitet den Geist darauf vor, entweder eine angenehme, eine unangenehme oder eine neutrale Empfindung zu erfahren, je nach der Natur des Objekts. Der eigentliche Geistesfaktor der Empfindung wird nach der Berührung wirksam. Diese Erklärungen mögen ziemlich schwierig sein, und so müssen Sie sehr gründlich darüber nachdenken.

4 Empfindung

Der vierte immer-anwesende Geistesfaktor ist Empfindung. Sie erfährt entweder angenehme, unangenehme oder neutrale Gefühle in Abhängigkeit von der Berührung mit ihrem Objekt.

5 In-Betracht-Ziehen

Der fünfte immer-anwesende Geistesfaktor ist In-Betracht-Ziehen. Das In-Betracht-Ziehen benennt sein Objekt, das heißt, nachdem es sein Objekt erkannt hat, wird es von ihm mit einem Namen oder einer Vorstellung belegt. Wenn wir zum Beispiel auf einer Bergwiese mit vielen blühenden Wildblumen sind, erlaubt uns dieser Faktor, jede einzelne Blume zu erkennen und zu benennen.

Diese fünf immer-anwesenden Faktoren begleiten den Geist, wann immer er funktioniert. Da sie so schnell arbeiten, ist es für uns sehr schwierig, sie zu erkennen. Wenn dem Geist irgendeiner dieser fünf Faktoren fehlt oder wenn einer von ihnen nicht richtig funktioniert, wird der Geist selbst nicht funktionieren. Durch Nachdenken über diese Faktoren werden wir ein klareres Bild von unserem Geist bekommen.

Diese fünf immer-anwesenden Geistesfaktoren arbeiten nicht nur in Verbindung mit dem Denkbewußtsein, sondern auch mit jeder der fünf Arten von Sinnesbewußtsein. So wie sie für das richtige Funktionieren des Denkbewußtseins nötig sind, müssen sie auch vorhanden sein, damit Tastsinn, Geschmackssinn, Geruchssinn, Gehörsinn und Gesichtssinn funktionieren können.

Die fünf Objekt-bestimmenden Faktoren

Die zweite Gruppe von Geistesfaktoren ist die der fünf Objekt-bestimmenden Faktoren.

1 Streben

Der erste davon ist Streben. Streben ist der Aspekt des Geistes, der ein Objekt bei seinem Anblick besitzen möchte und zu diesem Zweck nach Mitteln sucht. Wenn zum Beispiel jemand entdeckt, daß an einem bestimmten Ort ein Schatz versteckt liegt, wird er sich bemühen, ihn zu bekommen. Oder, im Hinblick auf das Dharma, wenn man eine bestimmte Unterweisung interessant findet, bemüht man sich, diese Unterweisung zu erhalten. Aufgrund des Verständnisses dieser beiden Beispiele sollten Sie aus Ihrer eigenen Erfahrung andere finden können.

2 Mögen

Der zweite Objekt-bestimmende Faktor ist Mögen. Dies bezieht sich nicht auf eine gewöhnliche Art und Weise, etwas zu mögen, sondern auf eine vorteilhafte Einschätzung, die entsteht, nachdem das Objekt von einer gültigen oder idealen Wahrnehmung klar erkannt worden ist. Als Folge einer solchen Wahrnehmung entsteht ein Verständnis des Objekts, das völlige Gewißheit über das, was erkannt worden ist, beinhaltet. Man überlegt, dieses Objekt ist genau so und nicht anders. Wenn zum Beispiel eine Person gültig weiß, daß ein Ort sehr ruhig ist, wird sie, nachdem sie erkannt hat, daß dies so ist, ihn immer als einen ruhigen Ort einschätzen, auch wenn jemand kommt und das Gegenteil behauptet. Wieder sollte Ihnen Ihre eigene Erfahrung weitere Beispiele liefern.

Ohne ein Verständnis dieser Geistesfaktoren, denken wir vielleicht nur, daß in unserem Geist Gedanken kommen und gehen, ohne die Einzelheiten zu kennen, wie sie das tun. Aber mit Verständnis beginnen wir zu sehen, daß der Vorgang subtil ist und viele verschiedene Aspekte daran beteiligt sind, die wechselseitig zusammenarbeiten müssen. Wenn wir einmal ein Objekt oder eine Auffassung fest eingeschätzt haben, wird sich unsere Einstellung nicht ändern, selbst wenn uns jemand sagt, unsere Ansicht sei falsch und eine andere Ansicht sei richtig.

3 Erinnern

Der dritte Objekt-bestimmende Faktor ist Erinnern. Dieser Geistesfaktor tritt als Folge unserer Wahrnehmung eines Objekts oder einer Situation auf und ermöglicht es uns, es im Geist zu behalten. Wenn wir zum Beispiel eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen haben und uns plötzlich daran erinnern, denken wir, daß sich unser Geist daran erinnert hat. Tatsächlich ist es aber eine Funktion dieses speziellen Geistesfaktors der Erinnerung.

4 Konzentration

Der vierte Objekt-bestimmende Faktor ist Konzentration. Dies ist der Geistesfaktor, der sich punktförmig auf ein bestimmtes Objekt setzt oder konzentriert. Die Dauer der Konzentration muß nicht lang sein, vielleicht nur einen oder zwei Augenblicke. Hier ist das Wort Konzentration eine Übersetzung des Sanskritwortes Samadhi, aber in diesem Fall muß das Samadhi nicht sehr lang oder tief sein. Wenn der Geist sich während irgendeiner Zeitspanne, und wenn sie noch so kurz ist, auf ein Objekt richtet, wird dies als Konzentration betrachtet. Wir sollten daher diesen Geistesfaktor nicht mit der Bedeutung von Samadhi verwechseln, die im Westen recht bekannt ist und sich auf eine bestimmte Art der Meditation bezieht. Das ist hier nicht gemeint.

5 Intelligenz

Der fünfte Objekt-bestimmende Faktor ist die Intelligenz, wovon der höchste und reinste Ausdruck Weisheit ist. Dies ist ein Geistesfaktor, der Objekte nach ihrer Beschaffenheit unterscheidet. Er macht zum Beispiel einen Unterschied zwischen dem, was richtig und unrichtig ist, was getan und nicht getan werden sollte, was fehlerfrei und was falsch ist. Ehe wir darangehen, etwas zu tun, müssen wir die richtige Art und Weise, es zu tun, bestimmen. Wenn es auf eine Art getan wird, entstehen vielleicht negative Resultate, während es, wenn es auf andere Art getan wird, vielleicht positive Wirkungen verursacht. Dieser Geistesfaktor befähigt uns, über die richtige Vorgehensweise zu entscheiden. Es ist zum Beispiel wichtig, daß wir, wenn wir auf einem schmalen und gefährlichen Bergweg gehen, sehr aufmerksam sind, damit wir nicht hinunterfallen oder uns verletzen.

Das sind die fünf Objekt-bestimmenden Faktoren. Tatsächlich arbeiten der Hauptgeist und diese Geistesfaktoren wechselseitig zusammen, aber jeder von ihnen hat eine bestimmte Rolle auszuführen, damit der Geist richtig funktioniert. Es ist ähnlich wie das Malen eines Thangkas, das ein Bild eines Buddha oder einer Meditationsgottheit auf Stoff ist. Zuerst skizzieren wir leicht die ganze Form des Buddha, und danach beginnen wir, die verschiedenen Farben aufzutragen. Das Ergebnis ist eine schöne, gut gemalte Darstellung des Buddha. Auf die gleiche Weise ist der Hauptgeist wie die Skizze. Er nimmt das Objekt als Ganzes wahr, in großen Zügen, und dann werden die besonderen Merkmale von den verschiedenen Geistesfaktoren eingefügt, was mit den Farben auf dem Bild verglichen werden kann.

Wie die fünf immer-anwesenden Faktoren, so sind auch die fünf Objekt-bestimmenden Faktoren nötig, damit der Geist richtig funktionieren kann. Sie sind für die Anwendung von Dharma sehr nützlich und besonders für die Meditation. Wenn zum Beispiel Streben nach dem Erreichen des Ziels der Anwendung vorhanden ist, wird es die Energie liefern, die nötig ist, um die Anwendung bis zu ihrer Vollendung durchzuführen, und man wird nicht müde oder entmutigt werden. In Verbindung mit Mögen wird unsere Anwendung fest werden, und unsere Zielstrebigkeit und unsere Entschlossenheit werden nicht leicht ins Schwanken gebracht, wenn wir Schwierigkeiten begegnen. Wir brauchen auch Erinnerung, um den Geist auf das Meditationsobjekt zu richten und dort zu halten, wobei wir auf Störungen achten, die Ablenkung verursachen könnten. Auch Konzentration ist sehr wichtig, um den Geist auf das Objekt gerichtet zu halten. Obwohl zuerst unsere Konzentration vielleicht sehr kurz ist, wenn wir in der Anwendung beständig bleiben, wird sie immer länger werden, und schließlich werden wir fähig sein, mehrere Tage hintereinander in punktförmiger Konzentration zu verweilen. Auch Intelligenz ist wichtig für jeden Aspekt der Dharma-Anwendung, um zu entscheiden, welche Handlungen richtig und welche nicht richtig sind. In der Meditation zum Beispiel müssen wir prüfen, ob wir über die richtigen Dinge meditieren. Mit der Kraft der Intelligenz können wir entscheiden, ob wir Korrekturen oder Änderungen machen müssen oder nicht.