Der Politiker

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Das Thema Krieg wird bald nicht mehr erwähnt. Man erinnert sich an die Zeit vorher. Bei dieser Gelegenheit wandert Gabis Hand Willis Bein entlang und verweilte dann an einer Stelle, weil sie feststellte, dass sich etwas bewegte.

«Wie wäre es mit einem Ausflug auf unseren Hochsitz?»

«Da hätte ich nichts dagegen», beantwortet Willi die Frage, «es könnte allerdings etwas kalt werden.»

«Da wird mir schon was einfallen», meint Gabi mit einem Augenzwinkern.

Über den Einfallsreichtum von Gabi kann Willi nur noch staunen, offensichtlich hat sie einiges an Erfahrung dazugelernt. Er schiebt die aufkommende Eifersucht bei Seite und geniesst die kreativen Techniken von Gabi.

Umschulung /1940

Nach einigen schönen Abenden mit Gabi, muss Willi wieder nach Norden. In Putlos steht wieder Ausbildung auf dem Programm. Die meisten Rekruten im Umschulungskurs sind neu. Sie hatten eben eine militärische Grundausbildung abgeschlossen und sind jetzt bei den Panzertruppen eingeteilt worden.

Willi fühlt sich an den ersten Tag vor einem Jahr erinnert. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich einzuordnen. Erst als seine Gruppe vom Zugführer übernommen wird, kann er diesen informieren, dass er schon im Polenfeldzug dabei war.

Nun ändert sich alles schlagartig. Er wird zum Stellvertreter des Zugführers ernannt und erhält den nötigen Respekt. Sein Zugführer hat selber noch keine Kampferfahrung, er kommt direkt von der Offiziersschule. Für Willi geht es bei diesem Umschulungskurs darum, den neuen Panzer 35T kennen zu lernen. Dieser kann endlich in grossen Stückzahlen an die Wehrmacht ausgeliefert werden, doch es fehlt noch an Soldaten, welche das Gefährt bedienen können.

Es dauert noch eine Woche, bis Willi sein neues Gefährt endlich inspizieren kann. Mit dem PZkw ll hat der neue Panzer nicht mehr viel Vergleichbares. Lediglich die Lenkung über die Ketten ist noch gleich. Das neue Gefährt braucht eine vierköpfige Besatzung. Zu den beiden MGs gehört neu, eine Kanone mit der Geschosse von Kaliber 3,72 cm verschossene werden können. Die wird es auch brauchen, falls der neue Feind die Franzosen und Engländer sind, die verfügen über ähnliche Panzer, da könnten sie mit dem PZkw ll einpacken.

Auf dem Waffenplatz Putlos wird nun intensiv geübt. Willi wird als Instruktor bei der Ausbildung der Fahrer eingesetzt. Der grössere Teil seiner Kompanie trainiert die Bedienung der Geschütze. Es ist nicht einfach, die Kanone schnell nachzuladen, der Platz im Panzer ist eng. Es braucht Übung, bis der Leutnant zufrieden ist. Es wird später im Kampf wichtig sein. Wie lange es vom ersten bis zum zweiten Schuss dauert, kann über Leben und Tod entscheiden.

Ende März wurde die Ausbildung für abgeschlossen erklärt. In einer feierlichen Zeremonie werden sie vom Kommandant verabschiedet. Willi wird zum Leutnant befördert. Danach fährt die Kompanie zum Bahnhof und mit dem Zug nach Kleve in Westfalen. Ausserhalb von Kleve beziehen sie ein Zeltlager. Das Zeltlager ist grösstenteils im Wald errichtet und gut getarnt. Das Tagesprogramm besteht jetzt in theoretischen Panzerschlachten. In einem Zelt ist eine grosse Landkarte aufgeklebt. Mit Panzermodellen wird nun das taktische Vorgehen bei einem Angriff theoretisch durchgespielt.

Die Karte enthält Angaben über Flüsse, Brücken, Wälder und unwegsamen Gebieten wie Sümpfe. Die Ortschaften tragen keine Namen. Es brauchte einige Zeit, bis Willi bemerkte, dass das keine Phantasiekarten zum üben sind, die Karten zeigten Gebiete in Holland, deutlich erkennt er den Verlauf der Maas und der Waal. Seine Beobachtung behält er für sich, es wunderte ihn, dass man mit den Panzermodellen bis weit nach Holland vordringt.

Nach einer Woche mit intensiven Kriegsspielen, wird die Kompanie an einem Abend zum Bahnhof von Kleve gefahren. Sie mussten sich in Formation aufstellen, dann kommandiert der Feldwebel Achtung Stellung und meldet die Kompanie dem Kommandanten als bereit.

Normalerweise richtet sich der Kommandant nach so einem Aufmarsch an seine Truppe, doch diesmal schaut er auf die Bahngleise. Nach zwei langen Minuten hörte man das Nahen eines Zugs. Der verlangsamt seine Fahrt und hält genau vor der Formation an.

«Kompanie run!», schrie jetzt der Kommandant.

Jetzt kann man auch erkennen, was der Zug geladen hatte. Es sind Panzer. Willi zählt auf den Güterwagen 32 neue Panzer 35T.

«Abladen!», schreit der Kommandant, «aber schnell. Die Offiziere wissen was zu tun ist, folgt den Anweisungen.»

Ab sofort verwandelte sich der Bahnhof in einen Ameisenhaufen. Zwei Stunden später rollte der Konvoi in gemächlichem Tempo in Richtung ihres Camps am Waldrand. Die Fahrer haben die Anweisung, möglichst leise zu fahren, zum einen will man möglichst wenig Aufmerksamkeit erregen, zum anderen müssen die Motoren noch eingefahren werden.

In den folgenden Tagen werden, auf einer vorbereiteten Strecke im Wald, die Panzer vorsichtig eingefahren. In Kleve darf nichts bemerkt werden. Höchsten ein leichtes brummen ist zu hören, doch das könnte auch von LKWs herrühren.

Nach einer Woche hatte jeder der 32 Panzer die notwendigen Einfahrkilometer abgespult. Nun müssen noch die MGs und vor allem die Kanone eingeschossen werden. Das ist nicht ohne Lärm möglich. Das MG-Feuer ist kein Problem, das ist in der Nähe von Truppen nicht aussergewöhnlich.

Damit der Lärm der Kanonen, möglichst nur lokal zu hören ist, wird jeweils ein Panzer in eine Kiesgrube gefahren, wo er seine ersten drei Schüsse abgeben kann. Genau zum Zeitpunkt der Schussabgabe, fliegt eine Bomberformation mit neun Do111 im Tiefflug über Kelve, so sind die Schüsse der Kanone kaum noch zu hören.

Anfang Mai führen immer fünf Panzer Übungen im Formationenfahren durch, dazu nutzte man ein Naturschutzgebiet, welches schon lange für Besucher gesperrt ist. Die Kompanie ist vorbereitet, jeder spürt, dass es nächstens losgeht. Die politische Lage ist angespannt. Offiziell haben Frankreich und England den Deutschen den Krieg erklärt, doch bis jetzt gab es höchstens mal ein Schusswechsel entlang der deutschfranzösischen Grenze. Das deutsche Volk ist immer noch im Siegestaumel. Nebst Polen im letzten Herbst, wurde auch Dänemark und Norwegen ohne grossen Widerstand besetzt. Jeder ist begeistert, den Deutschen kann niemand das Wasser reichen.

Ab dem 5. Mai werden alle Aktivitäten der Truppe eingestellt. An den Fahrzeugen werden allfällige Reparaturen vorgenommen. Die Übungsmunition wird durch Kriegsmunition ersetzt. Die Tanks sind gefüllt und in jedem Panzer gibt es eine Ecke mit einem Notvorrat an Verpflegung. Für Willi steht fest, es wird bald losgehen. Der Führer ist schon klug. Die französischen Truppen stehen wie im Weltkrieg an der Maginot Linie und Hitler umgeht das Bollwerk. Sehr geschickt, wir Deutschen habe ein riesen Glück, so ein weitsichtigen Führer zu haben.

Am 8. Mai gibt es nochmals Ausgang in Kleve. Danach wird die Alarmstufe drei gelten, also noch einmal tüchtig feiern. In Kleve haben sie selten Ausgang, deshalb hat Willi noch keine Freundin. Lohnt sich auch nicht, sie werden sicher bald verlegt. Für den Ausgang müssen sie diesmal zivile Kleidung tragen, es darf niemand merken, dass es in Kleve so viel Militär gibt.

Um Mitternacht gibt es einige Soldaten, welche den Heimweg nicht allein geschafft hätten. Man hilft sich gegenseitig, beim Rapport wird keiner vermisst. Der nächste Tag verläuft für Soldaten untypisch. Nur zum Essen kommen sie aus den Zelten, sonst ist Ruhe angesagt. Bis zum Abendrapport sind alle wieder nüchtern. Für die Nacht wird erhöhte Wachbereitschaft gefordert. Geschlafen wird nur noch in Kampfuniform, höchstens die Jacke darf man ausziehen.

Um vier Uhr fünfundvierzig kommt der Befehl: «Aufsitzen, aber leise!»

Jeder bezieht seine Position. Bereits stimmen die ersten Vögel ihren Gesang an, von den über hunderten Männern in den Panzer, ist nichts zu hören. Willi lauscht mit gespannter Erwartung auf das was jetzt folgt. Ist es nur eine Übung oder geht es gleich los? Noch ist das Funkgerät ruhig, es herrscht Sendeverbot. Die Spannung steigt mit jedem neuen Vogel, welcher ins Morgenkonzert einstimmt.

Der Leutnant rennt von Panzer zu Panzer: «Mit dem fünf Uhr Schlag der Kirchenuhr starten alle gleichzeitig die Motoren und danach in Formation auffahren.»

Welche Formation gemeint ist, weiss jeder, man hat sie hundert Mal geübt. Dann, die Kirchenuhr beginnt zu schlagen. Sekunden später erzittert der Wald in einem infernalen Getöse der Panzer. Die Vögel werden Mühe haben, heute eine Partnerin zu finden, aber Willi hat jetzt andere Sorgen. Er darf den vorderen Panzer nicht aus den Augen verlieren. Im leichten Morgennebel, der sie beim Verlassen des Waldes erwartet, ist das gar nicht so einfach. Nach zehn Minuten weicht die sonst übliche Route von den bisherigen Übungen ab, statt nach rechts, biegt der Führungspanzer nach links in Richtung Holländisch Grenze ab.

Jetzt weiss jeder was es geschlagen hat, endlich kann man in den Kampf ziehen. Als das Tal breiter wird, Fächern sich die Panzer auf und fahren in Sechserreihe Richtung Grenze.

Jeder weiss was zu tun ist. Noch ein Kilometer, dann dürfte die Grenzbefestigung in Schussweite liegen. Man weiss, dass der Grenzübergang mit zwei Kanone gesichert wird, noch bevor die Panzer in Schussweite der Kanonen gelangen, stürzt sich ein Verband von vier Stuckas auf die Bunker und deckt diese mit einem Bombenhagel ein. Die Truppe wurde beim Üben auf dem Kartentisch auch auf drei Panzer aufmerksam gemacht, welche normalerweise immer in der gleichen Position stehen. Diese auszuschalten ist die Aufgabe der drei mittleren Panzer.

Mit sechs gezielten Schüssen sind die drei Panzer ausgeschaltet, bevor sie selber feuern können. Dann steigt plötzlich eine Rauchwolke aus dem mittleren Panzer, er wird getroffen. Willi gibt sofort den Schiessbefehl. Durch die aus der Kanone des bisher nicht bemerkten vierten Panzers austretende Rauchwolke ist das Ziel nun gut zu erkennen. Der Schuss den Willis Panzer abgibt, trifft. Sofort wird nachgeladen. Vorsichtshalber nimmt das MG das Umfeld des Gegners unter Beschuss. Inzwischen wird der holländische Panzer vom Panzer links neben Willi ebenfalls beschossen.

 

Sicherheitshalber lässt Willi nochmals schiessen. Dann wird nachgeladen und das Gelände hinter der Grenze genau beobachtet. Es gibt noch einige Grenzschutzsoldaten, welch mit ihren Karabiner auf die Panzer feuern, aber mit einem Karabiner kann man die Panzer nicht ärgern, die Kugeln prallen ab.

Die Sechserreihe rückt weiter vor. Der getroffene Panzer bleibt zurück, seine Position wird sofort von einem Panzer aus der zweiten Reihe eingenommen. Die Grenzschützer werden mit MG-Garben bekämpft. Der Schlagbaum auf der Strasse wird von vordersten Panzer weggeschoben, wie ein Streichholz bricht er. Das Grenzhäuschen hat einen Volltreffer abbekommen. Die erste Schlacht ist geschlagen, es wird wieder ruhiger.

Hinter der Grenze wird es eng. Es können nur noch vier Panzer nebeneinander vorrücken. Mit einer gewissen Vorsicht rückt die Kompanie vor. Inzwischen fahren alle auf holländischem Gebiet. In regelmässigen Abständen werden sie von Stuckas überflogen. Die nehmen alles unter Beschuss, das für die Panzer gefährlich werden könnte.

Nächstes Ziel ist der Ort Tiel an der Waal. Genau wie nach dem auf dem Kartentisch durchgespielten Übungsverlauf, rücken sie jetzt im Ernstfall vor. Es kommt zu keinen nennenswerten Zwischenfällen. Die Holländer sind total überraschte und so lauten die letzten Meldungen aus den Flugzeugen, sie ziehen sich zurück. Sie hoffen in einer massierten Stellung weiter im Landesinnern, auf die Unterstützung durch die Franzosen, solange weichen sie dem direkten Kampf aus.

Für den Kampfverband von Willi bedeutet das, in vorsichtiger Fahrt der Waal entlang vorrücken. Aus einem Haus an der Strasse werden die Panzer mit Tomaten beworfen. Der getroffene Panzer öffnet seine Lucke und wirft zum Dank eine Handgranate ins Fenster des Hauses, welches mit einem lauten Knall explodiert.

«Das wird euch lehren, Deutsche verhöhnt man nicht», ruft er noch und schliesst die Lucke wieder.

Der Angriff mit den Tomaten ist der einzige an diesem Morgen. So gelangten sie noch vor Mittag nach Tiel. Rund um Tiel schliesst sich der Verband in eine Verteidigungsstellung zusammen. Die wichtige Brücke wurde im Handstreich von Grenadieren besetzt. Der Ort wird mit einer Ausgangssperre für Zivilisten belegt. Einige mutige wagten sich trotzdem auf die Strasse und werden sofort beschossen. Nachdem drei Personen Tod auf der Strasse liegen, haben die anderen begriffen, dass man sich besser fügt.

Nun kann die Einheit mit Nachschub versorgt werden. Munition musste nicht viel nachgeliefert werden, aber die Tanks müssen mit Diesel nachgefüllt werden, die Motoren sind durstig.

Am Abend wird die Kompanie informiert, dass der Angriff bisher nach Plan abläuft. Der Widerstand sei geringer als erwartet, morgen früh rücken wir weiter vor. Nächste Ziel, Dortrecht, auch da muss die Brücke unbeschädigt eingenommen werden. Die Wachen müssen mit Sabotage durch Zivilisten rechnen, von der holländischen Armee droht momentan keine Gefahr.

Um fünf Uhr werden die Motoren gestartet. Der Konvoi setzt sich in gleicher Formation, dem Fluss Waal entlang, in Bewegung. In regelmässigen Abständen überfliegen Stuckas den Konvoi und bereiten den Weg vor. Alles was nur im Entferntesten nach einer militärischen Anlage aussieht, wird mit Bomben zerstört.

So können die Panzer von Willis Kompanie ungehindert vorrücken. Trotzdem bleiben sie vorsichtig. Drei Panzer haben die Lucke geöffnet, damit sie bessere Sicht haben. Dabei wird leider ein Soldat durch einen Kopfschuss getötet. Das Haus aus welchem der Schuss abgegeben wurde, wird von drei Panzern unter Beschuss genommen und fällt in sich zusammen.

Schon bald tauchen die ersten Gebäude von Dortrecht auf. Auch wenn keine Soldaten auszumachen sind, werden die Gebäude in unmittelbarer Nähe der Brücke mit massivem Feuer belegt. Die Kanonen der Panzer werden so richtig gefordert. Man will keine Überraschung erleben. Die Brücke ist noch intakt. Gegen Abend Rücken die Grenadiere vor und nehmen die Brücke im Handstreich. Das wichtigste Ziel ist erreicht.

Wie am Vortag in Tiel, wird eine Verteidigungsstellung errichtet. Die Brücke muss gesichert werden. In Dortrecht übernimmt nun die Infanterie die Sicherung. Entlang der Strasse und im Bereich der Brücke, werden die Zivilisten vertrieben. Die meisten verlassen die Stadt mit einem Koffer voll mit den wichtigsten Habseligkeiten und versuchen sich nach Norden in Sicherheit zu bringen.

Damit ist der Krieg gegen Holland für die Einheit von Willi schon vorbei. Sie müssen nur noch die Brücke halten. Es bleibt anderen Kompanien vorbehalten, weiter vorzurücken. Willis Kompanie muss sich mit aufmüpfigen Holländerinnen abgeben.

Den glorreichen Sieg der Wehrmacht an allen Fronten, können sie nur über die täglichen Frontberichte, welche der Feldwebel bei jedem Antrittsverlesen durch gibt, verfolgen. Danach müssen sie wieder ihre Posten in den Panzern beziehen. Eine unangenehme Aufgabe, denn die Holländerinnen verspotten sie und laufen vor ihren Panzern durch, dabei ist das Stadtzentrum Sperrgebiet. Das kümmert die Mädels nicht. Sie stolzieren, als ob es keinen Krieg gäbe durch die Strassen.

Zwei Mal haben sie versucht, eine der Gören zu verhaften. Sie hatten in ihren schweren Armeestiefel keine Chance, das Mädchen war schneller und konnte mit lautem Gelächter entkommen. Natürlich hätten sie auf die Göre schiessen können, doch das hat bis jetzt keiner gewagt. Nur wie lange lassen sich die Soldaten diese Provokationen noch gefallen. Willi hört immer öfter den Ruf, dass man durchgreifen muss.

Ein Schiessbefehl durch den Kompaniekommandanten bleibt bisher aus. Ohne ausdrücklichen Befehl wagen es die Soldaten nicht zu schiessen. Nachts wird Kriegsrat unter Soldaten gehalten. Es muss etwas passieren, das ist allen klar. Man beschliesst, dass Soldaten, welche zu keinem Wachdienst eingeteilt sind, sich auf die Lauer legen. So hofft man ein der Gören festzunehmen und ihr tüchtig einzuheizen.

Am nächsten Tag wird der Plan in die Tat umgesetzt. Wieder erscheint eine Holländerin und spaziert provozierend vor dem Panzer durch. Das Lachen vergeht ihr schnell, als sie plötzlich überrascht feststellt, dass sie umzingelt ist. Die Falle schnappt zu, zwei Soldaten bekommen sie zu fassen und Sekunden später ist sie von zehn Soldaten umringt. Drei Soldaten haben ihre Arme und den Kopf fixiert, je zwei weitere heben ihre Beine an und so wird sie in ein, von der Kompanie requiriertem Haus gebracht.

Im Keller wird sie in einer Ecke abgesetzt. Die Soldaten bilden einen geschlossenen Kreis. Die freche Göre sitzt nun kleinlaut in der Ecke und harrt der Dinge, die da auf sie zukommen. Sie bekommt Angst, aus dem frechen Spiel, ist Ernst geworden.

Es entbrennt eine heftig Diskussion, was man mit ihr anstellen könnte. Die Phantasien der Soldaten sind sehr kreativ. Die Wehrmacht hat den Befehl herausgegeben, die Holländer anständig zu behandeln, schliesslich sind es Arier wie die Deutschen.

Ungeschoren darf sie aber nicht davonkommen. Die vorgesehene Strafe wird unter den Soldaten geflüstert, das Mädel hat keine Ahnung, was sie mit ihr vorhaben.

Jetzt geben die Soldaten eine Gasse frei und einer taucht mit einem Wasserschlauch auf und als hinten jemand den Hahn aufdreht, spritzt er das Mädel mit kaltem Wasser ab. Jetzt windet sie sich und versucht dem Wasserstrahl auszuweichen. Schliesslich dreht einer den Wasserhahn zu, sie hat es überstanden. Einer reicht ihr ein Handtuch, damit sie sich abtrocknen kann, dann darf sie gehen.

In den folgenden Tagen verzichten die Holländerinnen auf weitere Provokationen. Der Wachdienst wird einfacher, wenn auch langweiliger. Immer mehr zeichnet sich ein durchschlagender Erfolg der deutschen Truppen ab. Die Holländer warten vergeben auf die Hilfe der Franzosen und auch die Engländer können nicht helfen, sie sind, der Wehrmacht unterlegen. Sie müssen froh sein, wenn sie sich zurückziehen können, ohne dass sie zu starke Verluste hinnehmen müssen.

Anfang Juni wird es langweilig. Es gibt keine Gegner mehr. Die Engländer haben sich in Dünkirchen abgesetzt. Holland und Belgien haben kapituliert. Hitler lässt sich feiern. Dass sich die Engländer zurückziehen konnten, ist ein kleiner Schönheitsfehler, doch er wird sie von ihrer Insel vertreiben, dann können sie nur noch nach Amerika rüber schwimmen, aber auch das wird man verhindern.

In den besetzten Gebieten übernimmt die SS das Kommando und beginnt die Jagt nach Juden und von denen gibt es im neuen besetzten Gebiet viele. Noch gibt es organisatorische Probleme, doch mit jedem Tag werden mehr Juden in die Lager nach Deutschland verfrachtet.

Der Luftkrieg /1940

Am 25. Juni wird Willi ins Kompaniebüro bestellt. Er überlegt sich, was er wohl angestellt hat, aber es kommt ihm nichts in den Sinn, welches Vergehen ihm zur Last gelegt werden könnte. Hoffentlich nicht wieder die Sache mit seiner Uroma, das hat er inzwischen verdrängt und für unwichtig eingestuft. Er kann also mit ruhigem Gewissen vorsprechen.

Als er eintritt, ist der Kommandant noch am Telefon, er muss warten. Dann legt der den Hörer auf und kommt auf Willi zu.

«Gehen wir kurz nach draussen», schlägt der Kommandant vor. Willi wird es nun doch etwas bang.

«Leutnant Wolf, sie sind Luftfahrtingenieur?»

«Ich bin mit dem Studium nicht fertig», erklärt er seinem Kommandanten, «der Krieg kam dazwischen.»

«Ja das trifft bei vielen Wehrmännern zu», entgegnet der Kommandant mit ruhiger Stimme, was Willi etwas beruhigt.

«Das mit dem fehlenden Abschluss sehen die in der Heeresleitung anscheinend nicht so eng. Die brauchen Leute wie sie in der Rüstungsindustrie. Die wird immer wichtiger. Auf jeden Fall sind sie mit einem Antrag an mich gelangt, Sie aus der Wehrmacht zu entlassen, damit sie beim Aufbau einer Flugzeugfabrik helfen können.»

«Zu Befehl Herr Oberst - Heil Hitler!»

Die Details zu seiner Entlassung, erklärte ihm der Feldwebel. Mit einem LKW welcher in Deutschland Nachschub holen muss, wird er nach Aachen gefahren. Dort erfolgt die offizielle Entlassung aus der Wehrmacht. Die Uniform wird eingezogen. Freundlicherweise erhält er als Ersatz einen Anzug. Zudem werden ihm der Sold und eine Abgangsentschädigung ausbezahlt. Weiter erhält er einen Transportgutschein für eine Fahrt nach Worms und eine Fahrt von Worms nach Rostock, drei Wochen später.

Die Zeit in Worms verbringt er bei seiner Familie. Seine Eltern arbeiten immer noch in der Lederfabrik. Vater muss allerdings kein Leder mehr einkaufen, jetzt kann er es requirierten. Sowohl Bauern, wie auch die Fleischer, werden verpflichtet, die Felle der geschlachteten Tiere der Wehrmacht abzugeben. Die Entschädigung ist klar geregelt. Diese Verordnung erleichterte Franz die Arbeit, er kann jetzt doppelt so viel Tierfelle beschaffen, da er nicht mehr feilschen muss.

Seine Mutter Rosa ist Aufseherin in der Näherei und musste die Mädchen überwachen. Diese werden jeden Morgen mit einem LKW von einem Lager ausserhalb Worms hergefahren. Diese Mädchen musste Rosa im Auge behalten. Nebst einer Haselrute, mit dem sie den Mädchen auf die Finger schlägt, hatte sie weitere Möglichkeiten, indem sie bei dem Lagerkommandant Meldung erstatten kann. Nach einer solchen Meldung erscheinen die Frauen längere Zeit nicht mehr zur Arbeit. Zwei bis drei Wochen später, tauchen sie bis auf die Knochen abgemagert wieder auf, sind aber so geschwächt, dass sie die Frauen nicht mehr brauchen kann. Deshalb greift sie nur in Ausnahmefällen zu diesen drastischen Massnahmen. Meistens reichen leichte Schläge mit der Rute aus, ab und zu musste sie etwas härter zuschlagen, dann haben die Frauen begriffen, wer hier die Chefin ist.

Für Willi gibt es nicht viel zu tun. Als erstes überprüft er das Warenlager im Gartenhaus und kontrolliert, ob sich kein Schimmel gebildet hatte oder ob andere Massnahmen erforderlich sind, dass die eingelagerten Waren nicht an Wert verlieren, denn eines ist sicher, zur Zeit kann man diese Ware nicht verkaufen.

 

Als diese Arbeit erledigt ist, befasst er sich mit dem Flugzeugbau. Er schreibt einen Bericht, über die während seiner Zeit in der Flugzeugfabrik gemachten Erfahrungen. Er hofft, dass nach dem Krieg, mit diesem Bericht das Ingenieurdiplom leichter zu erlangen ist. So wie er die aktuelle Lage beurteilt, wird der Krieg nicht mehr lange dauern. Die gefährlichsten Gegner sind besiegt, dann wird Hitler seine Visionen über ein Europa unter einer deutschen Führung umsetzen. Alle werden von den weitsichtigen Projekten des Führers profitieren. Jeder wird erkennen, dass der deutschen Organisation nichts Gleichwertiges entgegengestellt werden kann. Der Lebensstandard in Europa wird für alle steigen. Dies gilt natürlich nicht für Juden, das ist klar, die werden ihre beherrschende Stellung verlieren.

Wenn Willi in Worms spaziert, wird er immer wieder von der Gestapo kontrolliert. Ein Mann im wehrpflichtigen Alter, welcher ohne Arbeit durch Worms spaziert, ist verdächtig. Einmal hat er seine Bescheinigung, dass er ordnungsgemäss aus der Armee entlassen wurde, nicht dabei. Er wurde sofort verhaftet und ins Gestapo Hauptquartier gebracht. Dort sass er für drei Stunden fest. Erst als ihm sein Vater das fehlende Papier brachte, wurde er entlassen.

«Die schauen schon, dass jeder seinen Pflicht gegenüber Hitler erfüllt», meint sein Vater, als sie wieder auf der Strasse stehen, «wie kann man ein so wichtiges Dokument zuhause lassen. Ich hoffe, das wir dir eine Lehre sein!»

Willi äussert sich nicht. Ihm sitzt der Schreck noch in den Knochen. Ihm ist nichts passiert, sie behandelten ihn vorsichtig. Er konnte darauf hinweisen, dass sein Entlassungsschreiben in der anderen Jacke steckt und er in zwei Wochen in eine Flugzeugfabrik abkommandiert wird. Er hat schon bemerkt, dass sie mit ihm vorsichtig umgehen, wenn seine Geschichte stimmt, dann ist er eine kriegswichtigtige Person.

Was Willi in den drei Stunden bei der Gestapo mitbekommt, beschäftigt ihn sehr. Wie die mit ihren Häftlingen umgehen, scheint alles andere als freundlich zu sein. Er hat im Gang eine ältere Frau gekreuzt, welche nebst einem blauen Auge, noch einige blaue Flecken am ganzen Körper aufwies. Die waren deutlich zu sehen, weil sie oben rum, nur einen BH trug.

Aus dem Verhörzimmer hörte man, wie die armen Kerle durch die Gestapoleute angeschrien wurden. Einige kurze, aber heftige Schreie, deuten darauf hin, dass auch mit Schlägen nachgeholfen wurde, wenn die Antwort nicht ins Bild der Schergen passte.

«Man muss schon acht geben», führt sein Vater den Monolog weiter, «es ist zu einem Volkssport geworden, Leute, gegen welche man noch eine Rechnung offen hat, bei der Gestapo anzuschwärzen. Am Besten ist es, wenn man die Schnauze hält, deshalb gehe ich auch nicht mehr in Kneipen. Es kann lebensgefährlich sein, wenn man betrunken einen falschen Witz erzählt. Ich kenne einige, welche nach einem lustigen Abend verschwunden sind.»

Noch immer ist Willi nicht bereit, sich auf eine Diskussion einzulassen und geht stumm neben seinem Vater her. Nicht auszudenken, was mit Ihnen geschehen würde, wenn jemand von den Geschäften mit den Juden erfahren würden. Zum Glück waren sie von Anfang an vorsichtig. Sogar sein Kumpel von der SA wusste nichts davon, dass er vorher seine Opfer abgezockt hatte und sich sein SA-Kumpel nur noch mit den Resten bedienen konnte, welch er übrig lies.

In den folgenden Tagen bleibt er lieber zu Hause. Er wartet darauf, dass er endlich nach Rostock abreisen kann. Meistens hört er Radio. Stündlich treffen die Erfolgsmeldungen von der Front ein. Am 22. Juni unterzeichnen die Franzosen die Kapitulation, der Krieg ist zu Ende. Die Zeitungen zeigen einen vor Stolz beinahe platzenden Hitler beim Verlassen des Eisenbahnwagens in Compiègne. Der Schmach des Weltkriegs ist getilgt. Jetzt kann man den Frieden vorbereiten und Willi hofft, dass er in Rostock früher oder später, Passagierflugzeuge bauen kann. Sicher das wird noch eine Weile dauern, noch muss das Erreichte gesichert werden.

Auf der Fahrt nach Rostock liest er die Zeitung. Ein unglaublicher Stolz befällt ihn, als Hitler, vor dem Eifelturm in Paris, sich den Fotografen stellt. Willi hat nicht viel, aber wenigstens ein bisschen dazu, beigetragen.

In Rostock wird Willi von Ortsgruppenleiter empfangen. Er fühlt sich geschmeichelt. Mit einer solchen Wertschätzung hätte er nicht gerechnet. Diesmal wird ihm eine grosse Wohnung mit teuren Möbeln zugeteilt. Die Einrichtung deutet darauf hin, dass sie einmal einer wohlhabenden jüdischen Familie gehört hatte. Allerdings sind alle jüdischen Symbole aus der Wohnung verschwunden.

«Ich hoffe sie fühlen sich hier wohl», erklärt der Ortsgruppenleiter, «wenn etwas fehlt, melden sie sich.»

«Danke, ich denke ich komme hier gut zurecht.»

«Dann wünsche ich ihnen einen guten Start. Sie wissen ja wo die Fabrik liegt, unten steht ein Motorrad, mit dem können sie in die Fabrik fahren - Heil Hitler!»

«Heil Hitler! Herr Ortsgruppenleiter.»

Zackig hebt Willi den rechten Arm. Der Ortsgruppenleiter erhebt seinen Arm ebenso zackig und verlässt die Wohnung.

Das muss Willi erst verdauen, er setzt sich aufs Sofa und starrt nachdenklich vor sich hin. Er hat es geschafft, er ist nicht mehr der Studenten, welcher in einer engen Studentenbude mit drei anderen Studenten zusammen wohnt. Er hat eine eigene Wohnung. Nachdem er seine Fassung wieder gefunden hat, geht er in die Küche und kocht sich einen Kaffee. Es gibt tatsächlich Bohnenkaffee, er ist ein Glückspilz.

Auf dem Tisch in der Stube findet er einen Brief, in welchem ihm weitere Anweisungen mitgeteilt werden. So wird erwartet, dass er in der SA-Uniform zur Arbeit erscheint. Die Rangabzeichen weisen ihn als Leutnant aus, entsprechend dem Rang, wird auch sein Lohn bemessen. Er wird ein gutes Leben führen können. Mit der Uniform sind zahlreiche Privilegien verbunden.

Obwohl das grosse Bett sehr angenehm ist, hat er schlecht geschlafen. Er ist immer wieder aufgewacht. Trotzdem fühlt er sich am Morgen bereit. Vor dem Haus steht ein Motorrad zu dem der Schlüssel, welcher am Schlüsselbrett hing, passt. Zum Glück hat ihm Vater einige Male sein Motorrad geliehen, so weiss er, wie man damit umgeht. Vorsichtig fährt er auf die Strasse und biegt in Richtung Flugzeugfabrik ab.

In der Fabrik nimmt ihn ein neuer Fabrikleiter in Empfang.

«Heil Hitler, ich bin hier der Chef, ich heisse Paul Walter, ihre Akte kenne ich, Herr Wolf, ich heisse sie willkommen.»

«Heil Hitler! Herr Walter», meldet sich Willi und grüsst vorschriftsmässig, «ich freue mich auf die Aufgaben.»

«Dann wollen wir Mal einen Rundgang machen, dabei kann ich ihnen am Besten erklären, was wir von ihnen erwarten.»

Seit seinem letzten Arbeitstag in der Fabrik hat sich viel, um nicht zu sagen alles, verändert. Auffallend ist der hohe Frauenanteil, es gibt nur noch wenige Männer in der Fabrik. Neu ist auch eine zweite Produktionsstrasse, welche eben in Betrieb genommen wird. Man will die Produktion verdoppeln. Der Führer verlange das so.

«Wir können die eroberten Gebiete nur halten, wenn wir eine starke Wehrmacht haben und dazu gehören gute Bomber», erklärt Herr Walter.

«Der Führer weiss schon was er machen muss», bestätigt Willi seine Aussage.

Damit ist die Aufgabe von Willi klar definiert. In seinem Büro studiert er die letzten Pläne des zu bauenden Bombers. Die Bezeichnung lautet immer noch Do111. Mit der Do111, welche Willi noch vor zwei Jahren baute, ist diese neue Ausführung nicht mehr zu vergleichen. Er staunt über die technischen Fortschritte in dieser kurzen Zeit. Da waren gute Konstrukteure an der Arbeit.

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