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Die Räuber

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Dritte Szene

Im Moorischen Schloß, Amaliens Zimmer

Franz. Amalia.

FRANZ. Du siehst weg, Amalia? Verdien ich weniger als der, den der Vater verflucht hat?

AMALIA. Weg! — Ha des liebevollen, barmherzigen Vaters, der seinen Sohn Wölfen und Ungeheuern preisgibt! daheim labt er sich mit süßem, köstlichem Wein und pflegt seiner morschen Glieder in Kissen von Eider, während sein großer, herrlicher Sohn darbt — schämt euch, ihr Unmenschen! schämt euch, ihr Drachenseelen, ihr Schande der Menschheit! — seinen einzigen Sohn!

FRANZ. Ich dächte, er hätt ihrer zween.

AMALIA. Ja, er verdient solche Söhne zu haben, wie du bist. Auf seinem Todbett wird er umsonst die welken Hände ausstrecken nach seinem Karl und schaudernd zurückfahren, wenn er die eiskalte Hand seines Franzens faßt — oh es ist süß, es ist köstlich süß, von deinem Vater verflucht zu werden! Sprich, Franz, liebe brüderliche Seele! was muß man tun, wenn man von ihm verflucht sein will?

FRANZ. Du schwärmst, meine Liebe, du bist zu bedauren.

AMALIA. O ich bitte dich — bedauerst du deinen Bruder? — Nein, Unmensch, du hassest ihn! Du hassest mich doch auch?

FRANZ. Ich liebe dich wie mich selbst, Amalia!

AMALIA. Wenn du mich liebst, kannst du mir wohl eine Bitte abschlagen?

FRANZ. Keine, keine! wenn sie nicht mehr ist als mein Leben.

AMALIA. O, wenn das ist! Eine Bitte, die du so leicht, so gern erfüllen wirst, Stolz. — Hasse mich! Ich müßte feuerrot werden vor Scham, wenn ich an Karln denke und mir eben einfiel’, daß du mich nicht hassest. Du versprichst mirs doch? — Itzt geh, und laß mich, ich bin so gern allein!

FRANZ. Allerliebste Träumerin! wie sehr bewundere ich dein sanftes liebevolles Herz. Ihr auf die Brust klopfend. Hier, hier herrschte Karl wie ein Gott in seinem Tempel, Karl stand vor dir im Wachen, Karl regierte in deinen Träumen, die ganze Schöpfung schien dir nur in den Einzigen zu zerfließen, den Einzigen widerzustrahlen, den Einzigen dir entgegenzutönen.

AMALIA bewegt. Ja wahrhaftig, ich gesteh es. Euch Barbaren zum Trutz will ichs vor aller Welt gestehen — ich lieb ihn!

FRANZ. Unmenschlich, grausam! Diese Liebe so zu belohnen! Die zu vergessen —

AMALIA auffahrend. Was, mich vergessen?

FRANZ. Hattest du ihm nicht einen Ring an den Finger gesteckt? einen Diamantring zum Unterpfand deiner Treue! — Freilich nun, wie kann auch ein Jüngling den Reizen einer Metze Widerstand tun? Wer wirds ihm auch verdenken, da ihm sonst nichts mehr übrig war wegzugeben, — und bezahlte sie ihn nicht mit Wucher dafür mit ihren Liebkosungen, ihren Umarmungen?

AMALIA aufgebracht. Meinen Ring einer Metze?

FRANZ. Pfui, pfui! das ist schändlich. Wohl aber, wenns nur das wäre! — Ein Ring, so kostbar er auch ist, ist im Grunde bei jedem Juden wiederzuhaben — vielleicht mag ihm die Arbeit daran nicht gefallen haben, vielleicht hat er einen schönern dafür eingehandelt.

AMALIA heftig. Aber meinen Ring — ich sage, meinen Ring?

FRANZ. Keinen andern, Amalia — ha! solch ein Kleinod, und an meinem Finger — und von Amalia! — von hier sollt ihn der Tod nicht gerissen haben — nicht wahr, Amalia, nicht die Kostbarkeit des Diamants, nicht die Kunst des Gepräges — die Liebe macht seinen Wert aus. — Liebstes Kind, du weinest? wehe über den, der diese köstliche Tropfen aus so himmlischen Augen preßt — ach, und wenn du erst alles wüßtest, ihn selbst sähest, ihn unter der Gestalt sähest? —

AMALIA. Ungeheuer! wie, unter welcher Gestalt?

FRANZ. Stille, stille, gute Seele, frage mich nicht aus! Wie vor sich, aber laut. Wenn es doch wenigstens nur einen Schleier hätte, das garstige Laster, sich dem Auge der Welt zu entstehlen! Aber da blickts schrecklich durch den gelben, bleifarbenen Augenring; — da verrät sichs im totenblassen, eingefallenen Gesicht und dreht die Knochen häßlich hervor — da stammelts in der halben, verstümmelten Stimme — da predigts fürchterlich laut vom zitternden, hinschwankenden Gerippe — da durchwühlt es der Knochen innerstes Mark und bricht die mannhafte Stärke der Jugend — da, da spritzt es den eitrigten, fressenden Schaum aus Stirn und Wangen und Mund und der ganzen Fläche des Leibes zum scheußlichen Aussatz hervor und nistet abscheulich in den Gruben der viehischen Schande — pfui, pfui! mir ekelt. Nasen, Augen, Ohren schütteln sich. — Du hast jenen Elenden gesehen, Amalia, der in unserem Siechenhause seinen Geist auskeuchte, die Scham schien ihr scheues Auge vor ihm zuzublinzen — du ruftest Wehe über ihn aus. Ruf dies Bild noch einmal ganz in deine Seele zurück, und Karl steht vor dir! — Seine Küsse sind Pest, seine Lippen vergiften die deinen!

AMALIA schlägt ihn. Schamloser Lästerer!

FRANZ. Graut dir vor diesem Karl? Ekelt dir schon von dem matten Gemälde? Geh, gaff ihn selbst an, deinen schönen, englischen göttlichen Karl! Geh, sauge seinen balsamischen Atem ein und laß dich von den Ambrosiadüften begraben, die aus seinem Rachen dampfen! der bloße Hauch seines Mundes wird dich in jenen schwarzen todähnlichen Schwindel hauchen, der den Geruch eines berstenden Aases und den Anblick eines leichenvollen Walplatzes begleitet.

Amalia wendet ihr Gesicht ab.

FRANZ. Welches Aufwallen der Liebe! Welche Wollust in der Umarmung — aber ist es nicht ungerecht, einen Menschen um seiner siechen Außenseite willen zu verdammen? Auch im elendesten äsopischen Krüppel kann eine große, liebenswürdige Seele wie ein Rubin aus dem Schlamme glänzen. Boshaft lächelnd. Auch aus blattrigten Lippen kann ja die Liebe —

Freilich, wenn das Laster auch die Festen des Charakters erschüttert, wenn mit der Keuschheit auch die Tugend davonfliegt, wie der Duft aus der welken Rose verdampft — wenn mit dem Körper auch der Geist zum Krüppel verdirbt —

AMALIA froh aufspringend. Ha! Karl! nun erkenn ich dich wieder! du bist noch ganz! ganz! alles war Lüge! — Weißt du nicht, Bösewicht, daß Karl unmöglich das werden kann? Franz steht einige Zeit tiefsinnig, dann dreht er sich plötzlich, um zu gehen. Wohin so eilig, fliehst du vor deiner eigenen Schande?

FRANZ mit verhülltem Gesicht. Laß mich, laß mich! — meinen Tränen den Lauflassen — tyrannischer Vater! den besten deiner Söhne so hinzugeben dem Elend — der rings umgebenden Schande — laß mich, Amalia! ich will ihm zu Füßen fallen, auf den Knien will ich ihn beschwören, den ausgesprochenen Fluch auf mich, auf mich zu laden — mich zu enterben — mich — mein Blut — mein Leben — alles —

AMALIA fällt ihm um den Hals. Bruder meines Karls, bester, liebster Franz!

FRANZ. O Amalia! Wie lieb ich dich um dieser unerschütterten Treue gegen meinen Bruder — verzeih, daß ich es wagte, deine Liebe auf diese harte Probe zu setzen! — Wie schön hast du meine Wünsche gerechtfertigt! — mit diesen Tränen, diesen Seufzern, diesem himmlischen Unwillen — auch für mich, für mich — unsere Seelen stimmten so zusammen.

AMALIA. O nein, das taten sie nie!

FRANZ. Ach, sie stimmten so harmonisch zusammen, ich meinte immer, wir müßten Zwillinge sein! Und wär der leidige Unterschied von außen nicht, wobei leider freilich ich verlieren muß, wir würden zehnmal verwechselt. Du bist, sagt ich oft zu mir selbst, ja, du bist der ganze Karl, sein Echo, sein Ebenbild!

AMALIA schüttelt den Kopf. Nein, nein, bei jenem keuschen Lichte des Himmels! kein Äderchen von ihm, kein Fünkchen von seinem Gefühle —

FRANZ. So ganz gleich in unsern Neigungen — die Rose war seine liebste Blume — welche Blume war mir über die Rose? Er liebte die Musik unaussprechlich, und ihr seid Zeugen, ihr Sterne! ihr habt mich so oft in der Totenstille der Nacht beim Klaviere belauscht, wenn alles um mich begraben lag in Schatten und Schlummer — und wie kannst du noch zweifeln, Amalia, wenn unsere Liebe in einer Vollkommenheit zusammentraf, und wenn die Liebe die nämliche ist, wie könnten ihre Kinder entarten?

Amalia sieht ihn verwundernd an.

FRANZ. Es war ein stiller heiterer Abend, der letzte, eh er nach Leipzig abreiste, da er mich mit sich in jene Laube nahm, wo ihr so oft zusammensaßet in Träumen der Liebe — stumm blieben wir lang — zuletzt ergriff er meine Hand und sprach leise mit Tränen: Ich verlasse Amalia, ich weiß nicht — mir ahndets, als hieß es auf ewig — verlaß sie nicht, Bruder! — sei ihr Freund — ihr Karl — wenn Karl — nimmer — wiederkehrt — Er stürzt vor ihr nieder und küßt ihr die Hand mit Heftigkeit. Nimmer, nimmer, nimmer wird er wiederkehren, und ich habs ihm zugesagt mit einem heiligen Eide!

AMALIA zurückspringend. Verräter, wie ich dich ertappe! In eben dieser Laube beschwur er mich, keiner andern Liebe — wenn er sterben sollte — sieht du, wie gottlos, wie abscheulich du — geh aus meinen Augen!

FRANZ. Du kennst mich nicht, Amalia, du kennst mich gar nicht!

AMALIA. O ich kenne dich, von itzt an kenn ich dich — und du wolltest ihm gleich sein? Vor dir sollt er um mich geweint haben? Vor dir? Ehe hätt er meinen Namen auf den Pranger geschrieben! Geh den Augenblick!

FRANZ. Du beleidigst mich!

AMALIA. Geh, sag ich. Du hast mir eine kostbare Stunde gestohlen, sie werde dir an deinem Leben abgezogen!

FRANZ. Du hassest mich.

AMALIA. Ich verachte dich, geh!

FRANZ mit den Füßen stampfend. Wart! so sollst du vor mir zittern! Mich einem Bettler aufopfern? Zornig ab.

AMALIA. Geh, Lotterbube — itzt bin ich wieder bei Karln — Bettler, sagt er? so hat die Welt sich umgedreht, Bettler sind Könige, und Könige sind Bettler! — Ich möchte die Lumpen, die er anhat, nicht mit dem Purpur der Gesalbten vertauschen — der Blick, mit dem er bettelt, daß muß ein großer, ein königlicher Blick sein — ein Blick, der die Herrlichkeit, den Pomp, die Triumphe der Großen und Reichen zernichtet! In den Staub mit dir, du prangendes Geschmeide! Sie reißt sich die Perlen vom Hals. Seid verdammt, Gold und Silber und Juwelen zu tragen, ihr Großen und Reichen! Seid verdammt, an üppigen Mahlen zu zechen! Verdammt, euren Gliedern wohl zu tun auf weichen Polstern der Wollust! Karl! Karl! so bin ich dein wert — Ab.

 

Zweiter Akt

Erste Szene

FRANZ VON MOOR nachdenkend in seinem Zimmer. Es dauert mir zu lange — der Doktor will, er sei im Umkehren — das Leben eines Alten ist doch eine Ewigkeit! — Und nun wär freie, ebene Bahn bis auf diesen ärgerlichen zähen Klumpen Fleisch, der mir, gleich dem unterirdischen Zauberhund in den Geistermärchen, den Weg zu meinen Schätzen verrammelt.

Müssen denn aber meine Entwürfe sich unter das eiserne Joch des Mechanismus beugen? — Soll sich mein hochfliegender Geist an den Schneckengang der Materie ketten lassen? — Ein Licht ausgeblasen, das ohnehin nur mit den letzten Öltropfen noch wuchert — mehr ists nicht — Und doch möcht ich das nicht gern selbst getan haben um der Leute willen. Ich möchte ihn nicht gern getötet, aber abgelebt. Ich möcht es machen wie der gescheite Arzt, nur umgekehrt. — Nicht der Natur durch einen Querstreich den Weg verrannt, sondern sie in ihrem eigenen Gange befördert. Und wir vermögen doch wirklich die Bedingungen des Lebens zu verlängern, warum sollten wir sie nicht auch verkürzen können?

Philosophen und Mediziner lehren mich, wie treffend die Stimmungen des Geists mit den Bewegungen der Maschine zusammenlauten. Gichtrische Enpfindungen werden jederzeit von einer Dissonanz der mechanischen Schwingungen begleitet — Leidenschaften mißhandeln die Lebenskraft — der überladene Geist drückt sein Gehäuse zu Boden — Wie denn nun? — Wer es verstünde, dem Tod diesen ungebahnten Weg in das Schloß des Lebens zu ebenen! — den Körper vom Geist aus zu verderben — ha! ein Originalwerk! — wer das zustand brächte! — Ein Werk ohnegleichen! — Sinne nach, Moor! — Das wär eine Kunst, dies verdiente, dich zum Erfinder zu haben. Hat man doch die Giftmischerei beinahe in den Rang einer ordentlichen Wissenschaft erhoben und die Natur durch Experimente gezwungen, ihre Schranken anzugeben, daß man nunmehr des Herzens Schläge jahrlang vorausrechnet und zu dem Pulse spricht, bis hieher und nicht weiter[1]! — Wer sollte nicht auch hier seine Flügel versuchen?

Und wie ich nun werde zu Werk gehen müssen, diese süße, friedliche Eintracht der Seele mit ihrem Leibe zu stören? Welche Gattung von Empfindnissen ich werde wählen müssen? Welche wohl den Flor des Lebens am grimmigsten anfeinden? Zorn? — dieser heißhungrige Wolf frißt sich zu schnell satt — Sorge? — dieser Wurm nagt mir zu langsam — Gram? diese Natter schleicht mir zu träge — Furcht? die Hoffnung läßt sie nicht umgreifen? — was? sind das all die Henker des Menschen? — Ist das Arsenal des Todes so bald erschöpft? — Tiefsinnend. Wie? — Nun? — Was? Nein! — Ha! Auffahrend. Schreck! — Was kann der Schreck nicht? — Was kann Vernunft, Religion wider dieses Giganten eiskalte Umarmung? — Und doch? — Wenn er auch diesem Sturm stünde? — Wenn er? O so komme zu mir zu Hülfe Jam mer, und du Reue, höllische Eumenide, grabende Schlange, die ihren Fraß wiederkäut und ihren eigenen Kot wiederfrißt; ewige Zerstörerinnen und ewige Schöpferinnen eures Giftes, und du, heulende Selbstverklagung, die du dein eigen Haus verwüstest, und deine eigene Mutter verwundest — Und kommt auch ihr mir zu Hülfe wohltätige Grazien selbst, sanftlächelnde Ver gangenheit, und du mit dem überquellenden Füllhorn, blühende Zukunft, haltet ihm in euren Spiegeln die Freuden des Himmels vor, wenn euer fliehender Fuß seinen geizigen Armen entgleitet — So fall ich Streich auf Streich, Sturm auf Sturm dieses zerbrechliche Leben an, bis den Furientrupp zuletzt schließt — die Verzweiflung! Triumph! Triumph! — Der Plan ist fertig — schwer und kunstvoll wie keiner — zuverlässig — sicher — denn Spöttisch. des Zergliederers Messer findet ja keine Spuren von Wunde oder korrosivischem Gift.

Entschlossen. Wohlan denn! Hermann tritt auf. Ha! Deus ex machina! Hermann!

HERMANN. Zu Euren Diensten, gnädiger Junker!

FRANZ gibt ihm die Hand. Die du keinem Undankbaren erweisest.

HERMANN. Ich hab Proben davon.

FRANZ. Du sollst mehr haben mit nächstem — mit nächstem, Hermann! — Ich habe dir etwas zu sagen, Hermann.

HERMANN. Ich höre mit tausend Ohren.

FRANZ. Ich kenne dich, du bist ein entschloßner Kerl — Soldatenherz — Haar auf der Zunge! — Mein Vater hat dich sehr beleidigt, Hermann!

HERMANN. Der Teufel hole mich, wenn ichs vergesse!

FRANZ. Das ist der Ton eines Manns! Rache geziemt einer männlichen Brust. Du gefällst mir, Hermann. Nimm diesen Beutel, Hermann. Er sollte schwerer sein, wenn ich erst Herr wäre.

HERMANN. Das ist ja mein ewiger Wunsch, gnädiger Junker, ich dank Euch.

FRANZ. Wirklich, Hermann? wünschest du wirklich, ich wäre Herr? — aber mein Vater hat das Mark eines Löwen, und ich bin der jüngere Sohn.

HERMANN. Ich wollt, Ihr wärt der ältere Sohn und Euer Vater hätte das Mark eines schwindsüchtigen Mädchens.

FRANZ. Ha! wie dich der ältere Sohn dann belohnen wollte! wie er dich aus diesem unedlen Staub, der sich so wenig mit deinem Geist und Adel verträgt, ans Licht emporheben wollte! — Dann solltest du, ganz wie du da bist, mit Gold überzogen werden, und mit vier Pferden durch die Straßen dahinrasseln, wahrhaftig, das solltest du! — aber ich vergesse, wovon ich dir sagen wollte — hast du das Fräulein von Edelreich schon vergessen, Hermann?

HERMANN. Wetter Element! was erinnert Ihr mich an das?

FRANZ. Mein Bruder hat sie dir weggefischt.

HERMANN. Er soll dafür büßen!

FRANZ. Sie gab dir einen Korb. Ich glaube gar, er warf dich die Treppen hinunter.

HERMANN. Ich will ihn dafür in die Hölle stoßen.

FRANZ. Er sagte: man raune sich einander ins Ohr, du seist zwischen dem Rindfleisch und Meerrettich gemacht worden, und dein Vater habe dich nie ansehen können, ohne an die Brust zu schlagen und zu seufzen: Gott sei mir Sünder gnädig!

HERMANN wild. Blitz, Donner und Hagel, seid still!

FRANZ. Er riet dir, deinen Adelbrief im Aufstreich zu verkaufen, und deine Strümpfe damit flicken zu lassen.

HERMANN. Alle Teufel! ich will ihm die Augen mit den Nägeln auskratzen.

FRANZ. Was? du wirst böse? was kannst du böse auf ihn sein? Was kannst du ihm Böses tun? Was kann so eine Ratze gegen einen Löwen? Dein Zorn versüßt ihm seinen Triumph nur. Du kannst nichts tun, als deine Zähne zusammenschlagen, und deine Wut an trocknem Brote auslassen.

HERMANN stampft auf den Boden. Ich will ihn zu Staub zerreiben.

FRANZ klopft ihm auf die Achsel. Pfui, Hermann, du bist ein Kavalier. Du mußt den Schimpf nicht auf dir sitzen lassen. Du mußt das Fräulein nicht fahren lassen, nein das mußt du um alle Welt nicht tun, Hermann! Hagel und Wetter! Ich würde das Äußerste versuchen, wenn ich an deiner Stelle wäre.

HERMANN. Ich ruhe nicht, bis ich ihn und ihn unterm Boden hab.

FRANZ. Nicht so stürmisch, Hermann! Komm näher — du sollst Amalia haben!

HERMANN. Das muß ich, trutz dem Teufel! das muß ich!

FRANZ. Du sollst sie haben, sag ich dir, und das von meiner Hand. Komm näher, sag ich — du weißt vielleicht nicht, daß Karl so gut als enterbt ist?

HERMANN näher kommend. Unbegreiflich, das erste Wort, das ich höre.

FRANZ. Sei ruhig, und höre weiter! du sollst ein andermal mehr davon hören — ja, ich sage dir, seit eilf Monaten so gut als verbannt. Aber schon bereut der Alte den voreiligen Schritt, den er doch, Lachend. will ich hoffen, nicht selbst getan hat. Auch liegt ihm die Edelreich täglich hart an mit ihren Vorwürfen und Klagen. Über kurz oder lang wird er ihn in allen vier Enden der Welt aufsuchen lassen, und gute Nacht, Hermann! wenn er ihn findet. Du kannst ihm ganz demütig die Kutsche halten, wenn er mit ihr in die Kirche zur Trauung fährt.

HERMANN. Ich will ihn am Kruzifix erwürgen!

FRANZ. Der Vater wird ihm bald die Herrschaft abtreten, und in Ruhe auf seinen Schlössern leben. Itzt hat der stolze Strudelkopf den Zügel in Händen, itzt lacht er seiner Hasser und Neider — und ich, der ich dich zu einem wichtigen großen Manne machen wollte, ich selbst, Hermann, werde tiefgebückt vor seiner Türschwelle —

HERMANN in Hitze. Nein, so wahr ich Hermann heiße, das sollt Ihr nicht! wenn noch ein Fünkchen Verstand in diesem Gehirne glostet! das sollt Ihr nicht!

FRANZ. Wirst du es hindern? auch dich, mein lieber Hermann, wird er seine Geißel fühlen lassen, wird dir ins Angesicht speien, wenn du ihm auf der Straße begegnest, und wehe dir dann, wenn du die Achsel zuckst oder das Maul krümmst — siehe, so stehts mit deiner Anwerbung ums Fräulein, mit deinen Aussichten, mit deinen Entwürfen.

HERMANN. Sagt mir! was soll ich tun?

FRANZ. Höre dann, Hermann! daß du siehst, wie ich mir dein Schicksal zu Herzen nehme als ein redlicher Freund — geh — kleide dich um — mach dich ganz unkenntlich, laß dich beim Alten melden, gib vor, du kämest geraden Wegs aus Böhmen, hättest mit meinem Bruder dem Treffen bei Prag beigewohnt — hättest ihn auf der Walstatt den Geist aufgeben sehen —

HERMANN. Wird man mir glauben?

FRANZ. Hoho! dafür laß mich sorgen! Nimm dieses Paket. Hier findest du deine Kommission ausführlich. Und Dokumente darzu, die den Zweifel selbst glaubig machen sollen — mach itzt nur, daß du fortkommst, und ungesehen! spring durch die Hintertüre in den Hof, von da über die Gartenmauer — die Katastrophe dieser Tragikomödie überlaß mir!

HERMANN. Und die wird sein: Vivat der neue Herr, Franziskus von Moor!

FRANZ streichelt ihm die Backen. Wie schlau du bist! — denn siehst du, auf diese Art erreichen wir alle Zwecke zumal und bald. Amalia gibt ihre Hoffnung auf ihn auf. Der Alte mißt sich den Tod seines Sohnes bei, und — er kränkelt — ein schwankendes Gebäude braucht des Erdbebens nicht, um übern Haufen zu fallen — er wird die Nachricht nicht überleben — dann bin ich sein einiger Sohn — Amalia hat ihre Stützen verloren, und ist ein Spiel meines Willens, da kannst du leicht denken — kurz, alles geht nach Wunsch — aber du mußt dein Wort nicht zurücknehmen!

HERMANN. Was sagt Ihr? Frohlockend. Eh soll die Kugel in ihrem Lauf zurückkehren, und in dem Eingeweid ihres Schützen wüten — rechnet auf mich! Laßt nur mich machen — Adieu!

FRANZ ihm nachrufend. Die Ernte ist dein, lieber Hermann! — Wenn der Ochse den Kornwagen in die Scheune gezogen hat, so muß er mit Heu vorlieb nehmen. Dir eine Stallmagd, und keine Amalia! Geht ab.

11 Eine Frau in Paris soll es durch ordentlich angestellte Versuche mit Giftpulvern soweit gebracht haben, daß sie den entfernten Todestag mit ziemlicher Zuverlässigkeit vorausbestimmen konnte. Pfui über unsere Ärzte, die diese Frau im Prognostizieren beschämt!