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Fabeln und Erzählungen

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"Nu, nu, nur fort! was zwingt Euch wohl,
So unvermutet abzubrechen?"
"Das sind sie alle!" "Seid Ihr toll?
Ein Held wie Ihr! Gestehet nur, gesteht!
Die letzten waren, wie Ihr seht:
Klara, Pulcheria, Susanne,
Charlotte, Mariane, Hanne.
Denkt nach! ich laß Euch Zeit dazu!"
"Das sind sie wirklich alle!" "Nu—
Macht, eh wir schärfer in Euch dringen!"
"Nein keine mehr; ich weiß genau_—
"Ha! ha! ich seh, man soll Euch zwingen"—
"Nun gut, Herr Richter,—Seine Frau"—
 
*
 
Daß man von der Erzählung nicht
Als einem Weibermärchen spricht,
So mach ich sie zum Lehrgedicht,
Durch beigefügten Unterricht:
Wer seines Nächsten Schande sucht,
Wird selber seine Schande finden!
Nicht wahr, so liest man mich mit Frucht?
Und ich erzähle sonder Sünden?
 

Der Hirsch und der Fuchs

 
"Hirsch, wahrlich, das begreif ich nicht",
Hört ich den Fuchs zum Hirsche sagen,
"Wie dir der Mut so sehr gebricht?
Der kleinste Windhund kann dich jagen.
Besieh dich doch, wie groß du bist!
Und sollt es dir an Stärke fehlen?
Den größten Hund, so stark er ist,
Kann dein Geweih mit einem Stoß entseelen.
Uns Füchsen muß man wohl die Schwachheit übersehn;
Wir sind zu schwach zum widerstehn.
Doch daß ein Hirsch nicht weichen muß,
Ist sonnenklar. Hör meinen Schluß.
Ist jemand stärker, als sein Feind,
Der braucht sich nicht vor ihm zurückzuziehen;
Du bist den Hunden nun weit überlegen, Freund:
Und folglich darfst du niemals fliehen."
"Gewiß, ich hab es nie so reiflich überlegt.
Von nun an", sprach der Hirsch, "sieht man mich unbewegt,
Wenn Hund' und Jäger auf mich fallen;
Nun widersteh ich allen."
 
 
Zum Unglück, daß Dianens Schar
So nah mit ihren Hunden war.
Sie bellen, und sobald der Wald
Von ihrem Bellen widerschallt,
Fliehn schnell der schwache Fuchs und starke Hirsch davon.2
 

Der Löwe und die Mücke

 
Ein junger Held vom muntern Heere,
Das nur der Sonnenschein belebt,
Und das mit saugendem Gewehre
Nach Ruhm gestochner Beulen strebt,
Doch die man noch zum großen Glücke
Durch zwei Paar Strümpfe hindern kann,
Der junge Held war eine Mücke.
Hört meines Helden Taten an!
Auf ihren Kreuz- und Ritterzügen
Fand sie, entfernt von ihrer Schar,
Im Schlummer einen Löwen liegen,
Der von der Jagd entkräftet war.
Seht, Schwestern, dort den Löwen schlafen,
Schrie sie die Schwestern gaukelnd an.
Jetzt will ich hin, und will ihn strafen.
Er soll mir bluten, der Tyrann!
 
 
Sie eilt, und mit verwegnem Sprunge
Setzt sie sich auf des Königs Schwanz.
Sie sticht, und flieht mit schnellem Schwunge,
Stolz auf den sauern Lorbeerkranz.
Der Löwe will sich nicht bewegen?
Wie? ist er tot? Das heiß ich Wut!
Zu mördrisch war der Mücke Degen:
Doch sagt, ob er nicht Wunder tut?
 
 
"Ich bin es, die den Wald befreiet,
Wo seine Mordsucht sonst getobt.
Seht, Schwestern, den der Tiger scheuet,
Der stirbt! Mein Stachel sei gelobt!"
Die Schwestern jauchzen, voll Vergnügen,
Um ihre laute Siegerin.
Wie? Löwen, Löwen zu besiegen!
Wie, Schwester, kam dir das in Sinn?
 
 
"Ja, Schwestern, wagen muß man! wagen!
Ich hätt es selber nicht gedacht.
Auf! lasset uns mehr Feinde schlagen.
Der Anfang ist zu schön gemacht."
Doch unter diesen Siegesliedern,
Da jede von Triumphen sprach,
Erwacht der matte Löwe wieder,
Und eilt erquickt dem Raube nach.
 

Der Sperling und die Feldmaus

 
Zur Feldmaus sprach ein Spatz: Sieh dort den Adler sitzen!
Sieh, weil du ihn noch siehst! er wiegt den Körper schon;
Bereit zum kühnen Flug, bekannt mit Sonn und Blitzen,
Zielt er nach Jovis Thron.
Doch wette,—seh ich schon nicht adlermäßig aus—
Ich flieg ihm gleich.—Fleug, Prahler, rief die Maus.
Indes flog jener auf, kühn auf geprüfte Schwingen;
Und dieser wagts, ihm nachzudringen.
Doch kaum, daß ihr ungleicher Flug
Sie beide bis zur Höh gemeiner Bäume trug,
Als beide sich dem Blick der blöden Maus entzogen,
Und beide, wie sie schloß, gleich unermeßlich flogen.
 
*
 
Ein unbiegsamer F* will kühn wie Milton singen.
Nach dem er Richter wählt, nach dem wirds ihm gelingen.
 

Der Tanzbär

 
Ein Tanzbär war der Kett entrissen,
Kam wieder in den Wald zurück,
Und tanzte seiner Schar ein Meisterstück
Auf den gewohnten Hinterfüßen.
"Seht", schrie er, "das ist Kunst; das lernt man in der Welt.
Tut mir es nach, wenns euch gefällt,
Und wenn ihr könnt!" "Geh", brummt ein alter Bär,
"Dergleichen Kunst, sie sei so schwer,
Sie sei so rar sie sei!
Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei."
 
*
 
Ein großer Hofmann sein,
Ein Mann, dem Schmeichelei und List
Statt Witz und Tugend ist;
Der durch Kabalen steigt, des Fürsten Gunst erstiehlt,
Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt,
Ein solcher Mann, ein großer Hofmann sein,
Schließt das Lob oder Tadel ein?
 

Der über uns

 
Hans Steffen stieg bei Dämmerung (und kaum
Konnt er vor Näschigkeit die Dämmerung erwarten)
In seines Edelmannes Garten
Und plünderte den besten Äpfelbaum.
Johann und Hanne konnten kaum
Vor Liebesglut die Dämmerung erwarten,
Und schlichen sich in eben diesen Garten,
Von ungefähr an eben diesen Äpfelbaum.
 
 
Hans Steffen, der im Winkel oben saß
Und fleißig brach und aß,
Ward mäuschenstill, vor Wartung böser Dinge,
Daß seine Näscherei ihm diesmal schlecht gelinge.
Doch bald vernahm er unten Dinge,
Worüber er der Furcht vergaß
Und immer sachte weiter aß.
 
 
Johann warf Hannen in das Gras.
"O pfui," rief Hanne; "welcher Spaß!
Nicht doch, Johann!—Ei was?
Oh, schäme dich!—Ein andermal—o laß—
Oh, schäme dich!—Hier ist es naß."—
"Naß, oder nicht; was schadet das?
Es ist ja reines Gras."—
 
 
Wie dies Gespräche weiter lief,
Das weiß ich nicht. Wer brauchts zu wissen?
Sie stunden wieder auf und Hanne seufzte tief:
"So, schöner Herr! heißt das bloß küssen?
Das Männerherz! Kein einzger hat Gewissen!
Sie könnten es uns so versüßen!
Wie grausam aber müssen
Wir armen Mädchen öfters dafür büßen!
Wenn nun auch mir ein Unglück widerfährt—
Ein Kind—ich zittre—wer ernährt
Mir dann das Kind? Kannst du es mir ernähren?"
"Ich?" sprach Johann; "die Zeit mags lehren.
Doch wirds auch nicht von mir ernährt,
Der über uns wirds schon ernähren,
Dem über uns vertrau!"
 
 
Dem über uns! Dies hörte Steffen.
Was, dacht er, will das Pack mich äffen?
Der über ihnen? Ei, wie schlau!
"Nein!" schrie er: "laßt euch andre Hoffnung laben!
Der über euch ist nicht so toll!
Wenn ich ein Bankbein nähren soll:
So will ich es auch selbst gedrechselt haben!"
 
 
Wer hier erschrak und aus dem Garten rann,
Das waren Hanne und Johann.
Doch gaben bei dem Edelmann
Sie auch den Äpfeldieb wohl an?
Ich glaube nicht, daß sies getan.
 
2Natur tut allzeit mehr, als Demonstration.