Za darmo

Inselwelt. Zweiter Band. Australische Skizzen.

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Die übrigen waren gern damit einverstanden. Erschöpft und matt fühlten sich Alle, und die Provisionssäcke wurden geöffnet, den Körper nach den überstandenen Strapazen wenigstens in etwas zu stärken. Das beendet, brachen sie wieder auf, jetzt aber mit dem festen Entschluß, an dem ersten Wasserloch, das sie erreichen würden, einen vollen Rasttag zu machen, und wenn sie ihre Lebensmittel bis auf die letzte Krume aufzehrten. Die Minen konnten sie dann bald wieder erreichen.

Noch einmal folgten sie jetzt der trockenen Schlucht, in der vergeblichen Hoffnung, einen Quell, oder doch wenigstens an irgend einer Stelle vom letzten Regen übergebliebenes Wasser zu finden. Einmal glaubten sie auch schon ihren Wunsch erfüllt zu sehen, indem sie eine feuchte Stelle im Bett des sonst trockenen Baches antrafen. Diese aber enthielt nur dickflüssigen, mit grünem Moder überwachsenen Schlamm, und selbst Jones konnte sich nicht dazu entschließen, die Lippen daran zu bringen. Er bog sich allerdings darüber hin, mußte aber in Ekel davon abstehen. Im weichen Schlamm war die Spur eines vierfüßigen Thieres eingedrückt.

Zwei volle Stunden marschirten sie wieder weiter, immer der Schlucht nach, und zwar jetzt genau der Richtung folgend, in der Jones den Turon vermuthete. Wäre das aber der Fall gewesen, hätten sie ihn schon lange erreichen müssen, und der Steuermann selbst fand jetzt, daß er seinen Cours verloren habe. Dort hinaus durften sie deshalb unter keiner Bedingung weiter gehen, diese Schlucht führte sie wahrscheinlich mitten in die furchtbarste Wildniß hinein, und fielen sie dort, unbewaffnet wie sie waren, den Schwarzen in die Hände, so wären sie verloren gewesen. Zu ihrer Rechten lief ein niederer Hügelrücken hin, der es ihnen allem Anschein nach möglich machte, den dort liegenden hohen Berg zu umgehen. Der Richtung beschlossen sie also einstimmig zu folgen. An einer anderen Schlucht waren sie vielleicht auch glücklicher und trafen Wasser, oder hörten nach irgend einer Seite zu das Klappern der Maschinen, das ihnen die Nähe von Goldwäschern verrathen hätte. Es sollten ja hier überall in den Bergen Leute stecken.

»Ich fürchte, ich fürchte,« sagte Bob, als sie wieder einmal im Schatten eines kleinen Gumbaumdickichts ausruhten, »wir sind bis jetzt in gerader Richtung vom Turon ab und mitten in den tollsten Wald hinein gerannt, wir hätten ja sonst einzelne der dort in der Nachbarschaft zerstreuten Goldsucher finden müssen. Hier die Gegend ist aber wie ausgestorben, und die Spur des kleinen Känguruhs oder was es sonst für eine Bestie gewesen ist, die ich am Schlammloch gesehen habe, ist das erste und einzige Zeichen irgend eines lebenden Wesens, das wir heute den ganzen Tag gefunden. Nicht einmal ein Vogel ist zu sehen. Mir graut's vor solcher Einöde.«

»Wenn wir der Richtung gefolgt wären, die ich einschlagen wollte,« sagte Ned und suchte eins der ihm nächsten Gumblätter zu kauen, »so wären wir jetzt an Wasser – pfui Teufel, wie das Zeug schmeckt, bitter und ölig wie Gift.«

»Ja, bei Wasser und Brod vielleicht«, brummte Jones.

Ned wollte etwas erwidern, verschluckte es aber und lehnte sich erschöpft auf die neben ihm liegende Decke, dort besser auszuruhen.

»Wie schrecklich still das hier ist«, sagte Bob nach einer ziemlich langen Pause, »nicht einmal ein Vogel zu hören oder zu sehen. Kein Frosch quackt – kein Schuß – kein Peitschenknall, kein Vieh, selbst in den Bergen – nicht einmal Wild. Wenn man abergläubisch wäre, könnte man wahrhaftig denken, man sei von irgend einem bösen Geiste über Nacht ein paar hundert Meilen ins Land hinein versetzt worden. So viel weiß ich, wenn ich den Turon oder einen andern Fluß erst einmal wieder zu sehen bekomme, bringt mich kein Teufel weg davon, oder wenigstens aus Sicht. Die Quälerei möcht' ich nicht zum zweiten Mal durchmachen.«

»Wenn wir ihn nur erst zu sehen bekommen«, brummte Ned.

»Da sitzen wir nun«, lachte Bob plötzlich, »drei steinreiche Burschen, mit ihren Säcken voll Gold, und trocken wie ein Fisch am Land. Aber zum Henker, das gehört mit dazu, und wenn's uns am Ende gar zu leicht gemacht wäre, hätten wir vielleicht noch Gewissensbisse bekommen. So müssen wir's uns aber sauer genug verdienen und nachher schmeckt's desto besser. Uebrigens will ich an diese verzweifelten trocknen Gumwälder mein Lebelang denken. Sieht nicht einer von den saftlosen, steingrauen Bäumen gerade so aus, wie der andere, und werfen die Dinger überhaupt einen Schatten? Der Stamm, ja, damit sind wir aber auch fertig, und das, was man bei anderen Bäumen Laub nennen würde, hängt hier wie lange Stückchen Zink in Büscheln von den Zweigen nieder und klappert – und kein Grashalm dabei im ganzen Wald. – Meine Mutter zu Hause klagte immer über ihre feuchte Wohnung; hier sollte sie sich anbauen, hier wär's trocken genug. – Na – Ihr Beiden sitzt ja da, als ob Euch alle Masten über Bord geweht wären. Hier können wir nicht bleiben, so viel ist gewiß, und je eher wir aufbrechen, desto früher dürfen wir hoffen, irgendwo in diesem verbrannten Lande Wasser oder wenigstens erst einmal Menschen anzutreffen.«

Seine beiden Gefährten erwiderten Nichts darauf, standen aber doch auf. Die Kehlen waren ihnen zu trocken, viel zu sprechen, und je eher sie diesem Zustand ein Ende machen konnten, desto lieber war es ihnen. Schweigend setzten die drei Männer ihren Marsch fort, und zwar der Richtung zu, in der sie die verlassenen Minen vermutheten. Und wenn sie selbst wieder zufällig zu der Stelle zurückgekehrt wären, von der sie geflohen, hätten sie sich doch wenigstens nach Dunkelwerden satt trinken und nachher dem Lauf des Flusses folgen, wenigstens in seiner Nähe bleiben können. Vergebens aber legten sie Meile nach Meile zurück – der Schweiß lief ihnen in großen, schweren Tropfen an der Stirne nieder, und die Glieder vermochten sie kaum weiter zu schleppen. So brach die Nacht an, und noch immer hatten sie keinen Tropfen Wasser, keine Spur eines menschlichen Wesens gefunden und mußten wieder lagern. Allerdings machten sie einen Versuch im Dunkeln ihren Weg fortzusetzen, aber der Himmel hatte sich umwölkt, es war so finster geworden, daß sie keine Hand vor Augen sehen konnten, und in den rauhen Felsgesteinen kamen sie nicht fort.

Die Wolken hatten in sofern ihr Gutes, als sie dadurch auf Regen hoffen durften. Freilich verloren sie damit auch wieder die letzte Möglichkeit, ihre Richtung nach der Sonne zu verfolgen. Der nächste Morgen brach trübe an. Am Himmel ließ sich nicht einmal unterscheiden, wo die Sonne eigentlich aufgegangen sei, und kein Tropfen Regen fiel. Schweigend und finster nahmen die Leute ihre Packen wieder auf und wanderten weiter. Wohin? – sie wußten es selber nicht, und einer Schlucht jetzt aufwärts folgend, erreichten sie endlich wieder eine kleine Stelle, in deren Nähe ein paar Grashalme wuchsen und wo der Boden grün aussah – wie bei dem gestrigen Schlammloch.

»Dort ist Wasser!« rief Jones, und sprang darauf zu, aber – umsonst. Wasser hatte da jedenfalls einmal gestanden, aber der Grund war jetzt trocken und aufgesprungen, und grüne, aber ebenfalls trockene und schon halb vergilbte Flechten zogen sich darüber hin.

»Heiliger Gott!« rief da Bob plötzlich, als sie still und mürrisch den Platz umstanden – »das ist ja dieselbe Stelle, an der wir gestern waren. Dort ist der Stein, auf den ich meinen Packen warf – da ist der Eindruck selbst von Jones Hand noch, als er sich hinüber bog den Schlamm zu lecken.«

Die Anderen warfen rasch und erschreckt den Blick umher; die Thatsache ließ sich nicht leugnen.

»Dann folgen wir aber jetzt auch der Schlucht aufwärts und über den Berg hinüber!« rief da Ned, von neuer Hoffnung belebt. »Das ist der entgegengesetzte Weg von dem, den wir gestern einschlugen und wird uns zurück zum Turon bringen. Ich hab' es ja gleich gesagt, daß wir irr gingen.«

»Wie das in dem einen Tage ausgetrocknet ist,« seufzte Jones, der kein Wort mehr gegen die unbestimmte Richtung erwiderte. »Gott gebe nur, daß wir bald wieder zum Fluß zurückkommen. Viel länger halt' ich's nicht mehr aus.«

Ned führte jetzt den Zug an und kletterte, so rasch als es ihm seine Kräfte erlaubten, den Hang hinan. Er sah sich auch gar nicht mehr nach den Andern um, ob sie ihm folgten oder nicht; nur vorwärts – vorwärts drängte er unaufhaltsam fort, aus dem Wald, zu Menschen, nur zu einem betretenen Pfad wenigstens zu gelangen. So kletterten sie keuchend den Berg hinauf, und wollten eben, ohne nur einen Moment anzuhalten oder zu rasten, über die Kuppe hinüber und an der andern Seite wieder hinunter steigen, als sie Jones' Ruf an die Stelle bannte: »Land, bei Gott! – dort liegt ein Haus!«

»Wo?« schrie Ned, und folgte rasch mit den Augen der angegebenen Richtung. War das ein Haus? In weiter Ferne an einem der gegenüberliegenden Hügelhänge schien es fast, als ob eine Stelle vom Wald gelichtet wäre, und mitten drin stand ein heller viereckiger Block. Es war jedenfalls eine kleine Farm, dort vielleicht an der Grenze des Waldes.

»Das ist ein Stein,« sagte Bob endlich, der den Platz ebenfalls mit den Augen gesucht und gefunden – »ein Stein und nackte Felswand drum herum!«

»Ich kann die Fenster im Haus erkennen!« rief aber Jones; »und dort – dort bewegt sich etwas – das ist ein Mensch. Gott sei Lob und Dank, da endlich ist ein Ende dieses Elends. Jungens, Jungens, jetzt kann ich es Euch wohl sagen, mir fällt ein Stein vom Herzen, denn bei unserm Marsch fing mir an, gar nicht wohl zu werden. Da drüben liegt unsere Hülfe!«

»Es ist wahrhaftig ein Stein,« sagte Bob; »weshalb sollte sich auch ein Mensch da oben an den nackten Berg hinsetzen. Gehen wir dort hinüber, so kommen wir ganz aus unserm Cours.«

»Das ist ein Haus,« betheuerte aber auch Ned – »ich kann den blauen Rauch aus dem Schornstein aufsteigen sehen. Cours oder nicht, ich gebe überhaupt keinen Sixpence um unsern ganzen Cours, und das Beste ist, wir steuern gerade auf die Farm da zu. Die Leute dort werden uns nachher schon sagen, wo wir Weg und Steg aus dieser Wildniß finden.«

 

Bob schüttelte den Kopf, da die anderen Beiden aber so fest auf ihrer Meinung beharrten, fügte er sich ihnen und wanderte mit, jetzt die Schlucht und den Abhang nieder, um an der andern Seite wieder gerade aufzuklettern. Der Berg lag auch viel weiter entfernt, als sie im Anfang vermuthet hatten, und mehrere dazwischen eindrängende Hügelrücken mußten sie vorher übersteigen.

Die Wolken brachen sich indessen wieder, die Sonne trat hell und klar heraus und schien noch einmal so heiß als früher niederzubrennen, als sie endlich den Hang, wo sie das Haus gesehen zu haben glaubten, erreichten und hinan stiegen. Aber keine Spur eines lebenden Wesens war zu finden, nicht einmal der Platz, den sie für die Farm gehalten, Wald – Wald – rings um sie her; Nichts als öder, grauer, schattenloser Wald und scharfer Quarzstein, der ihre Schuhe zerschnitt und ihre Füße verwundete.

»Ich kann nicht mehr,« stöhnte Jones da, indem er sich, zum Tode matt, unter einen Baum warf – »meine Leber steht in Feuer, und vor den Augen fliegt's mir wie dunkele, blutige Wolken herum.«

»Wir werden den ganzen Weg wieder zurück müssen, den wir nach Euerem Haus heraufgestiegen sind,« sagte Bob endlich kleinlaut. »Nach einer Richtung müssen wir aber doch endlich einmal wieder zum Fluß kommen, und ich denke, wenn wir hier jetzt weiter stiegen, wäre es gerade so gut. Keiner von uns weiß doch mehr, wo er ist, und das dort kann gerade so gut der richtige Cours sein, wie der falsche.«

Damit waren die anderen Beiden aber nicht einverstanden. Da sie die Sonne wieder sehen konnten, und wenigstens wußten, wo Norden und Süden war, wollten sie von keinem Cours aufs Geradewohl mehr hören, sondern Jones schlug jetzt vor, nach Süden zu gehen und die Richtung beizubehalten, wo sie dann endlich wenigstens an das Ufer des Meeres, und jedenfalls vorher an Straßen kommen mußten. Schweigend wandten sich die Beiden und schritten und stiegen schweigend weiter, bis endlich, als sich die Sonne schon dem Untergange wieder neigte, Bob plötzlich ausrief:

»Aber um des Himmels willen, Menschen, wir wollen nach Süden hinunter und laufen gerade nach Norden hinauf. Steht denn nicht in diesem verzweifelten Lande die Sonne um Mittag im Norden?«

»Das hat noch gefehlt!« stöhnte Jones und sank neben seiner Ladung zu Boden. »Jetzt sind wir, Gott weiß wie viel Meilen mitten in das wilde Land hineingezogen, und wenn wir hier Wasser träfen, könnten wir uns auch darauf verlassen, daß Wilde dabei wären.«

»Ja, das kann nichts helfen,« sagte aber Bob entschlossen. »Wir haben uns einmal verirrt und müssen jetzt sehen, wie wir wieder hinauskommen. Noch sind wir im Stande, zu gehen, wer weiß, wie es morgen wird. Ich denke deshalb, wir drehen hier, wo wir liegen, gerade um und gehen von jetzt an den richtigen Südcours, und ich glaube, besser auch ein wenig östlich hinunter. Gerade im Süden ist die See weiter, als wenn wir uns mehr links der Küste zu halten.«

»See – Hölle!« stöhnte aber Ned – »ich bin nicht mehr im Stande, mit der Last hier die See zu erreichen. Wenn wir nicht früher Wasser finden, bleib ich liegen.«

»Nur Muth, nur Muth!« suchte sie aber Bob aufzurichten, »hätten wir gleich von Anfang an einen richtigen und festen Cours beibehalten, wären wir lange heraus, so aber, da wir überall nur immer nach Wasser suchten, sind wir hin- und hergeklettert, und wahrscheinlich weiter und weiter von dem Orte abgekommen, den wir eigentlich erreichen wollten.«

»Du hast jetzt gut predigen,« brummte Jones mit einem Fluch in den Bart. »Daß wir an keiner Chaussee sind, wissen wir selber. Und nun vorwärts; in der Abendkühle können wir eher noch eine Strecke zurücklegen, als am heißen Tag.«

Wieder hoben die Männer seufzend ihre Last auf und wanderten weiter, den Weg gerade zurück, den sie die letzten Stunden gekommen, als plötzlich Ned stehen blieb und mit leiser, heiserer Stimme sagte:

»Ich weiß nicht; wird mir nur auf einmal so heiß und schwül; aber die Luft hier kommt mir vor, als ob sie uns aus einem Backofen anwehte. Ein paar Mal traf mich's jetzt in den Nacken, als ob mir Jemand seinen heißen Hauch hineingeblasen.«

»Mir ist's auch schon so vorgekommen,« sagte Jones, indem er stehen blieb und sich umdrehte, aber auch augenblicklich wieder den Kopf abwandte – »da hinter uns kommt's her« – rief er dabei. »Das hat uns noch gefehlt – das ist der »heiße Wind« und nun sind wir verloren!«

Der »heiße Wind« war es allerdings, der in Australien wie der Samum der Wüste aus den heißen Sand- und Salzebenen des Inneren herausstreicht, und wohin er trifft, Schrecken und Verwüstung trägt. Die drei Unglücklichen, schon außerdem zum Tode erschöpft und halb verschmachtet, brachen fast unter der neuen Last zusammen, und wie sie sich auch mühten vorwärts zu kommen, versagten ihnen zuletzt die erschöpften Glieder den Dienst. Jones blieb zuerst liegen und rief den Anderen zu, sich zu retten, er könne nicht weiter und wolle dort sterben, wo er liege. Ned drang darauf, noch weiter zu gehen – sie könnten nicht mehr so weit von Hülfe entfernt sein, und wenn sie hier blieben, wäre ihr Verderben gewiß.

Bob machte jetzt den Vorschlag, ihr Gold, eine kleine Quantität abgerechnet, die sie recht gut mitnehmen könnten, hier zu verstecken, die Bäume dann in der Nachbarschaft zu bezeichnen, und wie sie gingen, dann und wann ein Stück Rinde von einem Baum abzuschälen. Er hatte einmal gelesen, daß es amerikanische Jäger so gemacht hätten, ihre vergrabenen Biberfelle wiederzufinden. Seine beiden Kameraden wollten sich aber nicht dazu verstehen, ihren Schatz im Stich zu lassen. Das Gold brachten sie schon noch fort, aber das andere Gepäck mit den Decken mochten sie nicht länger schleppen. Die Hitze wurde dabei immer drückender, und sie legten jetzt Alles unter einen der Bäume, legten Steine darauf, daß es der Wind nicht fortwehen konnte, und bezeichneten die benachbarten Bäume mit ihren Messern. Jones hatte sich indessen durch die kurze Rast auch wieder so weit erholt, daß er wenigstens vorwärts konnte, und an Gepäck leichter, glaubte er schon mit fortzukommen. Aber immer glühender wurde die Hitze, immer steiler und steiniger ihr Pfad, und der Steuermann, der die letzte halbe Stunde kaum hatte mit den beiden anderen gleichen Schritt halten können, griff plötzlich den bis jetzt sorgfältig im Arm gehaltenen Sack mit Gold auf, hob ihn in die Höhe und schleuderte ihn von sich, so weit er konnte.

»Teufelsgold!« schrie er dabei mit heiserer, fast röchelnder Stimme, »da lieg und faule, und möge der Erste, der dich findet und aufhebt, über dir verderben und verrotten. Fort mit dem Gift – es ist kein Segen darin, und so lange wir es bei uns haben, kommen wir aus dieser Wildniß nicht hinaus, in der uns ein böser Geist in der Irre umhergeführt.«

Der Mann war ganz rasend geworden; der Schaum stand ihm vor dem Mund, die Augen glühten ihm im Kopf, und seine Glieder zitterten wie im Fieberfrost.

»Nein,« sagte aber Bob, »das geht nicht, so gerade fort in den Busch wollen wir das Gold, das wir so lange geschleppt haben, auch nicht werfen. Komm, Ned, wir machen's, wie ich vorhin gesagt habe, und der Platz hier eignet sich vortrefflich dazu. Der kleine spitze Hügel, auf dem wir uns gerade befinden, ist leicht kenntlich, wenn man je wieder in diese Nachbarschaft käme, und etwas behält jeder davon zurück.«

Er machte sich jetzt daran, seinen Vorschlag auszuführen. Während ihm Ned aber das Gold willenlos überließ, hatte sich Jones auf die Erde geworfen und heulte nach Wasser und nach Menschen wie ein wildes Thier, ja schlug und trat um sich, als ihm Bob endlich ein klein Päckchen von seinem Gold wieder einhändigen wollte. Der junge Bursche steckte es dann selber für den Gefährten ein, verscharrte das Uebrige, so gut es gehen wollte, merkte sich, wie er glaubte, die Gegend vollkommen, und schnitt dann in die benachbarten Bäume quer über den Hügel hinüber Kerben. Das beendet, wollten sie wieder aufbrechen, Jones war aber nicht von der Stelle zu bringen. Er hob sich einmal auf die Füße, brach aber wieder zusammen, stöhnte nach Wasser und barg dann das Gesicht am Boden, dem heißen Luftzug, der immer drückender über die Berge strich, Linderung abzugewinnen. Die beiden Matrosen mußten ihn endlich liegen lassen, wo er lag. Bob schnitt aber vorher mit seinem Messer eine Anzahl Gumzweige ab und deckte sie über den Unglücklichen, ihn wenigstens gegen die Strahlen der niederbrennenden Sonne zu schützen. Sobald sie Hülfe fanden, wollten sie mit Wasser hierher zurückkehren und ihn und das Gold abholen.

Hülfe – den ganzen Tag wanderten sie und keine Aussicht auf Rettung zeigte sich. Die Sonne verdunkelte sich dabei mehr und mehr. Wie ein Hehrrauch lag es über den Bergen, der heiße Staub zog in Wolken über sie hin, und das Taggestirn stand wie eine glühende, mattrothe Kugel am Firmament, bis es endlich ebenfalls verschwand – die Nacht brach an und keinen Bissen zu essen hatten sie mehr, keinen Tropfen Thau selbst, ihre brennenden, aufgesprungenen Lippen zu kühlen. Anstatt daß ihnen die Nacht dabei Kühlung brachte, wurde es eher noch heißer und drückender; sie athmeten den glühenden feinen Staub, und selbst ihre Augen brannten wie Feuer. Die Nacht lag auch Ned in einem wilden, hitzigen Fieber, und schrie in seinem tollen Traum, daß sie verfolgt würden und daß der ganze Wald in Brand stände. Sein Ruf: »Feuer! Hülfe! Rettung!« gellte in markdurchschneidenden Tönen durch den Wald, und Bob saß dabei, den Kopf an einen Baum gelehnt, das Gesicht mit den Händen bedeckt und betete, daß ihn Gott nicht auch möchte wahnsinnig werden lassen.

So brach der Morgen an, aber keine Linderung mit ihm. Bob raffte sich auf und schüttelte den Kameraden; der aber kannte ihn nicht mehr, stieß ihn von sich und wühlte wie Jones sein Antlitz in den Boden. Bob selber fühlte, wie ihn die Kräfte verließen, aber die Angst der Verzweiflung, hier rettungslos verderben zu müssen, ließ ihn noch einmal seine Mattigkeit überwinden. Es flirrte ihm, als er aufstand, Alles vor den Augen – er sah die Sonne nicht mehr, die, wie sie gestern untergesunken, heute wieder matt und glühend emporstieg, und als sein Blick endlich zufällig darauf fiel und er sich der Richtung bewußt wurde, die er einschlug, wunderte er sich nur, daß sie heute, statt wie immer im Osten, im Westen aufging. Er kannte keinen Cours mehr, und als er fast unwillkürlich, wie er ging, die Bäume mit seinem Messer bezeichnen wollte, fiel ihm das aus der Hand, ohne daß er es gewahr wurde oder sich danach umgesehen hätte. Nur weiter, immer weiter taumelte er, jetzt aber immer nur zu Thale, denn einen Berg war er nicht mehr im Stande zu erklettern, bis er endlich ebenfalls, an Kraft und Muth gebrochen, zu Boden sank und nicht mehr weiter konnte.

Mit dem letzten Bewußtsein, daß ihm geblieben, wollte er sich eine Ader öffnen und das Blut trinken – nur noch einmal trinken, ehe er starb, aber er fand sein Messer nicht mehr. Er brachte den Arm an die Lippen, ihn aufzubeißen, aber die Sinne schwanden ihm dabei, ein Schlaf kam über ihn und der Arm sank matt an seinem Körper nieder, der Kopf auf die Wurzel des Baumes, unter dem er lag.

Wie lange er in dem Zustand geblieben, wußte er nicht, aber ein Gefühl der Kühle in seiner Kehle, über seinen Schläfen brachte ihn wieder zu sich. Es war Nacht und ein Mann kniete neben ihm und goß ihm mit einem Blechbecher Wasser in den Mund, während ein anderer ihm ein nasses, kaltes Tuch über Stirn und Schläfe legte. Neben ihnen loderte ein hohes, flackerndes Feuer.

Bob trank – oh, wie ihm das so kühl und erfrischend durch Mark und Adern strömte – er trank und trank und würde sich zu Tode getrunken haben, hätten ihn seine Retter nicht daran verhindert. Wohl einer Stunde bedurfte es aber, ehe er seiner Sinne wieder soweit mächtig wurde, den Leuten zu erzählen, wie er sich im Wald verirrt und wo er hergekommen, und er erfuhr jetzt auch, wo er sei, und wie er gerettet worden.

Das Letzte war einfach genug, denn kaum fünf oder sechs englische Meilen vom Turon, wo er niedergebrochen, hatten zwei Goldwäscher aus einem entfernten Bach, die sich ebenfalls vor dem heißen Wind nach dem Turon retten wollten, den leblosen, wenigstens bewußtlosen Körper des jungen Mannes im Busch gefunden und mit der Gegend hier vollkommen gut bekannt, ihn aufgepackt und bis zum nächsten Wasserloch, das dicht versteckt unter einem Felsen lag, niedergetragen. Der Turon selber lag, wenn sie dieser Schlucht folgten, keine zwei starke Stunden Wegs von da entfernt.

Bob erholte sich bald, und sein erster Gedanke war jetzt, die zurückgelassenen Kameraden zu retten. Davon wollten nun die beiden fremden Goldwäscher allerdings Nichts hören, denn sie meinten, sie seien nicht hier heraufgekommen, halbtodte Menschen im Wald herum zu schleppen. Als ihnen aber Bob von dem Golde sagte, und ihnen gleiche Theile mit ihnen zusicherte, gewann die Sache ein anderes Licht, und ihre Wasserflaschen gefüllt, machten sie sich jetzt auf den Weg, die Verirrten aufzusuchen. Der heiße Wind hatte überdies nachgelassen und ein frischer Südwind wehte kühl von der See herauf.

 

Vergebens brachten sie aber zwei Tage wieder in den Bergen zu. Von den zurückgelassenen Kameraden sowohl, wie von dem Golde war keine Spur mehr zu finden. Auch die Goldwäscher wollten keinen so spitzen Hügel in der Nachbarschaft kennen, wie ihn Bob denselben beschrieb. Am zweiten Tag war ihr Wasservorrath erschöpft, und nicht gesonnen, sich einer ähnlichen Gefahr auszusetzen, kehrten sie trotz Bobs Bitten, nur noch einen Tag daran zu wenden, zum Fluß zurück.

Vier Wochen später wurde von drei anderen Goldwäschern, die vom Turon aus eine kleine Excursion machten, neue Minen aufzufinden, ganz in der Nähe des Flusses, und kaum eine englische Meile davon entfernt, der halbvertrocknete Leichnam eines Matrosen gefunden. In seiner Nähe, und zwar vom Fluß fort, waren eine Anzahl Bäume eingekerbt. Sie untersuchten den Leichnam, aber er hatte nicht das mindeste Gold bei sich, und um ihn nicht an der freien Luft länger liegen zu lassen, gruben sie neben ihm mit ihrem Handwerkszeug ein Grab und legten ihn hinein. Das dicht dabei versteckte Gold hatten sie nicht gefunden. Ihrem Vermuthen nach mußte der Mann dort an der Stelle krank geworden und ohne Hülfe gestorben sein.

Bob kehrte in die Minen zurück und begann an einer anderen Stelle wieder zu arbeiten. Das damals gefundene Gold war zu verführerisch gewesen, die Hoffnung auf weiteres Glück so rasch und plötzlich aufzugeben; als er aber zwei volle Monate fast nur gearbeitet, sich selber am Leben zu erhalten, bekam er es satt, ging nach Sidney zurück und dort wieder an Bord des ersten Schiffes, das den Hafen verließ.

Der Capitain der Jane Douglas blieb noch einige Wochen in den Minen, bis seine Leute ebenfalls der Arbeit mit Spitzhacke und Schaufel müde wurden, engagirte sich dann gleich an Ort und Stelle unter den fortgelaufenen Leuten von anderen Schiffen eine volle Mannschaft, und konnte, während andere Capitaine noch im Hafen lagen und mit Schmerzen auf nur wenigstens halbzählige Bemannung harrten, seine Segel setzen und die gefährliche Nachbarschaft des Goldes wieder verlassen.