Za darmo

Tahiti: Roman aus der Südsee. Dritter Band.

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»Du hast mir und ihr auch noch Vorwürfe zu machen, nicht wahr, Du böser, nichtsnutziger Wi-Wi?« rief aber das Mädchen, trotzig sich die Locken aus der Stirn schüttelnd und mit zornigem Blick ihn anblitzend – »Wehe über Dich; aber die Strafe bleibt Dir nicht aus, und dann denk' an mich, dann erschein' ich Dir in Deinen Träumen und quäle und martere Dich, trockne Dir Falten in die Wangen und bleiche Dir das Haar – denk' an Aia.«

»Tolles Mädchen was hast Du?« lachte aber René – »kann ich dafür, wenn jene Kriegsschiffe vielleicht ungerecht dies Volk überfallen und sich unterwerfen? trag' ich die Schuld des vergossenen Blutes und all der darum vergossenen Thränen?«

»Nein, Gott sei Dank nicht das auch noch,« sagte Aia, »doch genug, übergenug davon zu reden. Aber ich bin nicht zu Dir gekommen, falscher Ferani, sondern zu Deinem Weib – ich will mein Wort lösen, das ich ihr einst gegeben.«

»Dein Wort Aia?«

»Sagte ich Dir nicht, daß wenn Dich Alle verließen und von Dir gingen, ich zu Dir kommen und bei Dir bleiben würde, und daß wir dann lachen und singen und tanzen und es toller treiben wollten, wie alle Anderen zusammen? – und Gott weiß es, sie treiben's toll genug.«

»Aber wunderliches Mädchen Du« sagte Sadie, während dennoch ein eigenes, wehes Gefühl ihr dabei das Herz durchzuckte, »wie fällst Du auf solch traurige Gedanken – wer hat Dir die Grillen in den Kopf gesetzt?«

»Und gehst Du nicht zurück nach Atiu?« rief Aia schnell und fast freudig.

»Allerdings geh ich dorthin.«

»Und René geht mit Dir?«

»Allerdings.«

»Aber jetzt? – gleich? – auf einem Schiff?«

»Wenn auch nicht jetzt in einem Schiff, Aia« nahm hier René das Wort, während Aia leise und traurig mit dem Kopf nickte, »doch sobald ich darf – sie lassen mich noch nicht hier fort.«

»Wer? – die Wi-Wis? – die Kanakas halten Dich doch wahrlich nicht, Ferani,« rief Aia zornig.

»Die Kanakas nein,« lachte René, »aber meine eigenen Landsleute, eines tollen Streiches der Deinigen wegen.«

»Ja ich weiß wohl« sagte das Mädchen unheimlich lachend, »Ihr helft einander wo Ihr nur könnt; ich habe das selber erfahren zu meinem Leid – aber fort mit Dir, nicht zu Dir bin ich gekommen, mit Dir zu plaudern – nimmst Du mich mit, Sadie?«

»Nach Atiu?« rief Sadie rasch und freudig.

»Wohin Du gehst« sagte das wilde Mädchen leise und herzlich.

»Und willst Du dem tollen schlechten Leben entsagen?« frug Sadie ihre Hand in tiefer Rührung ergreifend – »willst Du bei mir bleiben, und mit mir leben von nun an?«

»Wohin Du gehst« flüsterte Aia und schaute ihr dabei recht still und wehmüthig in's Auge.

»Aber Aia« sagte René, »wenn Du mitreisen willst, wo hast Du Deine Sachen, Deine Matte, Deine Kleider? – das Boot wird gleich kommen Euch abzuholen.«

Aia erröthete und schüttelte unwillig mit dem Kopf —

»Was Kleider, was Matte, ich habe Nichts auf der weiten Welt und – brauche Nichts. Eine Matte finde ich in Atiu darauf zu schlafen, oder Blätter und Gras genug für ein Lager, und die Brodfrucht ist so süß dort wie hier – und süßer – viel süßer« setzte sie mit weicherer Stimme hinzu.

»Ich habe Matten genug für Dich, Aia« sagte Sadie herzlich.

»Ich weiß Du bist gut« flüsterte das Mädchen – »aber ich hatte selber eine Matte, nur gestern und vorgestern – schlief ich – schlief ich bei der alten Hexe im Haus, die sie Mütterchen Tot nennen – und die behielt mir für Schlafen und – aber was brauch' ich's auch« setzte sie unwillig hinzu – »mag sie zu Gift dem ersten werden, der sich d'rauf bettet.«

»Aia – «

Das Mädchen wandte den Kopf scheu und beschämt zur Seite, aber ihr Blick traf ein weißes Segel, das eben über der Landspitze sichtbar wurde, und durch das Binnenwasser der Riffe kam, von vier kräftigen Matrosen gerudert, ein scharfgebautes schlankes Boot schäumend heran. Sie deutete mit der Hand hinüber und wie mit einem Messer stach es nach Sadie's Herzen, denn das Boot das dort herbeischoß – war bestimmt sie aus den Armen des Gatten, zum ersten Mal von seiner Brust zu reißen. Sie wurde todtenbleich und Aia sprang zu sie zu unterstützen.

»Sadie – Sadie« bat René, der rasch seinen Arm um sie schlug und sie an sein Herz zog, »mein armes süßes Kind fasse Dich – nur für wenige Wochen ist es ja – Tage vielleicht, die ich getrennt von Dir bin, und die Zeit wird rasch und leicht vorübergehn – grüße mir mein Atiu indessen.«

»René – René!« weinte die Frau an seinem Hals und schmiegte sich an seine Brust, als ob sie ihn nie und nimmer lassen könnte – und Aia stand daneben, die großen hellen Thränen ihr rasch die Wangen niederjagend, und ihr Blick haftete in einer eigenen Mischung von Zorn und Angst und Schmerz auf dem Mann. Aber sie sprach kein Wort und die Arme jetzt krampfhaft fest über der Brust gekreuzt blieb sie in ihrer Stellung regungslos der Gruppe gegenüber.

Auf einen Wink René's trug indeß das Mädchen, das sie ebenfalls hinüber begleiten sollte, das letzte Gepäck zum Strand hinunter, dem der Bug des Wallfischbootes rasch entgegenstrebte, und Sadiens Stirn dann küssend flüsterte er noch einmal:

»Komm Kind, komm – faß Dich mein süßes Lieb – sieh was müssen die Matrosen davon denken, die gleich hier bei uns sind. Um Gott, was fehlt Dir nur?«

»Nichts – nichts;« flüsterte Sadie leise und suchte sich aufzurichten – sie deckte einen Moment die Augen mit ihrer linken Hand und das rasche Wogen ihrer Brust verrieth jetzt allein noch den Sturm der in ihr tobe. »Es ist vorbei« sagte sie dann nach kleiner Pause mit leiser, aber wieder fester Stimme – »es ist Alles vorbei.«

Aia wandte sich ab, und hielt beide Hände jetzt fest an ihr Herz gepreßt, René aber rief mit lauter freudiger Stimme:

»Und da drüben beginnen wir dann ein neues, freudiges Leben – so wirf den Gram und Kummer von Dir mein herziges Weib; sieh, da sind die Leute, und ungeduldig winkt mir der Bootssteurer schon und zeigt nach dem Schiff – sie dürfen nicht länger zögern – leb wohl Sadie!«

Wieder warf sich die Frau an seine Brust – aber es war nur ein Moment, nur die fast krampfhafte Wirkung des Trennungsworts, dann sich gewaltsam emporraffend griff sie nach ihrem Kind und reichte es ihm hinauf.

»Da – küß Dein Kind noch einmal« flüsterte sie ihm zu.

»Aber Sadie, quälst Du Dich doch als ob es eine Trennung auf Jahre gälte; fasse Dich Lieb.«

»Küsse Dein Kind« bat die Frau, und das kleine liebe Ding hatte schon die Aermchen um des Vaters Nacken gelegt, und preßte seine rosigen Lippen auf seinen Mund – »und nun leb wohl René« sagte sie dann und ihr Antlitz, wenn auch noch von Thränen überströmt, hatte ganz wieder seine alte Ruhe gewonnen – »leb wohl René und schütze Dich – schütze Dich Gott!«

»Mein liebes Weib – «

»So – so, das ist gut, und nun mein Kind – fort, fort nach Atiu« – und unter Thränen lächelnd hob sie die Kleine sich auf den Arm; noch einmal hingen ihre Lippen in langem heißen Kuß an denen des Gatten, und sich selber aus seinem Arm reißend floh sie hinunter zum Boot, wo die Leute schon ungeduldig standen und sie erwarteten.

»Segel auf da vorn!« rief indeß der Bootssteuerer der hinten, mit dem langen Riemen im Eisenring, stand und die Abschiedsscene mit spöttischem Lächeln betrachtet hatte – »und aufgepaßt da mit Euerem Bug, daß wir nicht auf den Sand kommen – Alles klar?«

»Halt! die Wahine da soll auch noch mit« rief Einer der Leute.

»Wetter noch einmal, über all das Weibervolk« brummte der Wallfischfänger leise vor sich hin – »wird eine schöne Fahrt werden.«

»So leb wohl Aia« rief der davon Springenden René noch freundlich nach – aber Aia kümmerte sich nicht um ihn; ihr Blick hing an dem schmerzlich durchzuckten Antlitz Sadiens – sie hörte kaum daß ihr die Matrosen zuriefen sich zu eilen, und im Boot kauerte sie neben der schlanken Gestalt der Frau nieder und barg, den Arm um sie hergeschlagen, ihr Antlitz in ihrem Kleid.

»Alles klar da vorn« schallte die rauhe Stimme des Bootssteuerers.

»Alles klar!« lautete die Antwort.

»Ab mit Euch – stoßt ab.« Die Riemen wurden eingesetzt, der Bug des schlanken Fahrzeugs flog herum, und das Segel, das bis jetzt rasch und heftig gegen den schwanken Mast geschlagen, blähte weit aus in der frischen günstigen Brise, daß das schlanke Boot schon im nächsten Augenblick hineinpreßte in die klare Fluth, und den weißgekräußten wie gläsernen Schaum zu beiden Seiten hinausspritzte.

»Joranna René – Joranna!« rief ihm die Frau noch hinüber, und ihre rechte Hand, während sie mit der linken das Kind an sich preßte, winkte und grüßte den Zurückgebliebenen.

»Joranna, Joranna!« schallte der Ruf zurück klar und deutlich mit der Brise über das Wasser – »Joranna!« Aber das Boot schäumte durch die Fluth – weiter und weiter drängte der Kiel dem Lande ab, der schmalen Einfahrt des Hafens zu und draußen, mit backgebraßten Segeln, lag schon das Schiff, der Ankunft des Bootes harrend, mit wehender Flagge noch, wie es den Hafen von Papetee verlassen. Jetzt hatte das schnelle Boot die offene See erreicht, mehr und mehr näherte es sich dem Wallfischfänger; jetzt fiel das Segel, René konnte deutlich die Leute erkennen, wie sie hinaufliefen an der Seitenwand – das Boot stieg empor, die Raaen flogen herum und »Joranna« hauchten seine Lippen das Abschiedswort, als das wackere Schiff die frische Brise faßte, Segel auf Segel sich noch entfaltete, und der schlanke Bau in seinen Formen in immer weiterer Ferne mehr und mehr zusammenschmolz, bis er, ein weißer Punkt noch auf der dunkelblauen Fläche ruhte und – verschwand.