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Reise in Südamerika. Zweiter Band.

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Eine zweite Frage aber war jetzt die, wie wieder an Bord kommen? Unser Boot lag durchlöchert auf dem Sande. Der Dockenhuden aber lag eines Theils so weit in der See, daß man das Rufen schon wegen des Lärmens der Brandung unmöglich gehört hätte, aber auf der andern Seite wäre es mit dem dort noch befindlichen größeren Boote rein unmöglich gewesen uns zu holen, da dasselbe der tobenden See halber nicht hätte landen können.

Herr Mackenney besaß zwar ein Boot, aber es lag etwa 150 Schritte weit in See vor Anker, und Nichts stand zur Disposition als eine Seehund-Balze, welche etwas weiter abwärts an einer ruhigeren Stelle der Bai vor Anker lag.

Indessen konnte keiner der Arbeiter in den Minen mit der Führung dieses eigenthümlichen Fahrzeuges umgehen. Jener Franzose aber mit der unzweideutigen Zeichnung auf dem Arme, dessen ich schon oben erwähnte, war kurz entschlossen.

Er bestieg die Balze, ruderte an's Boot, legte die erstere statt dessen vor Anker, und ruderte mit dem Boote auf etwa dreißig Schritte bis an's Ufer. Aber weiter anzukommen war unmöglich, ohne das Boot der augenscheinlichen Gefahr ebenfalls zertrümmert zu werden, auszusetzen. Versuche, uns ein Tau zuzuwerfen, mißglückten. Da sprang der Franzose in's Wasser, schwamm durch die Brandung, und wurde endlich auf eine kurze Strecke, ähnlich wie ich auch, von derselben an's Ufer geworfen. Aber er hatte das Tau zwischen den Zähnen, und an diesem schoben wir uns endlich in's Boot.

Man kann sich einen Begriff von der lieblichen Milde der Nächte an jener Küste machen wenn ich sage, daß am Bord angelangt für mich auch nicht das mindeste Bedürfniß vorhanden war, mich umzukleiden, sondern daß ich, nach all diesen verschiedenen unfreiwilligen Waschungen, noch etwa eine Stunde auf Deck blieb, und als ich endlich »zur Koje« ging, meine Kleider längst vollständig am Leibe getrocknet waren.

Wir verließen Tags darauf die Bai, kehrten aber wieder zurück, da wir vollständigen Gegenwind hatten, welcher zugleich so schwach war, daß wir uns nicht in gehöriger Entfernung von der Küste halten konnten. Des andern Tages indessen segelten wir mit günstigerem Winde unserer neuen Bestimmung, dem Hafen von Callao zu.

Meteorologische Notizen über die Algodonbai

Die kurze Zeit meines Aufenthalts in der Bai (den Monat Februar 1850 hindurch), gestattete natürlich nicht, nur einigermaßen ausführliche Untersuchungen anzustellen. Indessen theile ich selbst diese wenigen mit, da meines Wissens noch keine ähnlichen Beobachtungen dort angestellt, oder wenigstens bekannt gemacht worden.

Temperatur der Luft. Ich habe, wenn nicht weitere Ausflüge mich hinderten, dreimal des Tages auf dem Verdecke des Schiffes die Temperatur genommen, und folgende Mittelzahlen erhalten:


Es sinkt indessen in der Bai die Temperatur während der Nacht und gegen Morgens kaum noch tiefer als die angegebenen 15.0° R.

Ueber die Temperatur am Lande ist es schwierig, besonders für die kurze Zeit meines Aufenthalts, eine sichere Angabe zu liefern. Theils der Seewind, theils der Luftzug aus den einzelnen Schluchten, auf der andern Seite aber auch wieder die Nähe von Felsen, welche durch die Sonne stark erhitzt sind, verursachen zu bedeutende Schwankungen.

Vielleicht kann man für den Sommer dort als höchste Temperatur während des Tages + 24° R., und das niedrigste für die Nacht, + 16° R. annehmen, und nach dem was ich von den Bewohnern der Bai erfahren konnte, sind die Unterschiede für den Winter nur gering.

Atmosphärischer Druck. Die wenigen angestellten Versuche ergaben Folgendes:



Dieß ist das Resultat von 16 Beobachtungen des Mittags um 12 Uhr angestellt. Die stündlichen Schwankungen des Barometers trafen sehr genau ein, doch war die Versuchsreihe zu klein, um irgend einen Werth zu haben.

Daß Regen gänzlich in der Bai fehlt, indessen gegen Abend Nebelschichten alle Spitzen der Berge bedecken, habe ich bereits berichtet. Was die Feuchtigkeit der Luft betrifft, so stand mir freilich nur ein Fischbein-Hygrometer nach de Luc zu Gebot. Relative Werthe können aber immerhin mit demselben erhalten werden. Es stand mein Instrument des Tags über constant auf 32, und fiel während der Nacht etwa auf 33 bis 34. Am Lande aber, nicht weit entfernt vom Ufer der See, stieg derselbe stets um einige Grade.

Als vergleichenden Anhaltspunkt will ich beifügen, daß bei Kap Horn dasselbe Hygrometer auf 101 stand, während es auf der Cordillera von Chile auf 0 und noch höher stieg, so daß ich genöthigt war provisorisch die Scala zu vergrößern.

Windrichtung. Ziemlich regelmäßig beginnt der Wind des Morgens zwischen 9 und 10 Uhr von Süd-West und Süd-Süd-West zu wehen, und springt gegen 3 bis 4 Uhr des Nachmittags in Nord-West, öfter aber in Nord-Ost um. Gegen Abend und die Nacht hindurch ist es stille. Sehr selten weht starker Wind.

Eigenthümlich sind die warmen Luftwellen, die gegen Abend, wenn fast schon vollständige Windstille eingetreten ist, sich der Küste entlang bewegen. Etwa 10 bis 15 Sekunden lang dauert ein solcher warmer Luftstrom, der sich nicht immer der letzten Windrichtung nach bewegt, und dessen Temperatur wenigstens 2 bis 3 Grade höher ist als die der übrigen Luft.

Die Erscheinung ist ohne Zweifel bedingt durch eine Ausgleichung der an einigen Stellen des Gebirges mehr als an andern erhitzten Luft, und ich habe an der Cordillera in Chile ganz dasselbe gefunden.

Gewitter kommen auch hier so wenig wie auf dem Flachlande von Chile vor.

Erdbeben sollen nach Aussage der Einwohner etwa eben so häufig vorkommen als in Chile. Es fand indessen während meines Aufenthaltes in der Bai kein einziger Erdstoß statt. Daß Erderschütterungen dort auftreten, davon geben aber schon die von den Abhängen der Berge herabgestürzten Felsblöcke und andere ähnliche Erscheinungen Zeugniß. Hebungen und Senkungen der Küste aber, wie sie sich in Chile fast allenthalben mit Sicherheit nachweisen lassen, haben, wie ich glaube, seit langer Zeit in der Nähe der Bai nicht stattgefunden, wenigstens fehlen alle Anzeichen, nach welchen man auf solche schließen kann.

Ich füge diesen meteorologischen Notizen einige Nachrichten über die Wüste von Atakama selbst bei, welche ich fast gänzlich der freundlichen Güte meines geehrten Freundes, des Dr. Ried in Valparaiso, verdanke, und welche um so interessanter sind, da Ried einestheils mit einem scharfen Beobachtungsgeiste ausgerüstet, andererseits aber die Wüste selbst nur wenig von Gelehrten besucht worden ist.

Es beginnt die eigentliche Wüste sogleich hinter den von mir öfters erwähnten Küstengebirgen, deren höchste Höhe Ried, so wie ich, auf etwa 3000 Fuß angiebt. Hinter diesen Gebirgen kömmt Tafelland und die Wüste erstreckt sich durch die ganze Breite des Landes bis an die Cordillera. Die Länge des zu Bolivien gehörigen Theils der Wüste ist etwa 150 Stunden, aber Ried giebt die Länge der eigentlichen Wüste bedeutend größer an, ohne Zweifel, weil die gegen Nord und Süd angrenzenden Theile von Peru und Chile ebenfalls analogen Charakter tragen. Auf das die Wüste bildende Tafelland kömmt man durch jene Flußbeete, welche ich oben bereits erwähnt, und als durch mächtige und periodische Schmelzungen des Cordillera-Schnees entstanden, bezeichnet habe. Das Tafelland ist hügelig und uneben, und mehrfache jener Flußbeete durchschneiden es; Spuren mächtiger Strömungen werden an ihnen gefunden und nicht selten sind die steilen granitischen Wände derselben durch die Masse rasch vorübergeführter Gesteinstrümmer polirt und abgeschliffen. Jetzt sind sie trocken.

Dem Granite scheinen hier und da jüngere Formen aufgelagert; so fand Ried an einer Stelle Saurierreste.

Der beste Eingang in die Wüste ist von Cobija aus. Von dort aus beginnt man sogleich zu steigen, eine Höhe von 3000 Fuß wird in vier bis fünf Stunden überstiegen, und auch dort finden sich jene mächtigen Wasserrisse. Etwa 22 Stunden weit von der Küste trifft man auf einen Gebirgszug, der so ziemlich parallel mit der ersteren verläuft. Die höchsten Punkte dieser Kette schätzt Ried auf 7000 bis 8000 Fuß. Ein ähnlicher Charakter der allgemeinen Bildungsform zeigt sich also auch hier wie in Chile, nur großartiger wie es scheint.

Hat man diese Kette überschritten, so erblickt man im Hintergrunde die hohe Cordillera, die oft beschriebene und dennoch unbeschreibbare riesige Kette der Anden. Zwischen ihr und dem Wanderer liegt die Wüste, das Bild des Todes, wenn auch nicht der Verwesung, denn die lange Straße von Leichen, welche sich durch dieselbe hinzieht, besteht aus nur vertrockneten Thieren. Pferde und Maulthiere sind mumificirt, Haare, ja selbst die Augen noch erhalten an ihnen. Hunger, Durst und Ermattung hat sie getödtet, aber die klimatischen Verhältniße gestatten keine Fäulniß der Körper, während eben so wenig dort irgend ein Insekt existirt, welches sie verzehrt.

Etwa nach 27 Leguas (40½ Stunde) kommt man an einen Fluß der Loa heißt. Er besteht aus geschmolzenem, von der Condillera kommendem Schneewasser. Unferne von dort liegt ein indianisches Dorf, Chiuchia, und dort tritt zu dem Loa ein vulkanischer Strom. Das Flußbett ist 300 bis 400 Ellen breit und mächtig tief. Aber das Wasser des vulkanischen Flusses enthält Kupfer und eine Menge anderer Salze in Auflösung, es verursacht Leibweh, wird aber dennoch getrunken. Die Wassermenge ist nur gering, wird aber gegen die See hin noch geringer und verliert sich endlich ganz.

Im Wasser selbst konnte Ried keine Spur irgend eines Geschöpfes entdecken, hingegen sah er in der Nähe desselben eine kleine Eidechse, eine Fliegenart und Musquitos.

Höchst interessant sind die Beobachtungen über die Temperatur, die Windrichtung und den Regen.

 

Die Mittagshitze ist drückend. Ried giebt 96 bis 120 Fahrenheit an, also + 28 bis + 39 Reaumur. Gegen vier Uhr des Nachmittags nimmt die Hitze ab, und die Temperatur sinkt rasch. Nach Mitternacht tritt Frost ein und der Thermometer stand auf 32° Fh., also 0° Reaumur, manchmal noch tiefer.

Die natürliche Folge hievon ist Pneumonie und Pleuritis, und Thiere und Menschen erliegen nicht selten derselben.

In der Wüste selbst regnet es nie und man wird sich erinnern, was ich im Vorhergehenden über die Regenlosigkeit der Küste ausgesprochen habe. Auf der Cordillera aber selbst und etwa 15 Stunden weit von derselben gegen Westen fällt Regen, nie aber weiter. Aber jene Regen fallen blos im Winter, d. h. vom Mai bis zum September. In Bolivien, in so ferne es gegen Osten von der Cordillera aus liegt, regnet es hingegen im Winter nie, aber im Sommer fast täglich, zugleich treten zwischen Nachmittag und Mitternacht sehr häufig starke Gewitter auf.

In der Wüste weht von Morgens 10 bis gegen Sonnenuntergang ein sehr starker Westwind, also von der See gegen die Cordillera hin und dieser Wind, stets stark, wird manchmal so heftig, daß man kaum gegen ihn ankommen kann. Mit der Sonne zugleich sinkt auch der Wind, und es tritt bis gegen 9 oder 10 Uhr fast Windstille ein. Gegen Mitternacht indessen beginnt der Wind von der entgegengesetzten Seite von Osten her, also von der Cordillera gegen die See zu wehen, und zwar erkältet durch den Schnee und daher jenes oben erwähnte Frostphänomen.

Ried hat diese Erscheinungen vereinigt, und eine einleuchtende Theorie derselben aufgestellt.

Die Wüste, sagt er, liegt von der Cordillera aus gegen Westen, eine ungeheure des Tags über glühende Fläche, noch weiter, in gleicher Richtung gegen Westen, die Südsee, deren Oberfläche stets kühler ist, als die der Wüste, es ist also bei Tage ein Ostwind nicht möglich.

Im Winter regnet es, während es im Gebirge schneit, und es bilden sich von der ewigen Schneelinie herunter große Schneelager. Die Sonne hat nicht Kraft genug sie zu schmelzen, erst im Sommer ist sie dieß im Stande. Steht man bei Sonnenaufgang auf der Ostseite der Cordillera, so bemerkt man, daß der Himmel auf dieser Seite hell, klar und blau ist. Aber schon gegen sieben Uhr beginnt der Schnee zu schmelzen, es bilden sich Dämpfe auf den Gipfeln der Anden, diese vereinigen und erheben sich und es umwölkt sich der Himmel. Mittlerweile hat sich der vom See über die Wüste kommende Westwind erhoben, jagt diese Wolken gegen Osten und über die vulkanische Reihe der Anden, und sie sind es, welche als Gewitterwolken auf der Ostseite auftreten und die dort häufigen Gußregen erzeugen.

Von den Erdbeben endlich bemerkt Ried, daß sie in der Wüste ziemlich häufig sind, aber nur westlich von den Anden und bis an den Fuß des eigentlichen Gebirgs. Auf diesem und auf der östlichen Seite hören sie gänzlich auf. – In Chile sind diese Verhältnisse anders. Zwar spürt man auf der hohen Cordillera Erdstöße weniger als im Flachlande, wie ich schon oben erwähnte, aber sie treten auf der Ostseite wieder deutlicher auf; indessen fehlen gleichzeitige Beobachtungen, welche sicher von hohem Interesse wären.

XIII.
Callao-Lima (Peru)

Vor einer neuen Seefahrt, d. h. vor einer umständlichen Mittheilung des auf derselben Erlebten, darf der freundliche Leser keine Besorgniß hegen. Ich werde bald für die Rückreise von Peru nach Europa genug zu thun haben, seine Geduld nicht allzusehr zu ermüden.

Wir bedurften, um von der Algodonbai aus nach Callao zu kommen, 10 Tage und bekamen bereits am 4. März gegen Abend die Insel St. Lorenzo in Sicht.

Es muß in der That ein furchtbares Erdbeben gewesen sein, welches diese Felseninsel vom Festlande losgerissen hat. Sie liegt gegenwärtig zwei und eine halbe Meile von der äußersten Spitze des Landes entfernt, und ohne Zweifel ist der sie mit dem übrigen Lande früher verbindende Theil versunken, d. h. von der See verschlungen worden.

Die größte Tiefe der See, welche jetzt die Durchfahrt zwischen Land und Insel bildet, ist 60 Fuß, die geringste 24 Fuß und der Grund besteht aus Felsen und Sand.

Kaum glaublich, dennoch aber sicher beurkundet, sind die grauenhaften Erscheinungen, unter welchen jenes berüchtigte Erdbeben (1746) aufgetreten ist.

Die Erde hob und senkte sich dergestalt, daß die ganze frühere Hafenstadt Callao sammt ihren Bewohnern in Zeit von wenigen Sekunden vollkommen vertilgt war. Natürlich trat die See mit einer furchtbaren Schnelligkeit über das für den Augenblick gesunkene Land, und man kann sich einen Begriff von der Heftigkeit dieses Vordringens des Meeres und der Mächtigkeit der stürmenden Fluth machen, wenn man erfährt, daß neben einer großen Anzahl anderer an's Land geschleuderter und zerschellter Schiffe, eine große englische Kriegsfregatte über eine englische Meile weit in's Land geworfen wurde und dort liegen blieb. Ein Denkstein bezeichnet noch heute die Stelle.

Es ist überflüssig hier die bei solchen Gelegenheiten gebräuchliche salbungsvolle Formel einzuschalten: »Und dennoch bewohnt der Mensch sorglos jetzt wieder diese Gegenden, welche etc.« – Eine der größten Gottesgaben, der Leichtsinn, wird glücklicher Weise nie die Menschheit verlassen, selbst nicht im Zustande der höchsten Cultur, wenn der Dollar einmal vollständig und allgemein als höchstes Wesen anerkannt sein wird; und wir alle laufen mit derselben Sorglosigkeit über Abgründe und Schlünde hinweg, welche uns jeden Augenblick verschlingen können, wenn gleich theilweise moralisch.

Wir hatten auf der Fahrt von der Algodonbai aus nach Callao noch öfter die Küste in Sicht, und daher noch den Eindruck derselben, das Wilde und Sterile im Gedächtnis behalten.

Einen um so erfreulicheren Anblick gewährte jetzt das landschaftliche Bild der peruanischen Küste. Grün und bebuscht dehnt sich vom Ufer an eine freundliche Fläche aus. Einzelne hervorragende Palmen verfehlen nicht den Typus der Tropen zu verleihen, und im Hintergrunde liegt die Ciudad de los Reyes, das königliche Lima, tausend Erinnerungen erweckend an Alles was man gehört und gelesen von demselben, und wohl auch geträumt. Ein Gebirge29, dessen Spitzen meist in Nebel gehüllt sind, schließt hier die Landschaft. Im Vordergrunde, und dicht an See, liegt die Hafenstadt Callao.

Allen Reisenden ist die niedere Temperatur aufgefallen, welche das Wasser im Hafen von Callao zeigt und man hat dasselbe, wie ich glaube, sehr glücklich durch die Humboldt-Strömung erklärt. Ich will hier kurz bemerken, daß etwa 5 Meilen vom Hafen entfernt, die Temperatur des Wassers + 15.9° R. war, im Hafen hingegen + 14.0° R. und die der Luft 19.8°, vollständig also übereinstimmend mit früheren Beobachtungen.

Kurz ehe wir in den Hafen einliefen, kam ein mächtiger Hai, wohl 12 Fuß lang, an Bord. Es wurde, da er die Angel nicht annahm, mit der Harpune auf ihn Jagd gemacht, daß Thier auch wirklich getroffen, aber wie gewöhnlich ging es beim Aufheben verloren. Auch Wallfische sahen wir mehrere. Außerhalb des Hafens war eine Unzahl von Vögeln, im Hafen jedoch weniger. Indessen behauptet man, daß die Menge der Vögel in und um den Hafen gegen früher sehr abgenommen habe, seitdem sie durch das Holen des Guano allenthalben gestört und verjagt werden. Auch Fische scheinen dort in großer Menge vorhanden, und wir passirten an mehreren Zügen vorüber. Bei einem dieser Haufen war das Wasser, in welchem sie sich bewegten, roth gefärbt, ich konnte keins davon schöpfen, aber ich glaube, daß diese rothe Färbung von kleinen Thieren herrührte, welche den Fischen zur Nahrung dienen.

Am Lande selbst herrscht, wie allenthalben an solchen Orten, reges lebendiges Leben, und bunt durcheinander klingen die Zungen aller Nationen. Ich gefiel mir dort darin, den Seemann zu spielen, trug eine weiße Jacke mit rother Schärpe und sprach ein schauderhaftes Spanisch. Wir wanderten durch die reich und einladend aufgestapelten Schätze der Früchte des Landes, welche dort zum Verkaufe geboten werden, an's Zollhaus, und da man mich wirklich für einen Seemann hielt, machte man Miene, mich einer etwas sorgfältigeren Untersuchung zu unterwerfen. Aber die Zauberformel »Soy medico« und das Oeffnen meiner Reisetasche, welche Verbandzeug, Aneroid-Barometer, Mineralienhämmer und ähnliche Dinge enthielt, verschaffte mir sogleich freien Paß.

Ich miethete mich hier einen Tag im Marine-Hotel ein, um flüchtig Callao zu besehen und dann nach Lima zu gehen. Die bescheidene Wohnung, welche mir angewiesen wurde, bestand aus einem kleinen Häuschen, welches neben drei andern Collegen auf dem flachen Dache des Hotels stand, in jeder Ecke des Daches eines. Ein schmales Bett, ein Tisch und ein Stuhl nebst so viel Raum, um zwischen diesen Gegenständen sich ohne besondere Mühe durchwinden zu können, war die Bequemlichkeit, welche mein Haus bot.

Die Unbequemlichkeit, welche es enthielt, bestand neben einer drückenden Hitze aus einer Unzahl von Flöhen und Ameisen. Ich nahm daher vor meiner Hausthür Platz, ließ mir eine Flasche Ale bringen nebst einem Imbisse, und zeichnete so gut es ging während des Essens einen Theil der Küste und des Hafens.

Einen Ueberblick über die Stadt gewinnt man übrigens auf einem solchen Dache ganz vortrefflich, und es gewährt einen eigenthümlichen Anblick, die Menge von braunen, aus Lehm geschlagenen Vierecken zu sehen, welche mit vergitterten Fenstern versehen sind und mit dem Schmutze von Decennien bedeckt scheinen.

Außer einzelnen Aasgeiern, welche hie und da die sterblichen Reste eines Hundes oder einer Katze aufzehren, sieht man indessen auf jenen Dächern nichts Lebendes, und blos im Marine-Hotel hatte man die, – wie es schien – wohlwollende Einrichtung getroffen, für Flöhe, Ameisen und wohl auch für Reisende jene kleinen Zufluchtsorte zu errichten.

Aehnlich wie in Valparaiso, wenn auch in kleinem Maßstabe, verläuft auch hier die Stadt gegen außen in kleinere Gebäude und Hütten. Gegen das Feld zu findet man dort lange, breite und einsame Straßen, in welchen nur hie und da eine Hütte steht. Diese Hütten sind im nämlichen architektonischen Sinne construirt, wie die früher erwähnten in Mamilla, aber bei den meisten bestehen die beweglichen Wände nicht aus fragmentarischen Kleidungsstücken wie dort, sondern aus Flechtwerk und Matten, was nicht übel läßt.

Ich hatte Gelegenheit dies zu bemerken, indem ich einige Stunden in der Stadt umhergelaufen war, einige Skizzen gezeichnet, und ein Paar herrliche Papageien gekauft hatte, welche ich, nebenher gesagt, auch glücklich lebend mit nach Europa brachte.

Im Gasthause wieder angelangt wurde ich mit einer fabelhaften Achtung und Aufmerksamkeit empfangen, Capitano und Sennor Baroné genannt, ein Ausdruck, den ich dort zum ersten und letztenmal an der Westküste hörte, und zugleich wurde mir angezeigt, daß meine Sachen in ein würdiges Zimmer gebracht worden seien. So war es in der That, aber ich habe nie erfahren, welcher unbekannte Freund mich dort so in höhere Potenz gestellt hatte. Indessen waren durch das einigemal ab- und zufahrende Boot meine Kleider in's Hotel gebracht, und die erkauften Vögel an Bord geschafft worden, so konnte der Abend sorglos zugebracht, und im Gespräche mit einigen Deutschen manchfache Notiz über das Land erworben werden.

Es wurde jenesmal viel von der Unsicherheit des Landes gesprochen. Richtig war allerdings, daß der von Callao nach Lima gehende Postomnibus öfters beraubt worden war, und daß fortwährend berittene Abtheilungen von Militärwachen jene Straße durchstreiften. Geschieht dies vierzehn Tage nicht, sagte man mir, so kann man darauf rechnen, daß Räubereien vorfallen. Als ich aber meinen Vorsatz äußerte, am andern Morgen die Umgegend von Callao zu durchstreifen, versicherte man mir ganz ernsthaft, dies würde ich nicht thun, denn es sei zehn gegen eins zu wetten, daß ich ermordet werden würde.

Ich war aber nicht nach Südamerika gegangen, um hinter den Lehmwänden einer kleinen Hafenstadt mich vor Räubern versteckt zu halten, steckte des andern Morgens frische Hütchen auf meine zuverlässigen Taschenpistolen und machte mich, nachdem ich den Kaffee mit heroischen Gedanken genossen, auf den Weg. Vor der Stadt indessen und im Gebüsche angelangt, fand ich, daß ich meine Pistolen vergessen hatte.

Aber der Leser kann mich friedlich ziehen lassen, es wiederholte sich nicht das Abenteuer mit dem Löwen, welchem ich unbewaffnet entgegen treten mußte, und ungefährdet erreichte ich gegen Mittag wieder die Stadt. Doch hatte ich auch wenig genug erworben. Wo nicht Pflanzenwuchs die Erde bedeckt, finden sich Geschiebe mit Muschelfragmenten, und etwa in einer Tiefe von 8 bis 10 Fuß unter diesen ein blauer thoniger Letten, ohne Zweifel alter Meeresgrund, obgleich ich selbst unter dem Mikroskope keine thierischen Reste in demselben entdecken konnte. Mit Pflanzen wollte ich mich nicht befassen, da ich sie doch nicht hätte trocknen können, geognostische Studien waren aber keine weitere zu machen.

 

Merkwürdig ist die Armuth der dortigen Gegend an Insekten. Ich habe keinen einzigen Käfer getroffen, obgleich ich sorgfältig alle gewöhnlichen Fundorte durchsuchte, und nur einige Schmetterlinge, Tachypteren, von unscheinbarer Färbung und den unserer Waldungen ähnlich, und einen kleinen Schwärmer, wahrscheinlich eine Zygaena, habe ich gefunden.

Ziemlich häufig aber war ein großer Asilus, der räuberisch jenen Schmetterlingen nachstellte, und einige andere Fliegen.

Kapitain Müller und ich fuhren des Nachmittags nach Lima. Zu jener Zeit wurde die Fahrt im Omnibus gemacht, deren mehrere des Tags hindurch hin und zurück gingen, und genau alle Unbequemlichkeiten boten, wie die deutschen analogen Institute. Mehrere Damen waren unsere Reisebegleiterinnen, und ich staunte über die Masse des Schmuckes, mit welchem dieselben buchstäblich beladen waren.

Es hätte sich in der That rentirt, einem solchen Omnibus einen Besuch à la Rinaldo Rinaldini abzustatten, und reitende Patrouillen, welchen wir begegneten, schienen zu beweisen, daß in Wirklichkeit ähnliche romantische Ideen Eingang gefunden haben mochten bei den Söhnen des Landes.

Jetzt ist eine Eisenbahn von Callao nach Lima geführt, an die Stelle des wilden Räubers wird der sanfte Taschendieb treten und die Nachkömmlinge der blutdürstigen Spanier werden der Segnungen der Kultur und seiner Bildung mehr und mehr theilhaftig werden.

Der Weg von Callao bis Lima beträgt etwas über drei Wegstunden, welche wir aber in einer Stunde zurücklegten, und auch hier wurde, wie in Chile, fortwährend Galopp gefahren.

Einzelne Landhäuser und Ruinen von solchen, Erinnerungen an die Kämpfe der Revolution, stehen hie und da auf der weiten Ebene, und bei allen scheint ungebrannter Lehm das vorherrschende Bau-Material gewesen zu sein.

Die Repräsentanten der Pflanzenkultur waren vorzugsweise Kleefelder und Zuckerrohr-Plantagen, auch Orangenbäume fehlen nicht, zerstreute Palmen aber gaben der Gegend jenen tropischen Anstrich, welcher für den aus höheren Breitegegenden Kommenden stets anziehend und reizend ist.

Lima selbst macht einen großartigen Eindruck. Die Kuppeln und Portale der Kirchen, an altspanischen Styl erinnernd, wenn gleich oft mit starker Zopf-Reminiscenz, treten immer imponirend genug aus der Masse der übrigen Gebäude hervor, und die ganze Stadt dehnt sich weithin aus. Man hat mir die Einwohnerzahl von Lima auf 80,000 angegeben, aber für den Flächenraum der Stadt giebt dieß nach unseren Begriffen keinen sicheren Anhaltspunkt, da die meisten Häuser nur ein Erdgeschoß mit einem Stockwerke haben, und nur wenige Gebäude mit drei Etagen bestehen, ja viele Häuser selbst nur ein Erdgeschoß haben.

Es ist mithin die Einwohnerzahl auf eine größere Grundfläche vertheilt als in unseren europäischen Städten, wo durchgängig höhere einzelne Bauten eine größere Menschenmenge fassen.

Die Bauart selbst erinnert mehr an jene von Rio de Janeiro als an die von Santjago, namentlich die besseren Häuser, welche freundlicher aussehen oder wenigstens nicht den klösterlichen Typus haben wie die chilenischen, doch trifft man auch solche. Einen ganz eigenthümlichen Eindruck haben die abenteuerlich construirten Dächer mehrerer Kirchen auf mich gemacht, welche fast alle mit einer dichten Staubdecke belegt, mich unwillkürlich an alte, sonderbare Spielwerke meiner Jugendzeit erinnerten, welche bei Seite gestellt in irgend einen Winkel nach längerer Zeit wieder hervorgesucht wurden, und sich dann eben so bestaubt wie jene zeigten. Auch auf Balkons und gedeckten Gängen der Privatwohnungen liegt jene dicke Staublage, welche von den spärlichen und selbst dann nur nebelähnlichen Regen nur selten vollständig entfernt zu werden scheint.

Die Schilderung oder Aufzählung der vorzüglichsten Kirchen und öffentlichen Gebäude erläßt man mir wohl. Aehnliches hat kaum mehr Nutzen als eine Stelle des Reiseberichts auszufüllen, denn der Leser bekommt doch schwerlich einen richtigen Begriff irgend eines Bauwerks, wenn nicht mit künstlerischer Genauigkeit beschrieben wird. Die statistischen Notizen, welche ich versucht habe im Vorhergehenden über Chile zu geben, mögen im Allgemeinen auch für Peru gültig sein, die Regierungsform eine gleiche oder sehr ähnliche, das Unterrichtswesen und der Stand der bewaffneten Macht auf gleicher Stufe, und auch für Handel, Gewerbswesen und Zollverhältnisse mag Aehnliches gelten. Aber man fühlt in Lima die größere Nähe des Aequators, nicht in der Temperatur allein, sondern auch im Leben und Treiben selbst. Man lebt dort anders als in Chile. Ich mag mich nicht gerne vermessen, einen Urtheilsspruch zu thun über Charakter und Sitten eines Volkes nach kurzer Beobachtungszeit von kaum einigen Wochen, so will ich denn dem Leser nur einzelne Bilder vorführen, aus denen er sich selbst Schlüsse ziehen kann.

Kapitain Müller und ich stiegen in der goldenen Kugel, einem der ersten Gasthäuser von Lima ab, und besuchten hierauf sogleich einen deutschen Uhrmacher, der in nächster Nähe wohnte, und einen reichen Verkaufsladen hatte. Er war ein alter Bekannter von Müller, und empfing uns mit derselben Herzlichkeit wie alle Deutsche, welchen ich an der Westküste begegnet bin, und da in seinem Geschäfts-Lokale zugleich der Versammlungsort der meisten Deutschen war, welche eben ein Paar müßige Augenblicke hatten, so lernte ich in der Folge viele derselben dort kennen.

Wir gingen, nachdem es dunkel geworden, nach der Plaza, und ich staunte über das eigenthümliche Leben was sich uns dort darbot. Die Plaza ist der Hauptplatz von Lima, wohl einige hundert Schritte lang und breit, und gegen Ost von der Kathedrale begränzt, welche ein würdiges Bauwerk ist, und im Innern vor der Revolution unglaubliche Schätze enthielt, von welchen aber ein großer Theil seitdem verschwunden ist. Die nördliche Seite schließt das Rathhaus ein, gegen Süd und West aber stehen Privathäuser, unten mit geräumigen Gallerien versehen, in welchen offene Kaufläden mit den verschiedenartigsten Gegenständen gehalten werden. Täglich erlebt man auf der Plaza drei verschiedene Perioden.

Des Morgens mit Tages-Anbruch herrscht der Lärmen und das Gewühle von Viktualien-Verkäufern aller Art, denn es wird dort zugleich der Hauptmarkt abgehalten; bei steigender Sonne aber und des Tages über ist der Platz leer und geräumt, und fast im alleinigen Besitze der glühenden Sonnenstrahlen; bei'm Beginne der Nacht hingegen entwickelt sich dort das lebendigste Treiben. Hunderte von Verkäufern bieten Eiswasser (Fresco) und Limonade aus. Ihre Buden sind freilich nicht glänzend, und bestehen meist aus alten Kisten, in welchen die Gefäße mit Eis stehen, beleuchtet von einem kleinen Talglichte, und aus einer Anzahl niedriger Bänke und fußschemelartiger Stühlchen, denn man liebt in Peru eben so wie in Chile, fast huckweise (kauernd) zu sitzen.

Aber um diese bescheidenen Etablissements hat sich der Luxus geschaart, die schöne und die feine Welt von Lima. In reichen Anzügen haben dort die vornehmsten Damen Platz genommen, und lassen sich Fresco reichen von ihren ebenfalls zierlich geschmückten Männern oder Freunden. Officiere beleben die bunten Gruppen, und anständig schreitet mitunter ein Mönch zwischen ihnen.

Friedlich aber zwischen allen diesen Staatspersonen sitzt mitunter leichte Waare, Priesterinnen der verrufenen, wenn gleich nicht unbeliebten Göttin, die dereinst den Wellen entstiegen; bunte Vögel, zwar nicht geschmückt mit fremden Federn, wohl aber mit lebenden, blühenden Blumen. Man sagte mir, daß dieß das selbstgewählte Abzeichen jener schwärmenden Damen sei. Vielleicht aber sind sie eben deßhalb geduldet mitten im Kreise der Tugend und des Anstandes, da sie so hinreichend bezeichnet sind durch den duftenden Jasminkranz, den zu jener Zeit wenigstens fast alle trugen. Jedenfalls fällt es aber Niemand ein, Uebles zu denken oder sich aufzuhalten über jene Vermengung von Tugend und Leichtsinn.

29Das Bartholomäus- und Amancas-Gebirge.