Das verschwundene Schiff

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Die Frau vom Oberdeck

Am nächsten Morgen beobachtet Reto alle Leute an Bord aus einer anderen Sicht. Es geht ihm nicht mehr darum, wer sich am besten amüsiert und welches Mädchen eine tolle Figur hat. Jetzt achtet er darauf, welche Person beim Aufbau eines Widerstands gegen die Leute vom Oberdeck, nützlich sein könnte. Eben so viele Gedanken machte er sich darüber, wer ein Spitzel sein könnte, vor wem muss man sich in Acht nehmen?

Nach dem Frühstück hat er noch keine Entscheidung getroffen, weder hat Reto jemand gefunden mit dem er über seine Befürchtungen sprechen könnte, noch hat er Personen als Spitzel identifizieren können. Vor dem Mittagessen muss er aufs Oberdeck, der Computer meldet einen Auftrag für ihn.

Ein einen älteren Herrn möchte in die Sauna. Auf dem Oberdeck hat er den Herrn schon längst erspäht, doch er stellti sich etwas dämlich an, so hat er Zeit, das Geschehen auf dem Oberdeck noch etwas länger zu beobachten.

«Leistest du mir noch etwas Gesellschaft», fragt eine weibliche Stimme.

Er erkennt die Stimme der Dame. Als er sich umdreht erkennt er Claire, die Lady an der Bar von gestern Abend.

«Geht das», fragt Reto, «ich muss einen Herrn in die Sauna führen.»

«Dann kommst du nachher wieder zurück, ich werde an der Bar warten.»

Schnell liefert er den Herrn in der Sauna ab.

Als Reto wieder hochsteigt, erwartet ihn Claire bereits auf der Treppe: «Komm, wir gehen auf meine Kabine, da sind wir ungestört, keine Angst, ich werde dich nicht verführen, ich will nur mit jemand normalem reden.»

Die Gedanken jagen Reto durch den Kopf, werden sie dabei beobachtet? Handelt es sich um eine Falle? Muss ihn die Lady ausspionieren? Nun, ist ja nichts dabei, die Dame ist vom Oberdeck und gehört zur herrschenden Klasse. Vielleicht kann er so etwas mehr erfahren, er macht ja nur seinen Job, schliesslich ist es seine Aufgabe, der gehobenen Gesellschaft, ihre Wünsche zu erfüllen, für Reto kein Risiko, wenn jemand in Schwierigkeiten bekommt, ist es Claire selber.

Er folgt ihr die zwei Treppen hoch und einen langen Gang entlang. Wau, das nennt man Luxus. Das Appartement ist sehr gross und ist in drei Räume aufgeteilt, welche durch Vorhänge abgetrennt werden können. An der Schiffsaussenwand hat die Kabine einen Balkon. Der ist allerdings klein geraten, zu jeder Kabine gibt es nur wenig Aussenfläche. Auf diesem Balkon haben nur zwei Liegestühle und ein kleiner Tisch für einen Drink Pplatz.

Aus der Zimmerbar bringt sie zwei Drinks, er will eigentlich ablehnen, doch es zeigt sich, dass die schön servierten Drinks keinen Alkohol enthalten, sondern nur verschiedene Fruchtsäfte mit Eis. Der Saft ist sehr erfrischend. Sie prosten sich zu, dann machen sie es sich auf den Liegestühlen gemütlich. Reto trägt nur eine knappe Badehose und sie einen noch knapperen Bikini. Die leichte Brise des Fahrtwinds sorgt für ein angenehmes Klima, auch wenn die Stühle im Schatten stehen, ist es draussen sehr heiss.

Claire ist sehr schlank und hat einen kleinen festen Busen, dass sie in südlichen Gefilden unterwegs sind, sieht man nicht, sie ist noch sehr bleich.

«Ich vertrage die Sonne sehr schlecht», erklärt sie entschuldigend. Vermutlich ist ihr aufgefallen, dass er sich über ihre weisse Haut wunderte. Nun beginnt sie, ihr Leben zu erzählen, Reto hört nur interessiert zu, ohne sie zu unterbrechen.

«Meine Mutter war Schauspielerin und Fotomodell. Ich war das Ergebnis eines Liebesfilms, in welchem meine Mutter mitwirkte, noch bevor das Happy End im Kasten war, war meine Mutter schwanger. Es reichte eben noch, den Film fertig zu drehen, danach musste sie eine lange Babypause einschalten. Mein Vater, leider wie meine Mutter nur mit einer Nebenrolle bedacht, verschwand in Richtung Hollywood, wo er sich eine grosse Kariere erhoffte, aus der dann allerdings nie etwas wurde.

Natürlich machten die Grosseltern zuerst ein Drama aus der Schwangerschaft, doch als ich da war, wurden sie die wichtigsten Bezugspersonen für mich, sie schlüpften in die Rolle der Eltern. Meine Mutter kämpfte sich als Schauspielerin zurück und bekam immer bessere Rollen. Wenigstens drehte sie jetzt ihre Filme, ohne ein Souvenir mit nach Hause zu bringen, in dieser Beziehung hatte sie etwas dazugelernt.»

«Als ich bereits vier Jahre alt war», fährt sie fort, «stellte sie mir ihre grosse Liebe vor. Ein zugegeben recht gut gebauter Mann aus der Chefetage einer Bank. Wir zogen von der Provinz nach Genf in die Stadt. Nun musste ich mich an die neuen Eltern gewöhnen, eine Umstellung die mir und auch meiner Mutter schwer zu schaffen machte. So ruhig wie bei den Grosseltern ging es nicht mehr zu und her. Es gab oft Streit um Kleinigkeiten. Dabei war Geld ausreichend vorhanden, das Einfamilienhaus war sehr schön und hatte für Genfer Verhältnisse, einen schönen Garten. Alles hätte so schön sein können, wenn nur die Eifersucht meiner Mutter und der Jähzorn meines Stiefvaters nicht gewesen währe. Sie traute ihm nicht und er sah in jedem Mann einen Nebenbuhler und wenn er eine Situation nicht im Griff hatte, spielt er seine Muskelkraft aus und setzte seine Argumente mit gezielten Schlägen durch.

Ich war rund zehn Jahre alt, als es mit ihm anfing. Er schlug mich öfter, denn ich provozierte ihn gerne. Die Schläge machten mich scharf, ich war erregt. Die Schläge waren natürlich nicht hart, es durften ja keine Spuren zurückbleiben. Nach der Bestrafung fühlte ich mich erleichtert.

Als sich meinen Brustwarzen langsam dunkler färbten und sich unter dem Hemd deutlich abhoben, änderte sich das Verhältnis zum Stiefvater. So kam er zum Beispiel ins Badezimmer wenn ich am Bbaden war und schrubbte mir den Rücken, doch es blieb nicht nur beim Rücken. Da meine Mutter in mir immer mehr eine Rivalin sah, wurde das Verhältnis zu ihr immer schlechter und der Stiefvater hatte leichtes Spiel.

Nach einiger Zeit kannte ich alle Tricks, wie man einem Manne Freude bereiten konnte. Ich weiss nicht mehr ob es mir gefallen hat, Joel war damals die einzige Person zu der ich ein gutes Verhältnis hatte, wenn ich komischer Weise auch die Schläge vermisste, denn die blieben jetzt aus. Meine Mutter hasste mich immer mehr, je mehr Busen ich bekam. Bald wurde klar, so konnte es nicht weiter gehen. Joel konnte sich in seiner Position keinen Skandal leisten, in den Schweizer Banken ist Moral noch eine gefragte Eigenschaft. Also einigte man sich darauf, dass ich die Pubertät besser in einem strengen Internat verbringen soll.

Ängstlich erwartete ich den ersten Schultag im Internat. Ich bekam ein Zimmer, welches ich mit drei anderen Mädchen teilte. Die drei hatten noch nie einen nackten Mann gesehen und hatten im Vergleich zu mir, keine Ahnung, dafür waren sie umso neugieriger. Diese Neugier nutzte ich schamlos aus. Ich übernahm die Chefrolle im Zimmer, die drei wurden zu meinen Sklavinnen. Ich lernte schnell wie man sie zu allerlei törichten Spielen missbrauchen konnte und hatte meinen Spass daran.

Ich schmuggelte einen Vibrator in das Zimmer und vermietete ihn gegen Gefälligkeiten. Während sie mit dem Ding spielten, erzählte ich ihnen heisse Geschichten über die heissen ÄffährenAffären mit einem erfundenen Liebhaber. Sie waren fasziniert und es kam ihnen sofort. Ich wurde eine wahre Meisterin im Eerzählen von wilden erotischen Geschichten.

Das ging zwei Jahre gut, doch dann habe ich bei einer neuen Zimmerkollegin etwas übertrieben. Sie hat mich schliesslich beim Rektor verpfiffen und ich flog von der Schule. Mit einem Trick schaffte ich es, dass ich mich verdrücken konnte, bevor mein Stiefvater mich in Empfang nehmen konnte. Nun stand ich auf der Strasse und musste mich selber durchbringen. Per Autostopp trampte ich an die französische Riviera. Schon auf der Fahrt durchs Rhonetal verdiente ich mir mein erstes Geld, indem ich dem Fahrer richtig einheizte, das war ihm eine grössere Note wert.»

«Sie haben ihm einen geblasen?»

«Und wie!», erklärte sie, «er hatte einen super Orgasmus und ich hatte endlich etwas im leeren Magen! Mit dem Geld kaufte ich mir die passenden Kleider und machte mich auf, die Männer im Sturm zu erobern. Niemand hätte mich als Minderjährig erkannt, einzig wenn ich mich auszog, kam mein jugendlicher Körper zum Vorschein. Ich spezialisierte mich auf ältere Männer, dabei ging ich meistens an Samstagen auf die Jagd und eroberte mir Neuankömmlinge, bei denen ich dann eine ganze Woche oder noch länger bleiben konnte. So fviel ich nicht auf und hatte immer eine Bleibe, wenn auch immer in einer andern Wohnung.»

«Hast du mit ihnen gevögelt?»

«Was denkst du», meinte sie, «das gehörte dazu, machte mir auch Spass. Als der Herbst kam, wurde es schwieriger, eine Bleibe zu finden. In gewissen Kreisen hat sich mein Talent herumgesprochen und ich begann in einem Nachtklub, etwas ausserhalb von Monaco fest zu arbeiten. Ich war für zwei Typen zuständig. Die welche etwas Jugendliches wollten, und solche, die gerne bestraft und erniedrigt wurden. Beide Typen warfen recht gute Erträge ab. So brauchte ich meistens nur ein bis zweimal die Woche zu arbeiten.

Als es wieder wärmer wurde, beschloss ich mich nach Spanien abzusetzen. Die Bordellbesitzerin wurde langsam zu besitzergreifend und geldgierig. Ich wollte mich aber nicht ausnutzen lassen. Ich hatte etwas auf die Seite gelegt und da niemand damit gerechnet hatte, dass ich abhauen könnte, verschwand ich an einem meiner freien Tage nach Spanien. Dort mietete ich mir in Marbella eine sehr teure Zweizimmerwohnung für den ganzen Sommer. Es wurde ein gutes Geschäft, am Ende der Saison hatte ich ein beträchtliches Vermögen erarbeitet.

Ich holte das Abitur nach und begann in Paris mit dem Wirtschaftsstudium. Zu arbeiten brauchte ich nicht, denn ich lebte bescheiden und das Geld war so angelegt, dass ich davon leben konnte. Nach dem Studium fand ich eine Stelle bei einer Privatbank in Genf. Schnell arbeitete ich mich hoch, alles lief gut, meine Mutter lebte jetzt in Zürich, ich habe sie und meinen Stiefvater nie mehr gesehen. Eigentlich verlief mein Leben jetzt geordnet und normal. Nur mit Männern wollte es nicht klappen. Nun, ich hatte ja meine Arbeit und die machte ich inzwischen so gut, dass ich immer weiter aufstieg. Ab und zu besuchte ich Klubs für Lesben, doch auch das war nicht nach meinem Geschmack, mit küssen und streicheln lief bei mir nichts mehr.»

 

Reto wollte etwas sagen, lies es aber bleiben.

«Dann hatte ich die Gelegenheit, aus einer Konkursmasse eine schlossähnliche Liegenschaft in Frankreich zu kaufen,» fährt sie fort, «jetzt verbrachte ich die Wochenende in meiner Residenz, meistens allein oder mit befreundeten Paaren, wir konnten reiten oder durch die Wälder wandern. Im Keller war eine Sauna eingerichtet und einige Kellergewölbe waren früher offensichtlich für spezielle Partys genutzt worden. Als ich einmal ein Wochenende allein auf meinem Schloss, wie ich es nannte, verweilte, kamen meine alten Neigungen in mir hoch, ich kam zum Schluss, dass sich die Räume wesentlich besser nutzen liessen, als nur für Sauna und Partys. Von einem Handwerker liess ich einige Umbauten vornehmen und in einschlägigen Zeitungen suchte ich entsprechendes Personal für die Wochenenden.

Ich stellte fünf Kerle für Wochenendeinsätze ein, so richtige Mannsbilder mit Muskelbergen oder sonst riesig bestückt. Dazu stellte ich noch eine dralle Köchin und eine Haushälterin ein, welche die Aufgabe hatten, das Schloss sauber zu halten und die nächste Party kulinarisch vorzubereiten. Jetzt war ich bereit, die erste Party steigen zu lassen.

In einschlägigen Zeitschriften suchte ich Gäste und es dauerte nicht lange und jede zweite Woche stieg eine extreme Party. Dank meinen fünf Kerlen, waren auch viele Frauen unter den Gästen, welche allein anreisten. Sie suchten Abwechslung zu ihrem tristen Ehealltag, oder hatten keine Partner mehr. Ich kann dir sagen, da ging manchmal ganz schön die Post ab.»

«Das kann ich mir gut vorstellen», meint Rico, «schon beim zuhörenZuhören werde ich scharf.»

«Jetzt konnte ich meine Neigungen voll ausleben. Mir gefiel nichts so gut, wie ein vollbusiges junges Mädchen so richtig zu beherrschen. Ich bin nämlich enorm eifersüchtig auf solche grossen Brüste, meine blieben einfach zu klein, wenn auch sehr stramm und durch die dunkle Brustwarze durchaus reizvoll. Einige ältere Männer brachten zu den Partys solche Mädchen mit und ich hatte dann die Aufgabe, sie für die Männer vorzubereiten.

Du siehst, ich bin mir einiges gewöhnt, doch was hier gestern ablief, dass war auch für mich nicht mehr begreifbar. Wie die mit Judy, ich glaube so hiess das Mädchen, umgegangen sind, das war jenseits meiner Grenzen. Ich hoffe nur, dass das Mädchen die Tortur überlebt hat.»

Reto stellt erstmals eine Zwischenfrage.

«Du meinst», warf er ein, «Judy, - die Französin?»

«Genau die!»

«Die sollte Monika Lewinsky mit Bill spielen und hat sich geweigert.»

«Jetzt verstehe ich die Aufmachung der Bestrafung. Sie musste einiges schlucken, erst als sie sich übergeben musste, liessen sie von ihr ab.»

«Wo ist sie jetzt?»

«Keine Ahnung, sie haben sie weggetragen, es war furchtbar, sie hat geschrienen, aber niemand hat ihr geholfen, ich kann das nicht verstehen, wir sind doch Menschen und keine Tiere.»

«Eben darum», entgegnet Reto, «Menschen können sehr grausam sein.»

«Ich habe Aangst!», meint sie mit Entsetzen im Gesicht.

«Wir sollten etwas unternehmen, nur was, vielleicht müssen wir uns zusammentun, ich meine einige vom Oberdeck und die von Unterdeck.»

«Leichter gesagt als getan, ich kenne die vom Oberdeck zu wenig, ich kann nicht sagen, wer zu den Drahtziehern gehört, irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich nur abartig veranlagte Männer auf dem Oberdeck aufhalten. Wie ich zu der Ehre kam, dass auch ich eine Gratiskreuzfahrt gewonnen habe, das ist mir schleierhaft und unheimlich.»

«Du hast die Kreuzfahrt auch gewonnen?»

«Ja, bei einer Tombola an einem Wohltätigkeitsball, warum?»

«Unten haben ebenfalls viele Mädchen die Kreuzfahrt gewonnen, die andern wurden mit Ferienjob angelockt, wie ich zum Beispiel. Wer finanziert das alles, wenn niemand etwas für die Reise bezahlt?»

«Ich weiss es nicht, aber ich kann mir einiges vorstellen, wie man selbst eine solche Kreuzfahrt gewinnbringend finanzieren kann, da gibt es viele Möglichkeiten, nur weiss ich noch nicht, welche hier angewendet wird.»

Claire steht auf und holt frische Drinks, sie ist schon eine bemerkenswerte Frau. Da erzählt sie Reto während beinahe zwei Stunden detailliert ihr Leben, dabei brennt ihr die Geschichte mit Judy unter den Nägeln. Warum hat sie Reto alles erzählt? Hat sie ihn beobachtet wie er auf die jeweilige Geschichte reagiert hat? Sehr geschickt, so konnte sie genau beobachten, was für ihn normal ist und was er abartig findet. Offensichtlich hat er richtig reagiert, sonst hätte sie ihm nicht in die Geschichte von letzter Nacht eingeweiht.

«Realistisch betrachtet», fährt sie fort, als sie mit den beiden Drinks zurückkommt, «haben wir schlechte Karten. Wir sind weit draussen im Südatlantik, weit weg von irgendwelchen Schifffahrtsrouten. Wir können mit niemandem ausserhalb des Schiffs in Kontakt treten. Wir sind auf uns allein gestellt.»

«Das schon, aber es sind sicher gegen dreihundert Leute mit an Bord, alle können sie nicht kontrollieren», hält Reto dagegen, «wir müssen uns wehren.»

«Sicher, aber wie willst du herausfinden, wer zu denen gehört und wer nicht? Ich habe gesehen, wie die mit Judy umgesprungen sind, die haben keine Skrupel, wenn du ihnen nicht passt, bist du dran, mich würde es nicht verwundern, wenn sie Judy am Schluss einfach über Bord geworfen haben.»

«Das ist doch sehr riskant, dann müssten sie mit einer Mordanklage rechnen».

«Mensch, ich habe dich für klüger gehalten! Wer weiss ob du an Bord dieses Schiffes bist? Von mir weiss es jedenfalls niemand, die Verschiffung verlief so geheimnisvoll, da gibt es keine offizielle Passagierliste.»

«Du hast recht Claire», das erste Mal nennt Reto sie beim Vornamen, «ich habe niemanden informiert, keiner weiss wo ich die Ferien verbringe, es gibt auch niemand der das interessieren würde und das trifft sicher noch auf einige Leute an Bord zu.»

«Siehst du Reto, so heisst du doch, wir sind in die Falle getappt und die wenigsten Passagiere an Bord haben dies bis jetzt bemerkt. - Also, hast du einen Plan?»

«Bis jetzt nicht, ich habe nur beschlossen, die Augen offen zu halten und mich zu informieren. Wenn du das von Judy nicht erzählt hättest, so wäre ich nie auf diese Diskussion eingegangen.»

«Siehst du Reto, so naiv bist du, - wer sagt dir, dass du mir vertrauen kannst?»

«Nun, ich hoffe, meine Menschenkenntnisse haben mich nicht im Stich gelassen, Claire, ich kann mich nicht so irren.»

«Nun, wer sagt dir, dass ich dir nicht nur eine Geschichte erzählt habe?»

«So etwas kann man doch nicht erfinden, wenn man es nicht erlebt hat, das geht doch gar nicht.»

«Bist du sicher und wenn alles noch viel schlimmer war?»

«Jetzt machst du mich aber unsicher, ich sehe, die Leute vom Oberdeck sind uns gewöhnlichen Menschen überlegen, ich denke, wir haben nur eine Möglichkeit, wir müssen gehorchen.»

«He Reto! - jetzt habe ich dich aber falsch eingeschätzt, du sollst nicht resignieren, du musst kämpfen, aber bitte mit Verstand.»

«Dann stimmt deine Geschichte also doch?»

«Spielt das eine Rolle, ändert es etwas an der Situation in der wir sind? Ich denke nicht, du kannst meine Story glauben oder nicht, wir müssen zusammenhalten und mit Verstand unsere Kräfte mobilisieren, doch wir dürfen nur behutsam vorgehen. Einen Gegner zu unterschätzen ist gefährlich, wenn man zu früh losschlägt, hat man unter Umständen schon verloren.»

«Nun, wie sollen wir gegen sie vorgehen?»

Jetzt wird Claire nachdenklich: «Wir dürfen noch nichts unternehmen, zuerst müssen wir mehr über die Hintermänner herausfinden. Es bleibt uns nichts anderes übrig als die Ahnungslosen zu spielen und nach ihrer Pfeife tanzen. Wir brauchen unbedingt noch mehr Informationen und die erhält man am bBesten, wenn man sich unauffällig und willig zeigt.»

«Ich habe mich bis jetzt so verhalten, wie sie es erwarten. Ich denke nicht, dass sie mich schon verdächtigen, vermutlich halten sie mich für unbedeutend», bemerkt Reto.

«Das schon, aber auf dem Unterdeck kann man das Spiel nicht gewinnen, die Fäden werden auf dem Oberdeck gezogen. Du bist weg, wenn es so richtig zur Sache geht, aber ich denke, wir können das ändern. - Kannst du Schmerzen ertragen?»

«Keine Ahnung – wieso?»

Die Lokalredaktion

Lustlos schlürft Andrea an der kühlen Cola. Es ist wieder so ein heisser Sommernachmittag und man sucht überall nach einer Nachricht, mit welcher man einige Spalten im Lokalteil füllen kann. Nur in Ansbach ist zurzeit nicht viel los, die meisten Leute sind weggefahren, die Vereine haben Sommerpause, keine Generalversammlung, keine Feiern, einfach nichts, was ein paar Zeilen hergeben würde.

«Hast du etwas», fragt sie ihren Chef, welcher die Polizeirapporte durchgeht.

«Nein, nichts womit sich etwas anfangen lässt, wir werden etwas aus unsern Notreserven bringen müssen, ein Bericht über das örtliche Museum. Das kostet uns einige Euros für den Verfasser, aber er wird mir dankbar sein, ich schulde ihm schon lange einen Gefallen.»

«Ich kann’s nicht ändern, in unserm Städtchen herrscht tote Hose, alles ist ausgeflogen!»

«Fast alle, da hat eine Studentin aus dem Nachbardorf, einen Freund als vermisst gemeldet», korrigiert der Chef, «drei Tage kein E-Mail und man wird schon für tot erklärt! Soweit sind wir schon, wenigstens konnte der Polizist einen Rapport schreiben, er hat es besser als wir.»

«Wie heisst den die Studentin, kenne ich sie?»

«Diana K. steht in der Mitteilung, wieso?»

«Ich kenne eine Diana K., wenn du nichts dagegen hast, werde ich ihr einen Besuch abstatten, so grundlos gehen junge Mädchen nicht zur Polizei, vielleicht entsteht eine rührende Story daraus.»

«Ah, du willst mich alleine lassen! Ich merke es schon, fünf Minuten ausfragen und anschliessend ins Schwimmbad abhauen, sehr schlau, hätte ich dir nicht zugetraut, aber hier verpasst du heute nichts. Los, geh schon, ich schaffe es schon allein!»

«Danke, ich werde zumindest einen kurzen Bericht schreiben, auch wenn wir ihn nicht veröffentlichen können, einfach so als Übung.»

«Einverstanden, einen schönen Nachmittag und iss ein Eis für mich.»

Zehn Minuten später ist Andrea mit ihrem Roller unterwegs. Diana K. das kann nur die blonde Diana Klein sein, eigentlich ein vernünftiges Mädchen. Sie hat eben das Abitur abgeschlossen und wird im Herbst mit einem Studium beginnen. Wenn ich richtig informiert bin, jobbt sie gelegentlich im Biergarten als Serviererin. Andrea ist gespannt, was die sich für einen Freund angelacht hat, die ist sonst immer mit ihren Klassenkameradinnen unterwegs.

Eine halbe Stunde später klingelt sie bei den Kleins, die Mutter öffnet die Tür. Ihre Tochter ist natürlich im Schwimmbad, der Chef hat sie wieder mal durchschaut, jetzt muss sie doch noch ins Schwimmbad. Zum Glück hat sie den Bikini immer dabei. Sie überlegt kurz, ob sie den Eintritt auf Spesen buchen kann, lässt es dann doch sein und bezahlt ohne einen Beleg zu verlangen.

Die Liegewiese ist gut besucht. Unter einem Baum findet sie ein wenig Schatten, dann ist sie soweit, dass sie sich eine kurze Erfrischung gönnen kann. Das mit dem Interview hat noch Zeit, zuerst wird eine Länge geschwommen.

Nach einem kühlen Bad mit anschliessender Dusche, sieht die Welt schon besser aus. Während sie sich mit dem Badetuch die langen schwarzen Haare trocknet, schaut sie sich auf der Liegewiese um. Noch hat sie die Gesuchte nicht gefunden, langsam überquert sie die Wiese und beobachtet die Leute welche sich an den Tischen vor dem Kiosk niedergelassen haben. Auch hier ist die Gesuchte nicht. Also nochmals quer über die Liegewiese, diesmal betrachtet sie die faul herumliegenden Frauen genauer. Schliesslich findet sie die Gesuchte, abseits im Schatten eines Baumes.

 

Sie beschliesst, dass sie sich nicht als Reporterin zu erkennen gibt, Diana kennt sie nur flüchtig, vermutlich weiss sie nicht, dass sie zurzeit ein Praktikum bei der Lokalzeitung macht.

«Hallo Diana, dich habe ich schon lange nicht mehr gesehen, kann ich mich zu dir setzen?»

«Ah, du bist es, ich hätte dich beinahe nicht erkannt», sagt sie und Andrea merkt ihr an, dass sie nach ihrem Namen sucht, «ja du kannst dich setzen, ich bin nicht gerne allein, - Andrea», jetzt ist ihr der Name doch noch eingefallen.

Andrea breitet das Badetuch aus und macht es sich gemütlich, sie will herausfinden, ob Diana von selber auf den verschwundenen Freund zu sprechen kommt. Nach einem kurzen Gespräch übers Wetter und dass man es heute nur im Bad aushalten kann, beginnt Diana von selbst mit ihrem Problem.

«Entschuldige wenn ich heute nicht in besonders guter Stimmung bin, ich mache mir Sorgen.»

«Du und Sorgen? - Was ist den los, so mitten im Hochsommer hat eine junge Frau doch keine Sorgen», stellt Andrea fest.

«Doch, die habe ich! Vielleicht sind sie unbegründet, aber ich muss dauernd daran denken.»

«An was?»

«Seit drei Tagen habe ich von Alfonso nichts mehr gehört», erzählt Diana mit trauriger Mine.

«Alfonso, wer ist denn das?»

«Alfonso kenne ich vom Abi, er ist in der gleichen Klasse und wir machten ab und zu die Aufgaben zusammen, er kann gewisse Zusammenhänge in der Politik und Wirtschaft so gut erklären.»

«So, kann er», stelle sie etwas ironisch fest, «scheint ein kluger Kerl zu sein, - kenne ich ihn?»

«Nein, er kommt nicht aus dieser Gegend und du musst gar nicht so mitleidvoll dreinschauen, ich bin nicht in ihn verliebt, es ist nur seltsam, dass er sich plötzlich nicht mehr meldet. Eigentlich ist er ein richtiger SMS- Freak, sonst kriege ich mindestens drei SMS pro Tag und jetzt nichts mehr.»

«Dann ist es ja gut, wenn du nicht verliebt bist, ist es sicher nicht so schlimm, er wird sich inzwischen verliebt haben und es gibt Frauen, die mögen es nicht, wenn ihr Freund Handynummern von andern Frauen gespeichert haben, - wäre doch möglich? – oder!», versucht Andrea zu trösten.

«Du brauchst mich nicht zu trösten», erklärt Diana jetzt energisch, «ich bin wirklich nicht verliebt und dass er eine Freundin gefunden hat, halte ich für unmöglich, er ist nicht gerade ein Traummann, eher etwas tollpatschig.»

«Schon viele Tollpatsche haben Freundinnen gefunden, ich kenne mehrere davon.»

«Du bist genau wie der Polizist heute morgenheute Morgen, auch der hat mich nur ausgelacht, aber ich weiss es, etwas stimmt nicht, Alfonso verschwindet nicht einfach so, ohne sich abzumelden.»

Das Gespräch dreht sich jetzt immer mehr um Alfonso und warum es unmöglich ist, dass er sich nicht mehr meldet. Alle Versuche von Andrea, Diana eine irgendwie plausible Erklärung abzugeben, scheitern. Sie lässt sich nichts einreden. Ein Typ wie Alfonso braucht echte Gründe, dass er sich nicht mehr meldet, das steht für Diana fest.

«Wie lautete sein letztes SMS», fragt Andrea.

«Hallo Di, ich bin in Frankreich bei Narbonne, ich bin gespannt auf morgen, ich kann noch nichts sagen, morgen weiss ich mehr, bis bald!»

«Was bedeutet das? morgen weiss ich mehr!», fragt Andrea, «hat er schon vorher Andeutungen gemacht?»

«Ich denke die Fahrt nach Südfrankreich hatte er geplant, irgendetwas Geheimnisvolles, aber genaues hat er nicht erzählt, ich hatte das Gefühl, dass er mich damit überraschen wollte. Es muss etwas sein, das ich ihm nicht zutrauen würde, irgendetwas verrücktes.»

«Weisst du, wie er nach Südfrankreich gereist ist, machte er Autostopp oder reiste er mit dem eigenen Auto, oder mit dem Zug?»

«Es könnte durchaus sein, dass er per Anhalter unterwegs war, er hat kein eigenes Auto, in die Schule kam er mit dem Fahrrad».

«Ich muss zugeben, es ist etwas geheimnisvoll, aber ich würde mir deshalb keine Sorgen machen, vielleicht hat sein Handy nur keinen Empfang, oder er konnte es nicht mehr aufladen, er hat den Code vergessen oder vielleicht wurde es ihm einfach gestohlen, also, ich würde mich deshalb nicht verrückt machen, es gibt sicher eine einfache Erklärung.»

«Ich hoffe du hast Recht, es bleibt mir nichts anderes übrig, ich muss einfach warten.»

«Ich jobbe momentan beim Ansbacher Tagblatt, vielleicht kann ich mal die Berichte der französischen Polizei durchstöbern, zumindest könnte man so erfahren, ob es Unfälle mit T… - Verletzten gegeben hat, alle grösseren Vorkommnisse sind dort erwähnt.»

«Habt ihr da Zugriff?»

«Ja natürlich, aber nur zu den offiziellen Meldungen», zum Glück ist sie nicht misstrauisch geworden, beinahe hätte sie Tote statt Verletzte gesagt, im letzten Moment konnte sie sich noch korrigieren, zum Glück hat es Diana nicht gemerkt.

«Wann kannst du dort nachschauen?», Diana lässt nicht locker.

«Wir können nachher noch kurz vorbeischauen, oder ich rufe den Chef übers Handy an.»

«Nein, nicht übers Handy, ich möchte dabei sein.»

«Gut, ich will vorher noch einmal ins Wasser, im Büro ist es sehr heiss, für mich eilt es nicht, wenn mir mein Chef schon in einem Anfall von Mitleid den Nachmittag freigegeben hat, kann ich nicht eine Stunde später schon wieder dort auftauchen, sonst meint er noch, ich vermisse ihn!»

«Gut, gehen wir schwimmen.»

Am späteren Nachmittag fahren sie zusammen mit dem Roller ins Büro. Der Chef hat tatsächlich das Gefühl, dass sie Sehnsucht nach ihm hat. Er ist auch begeistert von Diana.

«Kannst du helfen, die Berichte der französischen Polizei zu durchsuchen», fragt Andrea, «ich brauche zu lange, bis ich alles verstehe.»

Das war natürlich genau das richtige für den Chef, zu beiden Seiten ein junges Mädchen, welches gebannt auf den Bildschirm starrt. Nun ist aus dem trockenen Bürotag, doch noch eine aufregende Sache geworden. Er schaffte es, immer neue Meldungen auf den Bildschirm zu zaubern.

Schliesslich resigniert auch Diana, es gibt einfach keinen Hinweis, keine Meldung über zeltende Deutsche oder andere junge Männer betreffende Nachrichten.

«Kommt ihr mit in den Biergarten, ich gebe einen aus! Zu schreiben gibt es heute sowieso nichts. Der Bericht übers Museum ist schon fest eingeplant, da kommt nichts mehr dazu.»

Im Biergarten prosten sie sich zu, «für euch bin ich der Karl!», erklärt er in guter Stimmung und erwartet von beiden Mädchen einen Kuss.

«Diana, aber Freunde nennen mich Di, - prost!»

Auch Andrea gibt Karl den Kuss auf die Wange und nimmt einen Schluck aus dem Glas. Karl leert seinen grossen Krug schon zur Hälfte. Auch Di nippt nur am Glas und stellt es wieder hin. Anschliessend erklärt sie Karl noch, was es mit Alfonso auf sich hat.

«Also ich denke, du machst dir zu viele Sorgen, es wird eine ganz normale Erklärung geben. Ich verspreche dir, ich werde die nächsten Tage alle Polizeirapporte genau studieren, wenn ich eine interessante Meldung finde, werde ich mich melden.»

Danach war das Thema Alfonso fürs Erste erledigt. Man wendet sich dem Alltag zu, das heisst warum man arbeiten muss, wenn alle andern im Süden in den Ferien sind. Die Welt ist einfach ungerecht, da kann man nichts machen, ist die einheitlich Meinung am Tisch.

«Du Di, wo war Alfonso als er sich zuletzt gemeldet hatte», fragt Karl, das Thema konnte doch noch nicht abgeschlossen werden.

«In Narbonne, das ist in Südfrankreich.»

«Ich weiss wo das ist», entgegnet er etwas ungehalten, schliesslich ist Geografie seine Stärke, «ich habe da eine andere Idee, wie wäre es, wenn ihr zwei nach Südfrankreich fährt und euch ein bisschen umschaut?»

«Also mit der Idee könnte ich mich sofort anfreunden», erklärt Andrea, «aber leider bin ich auf das Geld angewiesen, das Studium dauert noch lange.»