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»Dem gelben Kerl?« rief die Frau erschreckt.

»Mancal,« sagte der Supercargo, »ist ein braver, ordentlicher Mensch, mit dem sich schon auskommen läßt (er hatte ihn heute zum ersten Mal in seinem Leben gesehen). Seid nur freundlich gegen ihn und thut hübsch, was er Euch sagt. Je fleißiger Ihr dabei seid, desto früher seid Ihr im Stande den Platz wieder zu verlassen, – wenn er Euch später nicht so gefallen sollte, daß Ihr ganz da bleiben wollt. Nachher aber macht Ihr Euren eigenen Contract.«

»Spricht er denn deutsch?« frug die Frau.

»Das nicht,« lachte der Supercargo, »aber das bischen Portugiesisch lernt Ihr bald; das ist eine sehr leichte Sprache.«

Der Mulatte sagte jetzt selber etwas zu dem Supercargo und dieser rief: »Ja, das ist nothwendig. Wo habt Ihr denn Euer Gepäck? Zeigt das doch einmal dem Mann, weil die Sachen ins Innere transportirt werden müssen.«

»Kommen wir denn weit ins Land hinein?«

»Nein, nicht weit, – nur ein paar Legoas. Dort wird's Euch schon gefallen.«

Sie zeigten jetzt ihr Gepäck, und der Mulatte, der bis dahin keine Miene verzogen hatte, lachte laut und hell auf, als er die drei großen, riesigen Kisten sah. Er hatte auch vielleicht Ursache dazu, denn er kannte die Wege und Beförderungsmittel des Landes und wußte recht gut, daß es unmöglich sein würde, solche Collis auf Maulthieren über die schmalen und steilen Bergpfade zu schaffen.

Den Deutschen wurde das jetzt gesagt, und der Supercargo, der den Blick umherwarf und überall ähnliche Kasten bemerkte, erledigte die Sache dadurch, daß er versprach, noch heute Abend ein paar Matrosen vom Schiff, von denen der eine sogar portugiesisch sprach, herüber zu senden, um das Gepäck in Ordnung bringen zu lassen. Senhor Almeira sollte dann auch einen von seinen Maulthiertreibern hersenden, und so würden sie Alles rasch in Ordnung bekommen.

Damit wandte er sich ab, denn seine Vermittlung wurde jetzt von allen Seiten in Anspruch genommen. Es herrschte überhaupt eine entsetzliche Verwirrung auf dem Plan, da die Deutschen durcheinander liefen und viele der Frauen zu weinen und zu jammern anfingen. Aber was konnte das jetzt helfen; die Sache war abgemacht, – überdies brannte die Sonne und die Herren eilten, um wieder in die Stadt zu kommen.

Nur den für die Stadt »gemietheten« Leuten – von denen man aber natürlich Keinen gefragt hatte, in welcher Beschäftigung er verwandt werden wolle – wurde aufgegeben, ihre Sachen zusammen zu packen, da sie noch heute Abend einziehen sollten. Den übrigen gab man Zeit bis morgen früh.

Siebentes Capitel.
Die Reise in's Innere

Das war ein recht trauriger, schmerzlicher Tag für die armen Leute, die hier, im wahren Sinn des Worts »verrathen und verkauft«, in dem fremden Lande saßen und Niemanden in der weiten Welt hatten, bei dem sie sich Rath und Hülfe erbitten konnten.

Der Capitän des Schiffes? Wie durften sie sich an den wenden, den gingen sie weiter nichts an, als daß er sie hier herüber beförderte. Und hatte er je auf der ganzen langen Reise auch nur ein einziges freundliches Wort mit ihnen gesprochen? Nie. Er betrachtete sie als Fracht, und noch dazu als eine lästige Fracht, und würde nie daran gedacht haben, sich in ihre Angelegenheiten zu mischen oder ihnen gar gegen seinen Cajütenpassagier, den Supercargo, mit dem er immer sehr befreundet gewesen, beizustehen.

Und der Deutsche etwa, der schon bei ihnen an Bord gewesen? Das war ein vornehmer Herr und hatte ihnen deutlich genug gezeigt, daß er nichts mit ihnen zu thun haben wollte. Ein paar von ihnen redeten ihn allerdings an, – er war der Einzige, der für sie sprechen konnte, – aber er antwortete ihnen nicht einmal, zeigte nur auf den Supercargo, daß sie sich nur an den wenden sollten, und drehte ihnen dann den Rücken. Und der war ein Landsmann, – aber leider finden wir das gar häufig bei den Deutschen im Ausland, daß sie sich ihrer Nation und ihres Volkes schämen. Wir können uns allerdings damit trösten, daß alle Solche, die es thun, auch jedesmal Lumpen sind, und von den Fremden, unter denen sie leben, eben so verachtet werden, wie sie selber ihr Vaterland verachten; trotzdem bleibt es immer traurig, daß dem wirklich so ist.

So konnten denn die armen Leute nichts anderes thun, als sich in das Unvermeidliche eben fügen und über sich ergehen zu lassen was da komme. Sie besaßen nicht mehr die Macht es zu ändern.

Auch der Abend war noch bös, denn als die Matrosen eintrafen, die ihr Gepäck ordnen sollten, gingen diese entsetzlich rauh mit ihren Sachen um, und die Brasilianer, die umherstanden, wollten sich noch dazu todtlachen über all den Plunder, den sie mitgebracht, und der jetzt wild umhergestreut vor der Hütte lag.

Es ist allerdings wahr, die Deutschen schleppen Dinge mit in die Fremde, an die ein Anderer nicht einmal denken würde; aber arme Leute, die genau wissen, wie sauer es ihnen geworden, sich auch nur das Geringste in ihrem Hausrath anzuschaffen, und die dann nachrechnen, wie viel Arbeitstage an jedem Gegenstand hingen, trennen sich auch entsetzlich schwer von ihrem Eigenthum, und haben viel zu wenig Erfahrung in der Welt, um zu wissen, daß sie nutzloses Gepäck oft wieder doppelt und dreifach bezahlen müssen, um es nur an Ort und Stelle zu bekommen.

Auch Behrens' Frau hatte eingepackt, was sie nur noch irgend jemals zu benutzen glaubte, Töpfe und Tiegel, ja, sogar irdenes Geschirr dazwischen, das schon in Scherben in der Lade herum lag, Quirle und hölzerne Löffel, eine alte, zerbrochene Kaffeemühle, die hier Niemand repariren konnte, schweres, eisernes Werkzeug dazwischen, und Hausgeräth bis auf den Wischlappen hinunter. Dazwischen räumten die Matrosen jetzt mit ihren rohen Fäusten und roheren Scherzen auf. Was zerbrach, zerbrach eben und brauchte nicht mit verpackt zu werden, und die Arrieros oder Maulthiertreiber schnürten dann noch das Ganze mit rohhäutenen Riemen derart zusammen, daß Alles, was nur einigermaßen ruinirt werden konnte, auch seinem Schicksal sicher nicht entging.

Die Kisten selber wurden als vollkommen werthlos bei Seite geworfen; sie mochten höchstens noch als Brennholz dienen.

Ein Trost war für Behrens wohl noch der, daß eine andere, ziemlich ordentliche Familie denselben Herrn bekommen hatte und also ihr Schicksal theilen würde, aber der junge, wilde Bursch, der sich vermessen, daß, wer ihn kaufe, auch betrogen sein solle, begleitete sie ebenfalls, und dessen Gesellschaft war Keinem von Allen angenehm, ließ sich aber auch nicht ändern und mußte eben ertragen werden, wie das Übrige.

Die Packen waren geschnürt, – selbst, die Betten, obgleich die Frau sie gern herausbehalten hätte, weil sie jetzt nicht einmal wußten, wo und wie sie die Nacht schlafen sollten. Nur für das Jüngste war ein kleines Unterbett gerettet worden, und die Leute trösteten sich damit, daß es ja doch wohl nur für eine oder höchstens zwei Nächte sein würde.

An dem Abend nahmen noch die von ihnen Abschied, die in der Stadt blieben und vor Sonnenuntergang mit ihrem Gepäck abgeholt wurden. Sie hatten es verhältnißmäßig am besten, und doch schien ihnen das Herz ziemlich schwer, als sie ihren alten Reisegefährten Lebewohl sagen sollten. Aber lange konnten sie sich auch dabei nicht aufhalten, denn Jeder bekam gerade genug mit sich selber zu thun.

Übrigens wurde an dem Abend noch das eine Haus fast ganz geleert, denn einen Theil der deutschen Arbeiter beorderte man sogar noch mit einbrechender Dämmerung auf das eingelaufene kleine Dampfschiff, das die Küste befuhr. Wohin das sie brachte und zu wem sie kamen, wußten sie gar nicht; sie frugen darnach, erhielten aber keine Antwort, und man schien sie eben in der That als nichts weiter wie Leibeigene zu betrachten, bei denen von einer eigenen Meinung, einem eigenen Willen keine Rede sein konnte.

Die Nacht regnete es wieder entsetzlich und besonders arg zeigten sich die Mücken. Die armen Auswanderer verbrachten sie trüb genug auf den zusammengeschnürten Ballen ihrer Habseligkeiten und den Brettern ihrer zerschlagenen Kisten – man mußte sich eben einrichten, und sie ging ja auch vorüber. Am nächsten Morgen trafen endlich die Maulthiere ein, – nicht etwa früh, denn die Leute nehmen sich zu solchen Sachen immer Zeit und es ging schon auf Mittag, ehe sie nur geladen waren und fort konnten; Behrens erstaunte übrigens, als er nicht die geringsten Beförderungsmittel für sich und seine Familie sah. Kein kleiner Wagen, kein Pferd oder Maulthier. Sollten sie den ganzen Weg zu Fuß gehen? Es konnte eben nicht weit sein und dann ging sich's vielleicht auch besser auf den schlechten Wegen, als sie gefahren wären.

Die Maulthiertreiber ritten aber sämmtlich, – auch der Mulatte mit den Blatternarben, der sie hinauf begleiten sollte. Die Frau wäre aber zu schwach gewesen, das jüngste Kind zu tragen, und Behrens schnürte es sich selber in ein Tuch auf den Rücken; da spürte er die leichte Last gar nicht.

Das war ein entsetzlich heißer Marsch in dem flachen Land, das sich an der Küste ausdehnte. Eine kleine Strecke im Inneren, als sie erst die unmittelbare Nähe der Stadt und die offenen Felder verließen, kamen sie allerdings streckenweise unter schattige Waldbäume, aber es dauerte immer nicht lange, so mußten sie wieder eine offene Plantage passiren, und dort brannte die Sonne gar so arg.

Behrens frug den einen Maulthiertreiber ein paar Mal, wie weit sie hätten; aber der schüttelte nur mit dem Kopf, er verstand nicht was der Deutsche zu ihm sagte, und zeigte nur auf eine vor ihnen liegende Plantage. War das schon ihr Ziel? Nein, sie sollten nur hier übernachten. Ein besonderes Haus war freilich nicht für sie aufzutreiben, und sie mußten in der Maniokmühle einquartiert werden, aber der Aufenthalt war dort wenigstens luftig und reinlich, und sie bekamen auch reichlich zu essen, Bohnen und Maniokmehl und etwas getrocknetes Fleisch, da die Leute wahrscheinlich nicht frisch geschlachtet hatten. Am nächsten Morgen aber wurde lange vor Tageslicht zum Aufbruch gerufen, und es schien doch jetzt, als ob man die Morgenkühle zu ihrem weiteren Marsch benutzen wolle.

 

Jetzt hatten sie aber auch die Berge dicht vor sich, nicht etwa sehr hohe Gebirge, so weit sich von hier aus erkennen ließ, sondern eine niedere, bewaldete Hügelkette, in die sich der Weg hinaufzog, und die zuletzt so eng und steil wurde, daß sich Einer hinter dem Anderen halten mußte. Und wie schwer es sich da ging, – aber es sollte noch schwerer werden, denn mitten am Tag setzte der Regen wieder ein und die Frau war zuletzt so erschöpft, daß sie kaum noch vorwärts konnte. Einer der Maulthiertreiber fühlte wohl Mitleiden mit ihr und wollte sie eine Strecke reiten lassen, – aber das ging auch nicht, denn sie hatte noch in ihrem Leben auf keinem Thier gesessen, und hier Berg auf und ab war das noch außerdem schwierig genug, sich oben zu halten. Als sie das nächste Haus erreichten, was in einem der Thäler lag, mußten sie nothgedrungen Halt machen, und der Mulatte, der damit gar nicht einverstanden war, schickte das Gepäck voraus, ohne sich darum zu bekümmern, was die armen Wanderer wohl noch unterwegs davon gebrauchen würden.

Am nächsten Tag derselbe Marsch, bei dem die Frau endlich ihre Kräfte verließen. Sie kam nicht mehr zu Fuß weiter und mußte jetzt auf ein Thier gesetzt werden, das der Mulatte am nächsten Platz für sie miethete. Behrens und seine Tochter gingen dann nebenher und hielten sie im Sattel, bis sie nach und nach die Bewegung gewohnt wurde und sich schon selber ein wenig helfen konnte. Aber endlos dehnte sich der Weg aus, – Tag nach Tag verging, und noch immer erreichten sie ihr Ziel nicht. Die Kinder bekamen schon Blasen unter die Füße und wimmerten unterwegs. Anfangs hatten sie sich über den herrlichen Wald, die prachtvollen Bäume und die vielen bunten merkwürdigen Vögel und Schmetterlinge gefreut, jetzt achteten sie gar nicht mehr darauf und schleppten sich nur mühsam über den nassen, klebrigen Boden hin.

Am siebenten Tag wurden die Auswanderer von zwei Reitern überholt, einem Weißen mit seinem schwarzen Diener hinten, der im Galopp heransprengte. Es war Senhor Almeira, ihr Herr, der sehr erstaunt und auch unwillig schien, sie noch auf der Straße zu finden. Er sprach heftig mit dem Mulatten, und dieser entschuldigte sich, ebenfalls nicht in besonderer Laune. Der Herr warf einen Blick auf die kranke Frau, redete aber die Deutschen nicht an, sondern setzte seinem Thier die Sporen ein und sprengte vorüber.

An dem Tag wanderten sie bis spät in die Nacht hinein, die Kinder konnten ihre Füße kaum noch vom Boden heben und weinten still vor sich hin, und Hannchen, die älteste Tochter, obgleich selber müde genug, huckte dennoch ihr jüngstes Brüderchen, den fünfjährigen Christian, auf und schleppte ihn weiter, bis sie, zum Tode erschöpft, wieder die Wohnung menschlicher Wesen erreichten, und dort die armen mißhandelten Glieder ein paar Stunden konnten rasten lassen.

Und wieder weiter ging es am nächsten Morgen, aber heute war der Mulatte freundlicher mit ihnen, zeigte voraus und nickte und lachte, – die Plantage seines Herrn konnte nicht mehr fern sein, und als sie, etwa um 10 Uhr Morgens, wieder einen der jetzt immer steiler und höher werdenden Bergkämme erreicht hatten, breitete sich ein weites, herrliches Thal vor ihnen aus, und dort unten lagen eine Anzahl Gebäude, auf die jetzt ihr Führer deutete und ihnen etwas zurief.

Das endlich – endlich war der so heiß ersehnte – und fast auch gefürchtete Platz, der sich dort vor ihnen ausbreitete, – das war der erste Blick auf ihre neue Heimath in dem fremden Lande, – dort sollten sich alle die Hoffnungen erfüllen, die sie weit weg über das Meer, aus ihrem Vaterland hierher geführt, – dort sollte jede Sorge schwinden und ein neues, frisches Leben für sie beginnen? Und war der Anfang so gewesen, daß sie dem mit froher Zuversicht entgegen sehen durften? Hatte sich bis jetzt auch nur eine dieser Hoffnungen, – nur irgend etwas bestätigt, das ihnen im alten Vaterland von eigennützigen oder unwissenden Menschen versprochen worden?

Behrens war kein Mann, der, mit irgend welcher Phantasie begabt, dunkle Bilder vor sich heraufbeschworen hätte, und doch schnürte ihm ein unheimliches Gefühl die Brust zusammen, als er ihrer letzten Behandlung – als er auch daran dachte, daß von jetzt ab dieser gelbe, häßliche und rohe Mensch ihr Aufseher sein sollte. Aber er hütete sich wohl, der armen, noch überdies so schwachen Frau ein Wort zu sagen, – er glaubte, daß sie das vielleicht nicht eben so scharf und peinlich fühle, als er selbst, und schweigend, Jeder mit seinen eigenen trüben Gedanken beschäftigt, schauten die Auswanderer auf das vor ihnen ausgebreitete Landschaftsbild hinab.

Es wurde ihnen aber nicht lange Pause gegönnt, denn der Mulatte drängte, den Platz endlich zu erreichen, da er wußte daß ihn sein Herr schon ungeduldig dort erwarte. Auch die Deutschen rafften ihre letzten Kräfte zusammen, – es war ja jetzt bald überstanden, und wanderten, so rüstig es gehen wollte, den schrägen Hang hinab, der sie hinunter in die Ebene führte. Aber sie hatten die Plantage schon weit früher erreicht, als sie glaubten, und fanden sich plötzlich in einem Wald, der nur aus angepflanzten Bäumen zu bestehen schien, da überall Reihen hindurchliefen. Allerdings hatten sie schon unterwegs einige solche passirt, aber in ihrer Ermattung gar nicht darauf geachtet.

Jetzt deutete der Mulatte mit einem Zweig, den er in der Hand hielt, um seinem Thier die Fliegen damit abzuwehren, hinüber auf die Bäume und sagte: »Café!«

»Kaffee?« rief Behrens verwundert.

»Sim!cafezal

»Das sind ja Kirschbäume, Vater,« sagte Hannchen, und die Deutschen betrachteten verwundert die mit kleinen, rothen und grünen Früchten bedeckten Bäume. Der Mulatte aber, der jetzt glaubte, ihnen jede nöthige Aufklärung gegeben zu haben, spornte sein Thier an und sprengte rasch voraus, um jedenfalls die Ankunft des Trupps zu melden.

Jetzt lichtete sich der Kaffeewald, – denn es waren in der That Kaffeebäume, durch welche sie hinwanderten und das Ganze ein sogenannter Cafezal oder Kaffeegarten. Sie betraten wieder das offene Land mit einem Baumwollenfelde zur Linken und einer Zuckerrohranpflanzung zur Rechten. Voraus konnten sie schon die Gebäude erkennen, – ein niederes, breites, aber luftig gebautes Haus mit einer großen Veranda, die ringsherum lief und von einem Hain fruchttragender Orangen umgeben und zu beiden Seiten desselben, aber durch das Gebüsch vollständig bedeckt, niedere, aus Holz aufgeführte kleine Häuser, in denen, wie sie später fanden, die auf die Plantage gehörenden Neger ihre Wohnung hatten.

Zwei davon standen leer und wurden den beiden Familien angewiesen, wobei Behrens auch noch den, freilich jetzt sehr kleinlauten Burschen zugetheilt bekam. Behrens wollte dagegen protestiren, da er nicht mit zu ihrer Familie gehörte, aber man verstand ihn entweder nicht, oder wollte ihn auch nicht verstehen, und vor der Hand ließ sich nichts weiter in der Sache thun. Das regulirte sich doch wohl, wenn sie erst einmal an Ort und Stelle waren.

Für heute fühlten sich Alle so ermüdet, und kaum im Stande ihr Gepäck selber in die ihnen angewiesene Wohnung zu schaffen. Und sollten sie hier etwa für immer bleiben? Wie wüst und öde der Ort aussah, mit weiter keinem Fußboden, als der bloßen, hartgestampften Erde, aus der sogar an einigen Stellen, da er wohl lange nicht bewohnt gewesen, Grashalme emporsproßten, mit durchsichtigen Reisigwänden und keinem einzigen Möbel, weder Tisch noch Stuhl, darin. Nur an der hinteren Wand waren ein paar in den Boden eingerammte Bettgestelle aus rohen Pfosten und Stangen angebracht, mit Riethstücken darüber gelegt, und auf dem einen von diesen lag eine alte, mit blauem Zeug überzogene, ziemlich harte Matratze, aber so von Schmutz starrend, daß sie Behrens nur gleich hinaus vor die Thür zog, weil Niemand darauf liegen mochte.

Das war ein trauriger Aufenthalt inmitten dieser wunderbaren Vegetation, – und ein Garten? Hinter dem Haus lag ein Platz von vielleicht zehn Schritt Länge und Breite, den die früheren Bewohner dieser Hütte zu einem Düngerhaufen benutzt zu haben schienen, weiter nichts, denn dahinter begannen schon die Orangenbäume, und darin hatte Herr Meier in Europa also doch Recht gehabt, denn von denen lagen hier so viel herum, daß sie den Boden fast bedeckten und dorten faulten. Und trotzdem scheuten sich die Deutschen am ersten Tage davon zu nehmen, bis eine alte Negerfrau zu ihnen kam, und den Kindern eine ganze Schürze voll davon ins Haus schüttete.

Und wie sollten sie sich jetzt mit irgend Jemandem verständigen? Behrens hätte so gern gefragt, ob sie nicht einen Tisch und ein paar Stühle wenigstens bekommen könnten, und er suchte der alten Negerfrau das begreiflich zu machen. Sie verstand ihn auch vielleicht, denn er drückte sich pantomimisch deutlich genug aus, schüttelte aber mit dem Kopf und begann dann eine solche Menge von wunderlichen Gesticulationen, daß es Behrens endlich in Verzweiflung aufgab, irgend einen Bescheid von ihr zu erhalten. Die Kinder fürchteten sich dabei vor ihr, und Christian schrie gerade hinaus, wenn sie nur in seine Nähe kam. Aber sie lachte gutmüthig, nickte ihnen freundlich zu und ging dann wieder in ihre eigene Wohnung hinüber. Mit den Fremden war ja doch nichts anzufangen.

Essen bekamen sie heute gebracht, die nämliche Kost, die sie unterwegs erhalten: Bohnen und Maniokmehl, aber ein Stück frisches Fleisch dazu, – Alles in einer großen hölzernen Schüssel, in welcher blecherne Löffel staken. Sie mußten sich dann darum her auf die Erde niederkauern, um daraus zu essen.

Behrens und seine Frau glaubten nun allerdings, daß ihnen dies trostlose Local nur für den Augenblick zur Wohnung angewiesen sei, da man nicht Zeit gehabt, eine bessere Behausung so rasch für sie in Stand zu setzen, und in dieser Vermuthung wurden sie dadurch bestärkt, daß man sie auch am nächsten Tag noch zu keiner Arbeit aufforderte, sondern ihnen vollständig Zeit ließ, sich von dem beschwerlichen und ermüdenden Marsch zu erholen. Gewiß bereitete man indessen ein neues kleines Haus für sie vor, an dem sich dann auch ein Garten befand, denn das hatte ja Herr Kollboeker daheim dem Auswanderer noch ganz besonders in seinen Contract gesetzt.

Am dritten Tag morgens, aber auch erst nach dem Frühstück, kam der Mulatte und sagte ihnen etwas in seiner Sprache, auf das der junge Bursch, der Pölke hieß, und der sich indeß wieder vollständig erholt hatte, lachend erwiederte: »Ich danke Dir, Du erbsenbedroschenes Gelbfell Du; wir befinden uns vollkommen wohl.«

Der Gelbe grinste, daß ein paar Reihen blendend weißer Zähne zum Vorschein kamen, mochte sich aber doch auf keine weitere mündliche Erörterung einlassen, sondern winkte ihnen nur mit der Hand, ihm zu folgen.

Behrens zeigte jetzt fragend auf sich; der Mulatte wiederholte aber die frühere Bewegung für Alle mit einander, – nur die Frau nicht, die den Säugling auf dem Schoß hatte; sie und das kleinste Kind, der Christian, sollten da bleiben.

Natürlich folgten sie Alle der Aufforderung und glaubten auch, sie würden nun zu dem Herrn geführt werden, um dort das Weitere mit ihm zu besprechen. Das aber war nicht der Fall; der Mulatte brachte sie gleich in das Feld hinaus, zwischen das Zuckerrohr, wo schon eine Anzahl von Negern beschäftigt war, den Boden aufzuhacken. Werkzeug lag dort ebenfalls, und die neuen »Arbeiter« wurden angewiesen, sich den übrigen »Sclaven« anzuschließen.

Weigern durften sie sich nicht, – waren sie doch auch nur deshalb nach Brasilien gekommen, um jede ihnen übertragene Arbeit auszuführen, und mit gutem Muth und heute auch wieder frisch gestärkt, begannen sie ihre neue Beschäftigung. Lieber Gott, Arbeit waren sie ja von Jugend an gewöhnt – und harte Arbeit dazu – in Deutschland hatte man ihnen ebenfalls nichts geschenkt, und hier sollten sie ja nur schaffen, um freie und selbstständige Menschen zu werden. Je früher sie also damit begannen, desto rascher lief auch ihre Dienstzeit ab, und wenn sie erst einmal für sich selber beginnen konnten, mußte auch das Schwerste überstanden sein.