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Die Piccolomini

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Vierter Auftritt

Max Piccolomini. Octavio Piccolomini. Questenberg.

Max
 
     Da ist er ja gleich selbst. Willkommen, Vater!
 

(Er umarmt ihn. Wie er sich umwendet, bermerkt er Questenbergen und tritt kalt zurück.)

 
     Beschäftigt, wie ich seh? Ich will ihn nicht stören.
 
Octavio
 
     Wie, Max? Sieh diesen Gast doch näher an.
     Aufmerksamkeit verdient ein alter Freund;
     Ehrfurcht gebührt dem Boten deines Kaisers.
 
Max. (trocken)
 
     Von Questenberg! Willkommen, wenn was Gutes
     Ins Hauptquartier Sie herführt.
 
Questenberg. (hat seine Hand gefaßt)
 
     Ziehen Sie
     Die Hand nicht weg, Graf Piccolomini,
     Ich fasse sie nicht bloß von meinetwegen,
     Und nichts Gemeines will ich damit sagen.
 

(Beider Hände fassend.)

 
     Octavio – Max Piccolomini!
     Heilbringend, vorbedeutungsvolle Namen!
     Nie wird das Glück von Österreich sich wenden,
     Solang zwei solche Sterne, segenreich
     Und schützend, leuchten über seinen Heeren.
 
Max
 
     Sie fallen aus der Rolle, Herr Minister,
     Nicht Lobens wegen sind Sie hier, ich weiß,
     Sie sind geschickt, zu tadeln und zu schelten —
     Ich will voraus nichts haben vor den andern.
 
Octavio. (zu Max)
 
     Er kommt vom Hofe, wo man mit dem Herzog
     Nicht ganz so wohl zufrieden ist als hier.
 
Max
 
     Was gibt's aufs neu denn an ihm auszustellen?
     Daß er für sich allein beschließt, was er
     Allein versteht? Wohl! daran tut er recht,
     Und wird's dabei auch sein Verbleiben haben. -
     Er ist nun einmal nicht gemacht, nach andern
     Geschmeidig sich zu fügen und zu wenden,
     Es geht ihm wider die Natur, er kann's nicht.
     Geworden ist ihm eine Herrscherseele,
     Und ist gestellt auf einen Herrscherplatz.
     Wohl uns, daß es so ist! Es können sich
     Nur wenige regieren, den Verstand
     Verständig brauchen – Wohl dem Ganzen, findet
     Sich einmal einer, der ein Mittelpunkt
     Für viele Tausend wird, ein Halt; – sich hinstellt
     Wie eine feste Säul', an die man sich
     Mit Lust mag schließen und mit Zuversicht.
     So einer ist der Wallenstein, und taugte
     Dem Hof ein andrer besser – der Armee
     Frommt nur ein solcher.
 
Questenberg
 
     Der Arme! Jawohl!
 
Max
 
     Und eine Lust ist's, wie er alles weckt
     Und stärkt und neu belebt um sich herum,
     Wie jede Kraft sich ausspricht, jede Gabe
     Gleich deutlicher sich wird in seiner Nähe!
     Jedwedem zieht er seine Kraft hervor,
     Die eigentümliche, und zieht sie groß,
     Läßt jeden ganz das bleiben, was er ist,
     Er wacht nur drüber, daß er's immer sei
     Am rechten Ort; so weiß er aller Menschen
     Vermögen zu dem seinigen zu machen.
 
Questenberg
 
     Wer spricht ihm ab, daß er die Menschen kenne,
     Sie zu gebrauche wisse! Überm Herrscher
     Vergißt er nur den Diener ganz und gar,
     Als wär' mit seiner Würd' er schon geboren.
 
Max
 
     Ist er's denn nicht? Mit jeder Kraft dazu
     Ist er's, und mit der Kraft noch obendrein,
     Buchstäblich zu vollstrecken die Natur,
     Dem Herrschtalent den Herrschplatz zu erobern.
 
Questenberg
 
     So kommt's zuletzt auf seine Großmut an,
     Wieviel wir überall noch gelten sollen!
 
Max
 
     Der seltne Mann will seltenes Vertrauen.
     Gebt ihm den Raum, das Ziel wird er sich setzen.
 
Questenberg
 
     Die Proben geben's.
 
Max
 
     Ja! so sind sie! Schreckt
     Sie alles gleich, was eine Tiefe hat;
     Ist ihnen nirgends wohl, als wo's recht flach ist.
 
Octavio. (zu Questenberg)
 
     Ergeben Sie sich nur in gutem, Freund!
     Mit dem da werden Sie nicht fertig.
 
Max
 
     Da rufen sie den Geist an in der Not,
     Und grauet ihnen gleich, wenn er sich zeigt.
     Das Ungemeine soll, das Höchste selbst
     Geschehn wie das Alltägliche. Im Feld,
     Da dringt die Gegenwart – Persönliches
     Muß herrschen, eignes Auge sehn. Es braucht
     Der Feldherr jedes Große der Natur,
     So gönne man ihm auch, in ihren großen
     Verhältnissen zu leben. Das Orakel
     In seinem Innern, das lebendige —
     Nicht tote Bücher, alte Ordnungen,
     Nicht modrigte Papiere soll er fragen.
 
Octavio
 
     Mein Sohn! Laß uns die alten, engen Ordnungen
     Gering nicht achten! Köstlich unschätzbare
     Gewichte sind's, die der bedrängte Mensch
     An seiner Dränger raschen Willen band;
     Denn immer war die Willkür fürchterlich —
     Der Weg der Ordnung, ging' er auch durch Krümmmen,
     Er ist kein Umweg. Grad aus geht des Blitzes,
     Geht des Kanonballs fürchterlicher Pfad —
     Schnell, auf dem nächsten Wege, langt er an,
     Macht sich zermalmend Platz, um zu zermalmen.
     Mein Sohn! Die Straße, die der Mensch befährt,
     Worauf der Segen wandelt, diese folgt
     Der Flüsse Lauf, der Täler freien Krümmen,
     Umgeht das Weizenfeld, den Rebenhügel,
     Des Eigentums gemeßne Grenzen ehrend —
     So führt sie später, sicher doch zum Ziel.
 
Questenberg
 
     Oh! hören Sie den Vater – hören Sie
     Ihn, der ein Held ist und ein Mensch zugleich.
 
Octavio
 
     Das Kind des Lagers spricht aus dir, mein Sohn.
     Ein fünfzehnjähr'ger Krieg hat dich erzogen,
     – Du hast den Frieden nie gesehn! Es gibt
     Noch höhern Wert, mein Sohn, als kriegerischen;
     Im Kriege selber ist das Letzte nicht der Krieg.
     Die großen, schnellen Taten der Gewalt,
     Des Augenblicks erstaunenswerte Wunder,
     Die sind es nicht, die das Beglückende,
     Das ruhig, mächtig Dauernde erzeugen.
     In Hast und Eile bauet der Soldat
     Von Leinwand seine leichte Stadt, da wird
     Ein augenblicklich Brausen und Bewegen,
     Der Markt belebt sich, Straßen, Flüsse sind
     Bedeckt mit Fracht, es rührt sich das Gewerbe.
     Doch eines Morgens plötzlich siehet man
     Die Zelte fallen, weiter rückt die Horde,
     Und ausgestorben, wie ein Kirchhof, bleibt
     Der Acker, das zerstampfte Saatfeld liegen,
     Und um des Jahres Ernte ist's getan.
 
Max
 
     Oh! laß den Kaiser Friede machen, Vater!
     Den blut'gen Lorbeer geb ich hin mit Freuden
     Fürs erste Veilchen, das der März uns bringt,
     Das duftige Pfand der neuverjüngten Erde.
 
Octavio
 
     Wie wird dir? Was bewegt dich so auf einmal?
 
Max
 
     Ich hab den Frieden nie gesehn? – Ich hab ihn
     Gesehen, alter Vater , eben komm ich —
     Jetzt eben davon her – er führte mich
     Der Weg durch Länder, wo der Krieg nicht
     hingekommen – oh! das Leben, Vater,
     Hat Reize, die wir nie gekannt. – Wir haben
     Des schönen Lebens öde Küste nur
     Wie ein umirrend Räubervolk befahren,
     Das, in sein dumpfig-enges Schiff gepreßt,
     Im wüsten Meer mit wüsten Sitten haust,
     Vom großen Land nichts als die Buchten kennt,
     Wo es die Diebeslandung wagen darf.
     Was in den innern Tälern Köstliches
     Das Land verbirgt, oh! davon – davon ist
     Auf unsrer wilden Fahrt uns nichts erschienen.
 
Ocatvio. (wird aufmerksam)
 
     Und hätt' es diese Reise dir gezeigt?
 
Max
 
     Es war die erste Muße meines Lebens.
     Sag mir, was ist der Arbeit Ziel und Preis,
     Der peinlichen, die mir die Jugend stahl,
     Das Herz mir öde ließ und unerquickt
     Den Geist, den keine Bildung noch geschmücket?
     Denn dieses Lagers lärmendes Gewühl,
     Der Pferde Wiehern, der Trompete Schmettern,
     Des Dienstes immer gleichgestellte Uhr,
     Die Waffenübung, das Kommandowort —
     Dem Herzen gibt es nichts, dem lechzenden.
     Die Seele fehlt dem nichtigen Geschäft —
     Es gibt ein andres Glück und andre Freuden.
 
Octavio
 
     Viel lerntest du auf diesem kurzen Weg, mein Sohn!
 
Max
 
     O schöner Tag! wenn endlich der Soldat
     Ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
     Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,
     Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch.
     Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken
     Mit grünen Maien, dem letzten Raub der Felder!
     Der Städte Tore gehen auf, von selbst,
     Nicht die Petarde braucht sie mehr zu sprengen;
     Von Menschen sind die Wälle rings erfüllt,
     Von friedlichen, die in die Lüfte grüßen —
     Hell klingt von allen Türmen das Geläut,
     Des blut'gen Tages frohe Vesper schlagend.
     Aus Dörfern und aus Städten wimmelnd strömt
     Ein jauchzend Volk, mit liebend emsiger
     Zudringlichkeit des Heeres Fortzug hindernd —
     Da schüttelt, froh des noch erlebten Tags,
     Dem heimgekehrten Sohn der Greis die Hände.
     Ein Fremdling tritt er in sein Eigentum,
     Das längstverlaßne, ein; mit breiten Ästen
     Deckt ihn der Baum bei seiner Wiederkehr,
     Der sich zur Gerte bog, als er gegangen,
     Und schamhaft tritt als Jungfrau ihm entgegen,
     Die er einst an der Amme Brust verließ.
     Oh! glücklich, wem dann auch sich eine Tür,
     Sich zarte Arme sanft umschlingend öffnen —
 
Questenberg. (gerührt)
 
     Oh! daß Sie von so ferner, ferner Zeit,
     Und nicht von morgen, nicht von heute sprechen!
 
Max. (mit Heftigkeit sich zu ihm wendend)
 
     Wer sonst ist schuld daran als ihr in Wien? —
     Ich will's nur frei gestehen, Questenberg!
     Als ich vorhin Sie stehen sah, es preßte
     Der Unmut mir das Innerste zusammen —
     Ihr seid es, die den Frieden hinder, ihr!
     Der Krieger ist's, der ihn erzwingen muß.
     Dem Fürsten macht ihr's Leben sauer, macht
     Ihm alle Schritte schwer, ihr schwärzt ihn an —
     Warum? Weil an Europas großem Besten
     Ihm mehr liegt als an ein paar Hufen Landes,
     Die Östreich mehr hat oder weniger —
     Ihr macht ihn zum Empörer und, Gott weiß!
     Zu was noch mehr, weil er die Sachsen schont,
     Beim Feind Vertrauen zu erwecken sucht,
     Das doch der einz'ge Weg zum Frieden ist;
     Denn hört der Krieg im Kriege nicht schon auf,
     Woher soll Friede kommen? – Geht nur, geht!
     Wie ich das Gute liebe, haß ich euch —
     Und hier gelob ich's an, verspritzen will ich
     Für ihn, für diesen Wallenstein, mein Blut,
     Das letzte meines Herzens, tropfenweis, eh' daß
     Ihr über seinen Fall frohlocken sollt!
 

(Er geht ab.)

 

Fünfter Auftritt

Questenberg. Octavio Piccolomini.

Questenberg
 
     O weh uns! Steht es so?
 

(Dringend und ungeduldig.)

 
     Freund, und wir lassen ihn in diesem Wahn
     Dahingehn, rufen ihn nicht gleich
     Zurück, daß wir die Augen auf der Stelle
     Ihm öffnen?
 
Octavio. (aus einem tiefen Nachdenken zu sich kommend)
 
     Mir hat er sie jetzt geöffnet,
     Und mehr erblick ich, als mich freut.
 
Questenberg
 
     Was ist es, Freund?
 
Octavio
 
     Fluch über diese Reise!
 
Questenberg
 
     Wieso! Was ist es?
 
Octavio
 
     Kommen Sie! Ich muß
     Sogleich die unglückselige Spur verfolgen,
     Mit meinen Augen sehen – Kommen Sie —
 

(Will ihn fortführen.)

Questenberg
 
     Was denn? Wohin?
 
Octavio. (pressiert)
 
     Zu ihr!
 
Questenberg
 
     Zu —
 
Octavio. (korrigiert sich)
 
     Zum Herzog! Gehn wir. Oh! ich fürchte alles.
     Ich seh' das Netz geworfen über ihn,
     Er kommt mir nicht zurück, wie er gegangen.
 
Questenberg
 
     Erklären Sie mir nur —
 
Octavio
 
     Und konnt' ich's nicht
     Vorhersehn? Nicht die Reise hintertreiben?
     Warum verschwieg ich's ihm? – Sie hatten recht,
     Ich mußt' ihn warnen – Jetzo ist's zu spät.
 
Questenberg
 
     Was ist zu spät? Besinnen Sie sich, Freund,
     Daß Sie in lauter Rätseln zu mir reden.
 
Octavio. (gefaßter)
 
     Wir gehn zum Herzog. Kommen Sie. Die Stunde
     Rückt auch heran, die er zur Audienz
     Bestimmt hat. Kommen Sie! —
     Verwünscht! dreimal verwünscht sei diese Reise!
 

(Er führt ihn weg. Der Vorhang fällt.)

Zweiter Aufzug

Saal beim Herzog von Friedland

Erster Auftritt

Bediente setzen Stühle und breiten Fußteppiche aus. Gleich darauf Seni, der Astrolog, wie ein italienischer Doktor schwarz und etwas phantastisch gekleidet. Er tritt in die Mitte des Saals, ein weißes Stäbchen in der Hand, womit er die Himmelsgegenden bezeichnet.

Bedienter. (mit einem Rauchfaß herumgehend)
 
     Greift an! Macht, daß ein Ende wird! Die Wache
     Ruft ins Gewehr. Sie werden gleich erscheinen.
 
Zweiter Bedienter
 
     Warum denn aber ward die Erkerstube,
     Die rote, abbestellt, die doch so leuchtet?
 
Erster Bedienter
 
     Da frag den Mathematikus. Der sagt,
     Es sei ein Unglückszimmer.
 
Zweiter Bedienter
 
     Narrenspossen!
     Das heißt die Leute scheren. Saal ist Saal.
     Was kann der Ort viel zu bedeuten haben?
 
Seni. (mit Gravität)
 
     Mein Sohn! Nichts in der Welt ist unbedeutend.
     Das Erste aber und Hauptsächlichste
     Bei allem ird'schen Ding ist Ort und Stunde.
 
Dritter Bedienter
 
     Laß dich mit dem nicht ein, Nathanael.
     Muß ihm der Herr doch selbst den Willen tun.
 
Seni. (zählt die Stühle)
 
     Eilf! Eine böse Zahl. Zwölf Stühle setzt,
     Zwölf Zeichen hat der Tierkreis; Fünf und Sieben,
     Die heil'gen Zahlen, liegen in der Zwölfe.
 
Zweiter Bedienter
 
     Was habt Ihr gegen Eilf? Das laßt mich wissen.
 
Seni
 
     Eilf ist die Sünde. Eilfe überschreitet
     Die zehn Gebote.
 
Zweiter Bedienter
 
     So? Und warum nennt Ihr
     Die Fünfe eine heil'ge Zahl?
 
Seni
 
     Fünf ist
     Des Menschen Seele. Wie der Mensch aus Gutem
     Und Bösem ist gemischt, so ist die Fünfe
     Die erste Zahl aus Grad' und Ungerade.
 
Erster Bedienter
 
     Der Narr!
 
Dritter Bedienter
 
     Ei, laß ihn doch! Ich hör ihm gerne zu,
     Denn mancherlei doch denkt sich bei den Worten.
 
Zweiter Bedienter
 
     Hinweg! Sie kommen! Da! zur Seitentür hinaus.
 

(Sie eilen fort. Seni folgt langsam.)

Zweiter Auftritt

Wallenstein. Die Herzogin.

Wallenstein
 
     Nun, Herzogin? Sie haben Wien berührt,
     Sich vorgestellt der Königin von Ungarn?
 
Herzogin
 
     Der Kaiserin auch. Bei beiden Majestäten
     Sind wir zum Handkuß zugelassen worden.
 
Wallenstein
 
     Wie nahm man's auf, daß ich Gemahlin, Tochter
     Zu dieser Winterszeit ins Feld beschieden?
 
Herzogin
 
     Ich tat nach Ihrer Vorschrift, führte an,
     Sie hätten über unser Kind bestimmt
     Und möchten gern dem künftigen Gemahl
     Noch vor dem Feldzug die Verlobte zeigen.
 
Wallenstein
 
     Mutmaßte man die Wahl, die ich getroffen?
 
Herzogin
 
     Man wünschte wohl, sie möch' auf keinen fremden
     Noch lutherischen Herrn gefallen sein.
 
Wallenstein
 
     Was wünschen Sie , Elisabeth?
 
Herzogin
 
     Ihr Wille, wissen Sie, war stets der meine.
 
Wallenstein. (nach einer Pause)
 
     Nun – Und wie war die Aufnahm' sonst am Hofe?
 

(Herzogin schlägt die Augen nieder und schweigt.)

 
     Verbergen Sie mir nichts – Wie war's damit?
 
Herzogin
 
     Oh! mein Gemahl – Es ist nicht alles mehr
     Wie sonst – Es ist ein Wandel vorgegangen.
 
Wallenstein
 
     Wie? Ließ man's an der alten Achtung fehlen?
 
Herzogin
 
     Nicht an der Achtung. Würdig und voll Anstand
     War das Benehmen – aber an die Stelle
     Huldreich vertraulicher Herablassung
     War feierliche Förmlichkeit getreten.
     Ach! und die zarte Schonung, die man zeigte,
     Sie hatte mehr vom Mitleid als der Gunst.
     Nein! Herzog Albrechts fürstliche Gemahlin,
     Graf Harrachs edle Tochter, hätte so —
     Nicht eben so empfangen werden sollen!
 
Wallenstein
 
     Man schalt gewiß mein neuestes Betragen?
 
Herzogin
 
     O hätte man's getan! – Ich bin's von lang her
     Gewohnt, Sie zu entschuldigen, zufrieden
     Zu sprechen die entrüsteten Gemüter —
     Nein, niemand schalt Sie – Man verhüllte sich
     In ein so lastend feierliches Schweigen.
     Ach! hier ist kein gewöhnlich Mißverständnis, keine
     Vorübergehende Empfindlichkeit —
     Etwas unglücklich, unersetzliches ist
     Geschehn – Sonst pflegte mich die Königin
     Von Ungarn immer ihre liebe Muhme
     Zu nennen, mich beim Abschied zu umarmen.
 
Wallenstein
 
     Jetzt unterließ sie's?
 
Herzogin. (ihre Tränen trocknend, nach einer Pause)
 
     Sie umarmte mich,
     Doch erst, als ich den Urlaub schon genommen, schon
     Der Türe zuging, kam sie auf mich zu,
     Schnell, als besänne sie sich erst, und drückte
     Mich an den Busen, mehr mit schmerzlicher
     Als zärtlicher Bewegung.
 
Wallenstein. (ergreift ihre Hand)
 
     Fassen Sie sich! —
     Wie war's mit Eggenberg, mit Lichtenstein
     Und mit den andern Freunden?
 
Herzogin. (den Kopf schüttelnd)
 
     Keinen sah ich.
 
Wallenstein
 
     Und der hispanische Conte Ambassador,
     Der sonst so warm für mich zu sprechen pflegte?
 
Herzogin
 
     Er hatte keine Zunge mehr für Sie.
 
Wallenstein
 
     Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr,
     Fortan muß eignes Feuer uns erleuchten.
 
Herzogin
 
     Und wär' es? Teurer Herzog, wär's an dem,
     Was man am Hofe leise flüstert, sich
     Im Lande laut erzählt – was Pater Lamormain
     Durch einige Winke —
 
Wallenstein. (schnell)
 
     Lamormain! Was sagt der?
 
Herzogin
 
     Man zeihe Sie verwegner Überschreitung
     Der anvertrauten Vollmacht, freventlicher
     Verhöhnung höchster, kaiserlicher Befehle.
     Die Spanier, der Bayern stolzer Herzog
     Stehen auf als Kläger wider Sie —
     Ein Ungewitter zieh' sich über Ihnen
     Zusammen, noch weit drohender als jenes,
     Das Sie vordem zu Regenspurg gestürzt.
     Man spreche, sagt er – ach! ich kann's nicht sagen —
 
Wallenstein. (gespannt). Nun?
 
Herzogin.
     Von einer zweiten —
 

(Sie stockt.)

 
Wallenstein
 
     Zweiten —
 
Herzogin
 
     Schimpflichern
     – Absetzung.
 
Wallenstein
 
     Spricht man?
 

(Heftig bewegt durch das Zimmer gehend.)

 
     Oh! sie zwingen mich, sie stoßen
     Gewaltsam, wider meinen Willen, mich hinein.
 
Herzogin. (sich bittend an ihn schmiegend)
 
     Oh! wenn's noch Zeit ist, mein Gemahl – Wenn es
     Mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit
     Kann abgewendet werden – Geben Sie nach —
     Gewinnen Sie's dem stolzen Herzen ab,
     Es ist Ihr Herr und Kaiser, dem Sie weichen.
     Oh! lassen Sie es länger nicht geschehn,
     Daß hämische Bosheit Ihre gute Absicht
     Durch giftige, verhaßte Deutung schwärze.
     Mit Siegeskraft der Wahrheit stehen Sie auf,
     Die Lügner, die Verleumder zu beschämen.
     Wir haben so der guten Freunde wenig.
     Sie wissen's! Unser schnelles Glück hat uns
     Dem Haß der Menschen bloßgestellt – Was sind wir,
     Wann kaiserliche Huld sich von uns wendet!
 

Dritter Auftritt

Gräfin Terzky, welche die Prinzessin Thekla an der Hand führt, zu den Vorigen.

Gräfin
 
     Wie, Schwester? Von Geschäften schon die Rede
     Und, wie ich seh, nicht von erfreulichen,
     Eh' er noch seines Kindes froh geworden?
     Der Freude gehört der erste Augenblick.
     Hier, Vater Friedland! das ist deine Tochter!
 

(Thekla nähert sich ihm schüchtern und will sich auf seine Hand beugen; er empfängt sie in seinen Armen und bleibt einige Zeit in ihrem Anschauen verloren stehen.)

Wallenstein
 
     Ja! Schön ist mir die Hoffnung aufgegangen.
     Ich nehme sie zum Pfande größern Glücks.
 
Herzogin
 
     Ein zartes Kind noch war sie, als Sie gingen,
     Das große Heer dem Kaiser aufzurichten.
     Hernach, als Sie vom Feldzug heimgekehrt
     Aus Pommern, war die Tochter schon im Stifte,
     Wo sie geblieben ist bis jetzt.
 
Wallenstein
 
     Indes
     Wir hier im Feld gesorgt, sie groß zu machen,
     Das höchste Irdische ihr zu erfechten,
     Hat Mutter Natur in stillen Klostermauern
     Das Ihrige getan, dem lieben Kind
     Aus freier Gunst das Göttliche gegeben
     Und führt sie ihrem glänzenden Geschick
     Und meiner Hoffnung schön geschmückt entgegen.
 
Herzogin. (zur Prinzessin)
 
     Du hättest deinen Vater wohl nicht wieder
     Erkannt, mein Kind? Kaum zähltest du acht Jahre,
     Als du sein Angesicht zuletzt gesehn.
 
Thekla
 
     Doch, Mutter, auf den ersten Blick – mein Vater
     Hat nicht gealtert – Wie sein Bild in mir gelebt,
     So steht er blühend jetzt vor meinen Augen.
 
Wallenstein. (zur Herzogin)
 
     Das holde Kind! Wie fein bemerkt und wie
     Verständig! Sieh, ich zürnte mit dem Schicksal,
     Daß mir's den Sohn versagt, der meines Namens
     Und meines Glückes Erbe könnte sein,
     In einer stolzen Linie von Fürsten
     Mein schnell verlöschtes Dasein weiter leiten.
     Ich tat dem Schicksal Unrecht. Hier auf dieses
     Jungfräulich blühende Haupt will ich den Kranz
     Des kriegerischen Lebens niederlegen;
     Nicht für verloren acht ich's, wenn ich's einst,
     In einen königlichen Schmuck verwandelt,
     Um diese schöne Stirne flechten kann.
 

(Er hält sie in seinen Armen, wie Piccolomini hereintritt.)