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Die Piccolomini

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Fünfter Auftritt

Kellermeister mit Neumann vorwärts kommend. Bediente gehen ab und zu.

Kellermeister
 
     Der edle Wein! Wenn meine alte Herrschaft,
     Die Frau Mama, das wilde Leben säh',
     In ihrem Grabe kehrte sie sich um! —
     Ja! Ja! Herr Offizier! Es geht zurück
     Mit diesem edeln Haus – Kein Maß noch Ziel!
     Und die durchlauchtige Verschwägerung
     Mit diesem Herzog bringt uns wenig Segen.
 
Neumann
 
     Behüte Gott! Jetzt wird der Flor erst angehn.
 
Kellermeister
 
     Meint Er? Es ließ' sich vieles davon sagen.
 
Bedienter. (kommt.)
 
     Burgunder für den vierten Tisch!
 
Kellermeister
 
     Das ist
     Die siebenzigste Flasche nun, Herr Leutnant.
 
Bedienter
 
     Das macht, der deutsche Herr, der Tiefenbach,
     Sitzt dran.
 

(Geht ab.)

Kellermeister. (zu Neumann fortfahrend)
 
     Sie wollen gar zu hoch hinaus. Kurfürsten
     Und Königen wollen sie's im Prunke gleichtun,
     Und wo der Fürst sich hingetraut, da will der Graf,
     Mein gnäd'ger Herre, nicht dahintenbleiben.
 

(Zu den Bedienten.)

 
     Was steht ihr horchen? Will euch Beine machen.
     Seht nach den Tischen, nach den Flaschen! Da!
     Graf Palffy hat ein leeres Glas vor sich!
 
Zweiter Bedienter. (kommt)
 
     Den großen Kelch verlandt man, Kellermeister,
     Den reichen, güldnen, mit dem böhm'schen Wappen,
     Ihr wißt schon welchen, hat der Herr gesagt.
 
Kellermeister
 
     Der auf des Friedrichs seine Königskrönung
     Vom Meister Wilhelm ist verfertigt worden,
     Das schöne Prachtstück aus der Prager Beute?
 
Zweiter Bedienter
 
     Ja, den! Den Umtrunk wollen sie mit halten.
 
Kellermeister. (mit Kopfschütteln, indem er den Pokal hervorholt und ausspült)
 
     Das gibt nach Wien was zu berichten wieder!
 
Neumann
 
     Zeigt! Das ist eine Pracht von einem Becher!
     Von Golde schwer und in erhabner Arbeit
     Sind kluge Dinge zierlich drauf gebildet.
     Gleich auf dem ersten Schildlein, laßt mal sehn!
     Die stolze Amazone da zu Pferd,
     Die übern Krummstab setzt und Bischofsmützen,
     Auf einer Stange trägt sie einen Hut,
     Nebst einer Fahn', worauf ein Kelch zu sehn.
     Könnt Ihr mir sagen, was das all bedeutet?
 
Kellermeister
 
     Die Weibsperson, die ihr da seht zu Roß,
     Das ist die Wahlfreiheit der böhm'schen Kron'.
     Das wird bedeutet durch den runden Hut
     Und durch das wilde Roß, auf dem sie reitet.
     Des Menschen Zierat ist der Hut, denn wer
     Den Hut nicht sitzen lassen darf vor Kaisern
     Und Königen, der ist kein Mann der Freiheit.
 
Neumann
 
     Was aber soll der Kelch da auf der Fahn'?
 
Kellermeister
 
     Der Kelch bezeugt die böhm'sche Kirchenfreiheit,
     Wie sie gewesen zu der Väter Zeit.
     Die Väter im Hussitenkrieg erstritten
     Sich dieses schöne Vorrecht übern Papst,
     Der keinem Laien gönnen will den Kelch.
     Nichts geht dem Utraquisten übern Kelch,
     Es ist sein köstlich Kleinod, hat dem Böhmen
     Sein teures Blut in mancher Schlacht gekostet.
 
Neumann
 
     Was sagt die Rolle, die da drüber schwebt?
 
Kellermeister
 
     Den böhm'schen Majestätsbrief zeigt sie an,
     Den wir dem Kaiser Rudolf abgezwungen,
     Ein köstlich unschätzbares Pergament,
     Das frei Geläut' und offenen Gesang
     Dem neuen Glauben sichert wie dem alten.
     Doch seit der Grätzer über uns regiert,
     Hat das ein End', und nach der Prager Schlacht,
     Wo Pfalzgraf Friedrich Kron' und Reich verloren,
     Ist unser Glaub' um Kanzel und Altar,
     Und unsre Brüder sehen mit dem Rücken
     Die Heimat an, den Majestätsbrief aber
     Zerschnitt der Kaiser selbst mit seiner Schere.
 
Neumann
 
     Das alles wißt Ihr! Wohl bewandert seid Ihr
     In Eures Landes Chronik, Kellermeister.
 
Kellermeister
 
     Drum waren meine Ahnherrn Taboriten
     Und dienten unter dem Prokop und Ziska.
     Fried' sei mit ihrem Staube! Kämpften sie
     Für eine gute Sache doch – Tragt fort !
 
Neumann
 
     Erst laßt mich noch das zweite Schildlein sehn.
     Sieh doch, das ist, wie auf dem Prager Schloß
     Des Kaisers Räte Martinitz, Slawata
     Kopf unter sich herabgestürzet werden.
     Ganz recht! Da steht Graf Thurn, der es befiehlt.
 

(Bedienter geht mit dem Kelch.)

Kellermeister
 
     Schweigt mir von diesem Tag, es war der drei-
     Undzwanzigste des Mais, da man eintausen-
     Sechshundert schrieb und achtzehn. Ist mir's doch,
     Als wär' es heut, und mit dem Unglückstag
     Fing's an, das große Herzeleid des Landes.
     Seit diesem Tag, es sind jetzt sechzehn Jahr,
     Ist nimmer Fried' gewesen auf der Erden —
 

(An der zweiten Tafel wird gerufen:)

 
     Der Fürst von Weimar!
 

(An der dritten und vierten Tafel:)

 
     Herzog Bernhard lebe!
 

(Musik fällt ein.)

Erster Bedienter
 
     Hört den Tumult!
 
Zweiter Bedienter. (kommt gelaufen)
 
     Habt ihr gehört? Sie lassen
     den Weimar leben!
 
Dritter Bedienter
 
     Östreichs Feind!
 
Erster Bedienter
 
     Den Lutheraner!
 
Zweiter Bedienter
 
     Vorhin, da bracht' der Deodat des Kaisers
     Gesundheit aus, da blieb's ganz mäuschenstille.
 
Kellermeister
 
     Beim Trunk geht vieles drein. Ein ordentlicher
     Bedienter muß kein Ohr für so was haben.
 
Dritter Bedienter. (beiseite zum vierten)
 
     Paß ja wohl auf, Johann, daß wir dem Pater
     Quiroga recht viel zu erzählen haben;
     Er will dafür uns auch viel Ablaß geben.
 
Vierter Bedienter
 
     Ich mach mir an des Illo seinem Stuhl
     Deswegen auch zu tun, soviel ich kann,
     Der führt dir gar verwundersame Reden.
 

(Gehen zu den Tafeln.)

Kellermeister. (zu Neumann)
 
     Wer mag der schwarze Herr sein mit dem Kreuz,
     Der mit Graf Palffy so vertraulich schwatzt?
 
Neumann
 
     Das ist auch einer, dem sie zu viel trauen,
     Maradas nennt er sich, ein Spanier.
 
Kellermeister
 
     's ist nichts mit den Hispaniern, sag ich Euch,
     Die Welschen alle taugen nichts.
 
Neumann
 
     Ei! Ei!
     So solltet Ihr nicht sprechen, Kellermeister.
     Es sind die ersten Generale drunter,
     Auf die der Herzog just am meisten hält.
 

(Terzky kommt und holt das Papier ab, an den Tafeln entsteht eine Bewegung.)

Kellermeister. (zu den Bedienten)
 
     Der Generalleutnant steht auf. Gebt acht!
     Sie machen Aufbruch. Fort und rückt die Sessel.
 

(Die Bedienten eilen nach hinten, ein Teil der Gäste kommt vorwärts.)

Sechster Auftritt

Octavio Piccolomini kommt im Gespräch mit Maradas, und beide stellen sich ganz vorne hin auf eine Seite des Proszeniums. Auf die entgegengesetzte Seite tritt Max Piccolomini, allein, in sich gekehrt und ohne Anteil an der übrigen Handlung. Den mittlern Raum zwischen beiden, doch einige Schritte mehr zurück, erfüllen Buttler, Isolani, Götz, Tiefenbach, Colalto und bald darauf Graf Terzky.

 
Isolani. (während daß die Gesellschaft vorwärts kommt)
 
     Gut' Nacht! – Gut' Nacht, Colalto – Generalleutnant,
     Gut' Nacht! Ich sagte besser, guten Morgen.
 
Götz. (zu Tiefenbach)
 
     Herr Bruder! Prosit Mahlzeit!
 
Tiefenbach
 
     Das war ein königliches Mahl!
 
Götz
 
     Ja, die Frau Gräfin
     Versteht's. Sie lernt' es ihrer Schwieger ab,
     Gott hab' sie selig! Das war eine Hausfrau!
 
Isolani. (will weggehen)
 
     Lichter! Lichter!
 
Terzky. (kommt mit der Schrift zu Isolani)
 
     Herr Bruder! Zwei Minuten noch. Hier ist
     Noch was zu unterschreiben.
 
Isolani
 
     Unterschreiben,
     Soviel Ihr wollt! Verschont mich nur mit Lesen.
 
Terzky
 
     Ich will Euch nicht bemühn. Es ist der Eid,
     Den Ihr schon kennt. Nur einige Federstriche.
 

(Wie Isolani die Schrift dem Octavio hinreicht.)

 
Wie's kommt! Wen's eben trifft! Es ist kein Rang hier.
 

(Octavio durchläuft die Schrift mit anscheinender Gleichgültigkeit. Terzky beobachtet ihn von weitem.)

Götz. (zu Terzky)
 
     Herr Graf! Erlaubt mir, daß ich mich empfehle.
 
Terzky
 
     Eilt doch nicht so – Noch einen Schlaftrunk – He!
 

(Zu den Bedienten.)

Götz
 
     Bin's nicht im Stand.
 
Terzky
 
     Ein Spielchen.
 
Götz
 
     Excusiert mich!
 
Tiefenbach. (setzt sich)
 
     Vergebt, ihr Herrn. Das Stehen wird mir sauer.
 
Terzky
 
     Macht's Euch bequem, Herr Generalfeldzeugmeister!
 
Tiefenbach
 
     Das Haupt ist frisch, der Magen ist gesund,
     Die Beine wollen aber nicht mehr tragen.
 
Isolani. (auf seine Korpulenz zeigend)
 
     Ihr habt die Last auch gar zu groß gemacht.
 

(Octavio hat unterschrieben und reicht Terzky die Schrift, der sie dem Isolani gibt. Dieser geht an den Tisch, zu unterschreiben.)

Tiefenbach
 
     Der Krieg in Pommern hat mir's zugezogen,
     Da mußten wir heraus in Schnee und Eis,
     Das werd ich wohl mein Lebtag nicht verwinden.
 
Götz
 
     Jawohl! Der Schwed' frug nach der Jahreszeit nichts.
 

(Terzky reicht das Papier an Don Maradas; dieser geht an den Tisch, zu unterschreiben.)

Octavio. (nähert sich Buttlern)
 
     Ihr liebt die Bacchusfeste auch nicht sehr,
     Herr Oberster! Ich hab es wohl bemerkt,
     Und würdet, deucht mir, besser Euch gefallen
     Im Toben einer Schlacht als eines Schmauses.
 
Buttler
 
     Ich muß gestehen, es ist nicht in meiner Art.
 
Octavio. (zutraulich näher tretend)
 
     Auch nicht in meiner, kann ich Euch versichern,
     Und mich erfreut's, sehr würd'ger Oberst Buttler,
     Daß wir uns in der Denkart so begegnen.
     Ein halbes Dutzend guter Freunde höchstens
     Um einen kleinen, runden Tisch, ein Gläschen
     Tokaierwein, ein offnes Herz dabei
     Und ein vernünftiges Gespräch – so lieb ich's!
 
Buttler
 
     Ja, wenn man's haben kann, ich halt es mit.
 

(Das Papier kommt an Buttlern, der an den Tisch geht, zu unterschreiben. Das Proszenium wird leer, so daß beide Piccolomini, jeder auf seiner Seite, allein stehen bleiben.)

Octavio. (nachdem er seinen Sohn eine Zeitlang aus der Ferne stillschweigend betrachtet, nähert sich ihm ein wenig)
 
     Du bist sehr lange ausgeblieben, Freund.
 
Max. (wendet sich schnell um, verlegen)
 
     Ich – dringende Geschäfte hielten mich.
 
Octavio
 
     Doch, wie ich sehe, bist du noch nicht hier?
 
Max
 
     Du weißt, daß groß Gewühl mich immer still macht.
 
Octavio. (rückt ihm noch näher)
 
     Ich darf nicht wissen, was so lang dich aufhielt?
 

(Listig.)

 
– Und Terzky weiß es doch.
 
Max
 
     Was weiß der Terzky?
 
Octavio. (bedeutend)
 
     Er war der einz'ge, der dich nicht vermißte.
 
Isolani. (der von weitem achtgegeben, tritt dazu.)
 
     Recht, alter Vater! Fall ihm ins Gepäck!
     Schlag die Quartier' ihm auf! Es ist nicht richtig.
 
Terzky. (kommt mit der Schrift)
 
     Fehlt keiner mehr? Hat alles unterschrieben?
 
Octavio
 
     Es haben's alle.
 
Terzky. (rufend)
 
     Nun! Wer unterschreibt noch?
 
Buttler. (zu Terzky)
 
     Zähl nach! Just dreißig Namen müssen's sein.
 
Terzky
 
     Ein Kreuz steht hier.
 
Tiefenbach
 
     Das Kreuz bin ich.
 
Isolani. (zu Terzky)
 
     Er kann nicht schreiben, doch sein Kreuz ist gut
     Und wird ihm honoriert von Jud und Christ.
 
Octavio. (pressiert zu Max)
 
     Gehn wir zusammen, Oberst. Es wird spät.
 
Terzky
 
     Ein Piccolomini ist nur aufgeschrieben.
 
Isolani. (auf Max zeigend)
 
     Gebt acht! Es fehlt an diesem steinernen Gast,
     Der uns den ganzen Abend nichts getaugt.
 

(Max empfängt aus Terzkys Händen das Blatt, in welches er

 
     gedankenlos hineinsieht.)
 

Siebenter Auftritt

Die Vorigen. Illo kommt aus dem hintern Zimmer, er hat den goldnen Pokal in der Hand und ist sehr erhitzt, ihm folgen Götz und Buttler, die ihn zurückhalten wollen.

Illo
 
     Was wollt ihr? Laßt mich.
 
Götz und Buttler
 
     Illo! Trinkt nicht mehr.
 
Illo. (geht auf den Octavio zu und umarmt ihn, trinkend)
 
     Octavio! Das bring ich dir! Ersäuft
     Sei aller Groll in diesem Bundestrunk!
     Weiß wohl, du hast mich nie geliebt – Gott straf' mich,
     Und ich dich auch nicht! Laß Vergangenes
     Vergessen sein! Ich schätze dich unendlich,
 

(ihn zu wiederholten Malen küssend)

 
     Ich bin dein bester Freund, und, daß ihr's wißt!
     Wer mir ihn eine falsche Katze schilt,
     Der hat's mit mir zu tun.
 
Terzky. (beiseite)
 
     Bist du bei Sinnen?
     Bedenk doch, Illo, wo du bist!
 
Illo. (treuherzig)
 
     Was wollt Ihr? Es sind lauter gute Freunde.
 

(Sich mit vergnügtem Gesicht im ganzen Kreise umsehend.)

 
Es ist kein Schelm hier unter uns, das freut mich.
 
Terzky. (zu Buttler, dringend)
 
     Nehmt ihn doch mit Euch fort! Ich bitt Euch, Buttler.
 

(Buttler führt ihn an den Schenktisch.)

Isolani. (zu Max, der bisher unverwandt, aber gedankenlos in das Papier gesehen)
 
     Wird's bald, Herr Bruder? Hat Er's durchstudiert?
 
Max. (wie aus einem Traum erwachend)
 
     Was soll ich?
 
Terzky und Isolani. (zugleich)
 
     Seinen Namen drunter setzen.
 

(Man sieht den Octavio ängstlich gespannt den Blick auf ihn richten.)

Max. (gibt es zurück)
 
     Laßt's ruhn bis morgen. Es ist ein Geschäft,
     Hab heute keine Fassung. Schickt mir's morgen.
 
Terzky
 
     Bedenk' Er doch —
 
Isolani
 
     Frisch! Unterschrieben! Was!
     Er ist der jüngste von der ganzen Tafel,
     Wird ja allein nicht klüger wollen sein
     Als wir zusammen? Seh' Er her! Der Vater
     Hat auch, wir haben alle unterschrieben.
 
Terzky. (zum Octavio)
 
     Braucht Euer Ansehn doch. Bedeutet ihn.
 
Octavio
 
     Mein Sohn ist mündig.
 
Illo. (hat den Pokal auf den Schenktisch gesetzt)
 
     Wovon ist die Rede?
 
Terzky
 
     Er weigert sich, das Blatt zu unterschreiben.
 
Max
 
     Es wird bis morgen ruhen können, sag ich.
 
Illo
 
     Es kann nicht ruhn. Wir unterschrieben alle,
     Und du mußt auch, du mußt dich unterschreiben.
 
Max
 
     Illo, schlaf wohl.
 
Illo
 
     Nein! So entkömmst du nicht!
     Der Fürst soll seine Freunde kennenlernen.
 

(Es sammeln sich alle Gäste um die beiden.)

 
Max
 
     Wie ich für ihn gesinnt bin, weiß der Fürst,
     Es wissen's alle, und der Fratzen braucht's nicht.
 
Illo
 
     Das ist der Dank, das hat der Fürst davon,
     Daß er die Welschen immer vorgezogen!
 
Terzky. (in höchster Verlegenheit zu den Kommandeurs, die einen Auflauf machen)
 
     Der Wein spricht aus ihm! Hört ihn nicht, ich bitt euch.
 
Isolani. (lacht)
 
     Der Wein erfindet nichts, er schwatzt's nur aus.
 
Illo
 
     Wer nicht ist mit mir, der ist wider mich.
     Die zärtlichen Gewissen! Wenn sie nicht
     Durch eine Hintertür, durch eine Klausel —
 
Terzky. (fällt schnell ein)
 
     Er ist ganz rasend, gebt nicht acht auf ihn.
 
Illo. (lauter schreiend)
 
     Durch eine Klausel sich salvieren können.
     Was Klausel? Hol' der Teufel diese Klausel —
 
Max. (wird aufmerksam und sieht wieder in die Schrift)
 
     Was ist denn hier so hoch Gefährliches?
     Ihr macht mir Neugier, näher hinzuschaun.
 
Terzky. (beiseite zu Illo)
 
     Was machst du, Illo? Du verderbest uns!
 
Tiefenbach. (zu Colalto)
 
     Ich merkt' es wohl, vor Tische las man's anders.
 
Götz
 
     Es kam mir auch so vor.
 
Isolani
 
     Was ficht das mich an?
     Wo andre Namen, kann auch meiner stehn.
 
Tiefenbach
 
     Vor Tisch war ein gewisser Vorbehalt
     Und eine Klausel drin von Kaisers Dienst.
 
Buttler. (zu einem der Kommandeurs)
 
     Schämt euch, ihr Herrn! Bedenkt, worauf es ankommt.
     Die Frag' ist jetzt, ob wir den General
     Behalten sollen oder ziehen lassen?
     Man kann's so scharf nicht nehmen und genau.
 
Isolani. (zu einem der Generale)
 
     Hat sich der Fürst auch so verklausuliert,
     Als er dein Regiment dir zugeteilt?
 
Terzky. (zu Götz)
 
     Und Euch die Lieferungen, die an tausend
     Pistolen Euch in einem Jahre tragen?
 
Illo
 
     Spitzbuben selbst, die uns zu Schelmen machen!
     Wer nicht zufrieden ist, der sag's! Da bin ich!
 
Tiefenbach
 
     Nun! Nun! Man spricht ja nur.
 
Max. (hat gelesen und gibt das Papier zurück)
 
     Bis morgen also!
 
Illo. (vor Wut stammelnd und seiner nicht mehr mächtig,
 
     hält ihm mit der einen Hand die Schrift, mit der andern
     den Degen vor)
     Schreib – Judas!
 
Isolani
 
     Pfui, Illo!
 

Octavio, Terzky, Buttler. (zugleich)

 
     Degen weg!
 
Max. (ist ihm rasch in den Arm gefallen und hat ihn entwaffnet, zu Graf Terzky)
 
     Bring ihn zu Bette!
 

(Er geht ab. Illo, fluchend und scheltend, wird von einigen Kommandeurs gehalten, unter allgemeinem Aufbruch fällt der Vorhang.)

Fünfter Aufzug

Szene: Ein Zimmer in Piccolominis Wohnung. Es ist Nacht.

Erster Auftritt

Octavio Píccolomini. Kammerdiener leuchtet. Gleich darauf Max Piccolomini.

Octavio
 
     Sobald mein Sohn herein ist, weiset ihn
     Zu mir – Was ist die Glocke?
 
Kammerdiener
 
     Gleich ist's Morgen.
 
Octavio
 
     Setzt Euer Licht hieher – Wie legen uns
     Nicht mehr zu Bette, Ihr könnt schlafen gehn.
 

(Kammerdiener ab. Octavio geht nachdenkend durchs Zimmer. Max

 
     Piccolomini tritt auf, nicht gleich von ihm bemerkt, und sieht
     ihm einige Augenblicke schweigend zu.)
 
Max
 
     Bist du mir bös, Octavio? Weiß Gott,
     Ich bin nicht schuld an dem verhaßten Streit.
     – Ich sah wohl, du hattest unterschrieben;
     Was du gebilliget, das konnte mir
     Auch recht sein – doch es war – du weißt – ich kann
     In solchen Sachen nur dem eignen Licht,
     Nicht fremdem folgen.
 
Octavio. (geht auf ihn zu und umarmt ihm)
 
     Folg ihm ferner auch,
     Mein bester Sohn! Es hat dich treuer jetzt
     Geleitet als das Beispiel deines Vaters.
 
Max
 
     Erklär dich deutlicher.
 
Octavio
 
     Ich werd es tun.
     Nach dem, was diese Nacht geschehen ist,
     Darf kein Geheimnis bleiben zwischen uns.
 

(Nachdem beide sich niedergesetzt.)

 
Max, sage mir, was denkst du von dem Eid,
     Den man zur Unterschrift uns vorgelegt?
 
Max
 
     Für etwas Unverfänglich's halt ich ihn,
     Obgleich ich dieses Förmliche nicht liebe.
 
Octavio
 
     Du hättest dich aus keinem andern Grunde
     Der abgedrungnen Unterschrift geweigert?
 
Max
 
     Es war ein ernst Geschäft – ich war zerstreut —
     Die Sache selbst erschien mir nicht so dringend —
 
Octavio
 
     Sei offen, Max. Du hattest keinen Argwohn —
 
Max
 
     Worüber Argwohn? Nicht den mindesten.
 
Octavio
 
     Dank's deinem Engel, Piccolomini!
     Unwissend zog er dich zurück vom Abgrund.
 
Max
 
     Ich weiß nicht, was du meinst.
 
Octavio
 
     Ich will dir's sagen:
     Zu einem Schelmenstück solltest du den Namen
     Hergeben, deinen Pflichten, deinem Eid
     Mit einem einz'gen Federstrich entsagen.
 
Max. (steht auf)
 
     Octavio!
 
Octavio
 
     Bleib sitzen. Viel noch hast du
     Von mir zu hören, Freund, hast jahrelang
     Gelebt in unbegreiflicher Verblendung.
     Das schwärzeste Komplott entspinnet sich
     Vor deinen Augen, eine Macht der Hölle
     Umnebelt deiner Sinne hellen Tag —
     Ich darf nicht länger schweigen, muß die Binde
     Von deinen Augen nehmen.
 
Max
 
     Eh' du sprichst,
     Bedenk es wohl! Wenn von Vermutungen
     Die Rede sein soll – und ich fürchte fast,
     Es ist nichts weiter – Spare sie! Ich bin
     Jetzt nicht gefaßt, sie ruhig zu vernehmen.
 
Octavio
 
     So ernsten Grund du hast, dies Licht zu fliehn,
     So dringendern hab ich, daß ich dir's gebe.
     Ich konnte dich der Unschuld deines Herzens,
     Dem eignen Urteil ruhig anvertraun,
     Doch deinem Herzen selbst seh ich das Netz
     Verderblich jetzt bereiten – Das Geheimnis,
 

(ihn scharf mit den Augen fixierend)

 
     Das du vor mir verbirgst, entreißt mir meines.
 
Max. (versucht zu antworten, stockt aber und schlägt den Blick verlegen zu Boden)
Octavio. (nach einer Pause)
 
     So wisse denn! Man hintergeht dich – spielt
     Aufs schändlichste mit dir und mit uns allen.
     Der Herzog stellt sich an, als wollt' er die
     Armee verlassen; und in dieser Stunde
     Wird's eingeleitet, die Armee dem Kaiser
     – Zu stehlen und dem Feinde zuzuführen!
 
Max
 
     Das Pfaffenmärchen kenn ich, aber nicht
     Aus deinem Mund erwartet' ich's zu hören.
 
Octavio
 
     Der Mund, aus dem du's gegenwärtig hörst,
     Verbürget dir, es sei kein Pfaffenmärchen.
 
Max
 
     Zu welchem Rasenden macht man den Herzog!
     Er könnte daran denken, dreißigtausend
     Geprüfter Truppen, ehrlicher Soldaten,
     Worunter mehr denn tausend Edelleute,
     Von Eid und Pflicht und Ehre wegzulocken,
     Zu einer Schurkentat sie zu vereinen?
 
Octavio
 
     So was nichtswürdig Schändliches begehrt
     Er keinesweges – Was er von uns will,
     Führt einen weit unschuldigeren Namen.
     Nichts will er, als dem Reich den Frieden schenken;
     Und weil der Kaiser diesen Frieden haßt,
     So will er ihn – er will ihn dazu zwingen!
     Zufriedenstellen will er alle Teile
     Und zum Ersatz für seine Mühe Böhmen,
     Das er schon innehat, für sich behalten.
 
Max
 
     Hat er's um uns verdient, Octavio,
     Daß wir – wir so unwürdig von ihm denken?
 
Octavio
 
     Von unserm Denken ist hier nicht die Rede.
     Die Sache spricht, die kläresten Beweise.
     Mein Sohn! Dir ist nicht unbekannt, wie schlimm
     Wir mit dem Hofe stehn – doch von den Ränken,
     Den Lügenkünsten hast du keine Ahnung,
     Die man in Übung setzte, Meuterei
     Im Lager auszusäen. Aufgelöst
     Sind alle Bande, die den Offizier
     An seinen Kaiser fesseln, den Soldaten
     Vertraulich binden an das Bürgerleben.
     Pflicht – und gesetzlos steht er gegenüber
     Dem Staat gelagert, den er schützen soll,
     Und drohet, gegen ihn das Schwert zu kehren.
     Es ist so weit gekommen, daß der Kaiser
     In diesem Augenblick vor seinen eignen
     Armeen zittert – der Verräter Dolche
     In seiner Hauptstadt fürchtet – seiner Burg;
     Ja im Begriffe steht, die zarten Enkel
     Nicht vor den Schweden, vor den Lutheranern
     – Nein! vor den eignen Truppen wegzuflüchten.
 
Max
 
     Hör auf! Du ängstigest, erschütterst mich.
     Ich weiß, daß man vor leeren Schrecken zittert;
     Doch wahres Unglück bringt der falsche Wahn.
 
Octavio
 
     Es ist keinWahn. Der bürgerliche Krieg
     Entbrennt, der unnatürlichste von allen,
     Wenn wir nicht, schleunig rettend, ihm begegnen.
     Der Obersten sind viele längst erkauft,
     Der Subalternen Treue wankt; es wanken
     Schon ganze Regimenter, Garnisonen.
     Ausländern sind die Festungen vertraut,
     Dem Schafgotsch, dem verdächtigen, hat man
     Die ganze Mannschaft Schlesiens, dem Terzky
     Fünf Regimenter, Reiterei und Fußvolk,
     Dem Illo, Kinsky, Buttler, Isolan
     Die bestmontierten Truppen übergeben.
 
Max
 
     Uns beiden auch.
 
Octavio
 
     Weil man uns glaubt zu haben,
     Zu locken meint durch glänzende Versprechen.
     So teilt er mir die Fürstentümer Glatz
     Und Sagan zu, und wohl seh ich den Angel,
     Womit man dich zu fangen denkt.
 
Max
 
     Nein! Nein!
     Nein, sag ich dir!
 
Octavio
 
     Oh! öffne doch die Augen!
     Weswegen, glaubst du, daß man uns nach Pilsen
     Beorderte? Um mit uns Rat zu pflegen?
     Wann hätte Friedland unsers Rats bedurft?
     Wir sind berufen, uns ihm zu verkaufen,
     Und weigern wir uns – Geisel ihm zu bleiben.
     Deswegen ist Graf Gallas weggeblieben —
     Auch deinen Vater sähest du nicht hier,
     Wenn höhre Pflicht ihn nicht gefesselt hielt.
 
Max
 
     Er hat es keinen Hehl, daß wir um seinetwillen
     Hieher berufen sind – gestehet ein,
     Er brauche unsers Arms, sich zu erhalten.
     Er tat so viel für uns, und so ist's Pflicht,
     Daß wir jetzt auch für ihn was tun!
 
Octavio
 
     Und weißt du,
     Was dieses ist, das wir für ihn tun sollen?
     Des Illo trunkner Mut hat dir's verraten.
     Besinn dich doch, was du gehört, gesehn.
     Zeugt das vefälschte Blatt, die weggelaßne,
     So ganz entscheidungsvolle Klausel nicht,
     Man wollte zu nichts Gutem uns verbinden?
 
Max
 
     Was mit dem Blatte diese Nacht geschehn,
     Ist mir nichts weiter als ein schlechter Streich
     Von diesem Illo. Dies Geschlecht von Mäklern
     Pflegt alles auf die Spitze gleich zu stellen.
     Sie sehen, daß der Herzog mit dem Hof
     Zerfallen ist, vermeinen ihm zu dienen,
     Wenn sie den Bruch unheilbar nur erweitern.
     Der Herzog, glaub mir, weiß von all dem nichts.
 
Octavio
 
     Es schmerzt mich, deinen Glauben an den Mann,
     Der dir so wohlgegründet scheint, zu stürzen.
     Doch hier darf keine Schonung sein – du mußt
     Maßregeln nehmen, schleunige, mußt handeln.
     – Ich will dir also nur gestehn – daß alles,
     Was ich dir jetzt vertraut, was so unglaublich
     Dir scheint, daß – daß ich es aus seinem eignen,
     – Des Fürsten Munde habe.
 
Max. (in heftiger Bewegung)
 
     Nimmermehr!
 
Octavio
 
     Er selbst vertraute mir – was ich zwar längst
     Auf anderm Weg schon in Erfahrung brachte:
     Daß er zum Schweden wolle übergehn
     Und an der Spitze des verbundnen Heers
     Den Kaiser zwingen wolle —
 
Max
 
     Er ist heftig,
     Es hat der Hof empfindlich ihn beleidigt;
     In einem Augenblick des Unmuts, sei's!
     Mag er sich leicht einmal vergessen haben.
 
Octavio
 
     Bei kaltem Blute war er, als er mir
     Dies eingestand; und weil er mein Erstaunen
     Als Furcht auslegte, wies er im Vertraun
     Mir Briefe vor, der Schweden und der Sachsen,
     Die zu bestimmter Hilfe Hoffnung geben.
 
Max
 
     Es kann nicht sein! kann nicht sein! kann nicht sein!
     Siehst du, daß es nicht kann! Du hättest ihm
     Notwendig deinen Abscheu ja gezeigt,
     Er hätt' sich weisen lassen, oder du
     – Du stündest nicht mehr lebend mir zur Seite!
 
Octavio
 
     Wohl hab ich mein Bedenken ihm geäußert,
     Hab dringend, hab mit Ernst ihn abgemahnt;
     – Doch meinen Abscheu, meine innerste
     Gesinnung hab ich tief versteckt.
 
Max
 
     Du wärst
     So falsch gewesen? Das sieht meinem Vater
     Nicht gleich! Ich glaubte deinen Worten nicht,
     Da du von ihm mir Böses sagtest; kann's
     Noch wen'ger jetzt, da du dich selbst verleumdest.
 
Octavio
 
     Ich drängte mich nicht selbst in sein Geheimnis.
 
Max
 
     Aufrichtigkeit verdiente sein Vertraun.
 
Octavio
 
     Nicht würdig war er meiner Wahrheit mehr.
 
Max
 
     Noch minder würdig deiner war Betrug.
 
Octavio
 
     Mein bester Sohn! Es ist nicht immer möglich,
     Im Leben sich so kinderrein zu halten,
     Wie's uns die Stimme lehrt im Innersten.
     In steter Notwehr gegen arge List
     Bleibt auch das redliche Gemüt nicht wahr —
     Das eben ist der Fluch der bösen Tat,
     Daß sie, fortzeugend, immer Böses muß gebären.
     Ich klügle nicht, ich tue meine Pflicht,
     Der Kaiser schreibt mir mein Betragen vor.
     Wohl wär' es besser, überall dem Herzen
     Zu folgen, doch darüber würde man
     Sich manchen guten Zweck versagen müssen.
     Hier gilt's, mein Sohn, dem Kaiser wohl zu dienen,
     Das Herz mag dazu sprechen, was es will.
 
Max
 
     Ich soll dich heut nicht fassen, nicht verstehn.
     Der Fürst, sagst du, entdeckte redlich dir sein Herz
     Zu einem bösen Zweck, und du willst ihn
     Zu einem guten Zweck betrogen haben!
     Hör auf! ich bitte dich – du raubst den Freund
     Mir nicht – Laß mich den Vater nicht verlieren!
 
Octavio. (unterdrückt seine Empfindlichkeit)
 
     Noch weißt du alles nicht, mein Sohn. Ich habe
     Dir noch was zu eröffnen.
 

(Nach einer Pause.)

 
     Herzog Friedland
     Hat seine Zurüstung gemacht. Er traut
     Auf seine Sterne. Unbereitet denkt er uns
     Zu überfallen – mit der sichern Hand
     Meint er den goldnen Zirkel schon zu fassen.
     Er irret sich – Wir haben auch gehandelt.
     Er faßt sein bös geheimnisvolles Schicksal.
 
Max
 
     Nichts Rasches, Vater! Oh! bei allem Guten
     Laß dich beschwören. Keine Übereilung!
 
Octavio
 
     Mit leisen Tritten schlich er seinen bösen Weg,
     So leis und schlau ist ihm die Rache nachgeschlichen.
     Schon steht sie ungesehen, finster hinter ihm,
     Ein Schritt nur noch, und schaudernd rühret er sie an.
     – Du hast den Questenberg bei mir gesehn;
     Noch kennst du nur sein öffentlich Geschäft —
     Auch ein geheimes hat er mitgebracht,
     Das bloß für mich war.
 
Max
 
     Darf ich's wissen?
 
Octavio
 
     Max!
     – Des Reiches Wohlfahrt leg ich mit dem Worte,
     Des Vaters Leben dir in deine Hand.
     Der Wallenstein ist deinem Herzen teuer,
     Ein starkes Band der Liebe, der Verehrung
     Knüpft seit der frühen Jugend dich an ihn —
     Du nährst den Wunsch – Oh! laß mich immerhin
     Vorgreifen deinem zögernden Vertrauen —
     Die Hoffnung nährst du, ihm viel näher noch
     Anzugehören.
 
Max
 
     Vater —
 
Octavio
 
     Deinem Herzen trau ich,
     Doch, bin ich deiner Fassung auch gewiß?
     Wirst du's vermögen, ruhigen Gesichts
     Vor diesen Mann zu treten, wenn ich dir
     Sein ganz Geschick nun anvertrauet habe?
 
Max
 
     Nachdem du seine Schuld mir anvertraut!
 
Octavio. (nimmt ein Papier aus der Schatulle und reicht es ihm hin)
Max
 
     Was? Wie? Ein offner kaiserlicher Brief.
 
Octavio
 
     Lies ihn.
 
Max. (nachdem er einen Blick hineingeworfen)
 
     Der Fürst verurteilt und geächtet!
 
Octavio
 
     So ist's.
 
Max
 
     Oh! das geht weit! O unglücksvoller Irrtum!
 
Octavio
 
     Lies weiter! Faß dich!
 
Max. (nachdem er weitergelesen, mit einem Blick des Erstaunens auf seinen Vater)
 
     Wie? Was? Du? Du bist —
 
Octavio
 
     Bloß für den Augenblick – und bis der König
     Von Ungarn bei dem Heer erscheinen kann,
     Ist das Kommando mir gegeben —
 
Max
 
     Und glaubst du, daß du's ihm entreißen werdest?
     Das denke ja nicht – Vater! Vater! Vater!
     Ein unglückselig Amt ist dir geworden.
     Dies Blatt hier – dieses! willst du geltendmachen?
     Den Mächtigen in seines Heeres Mitte,
     Umringt von seinen Tausenden, entwaffnen?
     Du bist verloren – Du, wir alle sind's!
 
Octavio
 
     Was ich dabei zu wagen habe, weiß ich.
     Ich stehe in der Allmacht Hand; sie wird
     Das fromme Kaiserhaus mit ihrem Schilde
     Bedecken und das Werk der Nacht zertrümmern.
     Der Kaiser hat noch treue Diener, auch im Lager
     Gibt es der braven Männer gnug, die sich
     Zur guten Sache munter schlagen werden.
     Die Treuen sind gewarnt, bewacht die andern,
     Den ersten Schritt erwart ich nur, sogleich —
 
Max
 
     Auf den Verdacht hin willst du rasch gleich handeln?
 
Octavio
 
     Fern sei vom Kaiser die Tyrannenweise!
     Den Willen nicht, die Tat nur will er strafen.
     Noch hat der Fürst sein Schicksal in der Hand —
     Er lasse das Verbrechen unvollführt,
     So wird man ihn still vom Kommando nehmen,
     Er wird dem Sohne seines Kaisers weichen.
     Ein ehrenvoll Exil auf seine Schlösser
     Wird Wohltat mehr als Strafe für ihn sein.
     Jedoch der erste offenbare Schritt —
 
Max
 
     Was nennst du einen solchen Schritt? Er wird
     Nie einen bösen tun. – Du aber könntest
     (Du hast's getan) den frömmsten auch mißdeuten.
 
Octavio
 
     Wie strafbar auch des Fürsten Zwecke waren,
     Die Schritte, die er öffentlich getan,
     Verstatteten noch eine milde Deutung.
     Nicht eher denk ich dieses Blatt zu brauchen,
     Bis eine Tat getan ist, die unwidersprechlich
     Der Hochverrat bezeugt und ihn verdammt.
 
Max
 
     Und wer soll Richter drüber sein?
 
Octavio
 
     Du selbst.
 
Max
 
     Oh! dann bedarf es dieses Blattes nie!
     Ich hab dein Wort, du wirst nicht eher handeln,
     Bevor du mich – mich selber überzeugt.
 
Octavio
 
     Ist's möglich? Noch – nach allem, was du weißt,
     Kannst du an seine Unschuld glauben?
 
Max. (lebhaft)
 
     Dein Urteil kann sich irren, nicht mein Herz.
 

(Gemäßigter fortfahrend.)

 
     Der Geist ist nicht zu fassen wie ein andrer.
     Wie er sein Schicksal an die Sterne knüpft,
     So gleicht er ihnen auch in wunderbarer,
     Geheimer, ewig unbegriffner Bahn.
     Glaub mir, man tut ihm Unrecht. Alles wird
     Sich lösen. Glänzend werden wir den Reinen
     Aus diesem schwarzen Argwohn treten sehn.
 
Octavio
 
     Ich will's erwarten.