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Fabeln und Erzählungen

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Die Bäre

 
Den Bären glückt' es, nun schon seit geraumer Zeit,
Mit Brummen, plumpem Ernst und stolzer Frömmigkeit,
Das Sittenrichteramt, bei allen schwächern Tieren,
Aus angemaßter Macht, gleich Wütrichen, zu führen.
Ein jedes furchte sich, und keines war so kühn,
Sich um die saure Pflicht nebst ihnen zu bemühn;
Bis endlich noch im Fuchs der Patriot erwachte,
Und hier und da ein Fuchs auf Sittensprüche dachte.
Nun sah man beide stets auf gleiche Zwecke sehn;
Und beide sah man doch verschiedne Wege gehn.
Die Bäre wollen nur durch Strenge heilig machen;
Die Füchse strafen auch, doch strafen sie mit Lachen.
Dort brauchet man nur Fluch; hier brauchet man nur Scherz;
Dort bessert man den Schein; hier bessert man das Herz.
Dort sieht man Düsternheit; hier sieht man Licht und Leben;
Dort nach der Heuchelei; hier nach der Tugend streben.
Du, der du weiter denkst, fragst du mich nicht geschwind:
Ob beide Teile wohl auch gute Freunde sind?
O wären sies! Welch Glück für Tugend, Witz und Sitten!
Doch nein, der arme Fuchs wird von dem Bär bestritten,
Und, trotz des guten Zwecks, von ihm in Bann getan.
Warum? der Fuchs greift selbst die Bäre tadelnd an.
 
*
 
Ich kann mich diesmal nicht bei der Moral verweilen;
Die fünfte Stunde schlägt; ich muß zum Schauplatz eilen.
Freund, leg die Predigt weg! Willst du nicht mit mir gehn?
Was spielt man? Den Tartüff. Dies Schandstück sollt ich sehn?
 

Die Brille

 
Dem alten Freiherrn von Chrysant,
Wagts Amor, einen Streich zu spielen.
Für einen Hagestolz bekannt,
Fing, um die Sechzig, er sich wieder an zu fühlen.
Es flatterte, von Alt und Jung begafft,
Mit Reizen ganz besondrer Kraft,
Ein Bürgermädchen in der Nachbarschaft.
Dies Bürgermädchen hieß Finette.
Finette ward des Freiherrn Siegerin.
Ihr Bild stand mit ihm auf, und ging mit ihm zu Bette.
Da dacht in seinem Sinn
Der Freiherr: "Und warum denn nur ihr Bild?
Ihr Bild, das zwar den Kopf, doch nicht die Arme füllt?
Sie selbst steh mit mir auf, und geh mit mir zu Bette.
Sie werde meine Frau! Es schelte, wer da schilt;
Genädge Tant und Nicht und Schwägerin!
Finett ist meine Frau, und—ihre Dienerin."
 
 
Schon so gewiß? Man wird es hören.
Der Freiherr kömmt, sich zu erklären,
Er greift das Mädchen bei der Hand,
Tut, wie ein Freiherr, ganz bekannt,
Und spricht: "Ich, Freiherr von Chrysant,
Ich habe Sie, mein Kind, zu meiner Frau ersehen.
Sie wird sich hoffentlich nicht selbst im Lichte stehen.
Ich habe Guts die Hüll und Fülle."
Und hierauf las er ihr, durch eine große Brille,
Von einem großen Zettel ab,
Wie viel ihm Gott an Gütern gab;
Wie reich er sie beschenken wolle;
Welch großen Witwenschatz sie einmal haben solle.
Dies alles las der reiche Mann
Ihr von dem Zettel ab, und guckte durch die Brille
Bei jedem Punkte sie begierig an.
 
 
"Nun, Kind, was ist Ihr Wille?"
Mit diesen Worten schwieg der Freiherr stille,
Und nahm mit diesen Worten seine Brille
(Denn, dacht er, wird das Mädchen nun
So wie ein kluges Mädchen tun;
Wird mich und sie ihr schnelles Ja beglücken;
Werd ich den ersten Kuß auf ihre Lippen drücken:
So könnt ich, im Entzücken,
Die teure Brille leicht zerknicken!)
Die teure Brille wohlbedächtig ab.
 
 
Finette, der dies Zeit sich zu bedenken gab,
Bedachte sich, und sprach nach reiflichem Bedenken:
"Sie sprechen, gnädger Herr, vom Freien und vom Schenken:
Ach! gnädger Herr, das alles wär sehr schön!
Ich würd in Samt und Seide gehn—
Was gehn? Ich würde nicht mehr gehn;
Ich würde stolz mit Sechsen fahren.
Mir würden ganze Scharen
Von Dienern zu Gebote stehn.
Ach! wie gesagt, das alles wär sehr schön,
Wenn ich—wenn ich—"
 
 
"Ein Wenn? Ich will doch sehn",
(Hier sahe man den alten Herrn sich blähn,)
"Was für ein Wenn mir kann im Wege stehn!"
 
 
"Wenn ich nur nicht verschworen hätte—"
"Verschworen? was? Finette,
Verschworen nicht zu frein?—
O Grille", rief der Freiherr, "Grille!"
Und griff nach seiner Brille,
Und nahm das Mädchen durch die Brille
Nochmals in Augenschein,
Und rief beständig: "Grille! Grille!
Verschworen nicht zu frein!"
 
 
"Behüte!" sprach Finette,
"Verschworen nur mir keinen Mann zu frein,
Der so, wie Ihre Gnaden pflegt,
Die Augen in der Tasche trägt!"
 

Die eheliche Liebe

 
Klorinde starb; sechs Wochen drauf
Gab auch ihr Mann das Leben auf,
Und seine Seele nahm aus diesem Weltgetümmel
Den pfeilgeraden Weg zum Himmel.
"Herr Petrus", rief er, "aufgemacht!"
"Wer da?"—"Ein wackrer Christ."—
"Was für ein wackrer Christ?"—
"Der manche Nacht,
Seitdem die Schwindsucht ihn aufs Krankenbette brachte,
In Furcht, Gebet und Zittern wachte.
Macht bald!"—Das Tor wird aufgetan.
"Ha! ha! Klorindens Mann!
Mein Freund", spricht Petrus, "nur herein;
Noch wird bei Eurer Frau ein Plätzchen ledig sein."
"Was? meine Frau im Himmel? wie?
Klorinden habt Ihr eingenommen?
Lebt wohl! habt Dank für Eure Müh!
Ich will schon sonst wo unterkommen."
 

Die kranke Pulcheria

Freie Übersetzung einer Erzählung aus dem Fontaine
 
Pulcheria ward krank… "Vielleicht die Lust zu büßen,
Die…" Pfui, wer wird nun gleich so voller Argwohn sein?
Schweigt, Neider! hört mir zu! ich lenke wieder ein.
Pulcheria ward krank. Unruhig im Gewissen,
Ließ ihr der Schmerz manchmal, die Schwermut niemals Ruh.
"Wie? Was? Pulcheria wär melancholisch worden?
Sprich, Lügner, lieber gar, sie trat in Nonnenorden."
Schon wieder stört ihr mich? Schweigt doch, und hört mir zu!
Als sie einst ihre Not zu lauten Seufzern trieb,
Sprach Lady, ihre Magd: "Laßt doch den Priester holen;
Legt dem die Beichte ab, so seid Ihr GOtt empfohlen;
Und beichten müsset Ihr, ist Euch der Himmel lieb."
"Ja dieser Rat ist gut", spricht unsre kranke Schöne.
"Lauf, oder schicke gleich zum Pater Andres hin;
Andres—merks wohl—weil ich auch sonst sein Beichtkind bin,
So oft ich mich mit dir, o lieber GOtt! versöhne."
Gleich läuft ein Diener hin, klopft an das Kloster an,
Und so, als wenn das Tor davon zerspringen solle.
"Nu, Nu! Gemach! Gemach!" Man fragt, zu wem er wolle?
"Je, macht nur erstlich auf." Das Tor wird aufgetan.
"Der Pater Andres wird zu meiner Frau begehret,
Die gerne beichten will, weil sie bald sterben kann."
"Wer?" fragt ein Bruder ihn; "Andres? der gute Mann!
Zehn Jahr ists schon, daß der im Himmel Beichte höret."
 
L.