Za darmo

Reise in Südamerika. Zweiter Band.

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Jener Beweis, daß es nicht geregnet hat seit die Küste sich aus dem Meere gehoben hat, ist folgender:

Etwa fünfhundert Schritte vom Ufer der See, d. h. von dem Punkte, an welchen jetzt noch die höchsten Fluthen reichen, befindet sich eine Felsgruppe, Dolerit und Felsitporphyr, deren ganzes Aussehen ergibt, daß sie im glühenden Zustande rasch abgekühlt worden, und, ohne Zweifel in Folge dessen in eine unzählige Menge kleinerer und größerer unregelmäßiger aber noch vollkommen scharfkantiger Bruchstücke gesprungen ist.

Diese Bruchstücke aber sind mit Seesalz verkittet, und die ganze Bildung steht durch nichts geschützt unter freiem Himmel. Diese Salzmasse ist während der Hebung des Gesteins als Seewasser in die Klüfte desselben gedrungen, ist verdampft und hat so die Verkittung bewerkstelligt.

Es läßt sich der Beweis stellen, daß die Hebung jenes Felsens gleichzeitig mit dem Hauptgebirgszuge der Küste geschehen ist. Ich habe dieß an einem andern Orte gethan, und spare hier die weitere Entwicklung, aber ich mache darauf aufmerksam, daß ein einziger Regen jenes verkittende Seesalz vollständig aufgelöst haben würde. Da dieß letzte aber nicht geschehen ist, so kann es nicht geregnet haben seit der Entstehung jenes Felsens.

Jene Flußbette aber, deren ich erwähnte, geben Zeugniß von großen Wassermengen, welche das Land in früherer Zeit durchströmten, aber diese Ströme verdanken ihren Ursprung nicht regelmäßigen Quellen und meteorischen Wassern, welche sich über das Land ergossen haben, sondern periodisch geschmolzenem Schnee der Andeskette, wie ich schon vorher angedeutet habe.

Unweit Tocopilla findet sich ein solches Flußbett. So weit mir die Umständen erlaubten jenes Thal zu besuchen, nämlich eine Strecke von etwa drei Wegstunden, ist dasselbe mit Geschieben bedeckt, welche aus Grünsteinformen und syenitischem Gesteine bestehen, dem schon vorher geschilderten sehr ähnlich. Man bemerkt aber deutlich, daß diese Gerölle keinen sehr weiten Weg zurückgelegt haben, sie sind von nicht sehr entfernten Gehägen herabgestürzt, und nicht sehr bedeutend abgerundet. Aber es zeigen sich an einigen Stellen des Bodens Durchschnitte, welche beweisen, daß zu gewissen Zeiten heftige und verstärkte Strömungen stattgefunden haben müssen, denn sehr wahrscheinlich sind die Furchen, an welchen man diese Durchschnitte beobachten kann, durch die letzte größere Wassermasse gezogen worden, welche ihren Weg durch das Flußbett genommen hat. Es zeigen diese Durchschnitte mehrfache Schichten in verschiedener Mächtigkeit, welche von mehreren Zollen bis zu eben so viel Fuß wechseln. Das Liegende dieser einzelnen Schichten bilden größere, oft nur wenig gerundete Gesteinsfragmente, die gegen das Hangende zu stets kleiner, abgerundeter und kiesartig werden, bis sie endlich selbst in Sand übergehen, worauf dann gegen oben dieselbe Reihenfolge einer neuen Schicht beginnt.

Es ist also eine plötzlich bedeutende verstärkte Wassermasse durch das Thal geströmt, sie hat anfänglich alle Gesteinsfragmente mit sich fortgerissen, welche in ihrem Wege lagen, aber nach und nach schwächer werdend, ließ sie die größeren Gesteinstrümmer liegen und deßhalb sind diese auch meist nur wenig abgerundet. Mit dem fortwährenden Fallen der Wassermenge blieben immer mehr und mehr Geschiebe liegen, welche nicht mehr mit hinweggeführt werden konnten, bis endlich der Sand allein vom Wasser bewegt wurde.

Wohl verliefen sich dann die Wasser gänzlich, bis nach längerer oder kürzerer Zeit eine plötzlich vom Gebirge strömende neue Wassermenge die eben betriebene Reihenfolge der Schichten vergrößerte, bisweilen aber vielleicht auch einen Theil der bereits abgelagerten hinwegführte.

An einer Stelle jener Thäler habe ich dieß sehr schön beobachten können. Ein Felsblock von etwa 15 Fuß Breite und 20 Fuß Länge geht aus dem kiesigen Grunde des alten Flußbettes zu Tage, und bildete zur Zeit, als Wasser dasselbe durchfloß, ohne Zweifel eine Klippe. Hinter demselben, im Sinne der Stromrichtung, befindet sich eine solche in Schichten getheilte Geröllablagerung, welche an der Seite, mit welcher sie sich an den Felsen anlehnt, eben so mächtig ist als jene, weiter hinaus aber sich abflacht. Es hat nun die letzte große Wassermenge, welche das Thal durchströmte, um die Klippe her einen Theil der vorher abgesetzten Geschiebe wieder entfernt, aber hinter der Klippe wurden sie durch dieselbe geschützt, und haben sich erhalten. Es geht zugleich hieraus hervor, daß diese letzte Fluth ohne Zweifel eine sehr bedeutende gewesen ist.

Wäre es möglich gewesen, Nachgrabungen anzustellen bis auf die Sohle des mit Gerölle und Sand theilweise ausgefüllten Flußbettes, so hätte sich ohne Zweifel die Zahl der periodischen Fluthen, annähernd wenigstens, errathen lassen, mir aber, der ich vereinzelt dastand, und allein angewiesen war auf meine eigenen Mittel und Kräfte, war solches unmöglich. Der Fall dieses Flußbettes ist übrigens ein sehr starker gewesen, und an Stellen, wo ich Messungen anstellen konnte, fand ich 2°-3°.

Die Hauptrichtung, welche das Thal verfolgt, ist von West nach Ost, indessen treten natürlich einzelne Krümmungen auf und auch die Breite desselben ist eine verschiedene, an manchen Stellen dreißig bis vierzig Schritte, an andern Orten wieder breiter.

Unweit der Bai dehnt sich das Flußbett bedeutend aus, wie dieß bei fast allen Flüssen der Fall ist, welche sich in's Meer ergießen, und es muß hier das von den Bergen kommende Wasser eine Ausdehnung von 500 bis 600 Schritten gehabt haben, wie die Gerölle und Geschiebe zeigen, welche dort allenthalben verbreitet sind, und welche sich scharf scheiden lassen von den Geschieben, welche die See an's Land geworfen hat, da letztere stets mit einer Unzahl organischer Reste gemengt sind.

Es ist durch die oben erwähnte Verkittung der Gesteinsfragmente, welche unter freiem Himmel stehen, wie ich glaube bewiesen worden, daß es, seit Hebung jenes Theils der Küste nicht daselbst geregnet hat.

Durch die Untersuchung des alten Flußbettes aber hat sich ergeben, daß mächtige und periodisch wiederkehrende Fluthen das Land durchströmten, welche ohne Zweifel plötzlich geschmolzenen Schnee der Anden ihren Ursprung verdankten, oder indirekt gewaltigen Ausbrüchen der Vulkanreihe jenes Gebirgs, durch welche theils Schnee und Gletschereis geschmolzen, theils auch mächtige Regengüsse, vulkanische Gewitter, oberhalb des Gebirgs sich entleerend, hervorgerufen wurden.

Nachdem ich die Gesammtschilderung der Bai dem Leser vorgeführt habe, so gut es mir möglich gewesen, mag es mir erlaubt sein, von einigen Excursionen und den Erlebnissen einzelner Tage zu erzählen.

Diese Berichte mögen als Ergänzungen angesehen werden zu dem Vorhergesagten, als erläuternde Beiträge zum Leben und Treiben in jenem entlegenen Winkel der Erde, und zu den Schilderungen der Landschaft selbst, welche ich versucht habe.

Einen der ersten Ausflüge unternahm ich zusammen mit Kapitain Müller, der, wie ich, sich als Passagier am Bord des Dockenhuden befand, indem wir die nördlich an der Bai gelegenen Wohnungen einiger Fischer aufsuchten.

Der Weg zu ihren Hütten führt längs des Strandes dahin, und der bereits geschilderte Charakter der Bai selbst ist auch hier, in weiterem Verlaufe der Küste derselbe. Am Ufer der See, und bisweilen ziemlich weit in's Land reichend, besteht der Boden an mehreren Orten fast einzig aus Muschelgrus, während an anderen Orten wieder mehr Geschiebe vorherrschen, welche indessen stets mit Fragmenten von Schaalthieren gemengt sind. An manchen Stellen findet sich auch magneteisenhaltiger Sand, mit noch wohlerhaltenen kleinen Oktaedern von Magneteisenstein. Die kegelförmigen doleritischen Formen bilden längs des Strandes die einzige Abwechslung, indem sie hier den Boden durchbrechen und in mehrerlei Gruppen aus demselben hervorgehen. Etwa auf dem halben Wege von der Bai aus bis zu jenem Fischerdorfe, mußten wir einen mauerartigen Wall übersteigen, der von diesem Felsen gebildet wird, und welcher von der See bis an das Küstengebirge reicht. Ich fand an jenen Felsen zwei Species einer Salsola, und Halana paradoxa, welche in einigen Exemplaren an den Klüften des Gesteins kümmerten, und die bescheidenen Repräsentanten der ärmlichen Flora, sowohl der Bai als auch der umliegenden Küstengegend waren, mit Ausnahme jenes bereits erwähnten großen Cereus.

Durch einen Zufall fand ich dort zuerst einen hübschen Seestern, Asteracanthion helianthus, welcher, wie sich herausstellte, ziemlich häufig an den aus der See ragenden Felsen festsitzt. Ich schoß nämlich mit einer kleinen Kugelbüchse, welche ich meist bei solchen Excursionen bei mir trug, einen ziemlich hoch über uns streichenden schwarzen Aasgeier. Das Thier kämpfte eine Zeit lang in der Luft, und stürzte dann auf der Seeseite herab, indem es auf eine aus dem Wasser hervorragende Klippe fiel, dort noch einige Augenblicke stehen blieb und dann niederstürzte.

Wer je gejagt hat, weiß, daß es weniger ärgerlich ist, gefehlt zu haben, als ein erlegtes Thier verlieren zu müssen. So wadete ich denn in's Wasser um die Klippe zu erreichen, da Ebbe war und ich das Wasser nicht tief wähnte. Als ich indessen bis an den Gürtel im Wasser stand, fing mich dasselbe zu heben an, und ich sah, daß ich schwimmen mußte. Ich ging mithin zurück, entkleidete mich, und begann meinen Weg auf's Neue. Ist die See ruhig und gerade keine starke Brandung, so mag auch ein wenig geübter Schwimmer Aehnliches unternehmen. Ich selbst habe später öfter solche Felsen schwimmend erreicht, bin nie in irgend eine Fährlichkeit gerathen, und denke noch mit Vergnügen an jene Bäder zurück, welche das außerordentlich Angenehme haben, daß namentlich anfänglich das Wasser höchst behaglich warm ist.

Als ich den Felsen erreicht hatte, und an demselben emporgeklommen war, fand sich, daß der Geier verschwunden und bereits etliche fünfzig Schritte weiter außen in der See trieb. Er war ohne Zweifel unweit des Randes der Klippe niedergefallen, und während des letzten Todeskampfes in's Wasser gestürzt. Ich fühlte mich nicht berufen noch weiter seewärts Schwimmübungen anzustellen, untersuchte statt dessen den Felsen näher, und fand jenen Seestern in den Klüften festsitzen. Ich habe später von dieser und von andern ähnlichen Klippen schöne Exemplare geholt, mußte aber für dießmal mich mit der Entdeckung begnügen, da ich die Hände zum Schwimmen brauchte, und Nichts weiter bei mir hatte um die Thiere an's Land zu schaffen.

 

Als ich mich eben anschickte, landwärts zu schwimmen, sah ich Kapitain Müller auf eine ganz eigenthümliche Weise auf den Felsen der Küste umherspringen. Offenbar haschte er nach irgend etwas, denn ich konnte wahrnehmen, daß er bisweilen die Botanisirkapsel öffnete, und dann wieder seine Jagd fortsetzte. Am Ufer angekommen, sah ich hunderte von Eidechsen, welche mit Blitzesschnelligkeit auf den schwarzen Felsen und Geröllen der Küste umherliefen und diese waren es, welche der wackere Kapitain verfolgte, um für meine Sammlung einen Beitrag zu liefern. An jenem Tage und später gelang es mir, mehrere lebend zu bekommen und ich habe sie bis nach Kap Horn erhalten, wo sie, trotzdem, daß ich den Behälter, in welchem ich sie verwahrte, mit in meine Koje nahm, dennoch ohne Zweifel der Kälte erlagen.

Es ist eine Schuppeneidechse, welche einen Schuh lang und wohl noch größer getroffen wird. Sie ist grau und braun gefleckt, fünfzehig und hat lange, scharfe Krallen. Ihre Nahrung besteht aus kleinen Muscheln, aus Krabben, welche die See auswirft und aus einer kleinen Fliege, welche ebenfalls am Strande lebt. Sie hascht ihren Raub mit vieler Behendigkeit und raschen Sprüngen, und beißt heftig um sich, wenn man sie faßt, aber es dringt der Biß kaum durch die Haut und ist vollkommen schmerz- und gefahrlos. In der Gefangenschaft fressen sie noch einige Zeit Fliegen, bleiben aber stets wild und ungeberdig. Ich habe später an einigen andern felsigen Parthien der Küste ebenfalls einige Exemplare derselben Species getroffen, aber nie in so ungeheurer Menge als dort, wo der Boden buchstäblich mit diesen Thieren bedeckt war.

Wir erreichten endlich die Hütten der Fischer, und ich hatte dort zum erstenmal Gelegenheit die eigenthümliche und sicher höchst einfache Bauart jener Leute zu beobachten.

Man rammt vier Pfähle in die Erde, die man entweder von irgend einem Schiffer erworben, oder aus der See aufgefischt hat. Quer über diese werden vier andere Stangen gelegt, nicht selten die Stämme jenes mächtigen Cereus; die Wände und das flache Dach aber sind von alten Hadern zusammengesetzt, welche man über diese Stangen hängt und legt. Friedlich hängen hier Reste alter Packtücher, fragmentarische Kattunkleider der Senorita und allerlei, nach unsern Begriffen wenigstens, unentbehrliche und unaussprechliche Kleidungsstücke der Bewohner des Hauses, welche, abgelegt, sogleich ihre architektonische Verwendung finden, statt den Zähnen des Holländers anheim zu fallen.

Da es nie regnet, nie kalt wird, und man sich nur gegen die Sonne zu schützen hat, so erfüllen diese Wohnungen vollständig ihren praktischen Zweck, obgleich sie in etwas geringerem Grade den Anfordernden künstlerischer Schönheit entsprechen. Ich glaube, daß jene Fischer die ursprünglichen Bewohner der Bai sind, d. h. daß sie seit der Entdeckung der Westküste durch die Spanier dort wohnen, aber ob sie Reste der indianischen Bevölkerung, oder Abkömmlinge der Spanier sind, oder vielleicht Mischlinge von beiden, konnte ich nicht erfahren und es möchte dieß auch schwer zu entwickeln sein. Daß die Bai selbst schon in den früheren Zeiten bewohnt war, vor der Zeit der Spanier, und selbst vor der Zeit der Inka, werde ich übrigens später zeigen, ohne Zweifel aber hat der Fischreichthum derselben, von den frühesten Zeiten an, stets einige Menschen dort festgehalten.

Die spanische Sprache und Kattunkleider, welche die Weiber tragen, sind die einzigen Anzeigen von Kultur, wenigstens von europäischer, welche bei diesen Leuten angetroffen wird. Sie sind Christen, d. h. angeblich getauft, da aber ein Lehrer oder Priester, so viel mir bekannt, nie an jene entlegene Stelle der Küste kömmt, so weiß ich nicht, ob Christenthum und Architektur dort nicht auf gleicher Stufe stehen.

Der Fischfang wird theils mit Netzen betrieben, meist aber auch auf ziemlich patriarchalische Weise mittelst Harpunen. Man bedient sich hiezu der sogenannten Balzen. Es sind diese eigenthümlichen Fahrzeuge entweder aus zwei Stämmen des unendlich leichten Guayaquil-Holzes zusammengesetzt, welche der Länge nach nebeneinander durch einige Querhölzer mittelst Nägeln verbunden sind, oder aus zusammengenähten Häuten von Robben, indem man zwei Schläuche fertigt, welche ebenfalls an einander befestigt werden, und welche man aufbläst. Die auf solche Weise construirten Fahrzeuge sind an der Vorderseite etwas schmäler als an der hinteren, und auf diese Weise, vorzüglich aber wegen ihrer Leichtigkeit, gleiten sie leicht auf der Oberfläche des Wassers dahin. Zwei Personen finden zur Noth auf ein und derselben Balze Platz, indem sie mit gekreuzten Beinen hintereinander auf einer kleinen Decke sitzen, und während der eine rudert, harpunirt der andere die Fische, welche sich in den fangreichen Stellen der verschiedenen Buchten aufhalten.

Die Hauptnahrung jener Fischer ist eben diese ihre Beute, frisch und an der Sonne getrocknet, indessen bringen sie ihre Fische auch den Minenbesitzern und handeln von diesen Brod und andere unentbehrliche Dinge, Kleidungsstücke u. s. w. ein. Wir bestellten jenesmal einen der Fischer an unser Bord, und schon des andern Tages erschien derselbe, und brachte uns wirklich prachtvolle Fische. Ich habe eine ziemlich genaue Zeichnung der größern Art derselben entworfen und auch den Schädel derselben mit nach Europa gebracht, hier aber will ich nur erwähnen, daß die einzelnen Exemplare 18 bis 20 Pfunde wogen, und daß Kapitain Müller und ich in Abwesenheit des Kapitains, für einige Stücke Schiffsbrod dem Fischer etwa 120 Pfunde seiner Waare abhandelten, da er gebotenes Geld ausschlug. Auf den Felsen, unweit der Wohnungen jener Fischer, halten sich häufig Robben auf, und bisweilen gelingt es dieselben zu erlegen. – Wir sahen eine solche auf den aus der See ragenden Klippen sitzen und ich glaube, daß es phoca leonina und proboscidea war. Es war ein mächtiges Thier, braun-schwarz und wohl 20 Schuhe lang.

Da ich gerne den Schädel eines dieser Thiere besessen hätte, und auf der andern Seite auch Gelüste trug, eine Fahrt auf einer Balze zu versuchen, ließ ich mich auch vom Fischer auf seinem Fahrzeuge in die See rudern.

Ich mag wohl gestehen, daß jene Fahrt nicht eben besondere Annehmlichkeiten bot. Ich hatte die Schuhe ausgezogen, um im Nothfalle besser schwimmen zu können, und kauerte hinter dem Manne, indem ich meine Büchse möglichst vor dem allenthalben spritzenden Wasser zu schützen suchte. Es gewähren die Balzen allerdings den Vortheil, daß man über alle Wellen, und selbst über die höchsten Wogen der Brandung leicht hinwegkömmt, und eben so von dem an der Küste meist häufigen Tange nicht gehindert wird. Bedenklich aber erscheint wohl jedem, der eine solche Fahrt zum erstenmale mitmacht, die Nähe der See, und die Art, wie man das Gleichgewicht halten muß, um nicht in's Wasser zu fallen. Die Gefahr ist indessen nicht bedeutend, denn geschähe dies auch, so kann man leicht die Balze wieder erreichen, da ein Untergehen derselben unmöglich ist, insoferne die Blasenbalze aus Robbenhaut nicht etwa einen Leck bekäme. Wir ruderten rasch etwa 200 Schritte in die See und suchten uns dem Felsen zu nähern auf welchem die Robbe lag; diese aber stürzte sich weit außer Schußweite mit furchtbarem Gebrüll in's Wasser, und da eben kein weiteres Thier ersichtlich, und ich die Balzenfahrt versucht hatte, bedeutete ich meinem Fährmann umzuwenden. Ich kam ziemlich durchnäßt an's Ufer, gab dem Fischer einige Realen und die Hälfte meines Tabaks und versprach ihm für den Kopf einer Robbe einen Peso; indessen erhielt ich keinen, da die Thiere nur im Schlafe zu überfallen und mit Piken zu tödten sind. Ich bedauere jetzt, keinen der defekten Schädel mitgenommen zu haben, welche häufig am Strande zerstreut umher lagen, welche mir aber jenesmal nicht gut genug erschienen. Als wir am Abende am Bord kamen, hungrig und mit einer ziemlichen Anzahl von geognostischen Stufen beladen, welche ich auf dem Heimwege gesammelt, eröffnete uns der Kapitain, daß er auf den andern Tag ein Picknick mit dem amerikanischen Minenbesitzer in Mamilla verabredet habe und lud mich zur Theilnahme ein. Ich versprach sechs Flaschen Ale beizusteuern und um 6 Uhr des Morgens fertig zu sein und legte mich vergnügt zur Ruhe, indem ich hoffte, eine neue Stadt der Westküste kennen zu lernen, da Mamilla fast auf allen Karten als solche verzeichnet zu finden ist.

Wir verließen des andern Tags das Schiff bei guter Tageszeit und fuhren auf dem Boote des amerikanischen Minenbesitzers längs der Küste nach dem nordwärts gelegenen Mamilla. Die beiden Kapitaine, unser Obersteuermann, der Engländer, der Amerikaner und die Frau seines Oberaufsehers, das einzige Weib in den Kupferwerken, waren nebst mir die im Boote Befindlichen, während der Oberaufseher und ein Zollbeamter, welcher uns von Cobija aus zur Controlle beigegeben war, den Weg zu Pferde machten. Ein kleines Segel und unsere vier rüstigen Ruderer ließen das Boot pfeilschnell über die Wogen gleiten, und indem wir uns immer so dicht als möglich zur Küste hielten, war es mir leicht, mancherlei Beobachtungen anzustellen bezüglich der Form und des Verhaltens des Küstengebirges. Aber ich hatte dort auch Gelegenheit eine psychologische Beobachtung anzustellen, welche ich mittheilen will, so unbedeutend sie auch scheinen mag.

Neben unseren drei Matrosen war der vierte Ruderer ein Franzose, ein früher, wie es hieß, von einem Kriegsschiffe entflohener Matrose, und ein starker, kräftiger, ja schöner Mann, aber ersichtlich verwildert und nach dem Zeugniß seines Brodherrn, des Amerikaners, ein wüster, wilder und unbändiger Geselle. Er schien betrunken, und als noch dazu ihm unsere Matrosen eine schwere Sorte Kautabak gegeben hatten, gab er nach Art der Seekranken sichtliche Zeichen des Uebelbefindens von sich und man konnte wohl bemerken, daß ihm jammervoll zu Muthe. Indessen ruderte er unverdrossen fort und mit weit hinauf entblößten Armen. Auf einem dieser Arme aber war, wie es sich häufig bei Seeleuten findet, mit blau und rother Farbe eine Zeichnung eingeäzt, indessen so deutlich und zugleich so Skandalöses darstellend, daß die arme kleine Senorita, welche uns begleitete und jenem Riesen gerade gegenüber und in nächster Nähe saß, nicht wußte, wo sie die Augen hinwenden sollte.

Da fixirte ich nur mit einem Blicke den Franzosen mit den Augen auf seinen Arm, und dann kaum merklich auf die Frau blickend, und jener rohe Mann, der wohl schon manches Wüste erlebt und vollführt haben mochte, erröthete und bedeckte augenblicklich seinen Arm. Er erröthete, weil er eine Frau verletzt zu haben glaubte! und auch ich fühlte, wie mir das Blut in's Gesicht stieg, weil mich jener Zug von nationaler Chevalerie doppelt erfreute an den wilden Burschen. Als wir an's Land stiegen, grüßte er mich, und sagte unhörbar für die andern: »Grand merci Monsieur.« –

Man landet bei Mamilla in einer kleinen felsigen Bucht und das Boot muß sich buchstäblich durch die Felsen winden, welche scharfkantig und gefährlich, allenthalben aus der See ragen und am Lande selbst sich fast grottenförmig aufthürmen.

Dort ist die Vorstadt von Mamilla, welche aus einer jener bereits beschriebenen und aus alten Lappen zusammengesetzten Hütte besteht, welche indessen malerisch genug an eine Felsenwand angelehnt ist. Wir gingen zwischen den Felsen hindurch und kamen auf einen freien Platz, wo sich das eigentliche Mamilla befindet. Es sind etwa sechs Hütten, ebenfalls den bereits bekannten gleich, welche die Stadt bilden, und ich war einigermaßen überrascht, mich dergestalt getäuscht zu sehen.

Indessen ersetzte die Heiterkeit der Bewohner einigermaßen die Einfachheit der Gebäude. Es war am 10. Februar, Fasching, und ich bemerkte mit Vergnügen, daß nicht allein ernste Thorheiten sich ansteckend über den Erdkreis verbreiten, sondern daß auch tolle Luft und gründliche Possenhaftigkeit sich dieses Recht nicht nehmen läßt. Allenthalben Gelächter und Fröhlichkeit, Scherz und Freude. Man tanzte und zechte vor den Hütten, auch zärtliche Gruppen schienen nicht zu fehlen, vor allem aber sind mir zwei Gestalten im Gedächtniß geblieben. Die eine, ein großer starker Neger, welcher sich, abenteuerlich vermummt, Gesicht und Hände mit Mehl bestreut hatte und unaufhörlich die furchtbarsten Sprünge und Verdrehungen vollführte, welche er mit schauderhaftem Gesang begleitete, Alles zur Erheiterung des Publikums und zur Erhöhung der Festlichkeit. Die andere war ein sanfteres Bild, eine Senorita von stark bräunlicher Hautfarbe, welche ohne Zweifel den überwiegenden Theil ihrer Kleidungsstücke nach Landessitte zu architektonischen Verzierungen der Hütte verwendet hatte, und ziemlich oberflächlich nur mit dem Allerunentbehrlichsten bekleidet war. Ueber ihre Gesichtszüge vermag ich nichts zu berichten, denn sie lag mit dem Antlitz gegen die Erde gekehrt, ein Bild der Ruhe und Beschaulichkeit, vielleicht auch tiefen Kummers, oder einer intensiven Arack-Narkose! Wir wendeten uns von jenen Scenen, indem wir bergan stiegen, um in die Schlucht zu gelangen, welche eigentlich den Namen Quebrada Mamilla führt, ohne Zweifel von mamila, die nährende Mutterbrust. Denn dort, etwa in halber Höhe des Gebirgs, und 1200 Fuß hoch über dem Spiegel der See entspringt eine kleine Quelle, welche befeuchtend und nährend die Schlucht zu einer Oase umwandelt, und an manchen Stellen derselben eine wahrhaft üppige Vegetation hervorgerufen hat. Die Quelle wird vom Fuße des Berges durch eine improvisirte Wasserleitung bis an die See geführt, und dort läßt täglich, auf 4 Stunden Entfernung, der englische Minenbesitzer in der Algodonbai seinen Wasserbedarf für Menschen und Thiere holen.

 

Die Wasserleitung selbst besteht aus alten Blechfragmenten, entnommen aus unbrauchbar gewordenen Kisten, in welchen Waaren über die See gebracht worden sind, und welche man mit der Hand in Form von Rinnen gebogen hat. Man hat durch kleine Steine diese Rinnen unterstützt, und ich glaubte anfänglich das Ganze von spielenden Kindern erbaut, denn ein leichter Stoß mit dem Fuße mag leichtlich Alles zerstören. Aber der kunstlose Bau steht unter dem Schutze der Bevölkerung, und erfüllt seit Jahren ungestört seinen Zweck.

Weiter oben in der Schlucht breitet sich die Quelle bewässernd aus, dort hat sich Erde gebildet, und man hat kleine Gärten angelegt. Der Baumwollenstrauch stand dort in voller Blüthe, ein ziemlich großer Baum, dem Linzenbaum unserer Ziergärten ähnlich in Blatt und Blüthe, Granatbaum und andere Kinder der tropischen Flora wucherten, man könnte fast sagen übermüthig in der nächsten Nähe ihrer tödtlichsten Feindin, der Wüste20.

Es liegt an jenen Stellen eine schwarze fruchtbare Dammerde, entstanden durch die Verwitterung des Gesteins und die Wechselwirkung des Wassers und der Sonne, bedeckt mit dem üppigsten Grün, dicht neben schwarzem doleritischen Gesteine, welches von der glühenden Sonne so erhitzt ist, daß man kaum die Hand auf dasselbe legen kann, und während die grüne mit Pflanzenwuchs bedeckte Fläche bisweilen, steigt man aufwärts, wohl zwanzig Schritte breit ist, findet sich anderen Stellen wieder kaum einige Schuhe breit der Boden mit Erde und Vegetation bekleidet, wie eben die launenhafte Quelle ihren Lauf genommen.

Wir machten unter einem mächtigen Feigenbaume, der mit einer Menge reifer Früchte bedeckt war, Halt, und da unsere Reiter ebenfalls angekommen waren, begannen wir zu schmausen.

Es war ein fröhliches Fest, welches wir dort feierten, ein lustiger Congreß der verschiedensten Nationen der alten und neuen Welt, die ein abenteuerlicher Geist über die See geführt, und fröhliche Laune hier versammelt hatte. Deutschland, England und Frankreich, Nordamerika, Peru und Chile waren repräsentirt, und es waren die Speisen fast alle gewählt und bereitet nach dem Geschmacke der Landsmannschaft.

Man erläßt mir wohl den Küchenzettel, aber doch muß ich berichten, daß kürzlich durch einen Dampfer in die Bai gebrachte Früchte aus Peru den Reiz des Mahles erhöhten durch Seltenheit und Wohlgeschmack.

Da war die mächtige Ananas, die große peruanische Traube, die Duna, die Cheremoya, dann die goldene Frucht des Granatbaums, und kaum gedachten wir die Feigen vom Baume zu pflücken, die wir fast mit den Händen erreichen konnten.

Dankbarer Weise aber erwähnen wir der Weine aus verschiedenen Ländern, die uns die heiterste Stimmung brachten, und mancher mag wohl dort tief genug seine Lippen getaucht haben in das purpurfarbige Blut der Rebe.

Aber auch unser Festsaal war zu loben und trefflich gewählt. Ringsum die wilden und schroff ansteigenden Felsen der Steinwüste von Atakama, aber wir auf duftendem Grase, unter den Zweigen des riesigen Feigenbaumes und dem schönsten Himmel der Erde. Vor uns aber, wo die Schlucht sich öffnete, das unendliche Meer, groß, still und ruhig, ja einsam wie die Wüste hinter uns, denn es vergehen öfters Wochen, bis ein Schiff die Bai besucht, und kein Segel war auf der weiten Fläche zu sehen. Ich habe dort einen Toast ausgebracht auf die alte deutsche Muttererde, den die ganze Welt erfahren darf, und einen andern auf die lieben, theuern Herzen in der Heimath, der Niemand in der Welt interessirt als jene und mich, dann warf ich mein Glas in die Felsen, nahm meine Büchse und stieg in die Berge, da sich die Gesellschaft zur Siesta anschickte, ich aber zu träumen fürchtete von meinen Toasten.

Der Ursprung der Quelle war nicht genau zu ermitteln, indem der Theil der Schlucht, aus welcher die Quelle kam, so steil und unzugänglich war, daß ich längere Zeit bedurft hätte, als mir zu Gebote stand, um bis zur Quelle zu gelangen. Ich wandte mich daher nach einer andern Seite, und stieg zwischen und über doleritische Gesteine und Grünsteinformen eine ziemliche Strecke aufwärts.

Schon an der Quelle und in der mit Pflanzwuchs bekleideten Schlucht fand sich häufig die Losung der Guanacos, welche ohne Zweifel von den Bergen herabgestiegen dort ihren Durst löschten, weiter gegen oben aber lag der ausgetrocknete Koth dieser Thiere so häufig, daß bisweilen auf Stellen von einigen Ackern Landes der Boden buchstäblich damit bedeckt war. Dieß ließe auf eine ungeheure Anzahl dieser Thiere schließen, wenn nicht der Umstand zu beachten wäre, daß in jenen Gegenden Nichts fault, sich Nichts in der Art zersetzt, wie es bei uns der Fall ist, sondern daß Alles einem langsamen Austrocknungsprocesse, einer wenig stürmerischen Verwesung unterliegt, und daß zugleich keine Insekten vorhanden sind, welche diese und ähnliche organische Reste verzehren. So ist ohne Zweifel seit einer Reihe von Jahren von den zu Thale ziehenden einzelnen Thieren jene Losung dort aufgehäuft worden. Weiter gegen oben trat in geognostischer Hinsicht dieselbe Reihenfolge auf, wie es auch an andern Orten der Bai der Fall, und bereits berichtet worden. Porphyre und Felsite folgten dem doleritischen Gesteine und oben auf lag ein Syenit, jenem in der Bai sehr ähnlich, wenn nicht gleich. Ich kam auf kleine Plateaus, dann wieder auf steile, kaum zu erklimmende Wände, und es zeigte sich auch hier das terrassenartige Ansteigen des Gebirgs, wie allenthalben an der Küste, ja wie auf der hohen Cordillera selbst. Nebel, welche allabendlich die höchsten Spitzen des Gebirges einhüllen, und welche durch günstige Lage des Gesteins, wohl auch hier die Quelle bedingen, scheinen ebenfalls auch das Gedeihen jenes mächtigen Cactus zu begünstigen, von welchem ich schon gesprochen habe, und man trifft dort, wenn man so sagen darf, ganze Gehölze dieser Pflanze. Ich habe ein lebendes Exemplar derselben mitgebracht und sie wurde als Cereus chilensis bestimmt. Es wird aber der Cereus peruvianus und chilensis, wie mir scheint, häufig verwechselt, und ich möchte, vielleicht noch zu größerer Verwirrung der Frage, beifügen, daß sowohl hier als wie in Chile mehrere große Cacteen vorkommen, welche sich wohl sehr ähnlich sind, aber keiner der beiden genannten Arten angehören. Jania rubens fand sich häufig an den alten, oft 30 Fuß hohen Stämmen jener Cacteen, und auch Bambusa Guada fand ich dort in einzelnen Exemplaren. Dieß war das einzige Anzeichen von Vegetation in jenen sterilen Gehägen, während sich nirgends ein lebendes Thier blicken ließ, denn selbst der Condor fehlte, der auf der hohen Cordillera doch bisweilen über uns in den Lüften schwebt. Ich war lange aufwärts gestiegen im Gebirge, war auf- und abwärts geklettert über Schluchten und an abschüssigen Wänden, so daß ich längst die See nicht mehr sah, und als ich endlich an den Heimweg dachte, die Möglichkeit vor mir sah, unser Lager nicht mehr zu finden. Doch gab bereits die im Sinken begriffene Sonne mir die Richtung, und ich langte nach etwa dreistündiger Abwesenheit im Lager an.

20Die von mir aus jener Oase mitgebrachten Pflanzen, größtentheils schwierig bestimmbar, gehörten den Gattungen Cassia in mehreren Spezies an, den Cestrum, Convolvulus, Fabiana und mehreren Rubiaceen.