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Reise über Indien und China nach Japan.

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Als ich mit den beiden Damen, zwischen welchen ich Platz genommen hatte, eben ein eifriges Gespräch unterhielt, und mir hierbei die aufgetragenen, wirklich exquisiten Speisen wohl schmecken liess, kam der Marschall, Marquis Ogawa, einer der Commandanten der japanischen Armee in ihrem letzten siegreichen Feldzuge gegen China, mit einem Glase und einer Flasche Champagner auf mich zu und schenkte mir ein. Glücklicherweise wusste ich bereits Bescheid, wie in Japan auf solchen Gruss erwidert wird. Ich trank nämlich, der Landessitte entsprechend, sobald ich mich erhoben hatte, mein Glas aus, nahm ihm die Champagnerflasche aus der Hand und schenkte ihm nun sein Glas voll. Er nahm diesen japanischen Gegengruss sehr freundlich auf und leerte, sichtlich angenehm berührt, sein Glas. Diese Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit des alten verdienten Marschalls freute mich sehr, denn er wollte damit zweifellos seiner Verehrung für unsere Armee Ausdruck geben.

Sowie der Kaiser und die Kaiserin sich von der Tafel erhoben, wurde abermals die japanische Volkshymne gespielt. Alles erhob sich von den Sitzen und die Majestäten zogen sich in ihre Gemächer zurück. Das Fest hatte hiermit sein offizielles Ende erreicht. Beim Abschiede lud mich unser Geschäftsträger freundlichst ein, während meines Aufenthaltes in Tokio in einem Fremdenzimmer des Gesandtschaftshôtels abzusteigen, und sein und seiner Frau Gast sein zu wollen. Ich wusste diese liebenswürdige Einladung, die ebenso freundlich angeboten, als von mir dankbarst angenommen wurde, hoch zu schätzen, da ich hierdurch die mir wirklich schon überdrüssig gewordene Hôtelexistenz gegen ein charmantes Familienleben umtauschen konnte.

Am 14. April befand ich mich wieder in Yokohama. Ich benützte den Nachmittag zu einem Besuche des dortigen United Club, der am Meeresstrande gelegen und mit grossem Comfort eingerichtet ist. Nach einem prächtigen Galadiner auf unserem Consulate verfügte sich die ganze geladene Gesellschaft zu einem Ballfeste, welches von den jungen Herren in Yokohama gegeben wurde. Die Tanzlocalitäten waren sehr geräumig und hatten einen eleganten Anstrich. Die Mehrzahl der Ballgäste recrutirte sich aus der hiesigen englischen Colonie. Die Damen erschienen meist in einfacher Toilette und sahen gut aus, ohne gerade auffallend schön zu sein. Am Balle nahm auch die Frau des japanischen Ministers des Aeussern, Vicomte A., eine geborene Deutsche, Theil, welche als einzige Ausnahme eine wirklich schöne Balltoilette trug, und mit der ich eine längere Conversation anknüpfte. Die Rundtänze wurden in einem Tempo ausgeführt, wie dies zur Zeit unserer Grossmütter der Brauch gewesen sein mag, und die Françaisen glichen mit ihren beständigen grossen Complimenten eigentlich mehr einem Lancier. Vor dem Souper, welches, wie man mir nachträglich erzählte, von den jungen Herren sehr hübsch arrangirt worden war, entfernte ich mich und legte mich zur Ruhe.

Am 15. April unternahm ich in Gesellschaft von unserem und dem belgischen Consul eine Partie nach Komakura, welcher Ort mit der Bahn 50 Minuten von Yokohama entfernt ist. Dort machten wir in einer hübschen, baumreichen Gegend einen Spaziergang zu dem Tempel von Hashiman, dem Gotte des Krieges. Dieser Tempel wurde im 12. Jahrhundert errichtet und nach einem Brande im Jahre 1828 neu erbaut. Derselbe hat schöne Altäre, rothe Säulen und bemerkenswerthe Holzschnitzereien. Nahe von diesem Tempel, auf einem Hügel, steht im Freien die kolossale Bronzestatue des Buddha, die schönste Statue dieses Gottes, welche dessen leitende Ideen, nämlich die Hochhaltung der Intelligenz und die Enthaltung von allen Leidenschaften, am besten zum Ausdruck bringt. Die Höhe der Statue beträgt 16 m, der Umfang 32 m, die Länge des Gesichtes 3 m, die der Augen und der Nase je 1 m; die Augen sind aus purem Golde eingesetzt. Die Statue, welche sich inmitten von hohen Bäumen erhebt, macht einen imposanten Eindruck.

In einem nahe gelegenen, europäisch eingerichteten Gasthause nahmen wir das Tiffin ein, machten dann einen Spaziergang und gingen über eine Brücke auf eine Insel, auf welcher eines bevorstehenden Tempelfestes halber viele Buden installirt waren. Dort kaufte ich eine Photographie der Buddhastatue und mehrere andere Kleinigkeiten.

Nachmittags um 5 Uhr sass ich wieder in meinem Zimmer in der Consulatsvilla und fertigte eben Ansichtskarten aus, als es dort zu zittern und der Boden zu schwanken begann. Dieses Zittern und Schwanken wurde immer stärker und währte auffallend lange, so dass kein Zweifel mehr darüber vorhanden war, dass ich eines der in jener Gegend ziemlich häufig vorkommenden Erdbeben mitmachte, und zwar eines Erdbebens, welches sich, nach der Aussage des Consuls, durch seine lange Dauer ganz besonders hervorthat. Ich persönlich war nicht ungehalten darüber, auch einmal im Leben bei einem Erdbeben zugegen gewesen zu sein.

Am 16. April (Sonntag) Vormittags machte ich einen längeren Spaziergang auf dem Bluff, wo sehr viele, darunter manche sehr schöne Villen im europäischen Stile mit schönen Parks stehen, und von welchen man eine sehr schöne Aussicht auf die Stadt und auf den Hafen hat. Die Stadt Yokohama hat 150.000 Einwohner, ist die grösste Hafenstadt von Japan und ihr Hafen ist eigentlich auch jener von Tokio. Eine grosse Zahl von Handlungshäusern haben sich in Yokohama etablirt und ist somit diese Stadt der bedeutendste Handelsplatz von Japan.

Mit Rücksicht darauf, dass dieser Stadttheil (Bluff) auf den hohen Ufern liegt, schafft das Heraufziehen der Fahrgäste auf dem aufsteigenden Wege den Jinrikshas schwere Arbeit. Wohl lässt sich die Mehrzahl der Europäer nicht hinaufziehen, doch sind nicht alle Leute so rücksichtsvoll, am wenigsten die Japaner. Die armen Rikscha sehen auch schlecht und abgemagert aus, und man hört aus dem beständigen Husten von so Manchem, dass er sich zu Tode arbeitet, um sich seinen kargen Lebensunterhalt zu verdienen.

Bei dem Tiffin im Grand Hôtel, an welchem unter Anderen auch die Doctoren Bieler und Honda, beide Professoren an der japanischen Universität für Landwirthschaft zu Komaba bei Tokio, theilnahmen, sprach ich dem Dr. Bieler gegenüber den Wunsch aus, verschiedene Samengattungen von Bäumen, welche in Japan, hauptsächlich auf Bergen wachsen, mit mir nach Oesterreich-Ungarn zu nehmen, damit Versuche über das Fortkommen solcher Bäume gemacht und die gut gedeihenden bei uns eingebürgert werden können. Dr. Bieler erwiderte mir hierauf, dass sein anwesender College Dr. Honda, ein Japaner, in dieser Hinsicht eine Koryphäe sei, und dass er mir gerne mit Rath und That an die Hand gehen werde. Als ich mich nun in dieser Angelegenheit an Dr. Honda wandte, versprach er mir mit grosser Bereitwilligkeit seinen Beistand, und dann, wenn ich nach Komaba kommen werde, um die dortige landwirthschaftliche Universität zu besichtigen, diese Frage der Baumsamen zu einem befriedigenden Resultate zu führen. Bei dieser Gelegenheit besprachen wir auch die mir schon in Singapore mitgetheilte Absonderlichkeit, dass in Asien als der allerbeste, aber nur in verhältnissmässig kleinen Quantitäten vorkommende Kaffee jene Sorte angesehen wird, welche den Namen Musang-Kaffee führt, und zwar deshalb, weil dieser Kaffee durch Musange – Mardergattung – durchgegangen ist. Der Musang klaubt nämlich die besten Früchte des Kaffeebaumes auf und gibt dann die Bohnen wieder von sich. Diese Kaffeebohnen werden hierauf sorgsam zusammengelesen und als Delicatesse verkauft.

Nachmittags besichtigte ich mit unserem Consul dessen Pferde, einen grösseren und einen kleineren Schimmel, sowie einen Schwarzbraun, und beobachtete die Art der Fütterung, wie selbe in Japan allgemein eingeführt ist. Die Pferde bekommen gar kein Heu, dafür aber dreimal des Tages ein Schaff mit einem Gemenge von einer grösseren Quantität Häckerling, und dann je ungefähr einen Liter von geschrotetem Korn, von ungeschrotetem Hafer, von gebrochenem Mais, von geschnittener Rübe und von halbgekochter Kleie. Die Pferde in Japan – dies schalte ich hier der Vollständigkeit halber ein – unterliegen einer eigenthümlichen Krankheit, welche sich in einer Knochenauftreibung an den Kopfschläfen zeigt.

E. Aufenthalt in Tokio

Am 17. April nahm ich von Yokohama und meinem liebenswürdigen Gastgeber Abschied und machte die glücklicherweise recht kurze Reise nach Tokio. Bei meiner Ankunft in der japanischen Landeshauptstadt hatte der österreichisch-ungarische Geschäftsträger die grosse Aufmerksamkeit, mich am Bahnhofe abzuholen und mich in Begleitung seiner charmanten Gemahlin nach dem Gesandtschaftshôtel zu führen, wo ich, seiner Einladung gemäss, mein Absteigequartier nahm. Ich erwähne gerne diesen Umstand, weil er einen erfreulichen Beweis dafür bietet, wie ausserordentlich zuvorkommend sich unsere Vertretungsbehörden in jenen so weit entlegenen Ländern ihren Landsleuten gegenüber erweisen. An demselben Tage noch stattete ich in Begleitung unseres Vertreters den verschiedenen officiellen japanischen Persönlichkeiten Besuche ab. Ganz flüchtig will ich bemerken, dass sich zur Zeit fast alle hohen japanischen Würdenträger im Besitze von europäischen Adelstiteln befinden. Diese Einrichtung rührt erst von dem jetzt regierenden Mikado her, während früher nur die ältesten und grössten Familien den Titel »Daimo« (Fürst) inne hatten; diese Familien stehen auch heutzutage noch bei den Japanern in grösstem Ansehen.

Am 18. April machte ich mit Rikscha eine Spazierfahrt durch die Stadt. Die Adjustirung der zum Ziehen des Wagens bestimmten zwei Leute bestand aus einer Kopfbedeckung, deren weisser flacher Deckel nach innen zu ein leichtes Rohrgestell hat, welches den Kopf frei erhält, dann aus einem Wollhemd, einer blauen Blouse und einer Art von Leinenschwimmhose. Der eine der beiden Rikschas lief in der Wagengabel, und der andere zog den Wagen zwei Meter voraus an einem Stricke, welchen er über eine Schulter und die Brust geschlungen hatte. Ich begab mich in meinem Gefährte sodann zu dem Bazar, wo ich die verschiedenen Kaufläden aufmerksam musterte. Dieser Bazar steht indess hinter jenem in Kobe entschieden zurück, sowohl was die Menge als auch die Qualität der Waaren betrifft.

 

Nach dem Tiffin setzte ich in dem mit Pferden bespannten Wagen des Geschäftsträgers meine Besuche von Tags zuvor fort.

Bei diesem Anlasse möchte ich einige Worte über die japanischen Privatwagen und über die eigenthümliche Aufgabe sagen, welche den Bedienten bei den dortigen Equipagen zufällt. Die Wagen sind nach europäischem Muster, aber, mit wenig Ausnahmen, nicht sehr elegant gebaut; Kutscher und Bediente haben dann und wann goldbetresste Cylinder und auch mit Wappenknöpfen versehene Livréen, doch in der Mehrzahl der Fälle sieht man dieselben in einer kleidsamen japanischen Tracht. Der japanische Bediente schwingt sich, bevor der Wagen zu einer Wendung, zu einer Kreuzung des Weges oder in's Gedränge kommt, während des Trabfahrens von demselben herunter, läuft vor dem im Trab weiterfahrenden Wagen voraus, um den Weg freizumachen, oder um dem Kutscher ein Zeichen über entgegenkommende Hindernisse zu geben, läuft dann noch so lange mit den Pferden, bis dieselben wieder vollkommen freie Bahn haben, und springt sonach auf den Bock oder auf den Rücktritt hinauf. Dieses Auf- und Abschwingen, sowie das Mitlaufen der Bedienten wiederholt sich bei der Fahrt so häufig, dass dieselben sicher ein Drittheil, wenn nicht die Hälfte des ganzen Weges zu Fuss zurücklegen.

Bei Galafahrten der hohen japanischen Persönlichkeiten laufen etwa 20 Schritte vor den Pferden zwei, vier bis sechs Vorläufer voraus.

Am 19. April fuhr ich Vormittags abermals in den Strassen der Stadt herum, um ein richtiges Bild von derselben zu erhalten.

Tokio, die Hauptstadt Japans, hat gegen zwei Millionen Einwohner, nimmt einen Flächeninhalt von 250 km² auf gewelltem und von Wasserläufen durchzogenem Terrain ein und hat einen Umfang von 65 km. Diese riesenmässige Ausdehnung kommt hauptsächlich daher, weil der kaiserliche Palast mit seinen Nebengebäuden und seinem Parke einen Flächeninhalt von etwa 8 km² hat und in der Mitte der Stadt liegt, weil sich überhaupt sehr viele Paläste mit ausgedehnten Gärten im Weichbilde der Stadt befinden, und weil beinahe sämmtliche Häuser nur ein Stockwerk hoch sind. Die Stadt ist elektrisch beleuchtet, von Pferde- und elektrischen Bahnen durchzogen, und besitzt ein sehr umfangreiches Telegraphen- und Telephonnetz. Die grossen Verkaufshallen trifft man vereint nur in der Strasse Naka döri und dann in den mit derselben parallel laufenden Strassen Kyöbashi und Nihonbashi an, – mehrere andere liegen zerstreut in den übrigen Stadttheilen. Bei dem Umstande, als in Tokio weit weniger Kaufleute etwas Englisch sprechen als in Kobe und Yokohama, und dieselben auch für die Fremden die Preise viel höher ansetzen als in den genannten beiden anderen Städten, so ist es rathsamer, die Haupteinkäufe nicht in Tokio zu machen. Mit Rücksicht auf die so grosse Ausdehnung der Stadt ist die Besichtigung der vielen Sehenswürdigkeiten nur mit einem bedeutenden Zeitaufwande möglich, und so musste ich zu meinem grossen Bedauern, bei meinem nur auf zehn Tage bemessenen hiesigen Aufenthalte, darauf verzichten, mir Alles gründlich anzusehen. Besonders leid that es mir, dass ich nicht dazu kam, in den grossen Ueno-Park (mit dem darin befindlichen Landesmuseum) und in den botanischen Garten zu fahren.

Auf meinen vielen Wanderungen und Fahrten durch die Stadt fesselte manches schöne und ganz im modernen Stile erbaute Palais meine Aufmerksamkeit; von diesen Palästen dienen viele öffentlichen Zwecken.

Nach dem Tiffin holte mich der Interprête der Gesandtschaft ab, um mich in das Militärmuseum zu geleiten, welches mit der Bahn in etwa 20 Minuten zu erreichen ist. Das Museum ist in einem nicht sonderlich grossen Gebäude untergebracht, welches in einem durch seinen Baumwuchs interessanten Garten liegt. In den betreffenden Sälen gab es viel altes Rüstzeug, und zwar fratzenhafte Gesichtsvisire und Kopfhelme, schwerfällige, aber schön gearbeitete Brust- und Rückenpanzer, Schwerter, Speere, Keulen u. s. w.; dann waren altartige Schiesswaffen aller Art aufgespeichert, neben welchen koreanische Bronzekanonen standen, und den Schluss bildeten sehr viele, im letzten Kriege eroberte chinesische Kanonen, Gewehre und Fahnen. Diese chinesischen Waffen zeigen in ihrem Material und ihrer Construction die entsetzliche Vernachlässigung der Wehrmacht im chinesischen Reiche. Die Gewehre und Kanonen gehören meist ganz verschiedenen und veralterten Systemen an; da sieht man Gewehre, deren Läufe durch die abgegebenen Schüsse stellenweise ganz ausgeweitet und auch zersprungen sind, und dort erblickt man Kanonen von ganz unglaublichen Formen, von schlechtem Material und noch schlechterer Erzeugung. Ein Krieg gegen eine mit solchen Waffen ausgerüstete Armee muss dem Gegner, wenn er nur halbwegs gut und gleichmässig bewaffnet ist, zum Siege verhelfen. In einem Saale dieses Museums prangen die in Lebensgrösse ausgeführten Oelgemälde aller hohen japanischen Officiere, welche den letzten Krieg gegen China mitgemacht haben.

In dem an das Museum sich anschliessenden Garten steht der sehenswerthe Shökonsha-Tempel, von dem aus man in der Vogelperspective einen grossen Theil von Tokio überblickt. In unmittelbarer Nähe hieran dehnt sich der hauptstädtische Rennplatz aus, von welchem eine breite Strasse zu einem freien Platz führt, der eine grosse Bronzestatue eines berühmten japanischen Patrioten schmückt. Es ist das erste Mal, dass hier zu Lande einem verdienten Manne ein Monument errichtet wurde.

Das Diner nahm ich bei dem Obersthofmeister der Kaiserin, Grafen K., ein, zu welchem auch unter anderen Gästen ein katholischer Geistlicher zugezogen war – gewiss ein schönes Zeichen von Toleranz und fortschrittlicher Denkungsart. Der Graf bewohnt ein sehr elegant eingerichtetes Palais, welches im europäischen Stile montirt ist. Er besitzt zwei Töchter, von welchen die ältere die Obersthofmeisterin der Kaiserin ist und im Hause ihres Vaters die Frau des Hauses repräsentirt, nachdem ihrer Mutter Gesundheitszustand es schon seit langer Zeit nicht zulässt, sich in Gesellschaften zu zeigen. Der Ton während des ganzen Abends war ein durchaus sehr feiner und den europäischen Anschauungen nach vollständig angemessen, und ebenso waren Dienerschaft, Einrichtung, Service und das Diner nach europäischem Geschmacke sehr gut hergerichtet. Ich hebe dies besonders hervor und lasse auch die Beschreibung des Diners folgen, weil ich im Gegensatze zu den Erfahrungen, welche ich auf den Eisenbahnen gemacht habe, doch auch nachweisen muss, dass in vielen hohen Kreisen die gute Sitte und die Civilisation in bester Weise eingedrungen ist.

Das Speisezimmer des Grafen K. reiht sich den anderen Salons würdig an. Die Tafel war im europäischen Geschmack prachtvoll gedeckt und mit kunstvollem Porzellan, Glas, wappengeschmückten Silber- und Goldbestecken, Goldschüsseln und in der Mitte mit einer Jardinière ausgestattet, welche mit den blütenreichen Zweigen des japanischen fruchtlosen Kirschenbaumes derart umwunden war, dass dieselben den Eindruck machten, aus der prächtigen Vase herausgewachsen zu sein. Im Verlaufe des Diners folgte noch ein zweites Porzellanservice von wundervoller alter Arbeit, welches jeden Kenner entzücken musste. Zum Schlusse der Mahlzeit wurde als kleine Aufmerksamkeit für mich ein alter Tokayerwein servirt. Beim schwarzen Kaffee und einer guten Cigarre besah ich mir noch eingehend die vielen Kunstschätze, die allenthalben aufgespeichert waren. Graf K. zeigte mir auch mit sichtlichem Vergnügen eine ziemliche Anzahl Photographien von unseren Majestäten und von anderen erlauchten Mitgliedern unseres Kaiserhauses, welche Bilder in seinem Besitze sind. Den Schluss des Festes bildete ein recht unterhaltendes kleines Gesellschaftsspiel mit französischen Karten, welches bis gegen Mitternacht währte.

Am 20. April begegnete ich Vormittags bei einer Spazierfahrt verschiedenen Infanterie- und Cavallerie-Abtheilungen. Die Adjustirung des japanischen Militärs ist gut, nett und rein. Die Infanterie zeigte gute Haltung und stramme Disciplin, die Cavallerie konnte mir aber in keiner Hinsicht gefallen, denn der einheimische Pferdeschlag ist elend, die Pferde sind klein, schwerfällig und ganz ohne Energie. Dieselben können daher auch unmöglich nur zu halbwegs brauchbaren Cavalleriepferden abgerichtet werden, und dies umsoweniger, als die Japaner absolut kein Reitervolk sind, und dermalen, was Sitz, Führung und Einwirkung anbelangt, sehr Vieles zu wünschen übrig lassen.

Ich überlegte nun, welche Race von Pferden zur Hebung der Pferdezucht in Japan wohl am besten und zweckdienlichsten wäre, und kam nach Erwägung aller einschlägigen Factoren zu dem Resultate, dass eine wirkliche und gedeihliche Aufbesserung der hiesigen Pferde am ehesten durch unsere Lipizzaner erzielt werden könnte. Die Begründung hierfür ist eine gegebene und einleuchtende. Die Lipizzaner stehen an Grösse einigermassen dem japanischen Pferde näher als andere Racen; sie sind sehr gut gebaut und fundamendirt, ausdauernd und zähe, an heisse Sommer gewöhnt und besitzen vor Allem im hohen Grade die Energie, welche dem hier einheimischen Pferdeschlage noththut.

Gegen Abend besichtigte ich in Gesellschaft von Bekannten einen Theil der Stadt, wo in hell erleuchteten Strassen die ebenerdigen Fronten der Häuser gegen die Strassenseite mit Holzstäben abgeschlossen sind, hinter welchen sich japanisch eingerichtete Salons zeigen. Längs der Wände dieser Salons sitzen auf Polstern nebeneinander junge japanische Mädchen, mehr oder weniger hübsch, aber jedenfalls sehr reich gekleidet, welche den Vorübergehenden zur Schau ausgestellt sind. Die in diesen käfigartigen Kammern eingeschlossenen Mädchen sehen meist unschuldig in die Welt hinaus, wobei sie aus ihren kleinen Tabakpfeifchen rauchen, oder mit Zuhilfenahme des Toilettetäschchens, welches jede Japanerin stets bei sich führt, ihren Teint mit Puder, die vorderen Theile der Lippen mit Purpur oder das Haar mit einem kleinen Kamme zurecht richten. In diesen, uns Europäer wohl höchst fremdartig und seltsam berührenden Strassen wanderte ich wohl eine Stunde lang herum, reichte hin und wieder den Mädchen durch das Gitter kleine Cigarettenschachteln, und lernte da einen Theil des japanischen Volkslebens kennen, von welchem wir uns in Europa keinen Begriff machen können. Es ereignet sich nicht selten, dass solche Mädchen von ihren Liebhabern aus diesen Häusern losgekauft und dann geheiratet werden, ja es wurde mir erzählt, dass sogar japanische Officiere mitunter sich hier ihre Gattin aussuchen. Das würde nur klar beweisen, dass in Japan die Begriffe von unserer christlichen Moral gänzlich fehlen, und dass in diesem Punkte die Civilisation noch sehr im Argen liegt.

Am 21. April ging ein ziemlich starker Regen nieder, und ich benützte den Vormittag gerne dazu, um Notizen über die vergangenen Tage zur Fortsetzung meines Tagebuches einzutragen. Ausserdem schrieb ich an die mir vielseitig gerühmte Verkaufshalle von Kuhn & Cie., eines Wieners, in Yokohama, er möge mir eine Collection seiner Waaren, welche sich zu Geschenken eignen, im Gesammtwerthe von 100 Yen = 120 fl. zusammenstellen, damit ich dieselben in nächster Zeit besehen und eventuell kaufen könne. Auch sandte ich ein Schreiben an die Agentie der Messagerie maritime in Yokohama ab, um mir auf dem am 27. April von dort nach Kobe verkehrenden Dampfschiffe einen Platz erster Classe reserviren zu lassen, eine Vorausbestellung, welche aus dem Grunde nöthig erschien, weil diese Dampfschiffe oft nicht alle eintreffenden Passagiere aufnehmen können.

Für Nachmittag hatte ich den Besuch der landwirthschaftlichen Universität in Komaba in Aussicht genommen, um dieselbe zu besichtigen und die mir zugesagten Baumsamen abzuholen. Da der Legationsrath der hiesigen deutschen Gesandtschaft Graf W. an meinem Projecte lebhaftes Interesse genommen hatte, so wurde verabredet, uns an diesem Nachmittag gemeinsam nach Komaba zu begeben. Nach dem Tiffin war ich aber des anhaltend schlechten Wetters halber noch unentschlossen, dieses Vorhaben zur Ausführung zu bringen. Als jedoch Graf W. trotz Jupiter pluvius mit seinem Wagen ankam, traten wir nun zusammen unsere Fahrt an. Bei dem durch den Regen aufgeweichten, thonigen Erdreiche waren die Strassen recht schlecht geworden, und die Pferde mussten grosse Anstrengungen machen, um uns weiter zu bringen. Nach anderthalb Stunden langten wir endlich glücklich bei der Universität an, wo uns die Professoren Dr. Bieler und Dr. Honda auf das Freundlichste empfingen. Ich erhielt meinem Wunsche gemäss eine reichhaltige Sammlung von Samen für Bäume, welche von den beiden obgenannten Herren vorher ausgewählt und mit zwei erläuternden Listen versehen worden war. In zwei ansehnlichen Säcken befanden sich 22 Sorten von Baumsamen, jede Sorte numerirt und besonders in einem kleinen Beutel aufbewahrt; dann waren auf einer Liste nummernweise die lateinischen Namen der Sorten und in der zweiten Liste die Bestimmungen für die Anpflanzung und für die Behandlung der jungen Bäumchen sehr klar und genau angegeben. Ich hatte über diese so reiche und vorzüglich gut zusammengestellte Gabe eine sehr grosse Freude, und versprach den Professoren, da dieselben für die Samen keine Bezahlung annehmen wollten, ihnen von Oesterreich-Ungarn aus Samen von dort heimischen Bäumen und Pflanzen zu senden. Da die Zeit für die Anpflanzung schon weit vorgeschritten war, so benützte ich die nächste Post zur betreffenden Versendung, und so gelangten dieselben zum Zwecke von Versuchen an die landwirtschaftliche Anstalt in Klagenfurt und an verschiedene Verwandte und Bekannte, welche grössere Gütercomplexe besitzen.

 

Obzwar der Regen nicht nachlassen wollte, schickten wir uns dennoch an, die Universitätsbaulichkeiten, sowie den Versuchsgarten in Augenschein zu nehmen.

Die Anstalt verfügt über einen sehr ausgedehnten Raum. In dem Garten werden viele Versuche in mannigfaltigen Arten mit grosser Sorgfalt gemacht. In den Gebäuden befinden sich die Lehrsäle, die Säle mit den Sammlungen, die Locale für chemische Versuche u. s. w. Das Ganze macht einen vortrefflichen Eindruck.

Bei unserem Rundgange lernte ich einen dort weilenden deutschen Professor und Doctor der Thierarzneikunde kennen, mit welchem ich mich des Längeren über die Pferdezucht in Japan unterhielt. Auch seiner Ansicht nach bedürfen die Pferde in Japan dringend einer Aufbesserung, und es haben die bisher gemachten Versuche wegen der unrichtigen Auswahl der Hengste nur unbefriedigende Ergebnisse geliefert. So z. B. waren die Versuche mit Trakehner-Hengsten, welche für die hiesigen Stuten durchaus nicht passen, gänzlich missglückt – bessere Erfahrungen habe man mit der erst vor Kurzem begonnenen Kreuzung mit ungarischen Hengsten gemacht, doch können wirklich gute Resultate nur von der Verwendung der Lipizzaner Hengste erwartet werden. Ich war erfreut darüber, dass der Professor die gleiche Anschauung mit mir theilte. Nachdem wir den uns begleitenden Professoren für ihr freundliches Entgegenkommen bestens gedankt hatten, fuhren wir bei Wind und Regen heimwärts.

Am 22. April benützte ich Vormittags die Bahn nach Yokohama und besuchte dort unseren Consul, wo ich zufällig auch den Commandanten des Lloyddampfers Marquis Bacquehem antraf, mit welchem ich die Rückreise von Kobe aus antreten wollte. Dann fuhr ich in die Samenhandlung Böhmer & Cie., welche von einem Deutschen, Dr. Unger, geleitet wird. Auch an diese Handlung hatte ich mich seinerzeit schriftlich um Beschaffung von Baumsamen gewendet. Dr. Unger hatte mir aber keine diesbezügliche Zusammenstellung gemacht, und behauptete, dass solche Samen nur im allerersten Frühjahre von ihm versendet werden. Im weiteren Verlaufe des Gespräches erzählte er mir, dass er über Auftrag der deutschen Colonie in Kiautschau eine grosse Menge von Waldbaum-Samen dorthin expedirt habe, weil im genannten Districte viel aufgeforstet werden soll. Es schien mir hieraus zur Evidenz hervorzugehen, dass Dr. Unger überhaupt keinen Vorrath an dem gesuchten Samen mehr hatte, und mir folgerichtig auch keinen verkaufen konnte. Er übergab mir aber einen Preiscourant für Sämereien sammt Abbildungen, und sagte mir über meine Bitte zu, mehrere solche Exemplare an diverse Anstalten und Privatpersonen in Oesterreich-Ungarn senden zu wollen.

Zum Schlusse suchte ich die Verkaufshalle von Kuhn & Cie. auf. Kuhn, wie schon früher bemerkt, ein Wiener, ist bereits seit etwa 40 Jahren in Yokohama etablirt und gehört dort unbedingt zu den ersten Kaufleuten. Sein Ruf ist ein sehr guter, und allem Anscheine nach mag er sich schon dort ein beträchtliches Vermögen erworben haben. Die Collection, welche er mir zusammengestellt hatte, war sehr schön und vielfältig. Als ich dann die Preise jedes einzelnen Gegenstandes mit jenen Preisen verglich, welche in den anderen Verkaufshallen für ähnliche, aber nicht so gut angefertigte Gegenstände gefordert wurden, erkannte ich, dass man bei Kuhn & Cie. am besten, solidesten und billigsten seine Einkäufe besorgt. Ich erstand die ganze Collection zu dem gebotenen Preise und ertheilte den Auftrag, die Gegenstände in einem in Japan erzeugten, sehr praktischen, geflochtenen Koffer zu verpacken und denselben an Bord des eben in Yokohama verankerten Lloydschiffes Marquis Bacquehem spediren zu lassen.

Nach erfolgtem Ankaufe besah ich mir noch die anderen, theilweise sehr werthvollen Gegenstände, welche zum Verkaufe ausgestellt waren, darunter Credenzen, Schreibtische, Broderien, Stoffmalereien etc. Die Feinheit und Eleganz der Ausführung überraschte mich ebenso, als mich der verhältnissmässig billige Preis in Erstaunen versetzte. Ich konnte es nur bedauern, dass ich nicht über die erforderlichen Mittel verfügte, um auch einige dieser sehr werthvollen Objecte mit mir zu nehmen.

Nach dem eingenommenen Tiffin bei unserem Consul fuhr ich mit ihm und seinen anderen Gästen zu dem Rennplatze bei Yokohama, wo an diesem Tage die Pferde für die am 8., 9. und 10. Mai abzuhaltenden Rennen trainirt wurden. Ich sah dort etwa 50 Pferde, und darunter nicht eines, welches ich besitzen möchte. Die Pferde waren entweder sehr klein und dabei plump, oder sie waren gross und dabei hochbeinig, ohne Tiefe des Körpers, manche mit zu kurzem Halse; einige Thiere waren wohl schneidig, aber sehr fein, andere hatten einen zu schweren Kopf, mit einem Worte, kein einziges war von jenem Schnitte, von dem wir die guten Reitpferde bei uns sehen. Die Jockeys sind Japaner oder Chinesen und gleichen den englischen Jockeys nur durch ihre Benennung und einigermassen durch ihre Kleidung.

An jedem der drei oben angeführten Tage sollen neun Rennen abgehalten werden, bei welchen der Sieger einen Ehrenpreis und die Einsätze erhält. Die Einsätze sind im Allgemeinen auf 10 Yen = 12 fl. fixirt. Die Rennen sind getheilt in jene für chinesische Pony und in jene für die australischen Pferde, und werden alle mit Gewichtsausgleich geritten, wobei es, so wie bei uns, für Maiden oder Gewinner Gewichtsermässigungen oder Erhöhungen gibt. Die Distanzen sind für die chinesischen Pony mit 800-1000 m und für die australischen Pferde mit 1200-2400 m festgesetzt.

Des Abends kehrte ich wieder nach Tokio zurück.

Sonntag, den 23. April, begab ich mich mit dem Geschäftsträger und seiner Frau in die katholische Kirche, wo derselbe Geistliche, mit dem ich sowohl auf unserer Gesandtschaft als beim japanischen Obersthofmeister Grafen K. dinirt hatte, die Messe celebrirte. Die Kirche liegt an der äusseren Grenze der Stadt, ist ein kleiner Holzbau mit einem winzigen Thurme, und wird sammt dem angrenzenden, ebenfalls recht kleinen Pfarrhause von Bäumen förmlich versteckt. Im Innern ist die Kirche sehr bescheiden ausgestattet und besitzt als einzige Zier nur einige bemalte Fenster. Ausser uns Dreien wohnten noch ein Professor mit seiner deutschen Frau und seinen beiden Knaben, welche dem Geistlichen ministrirten, und etwa acht Japaner der Messe bei. Nach dem Gottesdienste besuchten wir den Pfarrer in seiner Wohnung, und wurden von ihm mit Kaffee und Kuchen bewirthet.