Za darmo

Reise in Südamerika. Zweiter Band.

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Dort lagen alle Schläfer noch zerstreut in malerischen Gruppen und ich wurde an die Schläferscene im Robert erinnert; da ich aber keinen Zweig zu zerbrechen hatte, feuerte ich einen Schuß über ihre Köpfe hinweg. Bald loderte nun ein Feuer, es wurde Kaffee bereitet und die Rüstung zum Heimweg betrieben. Ehe ich aber die wirthliche Schlucht verlasse, will ich noch einiger Thiere gedenken, welche ich dort getroffen, und welche ohne Zweifel einzig auf die grünende Parthie derselben angewiesen sind. Es war ein kleiner finkenartiger Vogel, welcher, jedoch selten, durch die Aeste der größeren Bäume schlüpfte, dann einige Eidechsen, welche zierlich und schlank gebaut und unserer Lacerta agilis nicht unähnlich waren. Sie schienen den Menschen kaum zu fürchten, und haschten kleine Stückchen Brod oder Feigen, welche man ihnen hinwarf, und flohen damit in ihre in den Steinen befindlichen Schlupfwinkel, um bald darauf wieder zu erscheinen. Ich habe keines dieser Thierchen getödtet, und auch keinen der Vögel, kann daher über Art und Gattung nichts weiter sagen.

Ferner fand ich noch zwei Arten von Fliegen und das vorzugsweise unter dem großen Feigenbaume, auf Stamm, Blättern und Früchten umherfliegend. Es hatten jene Fliegen Aehnlichkeit mit Cynips Psenes, durch welche in Griechenland die sogenannte Caprification der Feigen vermittelt wird, und es wäre wohl möglich, daß jene Fliegen dort in Mamilla in ähnlicher Beziehung zu den Feigen ständen, doch konnte ich an den reifen und unreifen Früchten keine Spur eines Insektenstiches finden. Auch kennt man weder in der Algodonbai noch in Chile die Operationen, welche man im Oriente anwendet, um die Reife der Feigen künstlich zu befördern, und giebt es dort ein solches Insekt, durch dessen Stich dieß geschieht, so findet die Caprification wenigstens ohne Hülfe und Mitwissenschaft der Menschen statt.

Am Strande angelangt, wurde uns von einigen Bewohnern Mamillas ein junges Guanaco zum Verkaufe angeboten, und der Kapitain erstand dasselbe zu einen ziemlich hohen Preise, um es mit nach Europa zu zu nehmen. Wir erfuhren dort, daß die Guanacos eben nicht häufig auf den Bergen seien, daß aber doch welche getroffen würden, und daß die Thiere häufig des Nachts an die Quelle kämen um zu trinken. Ganz à la Robinson wird dann bisweilen eines oder das andere von irgend einem Verstecke aus mit dem Lasso gefangen. Das Junge, welches wir mitnahmen, war nebenher gesagt, das boshafteste, störrigste und widerwärtigste Subject (unter den vierbeinigen nämlich), welches mir seit langer Zeit vorgekommen. Es hatte die Größe eines starken Rehbockes; wir brachten es glücklich mit nach Europa, und ich habe später vielleicht noch Gelegenheit von ihm zu berichten.

Wir hatten heimwärts günstigen Wind, und konnten abermals das Segel benützen; so kamen wir rasch vom Flecke und die Fahrt war bei der lieblichen Temperatur des Abends in der That eine höchst angenehme zu nennen. Als wir uns dem Felsen näherten auf welchem sich gewöhnlich die Robben aufhalten, lagen wirklich mehrere derselben dort, sich in der Abendsonne wärmend.

»Das giebt einen Scherz,« sagten unsere Matrosen, »geben Sie einmal Acht, was die Burschen sich ärgern, wenn man ihnen Seehund! zuruft, denn weil es eigentlich Seelöwen sind, so verdrießt sie dieß ganz verzweifelt.«

In der That hatte es ganz den Anschein als wollten die »Seelöwen« die Meinung der Matrosen in Betreff ihres Racen-Vorurtheils rechtfertigen. Wir näherten uns dem ersten, der zu schlafen schien, und riefen sämmtlich aus voller Kehle das ominöse »Seehund.« Da erhob sich das Thier, stieß ein wirklich schauderhaftes Gebrüll aus, und rutschte, mit den kurzen Stummelfüßen sonderbare Bewegungen machend, bis an den Rand der Klippe. Jetzt lachten ihn die Matrosen aus, wiederholt Seehund rufend, bis endlich unter wüthendem Gebrülle das Thier sich kopfüber in die See stürzte. Interessant war bei der Geschichte, daß die kaum fünfzig Schritte davon auf andern Klippen liegenden Robben nicht auch sogleich die Flucht ergriffen, sondern wirklich warteten, bis auch sie persönlich angegriffen und verhöhnt wurden.

Ohne irgend einen störenden Unfall und sehr befriedigt von den Ereignissen des Tages, erreichten wir ziemlich spät des Abends den Dockenhuden, und versprachen uns gegenseitig einen zweiten ähnlichen Ausflug nach Mamilla, der aber in Folge anderer Excursionen unterblieb.

Einige Tage später unternahm ich allein eine Excursion in die Berge um geognostische Notizen zu sammeln, und vielleicht nebenher ein Guanaco zu erlegen. Ich hatte eine kleine, wollene Decke mit mir genommen, wie ich solches auch in Chile that, wenn ich im Freien übernachten wollte, etwas Charque, d. h. an der Sonne getrocknetes Ochsenfleisch, ein wenig Zwieback, und meine Feldflasche mit Rum gefüllt. Daß Berg-Compaß, Mineralienhammer und die Doppelflinte nicht fehlten, versteht sich von selbst. Ich verließ des Morgens gegen zehn Uhr den Dockenhuden und stieg rüstig bergan. Die Ergebnisse der meisten geognostischen Erfahrungen, welche ich auf dieser und andern ähnlichen Touren sammelte, habe ich theils in einer größeren wissenschaftlichen Abhandlung niedergelegt, theils aber auch in den gegenwärtigen Reiseskizzen insoferne berührt, als es für dieselben von Interesse ist. Ich will daher den freundlichen Leser nicht weiter mit solchen behelligen, indessen muß ich von einer Erscheinung berichten, der ich schon früher vorübergehend erwähnte.

Es ist dieß die scheinbare Schichtung des Gebirges, welche an mehreren Stellen der Küste beobachtet wird und welche, wie sich bei näherer Betrachtung ergibt, durch Verwitterung bedingt ist.

Ich habe schon öfter des terrassenartigen Ansteigens erwähnt, welches die dortigen Bergformen charakterisirt. An manchen Stellen nun haben sich die einzelnen Parthien, kolossalen Mauern ähnlich, neben einander emporgeschoben, so daß eine stets die andere überragt, und, wenn man will, eine Art Riesentreppe gebildet wird. Durch Verwitterung nun, und allmälige Zersetzung des Gesteins, hat sich ein Theil derselben abgelöst und ist von den steilen Wänden hinabgestürzt auf den ebenen Theil der unteren Bildung, der hier ein größeres oder kleineres Plateau bildet. Da das zersetzte verwitterte Gestein fast stets eine andere Farbe angenommen hat, so sticht seine Anhäufung auf dem untern Plateau meist ziemlich scharf ab gegen die steil ansteigende Wand des unzersetzten Felsens, der mauerartig hinter dem Plateau ansteigt. Dies bildet nun quer am Abhange des Gebirges hinziehende, verschiedenfarbige Streifen und Bänder, welche an vielen Stellen der Küste, von einiger Entfernung gesehen, fast täuschend den Eindruck der Schichtung machen.

Bei der Regenlosigkeit jener Küstenstriche muß eine solche Masse verwitterten Gesteins auffallen, allein es tritt dort die intensive Sonnenhitze wieder theilweise ergänzend auf, und das einmal abgelöste und auf die untere Fläche gestürzte Gestein bleibt dort für immer liegen, eben da die Regengüsse fehlen, welche an einem andern Orte mit der Zeit diese Lagen mehr und mehr abwärts führen würden.

Während der ganzen Küstenfahrt interessirte mich diese scheinbare Schichtung des Gesteins, und schon auf der hohen Cordillera in Chile habe ich früher Aehnliches an entfernten und unzugänglichen Stellen des Gebirges betrachtet. Ich fand hier plötzlich die einfache aber vollständig klare Lösung des Räthsels, und setzte erfreut meinen Weg fort, denn das Vergnügen, welches man bei solchen Gelegenheiten empfindet, entschädigt für die Entbehrungen von Wochen und Monaten.

Bis gegen Abend kletterte ich bald abwärts bald aufwärts, Handstücke schlagend, Durchschnitte zeichnend, und überhaupt nach Kräften geognostische Studien betreibend. Dann stieg ich aufwärts so weit ich konnte und ging eine Strecke in's Land, wenn der felsige, steinige Boden so genannt werden darf, der von tausend Rissen durchzogen, und mit mächtigen Felsenstücken bedeckt war. Aber stets war die Aussicht in's eigentliche Innere versperrt durch neue aufsteigende Felsenhügel, und ich sah ein, daß ein weiteres Vordringen für heute nicht möglich, wenn ich morgen wieder an Bord sein wollte. Ich ging also gegen Süden, wo sich das Gebirge etwas senkte, und so weit gegen die Küste zu, daß eben das Meer wieder sichtbar wurde. Dort suchte ich mir einen Felsen aus, in dessen Nähe möglichst wenige frisch herabgestürzte, scharfkantige Bruchstücke lagen, weil ich schloß und hoffte, daß auch während der Zeit, in welcher ich neben ihm liegen würde, ein Herabfallen nicht stattfinden würde. Ein Vorsprung von einigen Fuß mußte das schützende Dach vorstellen, und indem ich größere Steine hinwegräumte, bereitete ich mein Lager so gut es ging.

Spartanisch genug fiel es aus, das mag ich nicht verhehlen, und wenn gleich die Müdigkeit mich die ersten Stunden ziemlich fest schlafen ließ, so brachte ich doch den größten Theil der Nacht schlaflos zu, und diese Schlaflosigkeit war sicher nicht durch die allzu reichliche Abendmahlzeit hervorgerufen, da ich die Hälfte meines Vorrathes für den folgenden Tag gespart hatte. Was ich indessen am meisten fürchtete, den Mangel an Wasser, empfand ich am wenigsten, und ohne Zweifel war die schwache Nebelschichte, welche sich herabgesenkt hatte, die Ursache hievon.

Als ich etwa gegen 1 Uhr in der Nacht erwachte, war der Mond heraufgestiegen und der Nebel auf den Bergen fast gewichen, so daß die Felsengruppen um mich beleuchtet waren, und auch über den öden Flächen des Gebirges und der fernen See ungewisse Streiflichter zitterten. Ich starrte dort wie im Traume auf jenes Chaos von Felsen, Nebel und undeutlichen Lichtmassen hin, und es beschlich mich ein solches Grauen, daß ich deutlich mein Herz schlagen hörte. Wovor? Ich weiß es nicht. Warum? Ich vermag keine Rechenschaft zu geben, denn ich hatte viele Nächte im Freien zugebracht eben so allein wie hier. Es war keine Furcht vor etwas Lebendem, keine Scheu vor etwas Todtem, Gespenstigem, es war ein tiefes, unbezeichenbares Grauen, ein Schaudern bis in's innerste Mark, ein Alpdrücken im wachenden Zustande.

 

Mancher Sprung in's Wasser und mancher verhängnißvolle Druck am Schloße der Pistole mag vielleicht solche Momente geschlossen haben. Ich hatte das nicht zu fürchten. Hatte ich nicht den zweiten Toast getrunken in der Schlucht von Mamilla!

Jenes furchtbare Gefühl dauerte indessen nicht lange. Schon eine halbe Stunde nach dem Erwachen rauchte ich die versöhnende Friedenspfeife mit mir selbst, und schuf mir Theorien, wodurch jene Schauder entstanden sein konnten. Ich will diese dem Leser erlassen, muß aber beifügen, daß ich mehrmals in der Nacht das Wiederkehren fürchtete, ähnlich einer pathologischen Erscheinung.

Obgleich ich schon manche unangenehmere Nacht zugebracht unter Dach als hier unter dem sogenannten Himmelszelte, so war doch die Erinnerung an diese eben keine erfreuliche zu nennen, und ich nahm mir vor, ein zweites Nachtlager auf ähnliche Weise in der Folge zu versuchen, der Probe halber und des Experiments wegen. Ich habe es einige Tage später ausgeführt, und kann von jener Nacht dem Leser versichern, daß sie friedlich vorübergegangen und die Expedition nichts besonderes geliefert, als Ergänzungen zu meinen geognostischen Studien.

An jenem Morgen aber brach ich schon vor Anbruch des Tages auf und hielt mich in südlicher Richtung das Gebirge verfolgend auf dessen Höhe, bis ich endlich, als die Sonne zu steigen begann, abwärts schritt, um das Ufer zu erreichen. Es waren bisweilen die Wände und Gehäge so steil, daß ich mich kaum zu halten vermochte, und da ich eine ziemliche Last an erworbenen geognostischen und oryktognostischen Stufen mit mir trug, welche durch neue Funde stets wuchs statt abzunehmen, so war ich froh als ich den Fuß des Gebirges erreicht hatte.

Meiner Rechnung nach mochte ich etwa drei und eine halbe Stunde von der Bai entfernt sein, aber bei der bereits drückenden Sonnenhitze und dem oft glühend heißen schwarzen Sand der Küste, welcher häufig mit dem weißen, aus Muschelfragmenten begehenden, wechselte, war der Heimweg immerhin ein beschwerlicher zu nennen. Zudem hatte ich Hunger, da bis auf einen kleinen Rest von Zwieback mein Speisevorrath zum Frühstück gedient hatte, um die Schauer der Nacht zu vertilgen. So gewährte es mir ganz besonderes Vergnügen, als ich an den aus der See ragenden Klippen plötzlich mehrere Möven sitzen sah, welche sich wenig um mich zu bekümmern schienen. Ich schoß eine derselben, und indem ich mir dieselbe aus dem Wasser nahm ich ein Morgenbad und zugleich einen Mund voll Seewasser21.

Ich wußte, daß in den Ausläufen der Schluchten nicht selten vertrocknete Cactusstämme angetroffen werden, welche dort als Feuerungsmaterial dienen, und so schritt ich weiter, auf solche wartend, um meine Möve zu braten, wie ich es bereits in Chile mit einem guten Theile geschossener Vögel gethan.

Wie ich schon früher bemerkte, wechselt häufig der Sand der Küste, indem er einmal aus schwarzen magneteisenhaltigen Körnern, dann wieder aus größeren Geschieben, endlich aber an andern Orten blos aus Muschelfragmenten oder thierischen Resten überhaupt besteht.

Es ist ohne Zweifel sowohl der nächste Meeresgrund, als auch die Richtung der kleineren Buchten, gegen den vorzugsweise herrschenden Wind, hieran schuld, und so kam ich bald, nachdem ich die Möve erlegt hatte, an eine solche Bucht, die buchstäblich bedeckt war mit Knochen von Robben und Wallfischen, und mit Schädeln derselben, welche in der Form wenigstens noch wohl erhalten, obgleich fast alle organische Substanz aus ihnen verschwunden war, und ein weiterer Transport kaum möglich erschien. Die flachen Ufer jener Bucht erstreckten sich wohl hundert Schritte weit bis an den Fuß des Gebirges und hatten die vierfache Länge, und es bedurfte ohne Zweifel mehrere Jahrhunderte, um die Unzahl von Knochen aufzuhäufen, welche sich dort befinden. Ich zeichnete den Schädel eines Wallfisches, der etwa 7 Fuß Länge hatte und verließ die Stelle, indem ich mich wieder den Bergen näherte, wo ich endlich fand, was ich suchte, nämlich einige ausgetrocknete, zur Feuerung tüchtige Stücke von Cactusstämmen. Ein kleines Feuer war bald entzündet und die zerstückte Möve kunstgerecht mit etwas Salz bestreut, gebraten, oder vielmehr halb geröstet und halb verbrannt. Obgleich ich stets Hammelfleisch und weiße Rüben als das abscheulichste Essen erklärt habe, muß ich doch gestehen, daß jener Vogel noch verabscheuungswürdiger roch, und fast noch erbärmlicher schmeckte als jenes genannte schmähliche Gericht.

Nach etlichen Stunden kam ich an Bord an, nachdem ich vorher die Ruinen, oder wenn man will die Grundmauern von Wohnungen aufgefunden hatte, welche einer alten und längst ausgestorbenen Menschenrace angehörten. Aber hievon werde ich später berichten.

Ich habe so eben jener eckelhaften Speise des Hammelfleisches erwähnt, und muß jetzt gestehen, daß ich schon des folgenden Tages dreimal Hammelfleisch genießen mußte (glücklicher Weise indessen ohne Rüben), und daß ich dieser außerordentlichen und kaum glaublichen Thatsache halber ein Attest bei mir führe, welches ich mir von unserm Kapitain mit beglaubigter Zeugenunterschrift habe ausstellen lassen.

Dem Leser erlasse ich die Mittheilung dieses Attestes, welches indessen, als ich den Kapitain um die Unterschrift bat, viel Scherz veranlaßte, und hiefür erläßt mir vielleicht der günstige Leser die detaillirte Aufzählung der ganzen Reihe von merkwürdigen Begebenheiten, welche jene unerhörte Thatsache hervorgerufen hat.

Direct aber an den letzten Hammelkopf mit Zwiebeln, der bei dem englischen Minenbesitzer verzehrt wurde, muß ich die Schilderung einer der romantischsten Parthien der Bucht anknüpfen. Wir hatten nämlich bei Herrn Thomas Helsby zu Mittag gegessen, und es führte uns derselbe nach Tische in der Umgegend seiner Besitzung umher. Nicht weit von der letztern befindet sich eine größere Gruppe jener öfters erwähnten dunkeln Felsgebilde, welche zusammenhängend und massiger als gewöhnlich, hier eine Halbinsel bilden. Das unregelmäßige Viereck, aus welchem die Gruppe besteht, hängt eben nicht unmittelbar längs der ganzen dem Lande zugewendeten Seite mit demselben zusammen, sondern es bildet die See hier einen Einschnitt in die Felsenmasse, eine schmale etwa 10 bis 12 Fuß breite Bucht, die ungefähr zwei Drittheile der Länge jener der Küste zugewendeten Seite der Felsparthie beträgt.

Die ganze Masse der Felsen steht senkrecht und mauerartig aus dem Wasser hervor und ihre Höhe beträgt auf der Seeseite 36 bis 40 Fuß. Auf der Landseite aber sind sie etwas höher, so daß vom Lande gegen See zu ein Fall stattfindet.

Die Oberfläche der kleinen Halbinsel ist mit einzeln emporstehenden Spitzen, kegelförmigen Erhöhungen und Zacken besetzt, und dieselbe erhält dadurch ein phantastisches und groteskes Ansehen, dabei beträgt ihre Breite dreißig und etliche Schritte, ihre Länge aber etwa zweihundert.

Was aber jener schon an und für sich romantischen Parthie einen wirklich und großartig pittoresken Reiz verleiht, ist die Brandung, welche an jenem Theile der Küste, wie ich bereits erwähnte, bisweilen in so ungestümer Heftigkeit und mächtiger Höhe auftritt.

Die Oberfläche jener Felsgruppen ist bei gewöhnlicher Brandung bis auf einige mit Wasser gefüllte Vertiefungen trocken und kann bestiegen werden. Bei höherer Brandung aber steigen die Wasser über die Felsen empor und überfluthen dieselben.

Wir nahmen unseren Standpunkt hinter dem vorher erwähnten Einschnitte, welcher einen Theil der Halbinsel von der Küste trennt, und sahen über erstere hinweg, wie mächtige Wellen der Brandung, wandelnden Riesenmauern gleich, gegen die Felsen anstürmten. Aber dort brach sich ihre Kraft, wir hörten blos das dumpfe Brüllen der zerschellenden Wassermassen und höchstens stiegen weiße, zackige Kämme, die Spitzen der stürmenden Wogen, über die Felswand empor, um im andern Augenblicke wieder zu verschwinden.

Plötzlich aber rückte von der See her eine neue, stürmende Wassermasse an, eine gewaltige, mächtige Fluthenmauer; sie erreichte die Felswand und dieses Mal überströmte sie dieselbe. Mit donnerähnlichem Brausen und Toben stürzte von allen Seiten mit der Schnelligkeit des Blitzes die siegende See aufwärts über die schiefe Fläche des Fels-Plateaus. Zwischen uns und der anstürmenden Fluth war jene Schlucht, und doch wichen wir unwillkürlich einen Schritt zurück; aber die Wasser ergossen sich jetzt unaufhaltsam vorwärts stürzend in die Schlucht selbst, so daß diese bis zum Rande gefüllt erschien mit dem weißen, wild aufkochenden Elemente.

Auf der einen Seite ist die Schlucht gegen die See geöffnet und bietet einen schmalen Eingang, auf der andern Seite aber ist eine etwa 10 Fuß breite Höhle in gleichem Niveau mit dem Wasser bei gewöhnlichem Stande. In diese Höhle stürzen die Wasser, welche kurz vorher die Schlucht erfüllten und obgleich ein Theil derselben wieder hervordringt, so bleibt doch die größte Menge im Innern und muß jedenfalls einen andern Ausfluß haben.

Es erneute sich das interessante Schauspiel stets nach einigen Minuten, und obgleich fast betäubt von der ganzen colossalen Erscheinung, blieben wir doch fast eine Stunde lang in ihre Betrachtung versunken, und unwillkürlich habe ich bei jenen wild aufkochenden Wogen, die dann plötzlich in die geheimnißvolle Höhle verschwinden, an Schiller's Taucher gedacht.

Geheimnißvoll aber ist die Höhle wirklich. Es benützen sie Schmuggler22 als Zufluchtsort und Versteck, und ihnen allein sind die Vortheile bekannt, mittelst welcher man über und durch die unzähligen Klippen und Felsenspitzen hinwegkömmt, welche aus dem stets heftig bewegten Wasser der Schlucht hervorragen. Das Innere der Höhle hat ohne Zweifel einen andern, blos ihnen bekannten Ausgang, und muß sichern Raum bieten. Aber Niemand außer den Schmugglern hat je den Eingang gewagt.

Zollwächter verfolgten vor einiger Zeit an der Küste ein Schmugglerboot, welches die Schlucht gewann, und in dem tobenden Wogen-Chaos derselben verschwand. Auch das Wachtboot folgte und verschwand ebenfalls. Des andern Tages fand man einige Trümmer desselben, und den zerschmetterten Leichnam des einen der sechs Zollbedienten. Die andern hat kein Auge je wieder gesehen; aber die Schmuggler erschienen ganz unbefangen nach einigen Tagen, verkauften ihre Waare und besuchten auch später die Küste wieder.

Nachdem wir die »Schmugglerbucht« verlassen hatten, ging der Kapitain mit Herrn Helsby nach dessen Wohnung, um noch einige Geschäfte zu besorgen; Kapitain Müller und ich aber fuhren an Bord zurück, und wir hatten das Glück, an jenem Abende eine interessante Erscheinung zu beobachten.

Die Sonne war eben am Untergehen, und das Wetter war wie immer heiter, obgleich die höchsten Spitzen des Küstengebirgs bereits fast seit einer Stunde mit der gewöhnlich des Abends erscheinenden Nebelschicht bedeckt waren. Zugleich war auch in einiger Entfernung auf der See Nebel aufgestiegen, und es erschien hiedurch und durch die verschwindenden Strahlen der Sonne, der Horizont einige Grade hochröthlich gefärbt.

Wir waren etwa noch 6 Faden vom Schiffe entfernt, als ich plötzlich scheinbar in Entfernung von etwa einer englischen Meile an einer Stelle, welche sonst vollkommen frei war, einen dunkeln Fleck bemerkte, und Kapitain Müller hierauf aufmerksam machte, da ich ein Segel zu sehen glaubte; indessen wurden wir beide im nächsten Augenblicke gewahr, daß wir kein Schiff vor uns hatten, sondern daß es ein Fels sein müsse, und zwar der ganzen Form nach einer jener spitz und kegelförmig aus dem Meer hervortretenden Grünsteinformen.

 

Aber noch indem wir die Sache besprachen, rief uns der Obersteuermann zu, uns zu beeilen, indem sich etwas ganz Seltsames zeige. »Ich sehe Land mit einem Flaggenstocke – rief er – wo noch vor 10 Minuten keins war!«

Man kann sich denken wie die beiden Matrosen, die uns fuhren, mit ihren Riemen auszogen, und wie rasch wir beide am Fallreef hinauf und auf Deck flogen. Dort sahen sowohl wir als auch alle anwesenden Matrosen allerdings etwas sehr Seltsames. An einer Stelle der See, an welcher vor einigen Minuten keine Spur von irgend etwas Fremdartigem zu sehen war, stand ruhig und vollständig klar ausgesprochen ein spitzer Felsenkegel, der etwa 100 bis 150 Fuß hoch sein mochte, wenn die Entfernung richtig war, in welcher wir ihn zu sehen glaubten, und welche keinen Falls mehr als eine englische Meile betrug.

Während aber der Fels ruhig und fest aus dem Wasser ragte, befand sich oben auf demselben ein anderer Gegenstand, der sich sichtlich bewegte, sich bald nach rechts, bald nach links wendete, bald höher, bald niedriger wurde. Dieses zweite Bild war unten schmal, oben aber breit, und machte auf mich den Eindruck zweier Palmbäume deren Stämme dicht an einander standen, während nach oben die Kronen sich weiter ausbreiteten und theilweise in einander übergingen.

Die Seeleute glaubten Land zu sehen und einen Flaggenstock auf demselben. So jeder nach seinem Geschäfte.

Mein erster Gedanke war eine Lichtspiegelung, das Abbild irgend eines Felsens der Küste mit einem Palmbaum auf der Spitze. Aber es befanden sich in der ganzen Umgegend keine Palmbäume, mithin war die Theorie nicht stichhaltig. Da tauchten rechts und links von dem zuerst sichtbar gewordenen Felsenkegel kleinere auf, zwar kaum die halbe Größe des erstern erreichend, aber wie er ruhig und unbefangen dastehend und sich sichtlich nicht um uns kümmernd, während wir uns die Köpfe zerbrachen über ihr unerwartetes Erscheinen. Jetzt fuhr mir wie ein Blitz die Idee einer vulkanischen Hebung durch den Kopf. Welch ein Glück! Ich fühlte wie mein Herz schlug! Ich war also von einem günstigen Geschicke auserkoren einer weitern Hebung der Küste beizuwohnen. Jene Grünsteinformen, welche mich bereits so vielfach beschäftigt hatten, sollten jetzt vor meinen Augen entstehen. Morgen schon vielleicht war es möglich, mit dem Boote sich den neu entstandenen Bildungen zu nähern. Durch Bimssteinstücke und durch Massen von Seefischen, die getödtet von der Hitze um die vulkanischen Kegel schwammen, wird das Boot den letzteren beizukommen suchen. Vielleicht kann irgendwo schon Fuß gefaßt und eine bezeichnende Stufe geschlagen werden!

Während die bewegliche vorhin geschilderte obere Parthie der Erscheinung von den Seeleuten für eine Flagge gehalten wurde, sah ich jetzt in derselben eine Rauchsäule, gegen oben sich fächerartig ausbreitend, und allerdings war sie einer solchen sehr ähnlich, und selbst die Matrosen gaben mir jetzt recht.

Als ich aber den Steuermann, der allerdings Kenntniß hatte von solchem Entstehen neuer Inseln, meine Vermuthung mittheilte, fuhr derselbe zurück wie von einer giftigen Schlange berührt.

»Wenn das wäre! Zum Teufel, wie kommen wir aus den verdammten Klippen, die vielleicht allerwärts um uns emporsteigen,« sagte er und ich begriff, daß er Recht hatte, obgleich ich mich dennoch innerlich über das Phänomen freute. Aber es war mir mittlerweile mein Fernrohr gebracht worden, ein Feldstecher von Plössel in Wien mit vier Ocularen. Als ich jetzt die Erscheinung näher betrachtete, so zeigte sich, daß das Bild derselben zwar größer wurde, aber nicht schärfer, wenigstens nicht in dem Grade als es bei der gewählten Vergrößerung hätte werden müssen, und wir waren bald alle einig, daß wir zwar Felsen vor uns hatten, aber keine wirklichen, sondern daß das ganze Phänomen eine Luftspiegelung war, oder wenigstens in die Reihe dieser Erscheinungen gehörte. Vollkommen bestätigt wurde jetzt diese Ansicht dadurch, daß durch das Instrument am Fuße des Felsen keine Spur von Brandung wahrgenommen werden konnte.

Die Bilder standen nicht weit von der anfänglich erwähnten Nebelschichte entfernt, aber auch immer noch so weit, daß zwischen ihnen und der Stelle, wo der Nebel die See bedeckte, noch ein freier Raum blieb, in welchem, also noch hinter dem scheinbaren Felsen, die Oberfläche des Meeres gesehen werden konnte. Wäre also in Wirklichkeit irgend ein Gegenstand in der See gestanden, so hätte jedenfalls die Brandung wahrgenommen werden müssen, da das Wasser in so weiter Ausdehnung beobachtet werden konnte, und überdies wäre ohne Zweifel bei einer vulkanischen Hebung ringsum das Wasser ohnedem mächtig empört gewesen.

Aber allerwärts war die See ruhig, und man konnte durch das Glas deutlich die friedliche kleinen Wellen um das Bild, oder vielmehr vor demselben spielen sehen.

Nachdem die Erscheinung, so lange wir am Bord sie beobachteten, etwa 8 Minuten gedauert hatte, verschwand sie allmälig, indem sie zu versinken schien und dieses Versinken fand vollkommen gleichmäßig statt, indem die kleineren später sichtbar gewordenen Kegel schon vollständig verschwunden waren, während die obere Hälfte des größten Kegels noch vollständig zu sehen war. Jenes zweite Bild oberhalb des größern Kegels, des Obersteuermanns Flaggenstock und meine Rauchsäule, hatte sich allmälig oben weiter ausgedehnt, war aber zugleich schwächer geworden.

Ich hielt es jetzt, und wie ich glaube mit Recht, für eine verkehrte Spiegelung des untern Bildes, und es war vollständig verschwunden, ehe noch das untere gänzlich untergesunken war.

Die See blieb, wie ich durch das Fernrohr beobachten konnte, vollständig ruhig während des Verschwindens und scheinbaren Untertauchens aller jener Felsenkegel und es herrschte kein Zweifel mehr, daß wir eine Luftspiegelung beobachtet hatten.

Da die See eine niedere Temperatur als die sie umgebende Luft hatte, so bewirkte sie eine stärkere Abkühlung der ihr zunächst gelegenen Luftschicht, und indem sich diese Abkühlung nach oben fortpflanzt, bilden sich mehrere Schichten von verschiedener Dichte. Dies sowohl wie die hierdurch veranlaßten Nebel, sind bedingende Momente der Luftspiegelung. Ohne Zweifel finden hie und da ähnliche Erscheinungen in der Bai statt, aber ich konnte keine Notizen erhalten, ob sie von den Einwohnern beobachtet worden sind.

Wohl aber mag man sich denken, daß ich hoch erfreut war, Zeuge der Erscheinung gewesen zu sein, war gleich die Hoffnung, eine vulkanische Hebung beobachten zu können, buchstäblich zu Nebel geworden.

Ich komme jetzt zu dem glücklichsten und interessantesten Funde, welchen ich in der Algodonbai gemacht habe.

Kaum einige Tage in der Bai angekommen, fand ich an mehreren Stellen unzweifelhafte Spuren, daß früher, und wohl ohne Zweifel lange vor Entdeckung der Küste durch spanische Schiffe, dieselbe bewohnt gewesen war. Aber welchem Volke jene Bewohner angehört hatten, ließ sich nicht ermitteln.

Unweit jener Felsen, welche die Schmuggler-Bucht bergen, findet sich das Plateau eines größeren Grünsteinfelsens, und dasselbe ist offenbar, um ihm eine größere Ausdehnung zu geben, durch eine Art Mauer oder Damm fortgesetzt. Es ist diese Mauer theils aus großen Steinen und Felsstücken ohne alles Bindemittel aufgethürmt, theils aber auch aus kleinen Geschieben und scharfkantigen Gesteinfragmenten construirt, welche durch Kalk-Cement verbunden sind. Das Plateau selbst ist gegen Nord hin frei, und es herrscht unter den Grubenbesitzern die Ansicht, es sei zum Sonnendienste bestimmt gewesen.

Es finden sich ferner etwa zweihundert Schritte weit entfernt vom mittleren Stande der See die Ruinen alter Bauwerke, Reste, die wohl an 1000 Jahre alt sein mögen, die man indessen vollkommen zu zerstören sich nicht die Mühe genommen hat. Man hat sich bemüht, die Wände einzuwerfen, hat aber den andern Theil stehen lassen. Ich habe den Grundriß jener Hütten gezeichnet, aber leider ist mir das Blatt, neben einigen anderen Papieren auf der Rückreise verloren gegangen.

Die Basis ist ein in die Länge gezogenes Viereck, etwa 15 bis 18 Fuß lang und 12 Fuß breit, doch vermag ich diese Dimensionen nicht mehr genau anzugeben. Bei zwei derselben habe ich neben dem Eingange die Grundmauer eines kleinen Seitenbaues gefunden, welcher ebenfalls länglich war, aber auf der einen schmalen Seite eine runde Ausbiegung hatte.

Die Mauern dieser Hütten sind an der noch stehenden Basis einen bis einen und einen halben Fuß breit; wie die oben erwähnte größere Mauer sind sie theils aus Gerüllen, theils aber auch aus scharfkantigen Fragmenten zusammengesetzt und mit Mörtel verbunden. Irre ich nicht, so stehen in der Bai selbst, unweit Bella Vista, drei solche Ruinen. Weiter ab aber an der Küste und gegen Süd habe ich ebenfalls eine gefunden, welche wenigstens noch 3 Fuß hohe Mauern hatte. An verschiedenen Orten in der Bai und auch weiter hin an der Küste sollen selbst noch vor einigen Jahren solche Ruinen anzutreffen gewesen sein, indessen wurden sie, wie man mir sagte, aus Muthwillen zerstört.

21Es kann Seewasser in kleinen Quantitäten wohl getrunken werden und verursacht keineswegs den argen Durst und die Uebligkeiten, von welchen man fabelt. Schon auf der Reform hatte ich es mir zur Gewohnheit gemacht, täglich ein mäßiges Glas Seewasser zu trinken, und habe mich gut dabei befunden, obgleich Matrosen und Passagiere mir anfänglich das Schlimmste prophezeihten. Das Seewasser hat den Geschmack und die Wirkung des Bitterwassers, und namentlich hat dieser letzte Effekt auf See seine besondere Annehmlichkeit. Ich glaube, daß man sich mehrere Tage mit Seewasser nothdürftig erhalten, und dem Organismus die nöthige Menge Wasser zuführen kann, und daß das Vorurtheil gegen dessen Genuß vorzugsweise von dem Uebermaße herrührt, mit welchem es genossen wurde, nachdem man lange gegen den Durst angekämpft hatte, in welchem Falle freilich Kolik und Erbrechen die Folge sein werden.
22Sie bringen meist Spirituosen, deren Einfuhr, des Mißbrauchs halber, der damit getrieben wird, verboten ist.