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Reise in Südamerika. Zweiter Band.

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Da ich, wie schon gesagt, zu entfernt von dem Orte des Entstehens war, bemerkte ich Nichts derartiges, aber ich habe anhaltend viele Nächte hinter einander, und dies fast während meines ganzen zweiten und dritten Aufenthaltes in Valparaiso, und eben so in Santjago, das entfernte Leuchten selbst beobachtet. Später in der Algodonbai in Bolivien, habe ich es mit Ausnahme ganz heller Mondnächte ebenfalls täglich gesehen, und dort wie in Valparaiso fand das Aufblitzen in Intervallen von 10 bis 12 Minuten statt. Einmal war das Licht stärker, ein ander Mal wieder schwächer, indessen ohne alle bestimmte Reihenfolge. Ich wurde in der Algodonbai durch den Wiederschein aufmerksam gemacht, welchen das Licht am Tauwerke des Schiffes hervorbrachte, und welchen ich wahrnahm, indem ich der leuchtenden Stelle am Horizonte den Rücken zukehrte. Dort schien das Licht hinter den Bergen hervorzukommen, da das Schiff sehr nahe am Lande, und dicht an dem ziemlich hohen Küstengebirge lag, und es ging das Leuchten wahrscheinlich von dem Vulkane Acongagua aus, welcher in jener Richtung lag. In Valparaiso aber, wo es von der hohen Cordilla Chile's herkam, betrug seine scheinbare Höhe oberhalb des Horizonts einige Grade.

Ich glaube, daß die Erscheinung bedingt ist durch die feurigflüssige Lava im Innern des Kraters, welche von Zeit zu Zeit aufblitzt. Naumann hat in seinem vortrefflichen Handbuche der Geognosie hierauf hingewiesen und ich habe bereits in Chile gegen Landsleute das Gleiche ausgesprochen. Vielleicht ist das plötzliche momentane Erglühen von einem elektrischen Processe bedingt, welcher auf der Oberfläche der Lava vor sich geht, vielleicht aber rührt es von Gasmassen her, welche, von unten emporsteigend, die Lava durchdringen, dieselbe in Bewegung setzen, und tiefere, heller erglühende Partien derselben an die Oberfläche bringen.

Unter allen Verhältnissen aber ist es immer interessant, daß bis jetzt blos bei den Feuerbergen der Andes-Kette dieses Leuchten beobachtet worden ist. Es läßt sich hieraus vielleicht auf eine höchst intensive Thätigkeit des unterirdischen Gesammtherdes vulkanischer Thätigkeit schließen, vielleicht aber sind auch Ursachen im Spiele, welche man bis jetzt nicht vermuthet hat, z. B. Detonationen von Gasarten, oder Aehnliches.

Kosmische Erscheinungen, welche ich in Chile beobachtet, habe ich nur wenige anzuführen. Ich habe schon von der Intensität berichtet, mit welcher auf der hohen Cordillera das Zodiakallicht auftritt, ich muß aber hier noch beifügen, daß auch im Flachlande von Chile dasselbe schön und leuchtend gesehen wird, wenngleich nicht in jener Lebhaftigkeit und Lichtstärke wie auf dem Gebirge.

In Betreff der Sternschnuppen kann ich nicht behaupten, daß dieselben eben häufiger gewesen als bei uns, oder überhaupt in höheren Breitegegenden. Aber sie schienen mir leuchtender aufzutreten und zugleich niedriger zu gehen.

Die letzte Beobachtung hat schon Meyen gemacht und er spricht von einer Sternschnuppe, welche er am Fuße der Cordillera von Rancagua beobachtete, und welche so tief ging, daß sie in den Schatten der Gebirgskette trat, mithin niedriger als die Spitze des Gebirges selbst ziehen mußte. Ich selbst aber habe mehrmals von der Cordillera aus Sternschnuppen über das Flachland von Chile gehen sehen, welche mindestens in gleicher Höhe mit dem Standpunkt, auf welchem ich mich befand, dahinzogen. Dies könnte eine Täuschung sein, allein da nur dieses niedrige Ziehen der erwähnten Meteore für einen größeren Theil der Westküste stattzufinden scheint, so will ich hier gleich einer Erscheinung erwähnen, welche ich im Hafen von Callao beobachtet habe, und wo eine ähnliche Täuschung nicht wohl möglich war.

Es senkt sich dort meistens des Abends eine wolkenähnliche Nebelschicht abwärts, sowohl über die See, als auch über das Küstenland. Als wir im Monate März (1850) dort vor Anker lagen, und die Nebel, sich in dichten Massen herabsenkend, bald die Gipfel der Felsen-Insel St. Lorenzo erreicht hatten, zog etwa 8 bis 10 Minuten nach Sonnenuntergang eine Sternschnuppe von Südost nach Nordwest deutlich unterhalb der Nebelschicht und zwar nicht mit funkensprühendem Schweife, aber doch hell und mit röthlichem Lichte leuchtend dahin. Doch konnte die Erscheinung, welche mit großer Schnelligkeit dahin fuhr, kaum länger als eine Sekunde beobachtet werden. Die Höhe der Insel Lorenzo ist mir zwar nicht genau bekannt, aber wohl schwerlich war die Nebellage höher als 3000 Fuß vom Meeresspiegel entfernt, und es mußte daher das Meteor in dieser Höhe gezogen sein.

Wenn man dies, so wie die anderen niedrig gehenden Sternschnuppen, nicht als eine Ausnahme betrachten will, so weiß ich sehr gut, daß es nicht mit der herrschenden Ansicht über den kosmischen Ursprung dieser Meteore zusammenpaßt, an einem bestimmten Theile der Erde ein so nahes Vorübergehn oder vielleicht häufigeres Herabstürzen auf dieselbe anzunehmen, als anderswo. Ich selbst hänge jener Ansicht vom kosmischen Ursprunge der Sternschnuppen an, aber nichts desto weniger mußte ich dennoch berichten, was ich wahrgenommen habe.

Die geographischen Verhältnisse Chile's überhaupt und ein Theil der meteorologischen Erscheinungen, welche dort auftreten, haben in mir die Idee hervorgerufen, daß Chile, so wie überhaupt ein Theil der übrigen Westküste, ein noch verhältnißmäßig junges Land ist.

Es wird dies bestätigt durch die spärliche Fauna, welche dort angetroffen wird. Ich habe von Chile, mit Einschluß der hohen Cordillera, 2 Echinodermen, etwa 10 Species von Molusken, Insekten an 100 Arten, 6 Krebse und eine geringe Anzahl von Amphibien mitgebracht. Von Vögeln 70 und etliche Arten, Säugethiere hingegen nur 7 Species.

Selbst in den dichten und feuchten Wäldern von Valdivia habe ich nur einige Insekten gefunden, obgleich mir, dem früheren eifrigen Sammler, die Fundorte wohl bekannt waren. Die Land- und Südwasser-Schnecken, und eben so die Amphibien, sind spärlich vertreten. Auch Säugethiere sind nur wenige vorhanden. Nur die Vögel repräsentiren ziemlich zahlreich das Thiergeschlecht.

Ohne weiter einzugehen auf das Entstehen der Thierwelt in einem neu entstandenen, aus den Fluthen des Meeres durch vulkanische Kräfte gehobenen Lande, fällt doch sogleich in die Augen, daß die gegenwärtig in Chile bestehende Fauna die Ansicht von der nicht langen Existenz des Landes unterstützt. Der Säugethiere sind wenige, und von diesen mögen die Puma, das Guanaco, der Cordillera-Fuchs, und selbst einige der auf dem Gebirge lebenden Rattenarten über das letztere selbst von der Ostküste hergekommen sein. Ihnen wenigstens waren jene Schneemauern und Schluchten der Andes-Kette keine unübersteiglichen Hindernisse.

Ein gleicher Fall findet mit den reichlicher vertretenen Vögeln statt, und ein großer Theil derselben kann sehr wohl über die Cordillera in das neue Land gekommen sein. Die Insekten aber, die Amphibien und Molusken, für welche die Andes-Kette mit ihren Schneefeldern wohl eine unübersteigliche Scheidewand gebildet hat, und welche in geringer Anzahl gegen andere Länder unter gleichen Breitegraden vorhanden, bestätigen jene Theorie von der Jugend des Landes, welche sich mir unwillkürlich aufgedrängt hat.

XI.
Die Fahrt nach der Algodonbai (Bolivia)

Am 24. Jaunar verließen wir den Hafen von Valparaiso. Da ich, wie man weiß, auf dem Dockenhuden bereits heimisch, war meine Einrichtung bald getroffen. Doch wurde mit Vorsicht verstaut, und eine Menge Gegenstände mußten zur Hand bleiben, da noch mehrere Häfen zu besuchen waren, und namentlich in der Algodonbai gesammelt werden sollte.

Ich hatte eine ganz nette Koje für mich allein, neben der gemeinschaftlichen Kajüte und der des Kapitains gegenüber. In einem Vorraum, durch welchen man in die Kajüte gelangte, schliefen die beiden Steuerleute und ein Kapitain Müller, welcher als Passagier mit uns die Reise machen sollte, da er sein Schiff in Californien verkauft hatte. Während ich noch mit zweckmäßiger Vertheilung von hundert Flaschen Ale beschäftigt war, die ich zu meinem Privatgebrauche an Bord gebracht, entstand auf Deck und im Raume ein wahrer Höllenlärm. Fluchen und Gelächter, Zank und Bitte, dazwischen Weibergekreische, Alles zusammen halb spanisch, halb deutsch, bildete jenes verworrene Toben, dessen Ursache ich, auf Deck eilend, alsbald erfuhr.

Wir hatten als Passagiere im Zwischendeck etwa 3 °Chilenen, welche als Arbeiter in die Kupferminen der Algodonbai gehen sollten. In den dortigen Werken wird unter den Arbeitern kein Weib geduldet. Da in der Bai überhaupt keine Pflanzen, also auch keine Blumen und Rosen wachsen, welche in das Leben zu flechten wären, so hat man ohne Zweifel die Anwesenheit der webenden Frauen für überflüssig gehalten. Vielleicht hat man dieß auch prosaischer Weise deßhalb gethan, da dort die Kost und das Wasser schmal, weil alles zu Schiffe dorthin gebracht werden muß, oder weil man den Frieden in der kleinen Kolonie zu erhalten trachtet. Kurz – das barbarische Verbot existirt. Aber während sämmtliche Weiber und Freundinnen der zukünftigen Bergleute Abschied nehmend dieselben an Bord begleitet hatten, waren zwei Stücke dieser verbotenen Waare im Raume versteckt worden. Einmal auf hoher See hoffte man das Schmuggelgut an das Tageslicht bringen zu dürfen; entdeckt aber, noch ehe das letzte Boot von Bord ging, wurden die Unglücklichen aus den leeren Mehlfässern, in welchen sie sich geborgen, gezogen, und mitleidslos in jenes Boot gebündelt. Beide Opfer treuer Anhänglichkeit an ohne Zweifel mehr als zwei Gegenstände, waren etwas wohlbeleibten Wuchses, und so sahen sie, über und über mit Mehl bestäubt im Boote knieend, zwei bayerischen Dampfnudeln nicht unähnlich, welche eben im Begriffe sind, ihrer letzten Vollendung entgegenzugehen. –

Wir hatten guten Wind, und die Küste bald aus den Augen. Delphine fanden sich bald ein, uns streckenweise begleitend, auch sahen wir einen starken Zug Butzköpfe in See, am Bord aber lag das vor Kurzem noch heitere Völkchen der chilenischen Begleiter ächzend und stöhnend, denn alle waren seekrank.

 

Am 29. näherten wir uns wieder der Küste und behielten sie im Auge bis wir Cobija erreicht hatten.

Dort an der Küste von Bolivien tritt der bereits erwähnte sterile Charakter derselben scharf ausgesprochen hervor.

Steile felsige Abhänge, von 1500 bis vielleicht 3000 Fuß Höhe, an welchen sich eine tobende, donnernde Brandung bricht, und welche meist direkt in See abfallen, sind der Haupt-Typus derselben. Diese Felsenberge sind meist röthlich und röthlich-grau, scheinbar theilweise geschichtet und hie und da von Schluchten durchsetzt, deren Sohlen mit Schutt und Geröll bedeckt sind. Bisweilen fallen aber jene Berge nicht sogleich in See ab, sondern auf eine halbe oder ganze englische Meile weit verflacht sich das Ufer der See, und diese Stellen sind dann mit weißen Muschelfragmenten und den gebleichten Knochen von Robben, Delphinen und Wallfischen bedeckt, die durch Springfluthen dorthin geworfen worden sind. Jene schwarzen kegelförmigen Formen, welche meist der großen Familie des Grünsteins angehören, und deren ich schon früher erwähnte, stehen dann, sonderbar abstechend von dem weißen Grunde, in Gruppen und bisweilen so eigenthümlich geordnet dort, daß ich anfänglich Baureste einer alten längst vergangenen Zeit zu sehen glaubte. Aber auch wo die größeren Felswände direkt in die See abfallend das eigentliche Ufer bilden, ragen mehr oder weniger entfernt von denselben, jene spitzen, schwarzen Kegel aus dem Meere hervor, und dann bricht sich die Brandung mit verdoppelter Heftigkeit an der Küste, indem eine riesige Welle nach der andern jene Kegel überströmt.

Die Mexillones- und Moreno-Bai machen gewissermaßen eine Ausnahme hievon, wenn gleich auch dort keineswegs der Charakter der Wüste und Sterilität fehlt. Bei der Moreno-Bai erhebt sich ein steiler, wohl 3000 Fuß hoher Berg zwar dicht an der See, aber zu beiden Seiten sind flachere Küstenstriche, welche eine wahre Felsenwüste bilden durch isolirt stehende und aus dem blendend-weißen Boden von Muschelgras und Sand hervorgeschobene Gesteinsgruppen.

Ein ähnliches Bild giebt die Mexillones-Bai. Abwechselnd 1 bis 10 englische Meilen weit erstreckt sich hier die sandige Küste landeinwärts, bis sie durch steilere Abhänge und Felsenhügel begrenzt wird, wie sie sonst sich an der Küste finden. Es ziehen sich dort lange Dünen am Ufer entlang, und zwischen ihnen liegt die Mexillones-Bai, in welche nur selten Schiffe einlaufen um Guano zu laden.

Als wir vorüberfuhren an der einsamen Bai, lag ein Schooner in derselben. Das kleine, düster aussehende Fahrzeug machte einen fast unheimlichen Eindruck, der noch dadurch erhöht wurde, daß durch unsere Fernrohre keine Seele entdeckt werden konnte, und eben so Niemand am Ufer.

Wohl bedarf es kaum der Erwähnung, welchen Reiz es gewährt, auf solche Weise das Bild einer Landschaft vor sich aufgerollt zu sehen, welche, wenn gleich nur Küstengegend und wüstenartig, doch dem Geognosten vielfaches Interesse bietet. Aber auch abgesehen hievon ist es eine ganz eigenthümliche Empfindung, im Fluge die lebenden Gebilde einer fernen Gegend vor sich zu erblicken, von welcher man gehört und gelesen, und sich früher zu Hause wohl mancherlei Bilder entworfen. Es ist hier der Phantasie der reichste Spielraum geboten, aber zugleich bleibt stets ein gewisses Unbefriedigtsein zurück. Einmal gelandet, treten ganz andere Motive auf. Alle Thätigkeit entwickelt sich, man hat figürlich und in der That festen Boden unter sich, nimmt gewissermaßen moralischen Besitz von dem Lande, und etwa vorgefaßte Begriffe sind rasch verschwunden vor der auftretenden Wirklichkeit.

Wir liefen am 30. Januar gegen Abend im Hafen von Cobija ein. Derselbe ist, wie fast alle andern Häfen der Westküste Amerikas, gegen die Nordwinde nur unzulänglich geschützt, bietet indessen gegen andere Winde ziemliche Sicherheit. Die Stadt selbst, der vorzüglichste Stapelplatz Boliviens, ist auf einer jener flachen Küstenparthieen erbaut, welche etwa eine englische Meile weit vom eigentlichen Ufer der See, bis an die dann rasch steil ansteigenden Küstenberge reichen. Der Charakter der Stadt ist ein eigenthümlicher. Mit wenigen Ausnahmen sind die Häuser einstöckig und von bräunlicher Farbe, weil aus ungebranntem, nicht übertünchten Lehm erbaut, und mit vollkommen flachem Dache. Trotz der ziemlich starken Hitze17 habe ich dort Häuser oder besser Wohnungen gesehen, welche aus Blech construirt waren, d. h. man hatte das Blechfutter alter Kisten, in welchen Waaren über See gebracht worden waren, an einzelne in die Erde gerammte Pfähle befestigt, so die Wände, und durch Einschnitte Thüren und Fenster zu Stande gebracht. Es schien zur Zeit meines Dortseins übrigens ziemlich lebhafte Thätigkeit zu herrschen, und an mehreren Orten wurde gebaut.

Ich glaube nicht, daß die Einwohnerzahl 3000 übersteigt und es ist die Bevölkerung eine ziemlich gemischte. Die eigentlichen eingebornen Bolivianer schienen mir brauner von Farbe als die Chilenen und Peruaner zu sein. Indessen bewohnen auch Europäer den Platz, und wir wurden von einem Franzosen freundlich aufgenommen, der meine demnächstige Ankunft in den Kupferwerken der Algodonbai im Voraus seinem Bruder, einem dortigen Minenbesitzer, anzeigen ließ.

Mit dem Frühsten des andern Tages hatten wir Besuch von den Zollbeamten und es wurde zugleich die Erlaubniß eingeholt, in der Algodonbai vor Anker gehen zu dürfen, denn nur Cobija ist ein Freihafen, und dort allein können alle Handelsschiffe fremder Nationen ohne besondere Erlaubniß einlaufen.

Nach Entfernung der Zollbediensteten besuchten uns mehrere Boote mit Neugierigen, welche Seltenheiten zu sehen und zu kaufen wünschten.

So hatte eine kleine kugelrunde, ziemlich braun tingirte Senorita, wie es schien, ihr specielles Vertrauen zu mir, indem sie mich unaufhörlich frug, ob ich keine nienterias, kleine Putzgegenstände und derlei, zu verkaufen habe. Ich hatte, weiß Gott warum, von Europa aus einen Frack mit auf die Reise genommen, ein ehrwürdiges Kleidungsstück, gebaut vor sicher fünfzehn Jahren, und später durch verschiedene Künstler retouchirt, d. h. dem jeweiligen Bedürfnisse und den Anforderungen der Mode angepaßt. Einige Versuche in Valparaiso in diesem Kleide als Elegant zu glänzen, waren, ich konnte mir es nicht verhehlen, gänzlich verunglückt, und so beschloß ich, rasch mit jener Dame einen Handel abzuschließen, und brachte den zweiten Repräsentanten europäischer Kultur auf Deck, nachdem ich vorher versichert, das Feinste und Neueste holen zu wollen, was die Senoritas in Frankreich trügen.

Eine Jacke! sagte die Dame, eine Robe gab ich zur Antwort, die Jacken, die Fracks haben breite Schöße, aber die Roben, wie diese hier, schmale, zierliche, lange, das ist der Unterschied. Und ich brachte sie dazu ihn anzuprobiren, indem ich zuthunlich die Camarera machte.

Aber ich sollte nicht das Glück haben die Senorita im schwarzen Frack an's Land zu schicken. Wie eine im Netze gefangene Löwin blieb sie stecken in den Aermeln desselben und konnte nur mit Noth wieder befreit werden. Das Kleid war zu enge für die Wohlbeleibte, und so schieden wir, gegenseitig bedauernd, ohne einen Handel abgeschlossen zu haben, aber im besten Vernehmen.

Ich ging, nachdem uns die Senorita verlassen, ebenfalls an's Land und machte mit Kapitain Müller einen ziemlich anstrengenden Spaziergang auf die Berge und die Küste entlang. Es wurden von den schwarzen, kegelförmigen Gebilden, welche theils in See, theils am Fuße des Gebirges auftreten, schöne Exemplare geschlagen, Grünsteinformen, meistens aus Apharit und Diorit bestehend, mit wohl unterscheidbaren Gemengtheilen. In den Aphariten fand ich ausgeschiedene Pyroxen-Partien und diese umlagern bisweilen strahlenförmig Granate, so daß letztere gleichsam die Kerne der Pyroxen-Massen bilden. Auch zeolithische Partien treten auf und geben dem Gesteine alsdann ein mandelsteinartiges Ansehen.

Es finden sich auch ganz feinkörnige Grünsteinformen ohne alle Einsprengung und dicht neben den vorhergenannten in ein und demselben Felsblocke. Aehnliche Erscheinungen aber treten in analogen Gebilden allenthalben und auch bei uns auf. Als eigenthümlich aber für jene Gegend mag schon hier das Auftreten von Kupferchlorur bezeichnet werden.

Dieses in Europa so selten und bloß in kleinen, unscheinbaren Stücken oder als Anflug vorkommende Mineral, wird hauptsächlich hier in Bolivien, vorzugsweise aber in Atakama gefunden, weßhalb es auch den Namen Atakamit erhalten hat. Domeyko zeigte mir in Santjago ein kleines Stückchen Atakamit als Seltenheit. Ich fand schon an der Küste in Valparaiso kleine, grüne Einsprengungen, welche sich später als Atakamit erwiesen, hier aber in Cobija traten schon häufiger Kupferkiese und nesterweise auch Atakamit in den Grünsteinformen auf. Auch abgerundete kristallinische Massengesteine z. B. Quarzfels werden, eingeschlossen von den Grünsteinformen, getroffen. Sie sind ohne Zweifel von jenem aus der Tiefe mit emporgehoben worden. Ich habe Feldspath in ihnen gefunden, aber keinen Glimmer, welcher ohne Zweifel bereits zersetzt worden.

Das hinter diesen Formen ansteigende Gebirge besteht zum größten Theile aus deutlich ausgesprochenen Porphyren; so wird häufig ein sehr harter quarzreicher Porphyr gefunden von grau-rother Farbe, auch Eklogit und Diorit-Porphyr.

Es sind aber jene Massen häufig so wild und verworren durch einander geschoben, so verschiedenartig in Bestandtheilen und Form, daß ihre nähere Entwicklung vielleicht Jahre erfordern dürfte, während mir kaum einige Tage gestattet waren.

Schon hier in Cobija fällt selten oder nie Regen. Man sagte mir, daß etwa alle zwei oder drei Jahre einmal ein leichter nebelartiger Regen beobachtet werde. Gegen Abend ziehen sich indessen täglich nebelartige Schichten um die Spitzen des Küstengebirgs, welche dann jene Gipfel befeuchten. Natürlich ist es, daß der Wassermangel, der weiter gegen Norden an der Küste noch fühlbarer auftritt, auch hier bereits empfunden wird. So viel ich erfahren konnte, sind blos zwei Quellen in und um Cobija und die eine derselben soll noch dazu etwas kupferhaltig sein. Die Flora so wie die Fauna sind in Folge dieser Verhältnisse auf ein Minimum reducirt. Ich habe eine Libelle gesehen und einige Fliegen, indessen keinen einzigen Käfer. Ein großer Cactus, der häufig an 20 Fuß und wohl noch höher getroffen wird, und einen Durchmesser von 8 bis 10 Zoll hat, wächst sowohl in den Schluchten, als auch auf den fortwährend von der Sonne beschienenen Stellen der felsigen Wände. Ich glaube, daß es weder Cereus peruvianus noch chilensis ist, sondern eine andere, vielleicht noch nicht genau bestimmte Species. An den Stämmen derselben fand ich zahlreich die Gehäuse einer Landschnecke, Bulimus curtus, indessen kein einziges lebendes Exemplar.

Hingegen lebt am Strande der See in großer Anzahl eine Schuppen-Eidechse, welche bisweilen die Länge eines Fußes erreicht. Diese Thiere sind lebhaft und beißen heftig um sich, wenn sie ergriffen werden. Sie nähren sich von kleinen Seethieren, welche das Meer auswirft und verbreiten in Folge dessen einen höchst unangenehmen Geruch. Wir mußten mit unseren Stöcken die Thiere vertreiben, um uns an manchen Stellen den Weg frei zu machen, so dicht saßen sie bisweilen auf den Felsen an der Küste, und trotzdem war es nicht leicht eine lebend zu fangen, da sie mit fabelhafter Schnelligkeit liefen, selbst sprangen.

Die Schroffheit des Gebirges, der Mangel des Wassers, der Thiere und der Pflanzen, selbst der Boden, auf dem man steht, und der aus spitzen Steinen, Sand oder Geröllen besteht, läßt schon die Nähe der Steinwüste von Atakama ahnen, welche in der That auch bereits oben auf den Bergen beginnt, indem sie sich fast drei Breitegrade gegen Süden und einen gegen Norden erstreckt.

Eine ganz natürliche Doppelfrage ist die, warum Menschen überhaupt sich in jenem unfruchtbaren Landstriche angesiedelt haben, und von was sie leben. Aber ich habe schon gesagt, daß Cobija der Hauptstapelplatz für die Waaren ist, welche zur See nach Bolivien gebracht werden, und so hat Gewinnsucht dort Fremde und Eingeborene vereinigt, welche ihren Erwerb dadurch fanden, die dort angelandeten Waaren über die Wüste nach Potosi zu schaffen.

Leibesnahrung so wie überhaupt Alles, was zum Leben nöthig ist, selbst das Futter für die Thiere, Maulthiere und Pferde, wird zu Schiff dorthin gebracht. Die immer mehr in Schwung kommende Dampfschifffahrt an der Westküste, durch welche leicht und rasch frische Nahrungsmittel transportirt werden, wird ohne Zweifel vorteilhaft auf den Handel von Cobija einwirken, und schon jetzt wird ein großer Theil der Victualien durch Dampfer in den Hafen gebracht. Aber immer noch scheinen enorme Preise zu herrschen. Ich will nur ein Beispiel anführen. In Valparaiso verkauft man 18 bis 20 große Wassermelonen für einen Thaler, ich aber sah in Cobija 68 Stück dieser Melonen für 114, sage einhundert und vierzehn Thaler verkaufen. Ob für Alles analoge Preise gelten, kann ich indessen nicht angeben. Aber das Einzige, was in der Bai und deren Umgebung selbst gewonnen wird, sind Fische, und ich glaube, daß die dortigen Fischer noch die Repräsentanten der Ureinwohnerschaft bilden. Es ist die männliche Tracht derselben der bolivianischen und chilenischen sehr ähnlich. Die Frauen aber tragen ein bis an den Hals reichendes und dort zugebundenes Hemd und einen einzigen Rock, dann noch bisweilen ein Tuch über dem Kopf.

 

Dies läßt bei hübschen Gestalten ganz artig, und es ist unnöthig zu sagen, wie Faltenwurf und Formen, zierlich und klar ausgesprochen, hervortreten.

Wir gingen am zweiten Februar wieder in See und steuerten nordwärts um in die Algodonbai zu gelangen. Auch hier hielten wir uns stets in Nähe der Küste, so daß ich Profile und Ansichten zeichnen konnte, da manches Geognostische mir jetzt leicht verständlich war, weil in Cobija die verwandten und gleichen Formen näher ermittelt worden waren.

In etwa 4 Stunden hatten wir die Algodonbai erreicht, warfen sogleich die Anker, und gingen nach kurzer Zeit an's Land.

17Cobija liegt unter 22° 16' südl. Breite.