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Die Piccolomini

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Vierter Auftritt

Max Piccolomini und bald darauf Graf Terzky zu den Vorigen.

Gräfin
 
     Da kommt der Paladin, der uns beschützte.
 
Wallenstein
 
     Sei mir willkommen, Max. Stets warst du mir
     Der Bringer irgendeiner schönen Freude,
     Und, wie das glückliche Gestirn des Morgens,
     Führst du die Lebenssonne mir herauf.
 
Max
 
     Mein General —
 
Wallenstein
 
     Bis jetzt war es der Kaiser,
     Der dich durch meine Hand belohnt. Heut hast du
     Den Vater dir, den glücklichen, verpflichtet,
     Und diese Schuld muß Friedland selbst bezahlen.
 
Max
 
     Mein Fürst! Du eiltest sehr, sie abzutragen.
     Ich komme mit Beschämung, ja mit Schmerz;
     Denn kaum bin ich hier angelangt, hab Mutter
     Und Tochter deinen Armen überliefert,
     So wird aus deinem Marstall, reich geschirrt,
     Ein prächt'ger Jagdzug mir von dir gebracht,
     Für die gehabte Müh' mich abzulohnen.
     Ja, ja, mich abzulohnen. Eine Müh',
     Ein Amt bloß war's! Nicht eine Gunst, für die
     Ich's vorschnell nahm und dir schon volles Herzens
     Zu danken kam – Nein, so war's nicht gemeint,
     Daß mein Geschäft mein schönstes Glück sein sollte!
 

(Terzky tritt herein und übergibt dem Herzog Briefe, welche dieser schnell erbricht.)

Gräfin. (zu Max)
 
     Belohnt er Ihre Mühe? Seine Freude
     Vergilt er Ihnen. Ihnen steht es an,
     So zart zu denken; meinem Schwager ziemt's,
     Sich immer groß und fürstlich zu beweisen.
 
Thekla
 
     So müßt' auch ich an seiner Liebe zweifeln,
     Denn seine gütigen Hände schmückten mich,
     Noch eh' das Herz des Vaters mir gesprochen.
 
Max
 
     Ja, er muß immer geben und beglücken!
 

(er ergreift der Herzogin Hand, mit steigender Wärme.)

 
     Was dank ich ihm nicht alles – oh! was sprech ich
     Nicht alles aus in diesem teuren Namen Friedland!
     Zeitlebens soll ich ein Gefangner sein
     Von diesem Namen – darin blühen soll
     Mir jedes Glück und jede schöne Hoffnung —
     Fest, wie in einem Zauberringe, hält
     Das Schicksal mich gebannt in diesem Namen.
 
Gräfin. (welche unterdessen den Herzog sorgfältig beobachtet, bemerkt, daß er bei den Briefen nachdenkend geworden)
 
     Der Bruder will allein sein. Laßt uns gehen.
 
Wallenstein. (wendet sich schnell um, faßt sich und spricht heiter zur Herzogin.)
 
     Noch einmal, Fürstin, heiß ich Sie im Feld willkommen.
     Sie sind die Wirtin dieses Hofs – Du, Max,
     Wirst diesmal noch dein altes Amt verwalten,
     Indes wir hier des Herrn Geschäfte treiben.
 

(Max Piccolomini bietet der Herzogin den Arm, Gräfin führt die

 
     Prinzessin ab.)
 
Terzky. (ihm nachrufend)
 
     Versäumt nicht, der Versammlung beizuwohnen.
 

Fünfter Auftritt

Wallenstein. Terzky.

Wallenstein. (in tiefem Nachdenken zu sich selbst)
 
     Sie hat ganz recht gesehn – So ist's und stimmt
     Vollkommen zu den übrigen Berichten —
     Sie haben ihren letzten Schluß gefaßt
     In Wien, mir den Nachfolger schon gegeben.
     Der Ungarn König ist's, der Ferdinand,
     Des Kaisers Söhnlein, der ist jetzt ihr Heiland,
     Das neu aufgehende Gestirn! Mit uns
     Gedenkt man fertig schon zu sein, und wie
     Ein Abgeschiedner sind wir schon beerbet.
     Drum keine Zeit verloren!
 

(Indem er sich umwendet, bermerkt er den Terzky und gibt ihm einen Brief.)

 
Graf Altringer läßt sich entschuldigen,
     Auch Gallas – Das gefällt mir nicht.
 
Terzky
 
     Und wenn du
     Noch länger säumst, bricht einer nach dem andern.
 
Wallenstein
 
     Der Altringer hat die Tiroler Pässe,
     Ich muß ihm einen schicken, daß er mir
     Die Spanier aus Mailand nicht hereinläßt.
     – Nun! der Sesin, der alte Unterhändler,
     Hat sich ja kürzlich wieder blicken lassen.
     Was bringt er uns vom Grafen Thurn?
 
Terzky
 
     Der Graf entbietet dir,
     Er hab' den schwed'schen Kanzler aufgesucht
     Zu Halberstadt, wo jetzo der Konvent ist:
     Der aber sagt' , er sei es müd und wolle
     Nichts weiter mehr mit dir zu schaffen haben.
 
Wallenstein
 
     Wieso?
 
Terzky
 
     Es sei dir nimmer Ernst mit deinen Reden,
     Du wollst die Schweden nur zum Narren haben,
     Dich mit den Sachsen gegen sie verbinden,
     Am Ende sie mit einem elenden Stück Geldes
Abfertigen.
 
Wallenstein
 
     So! Meint er wohl, ich soll ihm
     Ein schönes deutsches Land zum Raube geben,
     Daß wir zuletzt auf eignem Grund und Boden
     Selbst nicht mehr Herren sind? Sie müssen fort,
     Fort, fort! Wir brauchen keine solche Nachbarn.
 
Terzky
 
     Gönn ihnen doch das Fleckchen Land, geht's ja
     Nicht von dem deinen! Was bekümmert's dich,
     Wenn du das Spiel gewinnest, wer es zahlt.
 
Wallenstein
 
     Fort, fort mit ihnen – das verstehst du nicht.
     Es soll nicht von mir heißen, daß ich Deutschland
     Zerstücket hab', verraten an den Fremdling,
     Um meine Portion mir zu erschleichen.
     Mich soll das Reich als seinen Schirmer ehren,
     Reichsfürstlich mich erweisend, will ich würdig
     Mich bei des Reiches Fürsten niedersetzen.
     Es soll im Reiche keine fremde Macht
     Mir Wurzel fassen, und am wenigsten
     Die Goten sollen's, diese Hungerleider,
     Die nach dem Segen unsers deutschen Landes
     Mit Neidesblicken raubbegierig schauen.
     Beistehen sollen sie mir in meinen Planen
     Und dennoch nichts dabei zu fischen haben.
 
Terzky
 
     Doch mit den Sachsen willst du ehrlicher
     Verfahren? Sie verlieren die Geduld,
     Weil du so krumme Wege machst —
     Was sollen alle diese Masken? sprich!
     Die Freunde zweifeln, werden irr an dir —
     Der Oxenstirn, der Arnheim, keiner weiß,
     Was er von deinem Zögern halten soll.
     Am End' bin ich der Lügner, alles geht
     Durch mich. Ich hab nicht einmal deine Handschrift.
 
Wallenstein
 
     Ich geb nichts Schriftliches von mir, du weißt's.
 
Terzky
 
     Woran erkennt man aber deinen Ernst,
     Wenn auf das Wort die Tat nicht folgt? Sag selbst,
     Was du bisher verhandelt mit dem Feind,
     Hätt' alles auch recht gut geschehn sein können,
     Wenn du nichts mehr damit gewollt, als ihn
     Zum besten haben.
 
Wallenstein. (nach einer Pause, indem er ihn scharf ansieht)
 
     Und woher weißt du, daß ich ihn nicht wirklich
     Zum besten habe? Daß ich nicht euch alle
     Zum besten habe? Kennst du mich so gut?
     Ich wüßte nicht, daß ich mein Innerstes
     Dir aufgetan – Der Kaiser, es ist wahr,
     Hat übel mich behandelt! – Wenn ich wollte,
     Ich könnt' ihm recht viel Böses dafür tun.
     Es macht mir Freude, meine Macht zu kennen;
     Ob ich sie wirklich brauchen werde, davon, denk ich,
     Weißt du nicht mehr zu sagen als ein andrer.
 
Terzky
 
     So hast du stets dein Spiel mit uns getrieben!
 

Sechster Auftritt

Illo zu den Vorigen.

Wallenstein
 
     Wie steht es draußen? Sind sie vorbereitet?
 
Illo
 
     Du findest sie in der Stimmung, wie du wünschest.
     Sie wissen um des Kaisers Forderungen
     Und toben.
 
Wallenstein
 
     Wie erklärt sich Isolan?
 
Illo
 
     Der ist mit Leib und Seele dein, seitdem du
     Die Pharobank ihm wieder aufgerichtet.
 
Wallenstein
 
     Wie nimmt sich der Colalto? Hast du dich
     Des Deodat und Tiefenbach versichert?
 
Illo
 
     Was Piccolomini tut, das tun sie auch.
 
Wallenstein
 
     So, meinst du, kann ich was mit ihnen wagen?
 
Illo
 
     – Wenn du der Piccolomini gewiß bist.
 
Wallenstein
 
     Wie meiner selbst. Die lassen nie von mir.
 
Terzky
 
     Doch wollt' ich, daß du dem Octavio,
     Dem Fuchs, nicht so viel trautest.
 
Wallenstein
 
     Lehre du
     Mich meine Leute kennen. Sechzehnmal
     Bin ich zu Feld gezogen mit dem Alten,
     – Zudem – ich hab sein Horoskop gestellt,
     Wir sind geboren unter gleichen Sternen —
     Und kurz —
 

(geheimnisvoll)

 
 
     Es hat damit sein eigenes Bewenden.
     Wenn du mir also gutsagst für die andern —
 
Illo
 
     Es ist nur eine Stimme unter allen:
     Du dürf'st das Regiment nicht niederlegen.
     Sie werden an dich deputieren, hör ich.
 
Wallenstein
 
     Wenn ich mich gegen sie verpflichten soll,
     So müssen sie's auch gegen mich.
 
Illo
 
     Versteht sich.
 
Wallenstein
 
     Parole müssen sie mir geben, eidlich, schriftlich,
     Sich meinem Dienst zu weihen, unbedingt.
 
Illo
 
     Warum nicht?
 
Terzky
 
     Unbedingt? Des Kaisers Dienst,
     Die Pflichten gegen Östreich werden sie
     Sich immer vorbehalten.
 
Wallenstein. (den Kopf schüttelnd)
 
     Unbedingt
     Muß ich sie haben. Nichts von Vorbehalt!
 
Illo
 
     Ich habe einen Einfall – Gibt uns nicht
     Graf Terzky ein Bankett heut abend?
 
Terzky
 
     Ja,
     Und alle Generale sind geladen.
 
Illo. (zum Wallenstein)
 
     Sag! Willst du völlig freie Hand mir lassen?
     Ich schaffe dir das Wort der Generale,
     So wie du's wünschest.
 
Wallenstein
 
     Schaff mir ihre Handschrift.
     Wie du dazu gelangen magst, ist deine Sache.
 
Illo
 
     Und wenn ich dir's nun bringe, schwarz auf weiß,
     Daß alle Chefs, die hier zugegen sind,
     Dir blind sich überliefern – Willst du dann
     Ernst machen endlich, mit beherzter Tat
     Das Glück versuchen?
 
Wallenstein
 
     Schaff' mir die Verschreibung!
 
Illo
 
     Bedenke, was du tust! Du kannst den Kaisers
     Begehren nicht erfüllen – kannst das Heer
     Nicht schwächen lassen – nicht die Regimenter
     Zum Spanier stoßen lassen, willst du nicht
     Die Macht auf ewig aus den Händen geben.
     Bedenk das andre auch! Du kannst des Kaisers
     Befehl und ernste Ordre nicht verhöhnen,
     Nicht länger Ausflucht suchen, temporisieren,
     Willst du nicht förmlich brechen mit dem Hof.
     Entschließ dich! Willst du mit entschloßner Tat
     Zuvor ihm kommen? Willst du, ferner zögernd,
     Das Äußerste erwarten?
 
Wallenstein
 
     Das geziemt sich,
     Eh' man das Äußerste beschließt!
 
Illo
 
     Oh! nimm der Stunde wahr, eh' sie entschlüpft.
     So selten kommt der Augenblick im Leben,
     Der wahrhaft wichtig ist und groß. Wo eine
     Entscheidung soll geschehen, da muß vieles
     Sich glücklich treffen und zusammenfinden —
     Und einzeln nur, zerstreuet zeigen sich
     Des Glückes Fäden, die Gelegenheiten,
     Die, nur in einen Lebenspunkt zusammen
     Gedrängt, den schweren Früchteknoten bilden.
     Sieh! Wie entscheidend, wie verhängnisvoll
     Sich's jetzt um dich zusammenzieht! – Die Häupter
     Des Heers, die besten, trefflichsten, um dich,
     Den königlichen Führer, her versammelt,
     Nur deinen Wink erwarten sie – Oh! laß
     Sie so nicht wieder auseinandergehen!
     So einig führst du sie im ganzen Lauf
     Des Krieges nicht zum zweitenmal zusammen.
     Die hohe Flut ist's, die das schwere Schiff
     Vom Strande hebt – Und jedem einzelnen
     Wächst das Gemüt im großen Strom der Menge.
     Jetzt hast du sie, jetzt noch! Bald sprengt der Krieg
     Sie wieder auseinander, dahin, dorthin —
     In eignen kleinen Sorgen und Interessen
     Zerstreut sich der gemeine Geist. Wer heute,
     Vom Strome fortgerissen, sich vergißt,
     Wird nüchtern werden, sieht er sich allein,
     Nur seine Ohnmacht fühlen und geschwind
     Umlenken in die alte, breitgetretne
     Fahrstraße der gemeinen Pflicht, nur wohl-
     Behalten unter Dach zu kommen suchen.
 
Wallenstein
 
     Die Zeit ist noch nicht da.
 
Terzky
 
     So sagst du immer.
     Wann aber wird es Zeit sein?
 
Wallenstein
 
     Wenn ich's sage.
 
Illo
 
     Oh! du wirst auf die Sternenstunde warten,
     Bir dir die irdische entflieht! Glaub mir,
     In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne.
     Vertrauen zu dir selbst, Entschlossenheit
     Ist deine Venus! Der Maleficus,
     Der einz'ge, der dir schadet, ist der Zweifel.
 
Wallenstein
 
     Du redst, wie du's verstehst. Wie oft und vielmals
     Erklärt' ich dir's! – Dir stieg der Jupiter
     Hinab bei der Geburt, der helle Gott;
     Du kannst in die Geheimnisse nicht schauen.
     Nur in der Erde magst du finster wühlen,
     Blind wie der Unterirdische, der mit dem bleichen
     Bleifarbnen Schein ins Leben dir geleuchtet.
     Das Irdische, Gemeine magst du sehn,
     Das Nächste mit dem Nächsten klug verknüpfen;
     Darin vertrau ich dir und glaube dir.
     Doch, was geheimnisvoll bedeutend webt
     Und bildet in den Tiefen der Natur, —
     Die Geisterleiter, die aus dieser Welt des Staubes
     Bis in die Sternenwelt, mit tausend Sprossen,
     Hinauf sich baut, an der die himmlischen
     Gewalten wirkend auf und nieder wandeln,
     – Die Kreise in den Kreisen, die sich eng
     Und enger ziehn um die zentralische Sonne —
     Die sieht das Aug' nur, das entsiegelte,
     Der hellgebornen, heitern Joviskinder,
 

(Nachdem er einen Gang durch den Saal gemacht, bleibt er stehen und fährt fort.)

 
Die himmlischen Gestirne machen nicht
     Bloß Tag und Nacht, Frühling und Sommer – nicht
     Dem Sämann bloß bezeichnen sie die Zeiten
     Der Aussaat und der Ernte. Auch des Menschen Tun
     Ist eine Aussaat von Verhängnissen,
     Gestreuet in der Zukunft dunkles Land,
     Den Schicksalsmächten hoffend übergeben.
     Da tut es not, die Saatzeit zu erkunden,
     Die rechte Sternenstunde auszulesen,
     Des Himmels Häuser forschend zu durchspüren,
     Ob nicht der Feind des Wachsens und Gedeihens
     In seinen Ecken schadend sich verberge .
     Drum laßt mir Zeit. Tut ihr indes das Eure.
     Ich kann jetzt noch nicht sagen, was ich tun will.
     Nachgeben aber werd ich nicht. Ich nicht!
     Absetzen sollen sie mich auch nicht – Darauf
     Verlaßt euch.
 
Kammerdiener. (kommt)
 
     Die Herren Generale.
 
Wallenstein
 
     Laß sie kommen.
 
Terzky
 
     Willst du, daß alle Chefs zugegen seien?
 
Wallenstein
 
     Das braucht's nicht. Beide Piccolomini,
     Maradas, Buttler, Forgatsch, Deodat,
     Caraffa, Isolani mögen kommen.
 

(Terzky geht hinaus mit dem Kammerdiener.)

Wallenstein. (zu Illo)
 
     Hast du den Questenberg bewachen lassen?
     Sprach er nicht ein'ge in geheim?
 
Illo
 
Ich hab ihn scharf bewacht. Er war mit niemand
Als dem Octavio.
 

Siebenter Auftritt

Vorige. Questenberg, beide Piccolomini, Buttler, Isolani, Maradas und noch drei andere Generale treten herein. Auf den Wink des Generals nimmt Questenberg ihm gerad gegenüber Platz, die andern folgen nach ihrem Range. Es herrscht eine augenblickliche Stille.

Wallenstein
 
     Ich hab den Inhalt Ihrer Sendung zwar
     Vernommen, Questenberg, und wohl erwogen,
     Auch meinen Schluß gefaßt, den nichts mehr ändert.
     Doch, er gebührt sich, daß die Kommandeurs
     Aus Ihrem Mund des Kaisers Willen hören —
     Gefall' es Ihnen denn, sich Ihres Auftrags
     Vor diesen edeln Häuptern zu entledigen.
 
Questenberg
 
     Ich bin bereit, doch bitt ich zu bedenken,
     Daß kaiserliche Herrschgewalt und Würde
     Aus meinem Munde spricht, nicht eigne Kühnheit.
 
Wallenstein
 
     Den Eingang spart.
 
Questenberg
 
     Als Seine Majestät
     Der Kaiser ihren mutigen Armeen
     Ein ruhmgekröntes, kriegserfahrnes Haupt
     Geschenkt in der Person des Herzogs Friedland,
     Geschah's in froher Zuversicht, das Glück
     Des Krieges schnell und günstig umzuwenden.
     Auch war der Anfang ihren Wünschen hold,
     Gereiniget ward Böheim von den Sachsen,
     Der Schweden Siegeslauf gehemmt – es schöpften
     Aufs neue leichten Atem diese Länder,
     Als Herzog Friedland die zerstreuten Feindesheere
     Herbei von allen Strömen Deutschlands zog,
     Herbei auf einen Sammelplatz beschwor
     Den Rheingraf, Bernhard, Banner, Oxenstirn
     Und jenen nie besiegten König selbst,
     Um endlich hier im Angesichte Nürnbergs
     Das blutig große Kampfspiel zu entscheiden.
 
Wallenstein
 
     Zur Sache, wenn's beliebt.
 
Questenberg
 
     Ein neuer Geist
     Verkündigte sogleich den neuen Feldherrn.
     Nicht blinde Wut mehr rang mit blinder Wut,
     In hellgeschiednem Kampfe sah man jetzt
     Die Festigkeit der Kühnheit widerstehn
     Und weise Kunst die Tapferkeit ermüden.
     Vergebens lockt man ihn zur Schlacht, er gräbt
     Sich tief und tiefer nur im Lager ein,
     Als gält' es, hier ein ewig Haus zu gründen.
     Verzweifelnd endlich will der König stürmen,
     Zur Schlachtbank reißt er seine Völker hin,
     Die ihm des Hungers und der Seuchen Wut
     Im leichenvollen Lager langsam tötet.
     Durch den Verhack des Lagers, hinter welchem
     Der Tod aus tausend Röhren lauert, will
     Der Niegehemmte stürmend Bahn sich brechen.
     Da ward ein Angriff und ein Widerstand,
     Wie ihn kein glücklich Auge noch gesehn.
     Zerrissen endlich führt sein Volk der König
     Vom Kampfplatz heim, und nicht ein Fußbreit Erde
     Gewann es ihm, das grause Menschenopfer.
 
Wallenstein
 
     Ersparen Sie's, uns aus dem Zeitungsblatt
     Zu melden, was wir schaudernd selbst erlebt.
 
Questenberg
 
     Anklagen ist mein Amt und meine Sendung,
     Es ist mein Herz, was gern beim Lob verweilt.
     In Nürnbergs Lager ließ der schwedische König
     Den Ruhm – in Lützens Ebenen das Leben.
     Doch wer erstaunte nicht, als Herzog Friedland
     Nach diesem großen Tag wie ein Besiegter
     Nach Böheim floh, vom Kriegesschauplatz schwand,
     Indes der junge weimarische Held
     Ins Frankenland unaufgehalten drang,
     Bis an die Donau reißend Bahn sich machte
     Und stand mit einem Mal vor Regenspurg,
     Zum Schrecken aller gut kathol'schen Christen.
     Da rief der Bayern wohlverdienter Fürst
     Um schnelle Hilf' in seiner höchsten Not, —
     Es schickt der Kaiser sieben Reitende
     An Herzog Friedland ab mit dieser Bitte
     Und fleht, wo er als Herr befehlen kann.
     Umsonst! Es hört in diesem Augenblick
     Der Herzog nur den alten Haß und Groll,
     Gibt das gemeine Beste preis, die Rachgier
     An einem alten Feinde zu vergnügen.
     Und so fällt Regenspurg!
 
Wallenstein
 
     Von welcher Zeit ist denn die Rede, Max?
     Ich hab gar kein Gedächtnis mehr.
 
Max
 
     Er meint,
     Wie wir in Schlesien waren.
 
Wallenstein
 
     So! So! So!
     Was aber hatten wir denn dort zu tun?
 
Max
 
     Die Schweden draus zu schlagen und die Sachsen.
 
Wallenstein
 
     Recht! Über der Beschreibung da vergeß ich
     Den ganzen Krieg —
 

(Zu Questenberg.)

 
 
Nur weiter fortgefahren!
 
Questenberg
 
     Am Oderstrom vielleicht gewann man wieder,
     Was an der Donau schimpflich ward verloren.
     Erstaunenswerte Dinge hoffte man
     Auf dieser Kriegesbühne zu erleben,
     Wo Friedland in Person zu Felde zog,
     Der Nebenbuhler Gustavs einen – Thurn
     Und einen Arnheim vor sich fand. Und wirklich
     Geriet man nahe g'nug hier aneinander,
     Doch, um als Freund, als Gast sich zu bewirten.
     Ganz Deutschland seufzte unter Kriegeslast,
     Doch Friede war's im Wallensteinischen Lager.
 
Wallenstein
 
     Manch blutig Treffen wird um nichts gefochten,
     Weil einen Sieg der junge Feldherr braucht.
     Ein Vorteil des bewährten Feldherrn ist's,
     Daß er nicht nötig hat, zu schlagen, um
     Der Welt zu zeigen, er versteh' zu siegen.
     Mir konnt' es wenig helfen, meines Glücks
     Mich über einen Arnheim zu bedienen ;
     Viel nützte Deutschland meine Mäßigung,
     Wär' mir's geglückt, das Bündnis zwischen Sachsen
     Und Schweden, das verderbliche, zu lösen.
 
Questenberg
 
     Es glückte aber nicht, und so begann
     Aufs neu das blut'ge Kriegesspiel. Hier endlich
     Rechtfertigte der Fürst den alten Ruhm.
     Auf Steinaus Feldern streckt das schwedische Heer
     Die Waffen, ohne Schwertstreich überwunden —
     Und hier, mit andern, lieferte des Himmels
     Gerechtigkeit den alten Aufruhrstifter,
     Die fluchbeladne Fackel dieses Kriegs,
     Matthias Thurn, des Rächers Händen aus.
     – Doch in großmüt'ge Hand war er gefallen:
     Statt Strafe fand er Lohn, und reich beschenkt
     Entließ der Fürst den Erzfeind seines Kaisers.
 
Wallenstein. (lacht)
 
     Ich weiß, ich weiß – Sie hatten schon in Wien
     Die Fenster, die Balkons vorausgemietet,
     Ihn auf dem Armensünderkarrn zu sehn —
     Die Schlacht hätt' ich mit Schimpf verlieren mögen,
     Doch das vergeben mir die Wiener nicht,
     Daß ich um ein Spektakel sie betrog.
 
Questenberg
 
     Befreit war Schlesien, und alles rief
     Den Herzog nun ins hartbedrängte Bayern.
     Er setzt auch wirklich sich in Marsch – gemächlich
     Durchzieht er Böheim auf dem längsten Wege;
     Doch eh' er noch den Feind gesehen, wendet
     Er schleunig um, bezieht sein Winterlager, drückt
     Des Kaisers Länder mit des Kaisers Heer.
 
Wallenstein
 
     Das Heer war zum Erbarmen, jede Notdurft, jede
     Bequemlichkeit gebrach – der Winter kam.
     Was denkt die Majestät von ihren Truppen?
     Sind wir nicht Menschen? Nicht der Kält' und Nässe,
     Nicht jeder Notdurft sterblich unterworfen?
     Fluchwürdig Schicksal des Soldaten! Wo
     Er hinkommt, flieht man vor ihm – wo er weggeht,
     Verwünscht man ihn! Er muß sich alles nehmen;
     Man gibt ihm nichts, und jeglichem gezwungen
     Zu nehmen, ist er jeglichem ein Greuel.
     Hier stehen meine Generals. Caraffa!
     Graf Deodati! Buttler! Sagt es ihm,
     Wie lang der Sold den Truppen ausgeblieben?
 
Buttler
 
     Ein Jahr schon fehlt die Löhnung.
 
Wallenstein
 
     Und sein Sold
     Muß dem Soldaten werden, darnach heißt er!
 
Questenberg
 
     Das klingt ganz anders, als der Fürst von Friedland
     Vor acht, neun Jahren sich vernehmen ließ.
 
Wallenstein
 
     Ja, meine Schuld ist es, weiß wohl, ich selbst
     Hab mir den Kaiser so verwöhnt. Da! Vor neun Jahren
     Beim Dänenkriege, stellt' ich eine Macht ihm auf
     Von vierzigtausend Köpfen oder fünfzig,
     Die aus dem eignen Säckel keinen Deut
     Ihm kostete – Durch Sachsen Kreise zog
     Die Kriegesfurie, bis an die Schären
     Des Belts den Schrecken seines Namens tragend.
     Da war noch eine Zeit! Im ganzen Kaiserstaate
     Kein Nam' geehrt, gefeiert wie der meine,
     Und Albrecht Wallenstein, so hieß
     Der dritte Edelstein in seiner Krone!
     Doch auf dem Regenspurger Fürstentag,
     Da brach es auf! Da lag es kund und offen,
     Aus welchem Beutel ich gewirtschaft't hatte.
     Und was war nun mein Dank dafür, daß ich,
     Ein treuer Fürstenknecht, der Völker Fluch
     Auf mich gebürdet – diesen Krieg, der nur
     Ihn groß gemacht, die Fürsten zahlen lassen?
     Was? Aufgeopfert wurd ich ihren Klagen,
     – Abgesetzt wurd ich.
 
Questenberg
 
     Eure Gnaden weiß,
     Wie sehr auf jenem unglücksvollen Reichstag
     Die Freiheit ihm gemangelt.
 
Wallenstein
 
     Tod und Teufel!
     Ich hatte, was ihm Freiheit schaffen konnte.
     – Nein, Herr! Seitdem es mir so schlecht bekam,
     Dem Thron zu dienen, auf des Reiches Kosten,
     Hab ich vom Reich ganz anders denken lernen.
     Vom Kaiser freilich hab ich diesen Stab,
     Doch führ' ich jetzt ihn als des Reiches Feldherr,
     Zur Wohlfahrt aller, zu des Ganzen Heil,
     Und nicht mehr zur Vergrößerung des einen!
     – Zur Sache doch. Was ist's, das man von mir begehrt?
 
Questenberg
 
     Fürs erste wollen Seine Majestät,
     Daß die Armee ohn' Aufschub Böhmen räume.
 
Wallenstein
 
     In dieser Jahreszeit? Und wohin will man,
     Daß wir uns wenden?
 
Questenberg
 
     Dahin, wo der Feind ist.
     Denn Seine Majestät will Regenspurg
     Vor Ostern noch vom Feind gesäubert sehn,
     Daß länger nicht im Dome lutherisch
     Gepredigt werde – ketzerischer Greul
     Des Festes reine Feier nicht besudle.
 
Wallenstein
 
     Kann das geschehen, meine Generals?
 
Illo
 
     Es ist nicht möglich.
 
Buttler
 
     Es kann nicht geschehn.
 
Questenberg
 
     Der Kaiser hat auch schon dem Oberst Suys
     Befehl geschickt, nach Bayern vorzurücken.
 
Wallenstein
 
     Was tat der Suys?
 
Questenberg
 
     Was er schuldig war.
     Er rückte vor.
 
Wallenstein
 
     Er rückte vor! Und ich,
     Sein Chef, gab ihm Befehl, ausdrücklichen,
     Nicht von dem Platz zu weichen! Steht es so
     Um mein Kommando? Das ist der Gehorsam,
     Den man mir schuldig, ohne den kein Kriegsstand
     Zu denken ist? Sie, meine Generale,
     Seien Richter! Was verdient der Offizier,
     Der eidvergessen seine Ordre bricht?
 
Illo
 
     Den Tod!
 
Wallenstein. (da die übrigen bedenklich schweigen, mit erhöhter Stimme)
 
     Graf Piccolomini, was hat er
     Verdient?
 
Max. (nach einer langen Pause)
 
     Nach des Gesetzes Wort – den Tod!
 
Isolani
 
     Den Tod!
 
Buttler
 
     Den Tod nach Kriegesrecht!
 

(Questenberg steht auf. Wallenstein folgt, es erheben sich alle.)

Wallenstein
 
     Dazu verdammt ihn das Gesetz, nicht ich!
     Und wenn ich ihn begnadige, geschieht's
     Aus schuld'ger Achtung gegen meinen Kaiser.
 
Questenberg
 
     Wenn's so steht, hab ich hier nichts mehr zu sagen.
 
Wallenstein
 
     Nur auf Bedingung nahm ich dies Kommando;
     Und gleich die erste war, daß mir zum Nachteil
     Kein Menschenkind, auch selbst der Kaiser nicht,
     Bei der Armee zu sagen haben sollte.
     Wenn für den Ausgang ich mit meiner Ehre
     Und meinem Kopf soll haften, muß ich Herr
     Darüber sein. Was machte diesen Gustav
     Unwiderstehlich, unbesiegt auf Erden?
     Dies: daß er König war in seinem Heer!
     Ein König aber, einer, der es ist,
     Ward nie besiegt noch als durch seinesgleichen —
     Jedoch zur Sach'. Das Beste soll noch kommen.
 
Questenberg
 
     Der Kardinal-Infant wird mit dem Frühjahr
     Aus Mailand rücken und ein spanisch Heer
     Durch Deutschland nach den Niederlanden führen.
     Damit er sicher seinen Weg verfolge,
     Will der Monarch, daß hier aus der Armee
     Acht Regimenter ihn zu Pferd begleiten.
 
Wallenstein
 
     Ich merk, ich merk – Acht Regimenter – Wohl!
     Wohl ausgesonnen, Pater Lamormain!
     Wär' der Gedank' nicht so verwünscht gescheit,
     Man wär' versucht, ihn herzlich dumm zu nennen.
     Achttausend Pferde! Ja! Ja! es ist richtig,
     Ich seh es kommen.
 
Questenberg
 
     Es ist nichts dahinter
     zu sehn. Die Klugheit rät's, die Not gebeut's.
 
Wallenstein
 
     Wie, mein Herr Abgesandter? Ich soll's wohl
     Nicht merken, daß man's müde ist, die Macht,
     Des Schwertes Griff in meiner Hand zu sehn?
     Daß man begierig diesen Vorwand hascht,
     Den span'schen Namen braucht, mein Volk zu mindern,
     Ins Reich zu führen eine neue Macht,
     Die mir nicht untergeben sei. Mich so
     Gerad beiseit' zu werfen, dazu bin ich
     Euch noch zu mächtig. Mein Vertrag erheischt's,
     Daß alle Kaiserheere mir gehorchen,
     So weit die deutsche Sprach' geredet wird.
     Von span'schen Truppen aber und Infanten,
     Die durch das Reich als Gäste wandernd ziehn,
     Steht im Vertrage nichts – Da kommt man denn
     So in der Stille hinter ihm herum,
     Macht mich erst schwächer, dann entbehrlich, bis
     Man kürzeren Prozeß kann mit mir machen.
     – Wozu die krummen Wege, Herr Minister?
     Gerad heraus! Den Kaiser drückt das Paktum
     Mit mir. Er möchte gerne, daß ich ginge.
     Ich will ihm den Gefallen tun, das war
     Beschloßne Sache, Herr, noch eh' Sie kamen.
 

(Es entsteht eine Bewegung unter den Generalen, welche immer zunimmt.)

 
     Es tut mir leid um meine Obersten,
     Noch seh ich nicht, wie sie zu ihren vorgeschoßnen Geldern,
     Zum wohlverdienten Lohne kommen werden.
     Neu Regiment bringt neue Menschen auf,
     Und früheres Verdienst veraltet schnell.
     Es dienen viel Ausländische im Heer,
     Und war der Mann nur sonsten brav und tüchtig,
     Ich pflegte eben nicht nach seinem Stammbaum
     Noch seinem Katechismus viel zu fragen.
     Das wird auch anders werden künftighin!
     Nun – mich geht's nichts mehr an.
 

(Er setzt sich.)

Max
 
     Da sei Gott für,
     Daß es bis dahin kommen soll! – Die ganze
     Armee wird furchtbar gärend sich erheben —
     Der Kaiser wird mißbraucht, es kann nicht sein.
 
Isolani
 
     Es kann nicht sein, denn alles ging' zu Trümmern.
 
Wallenstein
 
     Das wird es, treuer Isolan. Zu Trümmern
     wird alles gehn, was wir bedächtig bauten.
     Deswegen aber find't sich doch ein Feldherr,
     Und auch ein Kriegsheer läuft noch wohl dem Kaiser
     Zusammen, wenn die Trommel wird geschlagen.
 
Max. (geschäftig, leidenschaftlich von einem zum andern
 
     gehend und sie besänftigend)
     Hör mich, mein Feldherr! Hört mich , Obersten!
     Laß dich beschwören, Fürst! Beschließe nichts,
     Bis wir zusammen Rat gehalten, dir
     Vorstellungen getan – Kommt, meine Freunde!
     Ich hoff, es ist noch alles herzustellen.
 
Terzky
 
     Kommt, kommt! im Vorsaal treffen wir die andern.
 

(Gehen.)

Buttler. (zu Questenberg)
 
     Wenn guter Rat Gehör bei Ihnen findet,
     Vermeiden Sie's, in diesen ersten Stunden
     Sich öffentlich zu zeigen, schwerlich möchte Sie
     Der goldne Schlüssel vor Mißhandlung schützen.
 

(Laute Bewegungen draußen.)

Wallenstein
 
     Der Rat ist gut – Octavio, du wirst
     Für unsers Gastes Sicherheit mir haften.
     Gehaben Sie sich wohl, von Questenberg!
 

(Als dieser reden will.)

 
     Nichts, nichts von dem verhaßten Gegenstand!
     Sie taten Ihre Schuldigkeit. Ich weiß
     Den Mann von seinem Amt zu unterscheiden.
 

(Indem Questenberg mit dem Octavio abgehen will, dringen Götz, Tiefenbach, Colalto herein, denen noch mehrere Kommandeurs folgen.)

Götz
 
     Wo ist er, der uns unsern General —
 
Tiefenbach. (zugleich)
 
     Was müssen wir erfahren, du willst uns —
 
Colalto. (zugleich)
 
     Wir wollen mit dir leben, mit dir sterben.
 
Wallenstein. (mit Ansehen, indem er auf Illo zeigt)
 
     Hier der Feldmarschall weiß um meinen Willen.
 

(Geht ab.)