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15. Die rollenden Häuser

Die Lokomotive des gen Halle brausenden Schnellzugs zieht hinter sich die lange Kette der Wagen einher. Es ist ein prächtiges Schauspiel, zu sehen, wie der Zug durch alle Krümmungen des Gleises geschmeidig hindurchgleitet, wie er wirklich gleich einer Kette mit Leichtigkeit sich hin- und herbiegen kann. Und dies geschieht, obwohl jedes der Kettenglieder ungefähr 20 Meter lang ist und etwa 35 000 Kilogramm wiegt.

Während wir beim Blick in den Führerstand der Lokomotive ernste Arbeit und angestrengte Tätigkeit beobachtet haben, sehen wir in den Personenwagen sorgloses, fröhliches Treiben. Nicht allein die Hoffnung, ein ersehntes Ziel zu erreichen, macht die Menschen dort drinnen heiter, es ist auch, den meisten freilich unbewußt, die Lust an der raschen Fortbewegung, die Freude an dem leichtbeflügelten Sausen durch den Raum, das die Gesichter leuchten läßt. Dabei fühlt man sich wohlgeborgen in einem Haus, in einem verzauberten freilich, denn es steht nicht auf ruhenden Pfosten, sondern fliegt mit seinen kräftigen vier Wänden und seinem stark gefügten Dach eilig dahin.

Fassen wir einen Reisenden genauer ins Auge, der in der Fensterecke eines Abteils zweiter Klasse sitzt. Sein Körper ist in einen bequemen Sessel gebettet, wie er in einem wohleingerichteten wirklichen Haus nicht besser geboten werden kann. Ein mächtiges Fenster läßt die Helligkeit des sonnigen Julitags voll und klar in das hochgewölbte, freundliche und geräumige Abteil einfallen. Die Augen des Reisenden, die durch das Fenster schweifen, nehmen nichts wahr als lachende Fluren, freundliche Häuschen, Menschen, die von der Feldarbeit sehnsüchtig dem vorübereilenden Zug nachblicken, hier und da ihm sogar freundliche Winke zusenden. Nichts wird dem beschaulich am Fenster sitzenden Fahrgast von den außerordentlichen Veranstaltungen bewußt, die getroffen werden mußten, damit er in so angenehmer Weise mit einer Geschwindigkeit von hundert Kilometern in der Stunde seinem Reiseziel zustreben kann. Die Erdveste und der stählerne Pfad, welche die Räder tragen, sind verdeckt, die fauchende und zischende Lokomotive ist nicht zu sehen, und man hört auch nichts von ihrer Arbeit. Nur der regelmäßige Takt, den das Schlagen der Räder an den Schienenstößen erzeugt, erinnert daran, daß man nicht, von geheimnisvollen Kräften gezogen, durch die Luft fliegt.

Wie ganz anders ist eine Eisenbahnfahrt heutigen Tags, so denkt der Reisende, wenn er einiges aus der Geschichte des Eisenbahnwesens kennt, als in den ersten Jahrzehnten nach Stephenson. Da saß man, wenn man eine Fahrkarte dritter Klasse gelöst hatte, in offenen, kaum gefederten Wagen. Selbst die zweite Klasse bot nur ein Dach gegen den Regen, in der ersten Klasse allein war man auch durch Seitenwände und Fensterscheiben geschützt. Die schlossen aber so schlecht und klapperten so fürchterlich, daß von einem Reisevergnügen keine Rede sein konnte.

Was waren das für Zeiten, als auf den Bahnhöfen noch Brillen und Gesichtsmasken zum Verkauf feilgehalten wurden! Sie sollten den Reisenden einigen Schutz vor der durchrußten Luft gewähren, die während der Fahrt ungehindert gegen sie anströmte. Da dachte noch niemand daran, die Gleisunebenheiten den Insassen der Wagen möglichst unmerkbar zu machen, die Sitze so auszugestalten, daß man nicht schon nach einer Fahrtstunde Schmerzen im Rückgrat empfand, den Fahrgästen Bewegungsfreiheit innerhalb des ganzen Zugs zu gewähren. Die immer größer werdende Schnelligkeit der Züge erst zwang dazu, die gewaltigen, festverschlossenen Kapseln zu schaffen, in denen die Menschen heute auf den Bahnstrecken befördert werden; die Eisenbahnwissenschaft erst, genaueste Beobachtung der am meisten störenden Erscheinungen und ihre Beseitigung durch sorgfältig abgewogene Einrichtungen, ließ die prachtvollen neuzeitlichen Fahrzeuge entstehen, die in den zusammenhängenden Saalwagen der Züge auf den großen Weltstrecken mit vieltägiger Fahrtdauer ihren vorläufigen Gipfelpunkt gefunden haben.

Der Mann in der Fensterecke schmunzelt, wenn er sich des freundlich wiegenden Laufs bewußt wird, mit dem sein rollendes Haus ihn über das Gleis trägt, anstatt ihn bei jedem Stoß rauh in die Höhe zu werfen, bei jeder Krümmung gegen die Seitenwand zu puffen. Gern möchte er wissen, wodurch dieser ruhige Gang der D-Wagen erzielt worden ist, so daß diese so angenehm gegen die alten Knochenschüttler abstechen. Wir wollen ihn aufklären: den größten Einfluß in dieser Richtung hat die Vergrößerung der Wagenlängen geübt, womit eine Erhöhung des Gewichts und der Zwang zu besonderer Ausgestaltung des Laufwerks notwendig verbunden waren.

In den frühen Zeiten des Eisenbahn-Verkehrs, als die Anzahl der zu befördernden Reisenden noch gering war, bediente man sich kleiner, leichter Wagen, die auf zwei eng gestellten Achsen ruhten. Als es aber galt, immer mehr Menschen in einem Zug zu befördern, wurde es wirtschaftlich notwendig, den Fassungsraum jedes einzelnen Wagens zu vergrößern. Das konnte nur durch Verlängerung geschehen, denn in den Breitenmaßen war man ja durch die Umgrenzungslinien des lichten Raums beschränkt. Zur Unterstützung der schweren Wagen mußte die Zahl der Achsen gesteigert, vor allem aber der Achsstand vergrößert werden, weil es sich gezeigt hatte, daß lange, schwere Wagenkasten, deren Enden nur wenig überhängen, das heißt über die Befestigungsstellen der äußersten Achsen hinausragen, den angenehmsten Gang aufweisen. Entsprechend dieser Erkenntnis ist man denn auch in geradezu kühner Weise vorgegangen, hat die mächtigen Personenwagen von heute geschaffen, die sich das Schlingern, Dröhnen und Klirren gänzlich abgewöhnt haben. Auf ihren festgespannten Federn schwanken sie nur leise auf und nieder.

Doch das Verhindern des Schlingerns, der unangenehmsten Bewegung an laufenden Fahrzeugen, konnte nicht durch die Gewichtssteigerung und bessere Abfederung allein erreicht werden, sondern wurde erst durch eine besondere Einrichtung am Laufwerk erzielt, die sich mit zunehmenden Wagenlängen als unbedingt erforderlich erwies.

Je größer nämlich der Abstand der äußersten Achsen eines Wagens voneinander wurde, je mehr der Achsstand wuchs, desto größer wurden die Schwierigkeiten beim Durchfahren enger Gleisbogen. Wir sind dieser Erscheinung bereits bei der Betrachtung des Lokomotiv-Laufwerks begegnet. Schon bei Wagen mit nur drei Achsen wurde es notwendig, das Laufwerk im Gleis schmiegsam zu machen.

Es war ein harter Kampf notwendig, bis die einstellbaren Achsen unter den Wagen sich durchsetzten. Galt es doch als gefesteter Grundsatz, daß Wagen, die wirklich sicher laufen sollten, stets genau gleichgerichtete Achsen haben müßten. In Preußen aber, das ja immer in Eisenbahndingen mutig vorangegangen ist, machte man schon Anfang der achtziger Jahre Versuche mit Wagenachsen, die sich in Gleiskrümmungen so einstellen konnten, wie es für einen ruhigen, von Schlingerbewegungen freien Lauf am besten ist, nämlich in der Richtung nach dem Mittelpunkt des Gleisbogens. Doch erst im Jahre 1896 führte der Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen in seiner damals tagenden Techniker-Versammlung die einstellbaren Achsen bei allen in ihm zusammengeschlossenen Bahnen ein. Sie wurden Vereins-Lenkachsen genannt und brachten für den Lauf der Wagen gerade so durchgehende Verbesserungen wie ihre Genossen unter den Lokomotiven.

Die für die einstellbaren Achsen maßgeblichen Grundsätze kennen wir bereits aus dem vorhergehenden Abschnitt (Seite 217). Da die Achsen unter den Wagen jedoch bei weitem nicht so stark belastet sind wie die Lokomotiv-Achsen, so kann man hier die Einstellbarkeit durch weit einfachere Vorkehrungen erzielen. Man gibt ihnen Bewegungsmöglichkeit durch eine besondere Aufhängung der Blattfedern, mit denen die Wagenkasten auf die Achsbüchsen gestellt sind. Wenn die Achsbüchsen sich in den zu diesem Zweck mit einem Spielraum versehenen Achshaltern seitlich verschieben, so stellen sie die Tragfedern hierdurch etwas schief ein. Ihre Enden sind nun ungleich belastet, die Winkel, welche die Aufhängungslaschen zum Gleis bilden, verschieden groß, und dadurch werden die Achsen sofort wieder zur ursprünglichen Stellung zurückgezwungen, wenn ein gerades Gleisstück erreicht ist.

Die in solcher Weise mit freien Lenkachsen ausgerüsteten dreiachsigen Wagen haben sich bis zu Stundengeschwindigkeiten von 90 Kilometern sehr gut bewährt. In den Schnellzügen trifft man sie heute jedoch fast gar nicht mehr an. Da das Gewicht, das für den einzelnen Platz aufgewendet werden muß, in den neuzeitlichen Schnellzug-Wagen sehr groß ist, kommt man hier auch mit drei Achsen nicht mehr aus, sondern muß vier und mehr Achsen verwenden. Bei diesen Vielachsern aber läßt sich die Schmiegsamkeit im Gleis weit besser als mittels einstellbarer Achsen durch Drehgestelle erreichen. Man faßt je zwei oder drei Achsen in einem besonderen Rahmen zusammen, schafft so besondere Radwägelchen, die nur durch einen runden Zapfen mit dem Wagenkasten verbunden sind. Das Wesen dieser in Amerika erfundenen Drehgestelle haben wir gleichfalls bereits im vorigen Abschnitt (Seite 218) besprochen.

Das unermüdliche Streben der Eisenbahn-Techniker, das Fahren auf den Geleisen möglichst angenehm zu machen, hat bei der Ausbildung der Drehgestelle für Personenwagen zur Anbringung einer geradezu verschwenderischen Fülle von Abfederungen geführt. Der Drehgestellrahmen ist natürlich federnd auf seine Radachsen gesetzt. Aber das reicht noch nicht aus, um dem Wagen einen genügend ruhigen Lauf zu sichern. Aus diesem Grund legt man noch eine zweite sehr kräftige Abfederung zwischen den Teller, der das Zapfenlager, also die Aufsatzstelle des Wagenkastens, trägt, und das Drehgestell. Drei bis vier außerordentlich große und kräftige Blattfedern tragen auf ihrem Rücken einen frei beweglichen, wagerechten Balken, in den der Drehteller eingelassen ist. Da der Balken mit dem eigentlichen Drehgestell nicht ganz fest verbunden ist, so macht er auch nicht alle seitlichen Schwankungen mit, zu denen dieses durch das Gleis gezwungen wird. Mit Recht hat man diese Anordnung „die Wiege“ genannt; sie hält alle harten Bewegungen vom eigentlichen Wagen fern, teilt ihm nur sanfte Schwankungen mit.

 

Trotzdem begnügt man sich oft mit der zweifachen Abfederung an den Achsbüchsen und in der Wiege nicht, sondern fügt noch eine dritte hinzu, indem man die Enden der eigentlichen Achsfedern nicht unmittelbar am Drehgestellrahmen angreifen läßt, sondern hier noch einmal einen Gummipuffer oder eine Schraubenfeder zwischenschaltet.

Amerika hat neuerdings eine besondere Form der Drehgestelle geschaffen, die auch bei uns immer häufiger angewendet wird. Hierbei ruht der Drehgestellrahmen nicht mehr durch bloße Zwischenschaltung der Blattfedern auf den Achslagern, sondern er ist auf einen Träger gestellt, der die Achslager verbindet. Der eigentliche Tragbalken liegt ziemlich tief, damit die sehr starken Wickelfedern, die auf ihm ruhen, untergebracht werden können. Die Trägerenden sind dann in eigentümlich geschwungener Form über die Achsbüchsen hinaufgebogen, was der ganzen Trageinrichtung den sehr treffenden Namen „Schwanenhals“ verschafft hat. Diesen amerikanischen Drehgestellen wird ein besonders ruhiger Lauf nachgerühmt.

Da selbst die schwersten Wagen bei weitem nicht so hohe Gewichte haben wie die Lokomotiven, werden ihre Räder nicht immer aus dem besten, teuersten Baustoff, nämlich aus Stahl, hergestellt, obgleich das Stahlrad auch im Wagenbau vorherrscht.

Nicht allzu häufig und meist nur unter Güterwagen, trifft man gußeiserne Räder an, die keine Speichen haben, sondern in der Seitenansicht eine volle Scheibe darstellen. Für ihre Bereitung wird das Eisen nicht in gewöhnlicher Weise gegossen, sondern so behandelt, daß es sehr rasch erstarrt, wodurch der Rand, auf dem die Scheibe läuft, äußerst hart wird. Diese Hartgußräder sind die einzigen Vollräder, die in der Eisenbahn-Technik zur Anwendung kommen, das heißt solche, bei denen der Laufkranz nicht durch einen besonderen Reifen, sondern durch den Radkörper selbst gebildet wird.

Das Gefüge des Hartgusses kann jedoch seiner ganzen Natur nach nicht so gleichmäßig sein, wie der durchgeschmiedete und durchgewalzte Gußstahl, aus dem die aufgesetzten Radreifen gefertigt werden, und daher zeigen die Hartgußräder eine Neigung, beim Laufen rasch unrund zu werden, indem die weniger festen Teile sich schneller abnutzen. In Deutschland dürfen sie nur bei Wagen benutzt werden, die in Zügen mit höchstens 50 Kilometern Stundengeschwindigkeit laufen; auch dürfen sie nicht gebremst werden, da es sich gezeigt hat, daß sie durch die bei wiederholtem Bremsen auftretende Erhitzung leicht Sprünge bekommen. In Amerika, wo man ja leichtsinniger vorzugehen pflegt, sind hierdurch einige Male Unfälle hervorgerufen worden.

Die englischen Eisenbahnwagenbauer haben eine lebhafte Vorliebe für hölzerne Räder. Man rühmt diesen nach, daß sie durch ihre Nachgiebigkeit das rollende Geräusch verringern und das Springen der Reifen verhindern. Sie bestehen aus keilförmigen Holzstücken, die so aneinandergefügt sind wie Tortenstücke, und werden durch den umlaufenden Stahlreifen zusammengehalten. Auf den Vereinsbahnen sind sie nicht zugelassen. Ihre Dauerhaftigkeit ist nicht sehr groß, da das Holz sich zusammenzieht, und alle Schrauben und Verbindungen hierdurch rasch lose werden.

Daß es auch Eisenbahnräder aus Papier gibt, kann nur dem seltsam erscheinen, der nicht weiß, daß stark zusammengepreßtes Papier eine außerordentliche Härte und Widerstandsfähigkeit erlangt. Man liebt Räder aus solchem Baustoff namentlich in Amerika. Sie werden hergestellt, indem man etwa 50 dünne Pappscheiben zusammenleimt, sehr gründlich trocknet und alsdann mit gewaltigem Druck preßt. Die Scheibe ist nun so fest, daß sie gleich dem Eisen auf der Drehbank bearbeitet werden kann. Mittels vorn und hinten aufgelegter Bleche werden die Papierscheiben zwischen den stählernen Naben und Reifen befestigt. Die Bolzenlöcher muß man unter dem Dampfhammer hindurchtreiben.

Durch die Bauart ihrer Kasten werden die Personenfahrzeuge in zwei große Gruppen geschieden: in Abteil-Wagen und Durchgangs-Wagen.

Die Abteil-Wagen sind gleich zu Beginn des Eisenbahnwesens in England entstanden. Sie haben ihren Ursprung in dem Absonderungs-Bedürfnis der einzelnen Bevölkerungsklassen, das jenseits des Kanals und ja auch bei uns recht stark ausgeprägt ist. Dadurch, daß man die Wagenkasten mittels Querwänden in viele einzelne Rechtecke teilt, wird eine strenge Sonderung der verschiedenen Gruppen von Reisenden erzielt. Die Insassen des einzelnen Abteils bilden eine kleine Gemeinschaft für sich und haben nicht nötig, an dem Leben in den übrigen Räumen des Zugs teilzunehmen. Die Abteil-Wagen ermöglichen aber auch infolge der vielen Türen, die sie besitzen, ein sehr rasches Ein- und Aussteigen, weshalb sie auf Stadt- und Vorortbahnen mit kurzen Haltezeiten sehr beliebt sind.

Heute strebt man bei uns danach, die vollständig gegen ihre Nachbarräume abgeschlossenen Abteile allmählich ganz zu beseitigen, weil hier und da vorgekommene Überfälle auf Reisende gezeigt haben, daß sie eine Minderung der Reisesicherheit bedeuten. Bei sehr stark besetzten Zügen verhindern die vollständig von einer Seitenwand zur andern durchlaufenden Querwände auch einen Ausgleich der Besetzung innerhalb eines Wagens. Jeder ist gezwungen, in dem Abteil zu bleiben, in das er zufällig eingestiegen ist, und muß hier stehen, während vielleicht im Nebenabteil noch Plätze frei sind. Die Berliner Stadtbahn besitzt heute Abteile, bei denen die Querwände gekürzt sind, so daß an einer Seite von einem Abteil ins andere hinübergegangen werden kann. Die Abteile in Fernzug-Wagen sind, um den Abort von mehreren Räumen aus zugänglich zu machen, oft durch Türen miteinander verbunden.

Die ersten Eisenbahnfahrzeuge, in denen an Stelle dieser stets sehr schmalen Verbindungen ein bequemer und freier Durchgang von einer Stirnwand zur anderen möglich war, erschienen in Deutschland in den sechziger Jahren. Der Gang lag in der Mitte des Wagens, wie das noch heute bei sehr vielen Fahrzeugen in Süddeutschland und den fremden Nachbarländern üblich ist. Es wird hierdurch bewirkt, daß das Zugpersonal seine überwachende Tätigkeit leichter ausüben kann und auch den Reisenden für Fragen und Beschwerden während der Fahrt zur Verfügung ist. Bis dahin, insbesondere vor Einführung der Bahnsteigsperre, mußten die Schaffner, um die Karten der Reisenden nachzusehen, während der Fahrt auf den äußeren Trittbrettern an den Wagen entlangklettern. Viele Unfälle wurden dadurch hervorgerufen, bis endlich Preußen mit der Prüfung der Fahrkarten an den Bahnhofseingängen vorging und das Begehen der Trittbretter während der Fahrt verbot. Die Einrichtung des für die Fahrgäste freigegebenen Durchgangs bewirkt auch eine bequemere Unterbringung der Aborte. In Norddeutschland sind jedoch die Wagen mit Mittelgang niemals beliebt gewesen. Man kann auch in der Tat nicht leugnen, daß bei dieser Anordnung jeder Reisende, der durch den Wagen geht, die anderen stört, was namentlich nachts sehr unangenehm empfunden wird. Es wurde darum lebhaft begrüßt, als die preußische Eisenbahnverwaltung daranging, in freiem Anschluß an amerikanische Bauarten die Durchgangs-Wagen so auszubilden, daß sie die Vorteile von Abteil-Wagen in sich schließen.

Man fühlt sich heute auf seinem Platz im Schnellzug doppelt wohl, weil man weiß, daß man nicht für die ganze, viele Stunden dauernde Fahrt an seinen Platz gebannt ist. Man kann, wenn man will, aufstehen und den ganzen Zug durchschreiten. Trotzdem wird man in seiner Beschaulichkeit nicht fortwährend durch vorüberlaufende Kinder gestört, denn man befindet sich in einem geschlossenen Abteil. Diese Wirkung wird dadurch hervorgebracht, daß in den Fahrzeugen, die wir heute als D-Wagen bezeichnen, der Durchgang an der Seite liegt. Die Vorteile, welche Einzelabteile bieten, bleiben hierdurch erhalten, und diese Fahrzeuge sind daher als ein besonders treffliches Mittel zur angenehmen Gestaltung weiter Reisen zu begrüßen. In den ersten D-Wagen waren die Abteile nach dem Seitengang hin offen, jetzt können sie durch Türen von diesem abgeschlossen werden, was die Heimelichkeit des einzelnen Abteils bedeutend erhöht. Die Übergänge von Wagen zu Wagen werden durch eiserne Brücken ermöglicht, die allseitig von Faltenbälgen umschlossen sind.

In Amerika und vielen europäischen Ländern legt man auf Abteil-Sonderung gar keinen Wert. Dort haben die Wagen meistens nur einen einzigen zusammenhängenden Raum, in dem Bänke aufgestellt sind. Wer von uns in solchen Wagen gereist ist, wird jedoch wahrgenommen haben, daß sie einen sonderlich angenehmen Eindruck nicht gewähren. Es ist kein erfrischender Anblick, zu gleicher Zeit viele Menschen in bequemen Stellungen zu schauen oder sie mitgebrachte Eßwaren aus Papieren verzehren zu sehen. Namentlich an heißen Sommertagen, wenn man sichs ein wenig bequem gemacht hat, und ganz besonders während der Nacht, erblickt man Gruppen, die weit weniger unangenehm auffallen, wenn sie zwischen enge Abteilwände gebannt sind. Es wirkt recht wenig schön, wenn man gleichzeitig ein halbes Dutzend Damen erblickt, die ihre Köpfe schlummernd an die Brust ihres Ehegemahls gebettet haben.

In Europa hat jeder einzelne Personenwagen stets nur eine verhältnismäßig kurze Strecke zu durchfahren. Es genügt uns hier vorläufig, wenn dafür ein gepolsterter Sitz zur Verfügung steht. Anders liegen die Dinge in Amerika, wo die riesigen Entfernungen ununterbrochene Fahrten durch mehrere Tage notwendig machen. Man begann darum drüben schon frühzeitig, besonders bequem und prächtig ausgestattete Wagen zu schaffen, um die langen Eisenbahnfahrten erträglicher zu gestalten und möglichst zu einem Vergnügen zu machen. Die Entwicklung ist dort auch bis zum heutigen Tag emsig in dieser Richtung fortgeschritten, da der Wettbewerb zwischen den einzelnen Privatbahnen, die Reisende zwischen den gleichen Städten befördern, antreibend wirkt.

Die Einrichtung von Eisenbahnwagen, die eine Ausstattung über die notwendigsten Bedürfnisse hinaus besitzen, knüpft an den Namen Pullmann an. Er war es, der im Jahre 1858 die ersten Prachtwagen auf der Strecke Chicago-Buffalo einführte. Deutschland kann sich eines Anteils auch an dieser Errungenschaft rühmen, da Pullmann von hier aus nach Amerika eingewandert war.

Die auch bei uns sehr berühmt, ja sprichwörtlich gewordenen Pullmann-Wagen sind Fahrzeuge, die sowohl für Tag- wie für Nachtaufenthalt eingerichtet sind. Ein geräumiger, prächtig ausgestatteter Saal ist mit Sitzbänken versehen. Die Schlaflager sind während des Tags gegen die Decke geklappt, und auf ihnen liegen auch in dieser Zeit die Matratzen, Decken und Kissen. Wenn der Abend hereinbricht, werden die Klappen mittels Stützen, die auf die Seitenlehnen der Bänke aufsetzen, wagerecht gestellt, die Betten hergerichtet, und jede der Lagerstätten durch Vorhänge gegen den Gang und gegen die Nachbarn abgeschlossen. Das Entkleiden ist nur möglich, während man auf dem Bett liegt, denn zwischen den Vorhängen und diesem steht kein Raum zur Verfügung. Es ist auch selbstverständlich, daß die Vorhänge niemals ganz dicht schließen, so daß in einem solchen amerikanischen Schlafwagen keine vollständige Sonderung der Schlafenden voneinander und von denen, welche den Gang durchschreiten, erzielt wird. Während des Tags bieten zudem die hochgeklappten, schrägen Lager keinen sonderlich hübschen Anblick, und sie verengen dazu den Luftraum im Wagen.

Es ist begreiflich, daß die Einführung solcher Pullmann-Wagen bei uns von den wirklichen Kennern der Verhältnisse niemals für erstrebenswert gehalten wurde. Auch in Amerika pflegen besonders zahlungskräftige Fahrgäste vollkommen geschlossene Abteile zu mieten, die sich an den Wagenenden befinden. Die Entwicklung konnte in Deutschland von vornherein einen anderen Lauf nehmen, da hier eine Doppelform der Wagen für Tag- und Nachtfahrten nicht nötig ist. Mit Ausnahme der wenigen zwischenstaatlichen Züge kommt es bei uns recht selten vor, daß man länger als zwölf Stunden in demselben Wagen sitzt. Es erwies sich daher als günstiger, eine Wagenform auszubilden, die ausschließlich Schlaflager enthält.

Die preußischen Schlafwagen sind D-Wagen mit streng geschlossenen Abteilen. Jedes von diesen enthält zwei Schlaflager. Für die wenigen Stunden, die man am Abend oder am Morgen vor oder nach Benutzung des Schlaflagers in dem Abteil sich aufzuhalten hat, ist in diesem durch Herunterklappen des oberen Lagers eine sehr bequeme, gepolsterte Sitzbank zur Verfügung.

Die beiden Lager werden durch Ausziehen des Sitzes und Hochklappen der Sitzbanklehne bis in wagerechte Stellung hergerichtet. Eine Leiter zum Besteigen des oberen Lagers befindet sich im Abteil. Desgleichen birgt es einen Spiegelschrank, in dem sich Wasserkaraffe und Gläser befinden, sowie einen aufklappbaren Waschtisch mit Becken aus Nickelblech, dem man nach Belieben frisches Wasser zufließen lassen kann. In neuerer Zeit werden die Abteile größer gemacht. Insbesondere ist der bisher recht schmale Raum zwischen Waschtisch und Bett dadurch vergrößert worden, daß die Wand, welche zwei benachbarte Abteile voneinander trennt, nicht mehr senkrecht zur Wagenachse steht, sondern schräg gestellt ist. Für Reisende erster Klasse, die ein ganzes Abteil für sich allein beanspruchen können, wird die Annehmlichkeit auch dadurch erhöht, daß in den Wagen dieser neueren Bauart die Rückenlehne nicht mehr emporgeklappt zu werden braucht. Das ist in den älteren Wagen trotz der Nichtbenutzung des oberen Lagers notwendig, weil das untere bei senkrechter Stellung der Lehne zu schmal werden würde.

 

Man ist in solchen neu angeordneten Abteilen vorzüglich gebettet, hat, wenn man den Fahrpreis für die erste Klasse entrichtet, den ganzen Raum bis zur Decke des Wagens frei über sich und kann sich sogar in ein richtiges Schlafzimmer versetzt glauben, wenn man mit einem Angehörigen zusammen zwei nebeneinanderliegende Abteile mietet und die sehr breiten Zwischentüren aufklappt. Diese neuen preußischen Schlafwagen sind um ein Meter länger als die älteren. Sie entsprechen hierdurch nicht mehr den zwischenstaatlichen technischen Vereinbarungen und dürfen daher auf ausländische Strecken nicht übergehen. Das ist wiederum ein deutliches Zeichen für die besondere Raschheit des Fortschritts im Bereich der preußischen Eisenbahnverwaltung.

In Schweden ist man uns allerdings mit der Einrichtung von Schlafwagen dritter Klasse voraus. Ihre Einführung dürfte aber auch bei uns jetzt nicht mehr lange auf sich warten lassen. Da der Preis für ein Schlaflager dieser Art nicht zu hoch bemessen werden darf, wird es notwendig sein, drei Lager übereinander in einem Abteil einzurichten.

Zur Erzielung eines ganz besonders ruhigen Laufs haben sämtliche neueren Schlafwagen sechs Achsen. Desgleichen ruhen die einzigen Saalwagen, die bei uns im allgemeinen Verkehr zur Verwendung kommen, nämlich die Speisewagen, meist auf je zwei dreiachsigen Drehgestellen. Auch diese letztgenannte Wagengattung ist eine Erfindung von Pullmann, der sie in den siebziger Jahren zuerst einführte. Heute ist der Speisewagen vom Tages-D-Zug untrennbar. Ohne seine Einführung wäre es auch kaum möglich gewesen, so weite Strecken, wie es heute üblich ist, mit nur ganz kurzen Aufenthalten zu durchfahren. Die Reisenden, welche nicht genügend Mundvorrat von Hause mitgebracht haben, müßten sonst Hunger leiden, denn auf den Bahnhöfen ist zu zweckmäßiger Versorgung meist keine Zeit.

Für recht beträchtliche Gebühr und unter besonderen Bedingungen kann man auf den deutschen Bahnen auch saalartig ausgestattete Sonderwagen mieten. Der Hauptvorzug dieser Fahrzeuge ist die verhältnismäßige Weiträumigkeit, die sie bei vollständigem Abschluß gegen die übrigen Teile des Zugs gewähren. Sie pflegen gewöhnlich einen großen Raum zu enthalten, der mit Sofa, Sesseln und Tisch ausgestattet ist; daran stößt mindestens ein recht geräumiges Schlafgemach, und alsdann folgen gewöhnliche Abteile für Begleitung und Dienerschaft. Ein Doppelboden macht die Schläge der Räder fast ganz unhörbar. Die innere Ausstattung der älteren Saalwagen kann unseren heutigen Geschmack nicht mehr befriedigen. Sie ähnelt zu sehr der „vornehmen Zimmer-Einrichtung“ aus den achtziger Jahren und will in die strengen, zweckmäßigen Linien der anderen Eisenbahnfahrzeuge nicht mehr recht hineinpassen. In den neueren Saalwagen ist man von solchen Verirrungen wieder abgekommen.

Eine größere Anzahl von Sonderwagen steht ständig zur Verfügung der höchsten Beamten, der Fürstlichkeiten und der Herrscher. Viele von diesen besitzen ganze Sonderzüge.

So besteht der Hofzug des deutschen Kaisers aus neun Wagen: zwei Gepäckwagen, in denen zugleich die Zugbeamten und eine kleine Werkstatt untergebracht sind, einem Küchenwagen, einem Speisewagen, zwei Wagen für das Herrengefolge mit einem besonders geräumig ausgebildeten Raum für den Oberhofmarschall, je einem Saalwagen für den Kaiser und die Kaiserin, sowie einem Wagen für das Damengefolge. Der Wagen des Kaisers enthält einen großen Aufenthaltsraum für den Tag, ein Schlafzimmer mit anschließendem Waschraum sowie zwei große Abteile für den Flügel-Adjutanten und den Leibdiener.

Um allen Ansprüchen nach Möglichkeit dienen zu können, halten die deutschen Eisenbahnen ferner Saalwagen für besondere Zwecke bereit. So gibt es Krankensaal-Wagen mit einer ihrem Benutzungszweck besonders angepaßten Einrichtung. Sie sind einfach ausgestattet und leicht zu reinigen. Über dem gewöhnlichen Wagendach ist ein zweites errichtet, das die Sonnenhitze nach Möglichkeit fernhalten soll. Der Krankenraum hat eine Tür mit Doppelflügeln, damit die Bahre bequem hineingebracht werden kann. Außer dem Bett finden zwei Sofas, ein Sessel und mehrere Stühle darin Platz. Es schließt sich der Waschraum an, der mit der Küche vereinigt ist. Abteile für Begleiter, Diener und sonstige Fahrt-Teilnehmer füllen den noch übrigen Teil des Wagens. Der Abort an einem Fahrzeugende ist durch einen Seitengang zu erreichen.

Damit auch minderbemittelte Kranke die Wohltat einer Beförderung in abgesondertem Raum genießen können, hat die preußische Eisenbahnverwaltung Abteilwagen dritter Klasse so eingerichtet, daß durch Herausnehmen einer Wand, die zwei Abteile voneinander trennt, ein genügend großer Krankenraum hergestellt werden kann. Nach dem Lösen einiger Schrauben am Boden und an den Seiten können drei Bänke leicht entfernt werden, worauf ein in sich gefedertes Bahrgestell durch die gleichfalls doppelflügelige Tür in den Raum geschafft werden kann. Der eine Türflügel ist bei gewöhnlicher Benutzung des Wagens fest verriegelt. Es werden in dem Krankenraum ferner ein Lehnstuhl, ein Klapptisch und ein Waschschrank aufgestellt, die auf dem Heimatbahnhof des Wagens stets vorrätig sind. Im Abort wird ein Gaskocher angebracht und mit der Gasleitung verbunden.

Von sonstigen Personenwagen, die besonderen Zwecken dienen, seien noch erwähnt die Fahrzeuge für Leichenbeförderung, in die ein Kapellenraum eingebaut ist, und Wagen zur Überführung von Gefangenen mit gewöhnlich zwölf recht engen Zellen. In Rußland sind Kirchenwagen sehr beliebt; sie werden an Sonntagen bald hier, bald dort auf Nebengeleisen aufgestellt und geben Gelegenheit zur Abhaltung von Andachten durch den mitfahrenden Geistlichen.

Unter den Saalwagen verdient noch besonders einer hervorgehoben zu werden, der auf der sibirischen Bahn verkehrt. Da die Reisenden, die von Moskau etwa nach Irkutsk wollen, sich nicht weniger als acht Tage ununterbrochen im Zug aufhalten müssen, so ist es wirklich kaum noch als Überfluß zu bezeichnen, wenn man ihnen darin Gelegenheit zu einiger Abwechslung und körperlicher Bewegung bietet. Der in die lange laufenden sibirischen Züge eingestellte Saalwagen besitzt ein Aussichts-Abteil mit sehr großen Fenstern, einen Gesellschaftsraum im Stil Ludwigs XVI. mit Bücherei und Klavier, dann folgen ein Turnraum mit verschiedenen Geräten und einem Zimmer-Fahrrad, eine Barbierstube und ein ausgedehnter Baderaum.

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