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»Ist ein verkommener Kerl, der Rote, kenne ihn, ist mitunter tagelang betrunken, und eine Rothaut, die den Rum nicht lassen kann, ist dem Teufel mit Haut und Haar verfallen, der Bursche ist sicher heute so betrunken wie gestern.«

»Ich muß gestehen, ich wünschte, wir waren am Pine River, und jedenfalls müssen mir mit Tagesgrauen fort. Mich sollte es nicht wundern, wenn sie uns bereits auf der Ferse sitzen,« sagte Burton.

»Wenn sie uns verfolgen und bereits diesseits des Muskegon sind, so werden sie mit der Nacht gelagert und Feuer angezündet haben, und vom Dache des Hauses können wir meilenweit über den Wald hinsehen. Komm, überzeuge dich, da ist die Leiter,« er wies auf eine solche, welche am Ende des Raumes bis zu dem hohen Dachfirst hinaufführte, »hier ist ein scharfes Glas,« und Iltis reichte ihm ein kleines Teleskop, »steig hinauf, öffne die Luke und halte Umschau.«

»Gut,« sagte Burton und stieg die Leiter hinan.

Oben öffnete er die Luke und schaute sich, das Glas vor dem Auge, um.

Plötzlich stieß er einen Ruf aus, der die andern aufspringen machte.

»Was gibt‘s?« schrie der Iltis.

»Komm herauf.«

Gewandt wie ein Eichhorn kletterte der dann die Leiter empor und drängte oben neben Burton seinen Kopf durch die Luke.

»Dort,« sagte dieser und mies nach der Gegend hin, wo die Furt begann.

»Gib mir das Glas!«

Er lugte eifrig hindurch und erkannte deutlich die von dem Feuer schwach erleuchteten Baumwipfel.

»Verdammt meine Seele,« sagte er in schrillem Tone, »die Hunde sind da und haben die Stelle, wo die Furt beginnt.«

»Kann nicht zufällig ein Jäger sein Feuer dort angezündet haben?«

»Sieh dir den Umkreis des Lichtscheins an, das sind mindestens drei, vier Feuer, die Schurken müssen in starker Zahl ausgerückt sein.«

»Kommt einmal herunter und laßt mich hinauf,« schrie Morris, »ich will mir den Fall einmal ansehen.«

Die beiden kamen herab, und der lange Bursche stieg hinauf.

Nachdem er gleich den andern die Stelle gemustert, kam er wieder herab.

»Das sind sie sicher. Alle Wetter, die haben‘s eilig. Was nun?«

»Zwei Dinge gibt‘s, entweder harren wir hier aus, bis sie sich verzogen haben, oder gehen mit dem ersten Tagesgrauen durch die Furt nach Osten davon.«

»Hier ausharren? Wie lange denn? Ohne Nahrung für Mensch und Tier? Unsinn! Das haben wir von deiner verwünschten Schlauheit. Hätten wir, wie ich vorschlug, den Muskegon weiter oben wieder gekreuzt, so wären wir jetzt in Sicherheit und erreichten zur rechten Zeit den Pine River; dort sollten die Burschen uns suchen, ich hätte ihnen eine Nase gedreht, und wenn sie uns dicht auf den Hacken gewesen wären. Verdammt, wir sitzen in der Falle.«

Die vier Gesellen zeigten bedenkliche Gesichter, selbst die rohe Physiognomie Tyrons hatte sich verändert.

»Du bist natürlich immer der Kluge!« schrillte der Iltis. »Wie sie nur so rasch die Spur entdeckt haben und sogar die Furt, es ist doch nichts versäumt worden.«

»Wir sitzen in der Falle,« knirschte Morris, »verdammt sei dein Sumpf, verdammt seien deine Indianerkunststücke, die niemand täuschen, hätte ich nur meinen Gaul genommen und meinen Weg allein fortgesetzt.«

»Da wärest du deinem Freund, dem Konstabel, in die Fänge gelaufen,« lachte der Iltis höhnisch.

»Schweig, Grünschnabel,« schrie ihn Morris an, »ich treibe dieses Handwerk länger als du —«

»Und noch ein andres, wie am Kalamazoo —«

Morris stieß einen gotteslästerlichen Fluch aus und zog das Messer, blitzschnell hatte auch der gewandte Iltis sein breites Bowieknife herausgerissen, und die beiden wären handgemein geworden, wenn nicht Burton und Tyron sich auf sie geworfen, der erstere auf Morris, der andre auf den kleinen Fred, und sie zurückgedrängt hätten.

»Seid ihr wahnsinnig?« sagte Burton, der den starken Morris kaum zurückzuhalten vermochte.

»Den mach‘ ich kalt, der mir noch einmal die Geschichte am Kalamazoo vorwirft.«

»Komm an!« schrie der Iltis mit vor Wut funkelnden Augen, »mein Messer erspart dir den Strick.«

Von neuem wollte Morris auf ihn los: »Du hast uns hier in die Falle gelockt —« als Burton den Revolver zog und nachdrücklich sagte: »Ich schieße euch beide nieder wie räudige Hunde, wenn ihr jetzt nicht Frieden haltet.« Dies brachte die wütenden Gesellen etwas zu sich.

»Seid ihr wahnwitzig, daß ihr jetzt, wo draußen die Gefahr lauert, aufeinander losgeht wie zwei Kampfhähne? Das Messer fort, Morris, du auch, Iltis, es ist Zeit zu beraten, wie wir den Hals aus der Schlinge ziehen. Gebt Frieden, Männer, ist keine Zeit, sich die Kehlen abzuschneiden.«

Widerwillig ließen die beiden Gegner vom Streite ab und steckten die Messer in die Scheiden, ähnlich zwei bissigen Hunden, welche durch eine starke Hand getrennt worden sind.

»Was nun?« sagte Burton, »was nun, Iltis? Du hast uns in die Schlinge gebracht, wie bringst du uns heraus?«

»Ich habe euch gut geführt, mir haben früher oft wochenlang hier in Sicherheit gehaust, als Battle noch lebte, was werft ihr mir vor, ich hätte euch in die Falle gelockt?«

»Nun, gleichviel, jetzt sind wir drin, wie kommen mir heraus? Sprich, Mann.«

»Wie sie uns nur auf die Fährte gekommen sind? Wir haben wohl ein dutzendmal dieses Kunststück gemacht, ohne entdeckt zu werden, und uns wochenlang hier aufgehalten.«

»Ja, ihr hattet Mundvorrat und Pferdefutter und konntet‘s aushalten, wir werden ausgehungert, denn die gehen von der Furt, die sie sicher entdeckt haben, denn sonst würden sie nicht gerade dort lagern, auch wochenlang nicht fort, dafür kenne ich sie. Die bringen womöglich das ganze Land auf die Beine und umstellen den Sumpf oder kommen sogar durch die Furt. Was beginnen wir, Iltis?«

»Wir wollen hinaus und die Hunde bei ihrem Feuer zusammenpfeffern, lebendig sollen sie mich nicht haben!« schrie Morris. »Führ uns hinaus, Grünschnabel, dann wollen wir dir verzeihen.«

»Was meinst du, Iltis, können mir hinaus?«

»Jetzt bei der Nacht, durch den Sumpf? Unmöglich, das hätte nicht einmal Battle, der jeden Baumstamm hier kannte, gewagt. Ich finde selbst bei Tageslicht nur mit Mühe den Weg. Will nicht im Sumpfe ersticken.«

»Das geht also nicht, das sehe ich ein. Was aber tun?«

»Entweder wir bleiben morgen noch hier und warten ab, ob sie sich nicht verziehen —«

»Das geht nicht,« sagte Morris, »die Pferde werden matt und sie erwischen uns dann erst recht.«

»Oder,« fuhr Iltis fort, »wir müssen mit Tagesgrauen, sobald ich nur die Zeichen sehen kann, durch die Ostfurt davon auf jede Gefahr hin.«

»Dann fort mit Tagesgrauen,« knurrte Morris, »und kommen sie an, soll mancher ins Gras beißen. Höllischer Sumpf!«

»Was meinst du, Tyron?« fragte ihn Burton.

»Dabei ist nichts zu machen, als so rasch als möglich in den Wald zu gehen. Müssen wir fechten, na, dann wird sich‘s zeigen.«

»Es wird das richtige sein, dünkt auch mich, es ist von zwei Gefahren die kleinere. Also Iltis, sobald du deinen Weg erkennen kannst, fort. Nur vorher die Pferde ordentlich getränkt, daß sie laufen können.«

Finster und wortlos setzten sich die Burschen wieder um das Feuer. Morris untersuchte sorgfältig seine Büchse und seinen Schießbedarf, Burton saß ruhig und nachdenklich da, der lebhafte Iltis sprang von Zeit zu Zeit auf, lief hinaus, sah nach den Sternen, um die Zeit zu erkunden, kletterte zu der Luke empor, um nach dem Feuerschein zu spähen, oder tränkte die Pferde. Tyron streckte sich gelassen zum Schlafe aus.

* * *

Noch ehe sich der erste Tagesschimmer im Osten zeigte, erhob sich der Indianer, trat zu Grover und weckte ihn, ein Gleiches tat er dann mit Jones und Weller.

»Zeit zu reiten,« sagte er. Die Männer erhoben sich dann sämtlich, nahmen rasch einen Schluck aus der Feldflasche und einen Imbiß, während der Konstabel nach der Furt ging und die dort Wache haltenden Männer befragte. Nichts war diesen aufgestoßen, ruhig war die Nacht verlaufen.

Er ging dann zurück, versammelte alle um sich und sagte: »Schlage vor, Männer, teilen uns. Lassen vier Leute hier an der Furt, und wir andern reiten den Sumpf ab. Sind sie drin, sollen sie uns nicht entgehen.«

»Ist recht!« sagten die Männer, »wollen so tun.«

Hierauf wurden noch zwei von ihnen nach der Furt abgesandt, um sich den andern dort im Versteck anzuschließen und den Uebergang zu bewachen.

Hierauf stiegen alle zu Pferde, und Grover, Jones, der Graf, Heinrich, Athoree und noch zwei der Farmer, Miller und Warton, ritten rechts ab, während die übrigen unter Führung des Konstabel sich nach links wandten, um so den Sumpf zu umkreisen.

Schon war es Tag und der Weg gut zu erkennen.

Der Sumpf streckte sich weit von Osten nach Westen aus und Grover mit seinen Begleitern umritt das nähere Ende nach Osten zu. Sie hielten sich so nahe an das Wasser, als der Boden es erlaubte, mußten aber doch häufig in den Wald abbiegen, um gefährlichen Stellen auszuweichen.

Etwa eine Stunde mochten sie so geritten sein, als der Indianer einen Schrei ausstieß, den Arm schwenkte, seinem Pferde die Hacken gab und rasch voransprengte.

»Huppih! Huppih!« stieß Jones gellend seinen Jagdruf aus, »wir haben sie, wir haben sie!« und gab dem Gaul die Sporen.

»Halt! halt! Männer,« rief der besonnenere Grover, »laßt uns die Sache betrachten, kalkuliere, wird nichts schaden.«

»Vorwärts, vorwärts! alter Biber, mir haben sie, wir haben sie!« Und er sprengte dem Indianer nach.

Die andern hielten bei Grover und betrachteten die Spur, die direkt aus dem Sumpfe auf das Land führte.

»Die Spur ist frisch,« sagte der Wirt, »die kann kaum eine Stunde alt sein.«

 

»Also noch eine Furt haben die Halunken hier? Na, dann nach. Freunde, hier ist kein Irrtum möglich, wir haben sie vor uns. Werden gleich sehen, welchen Weg sie nahmen.«

Auch er gab jetzt seinem Pferde die Sporen und in wilder Hast ritten sie auf der Spur, die nach Nordost, das ist dem Muskegon zu, führte, einher.

Bald gewahrten sie, in eine Lichtung einreitend, den Indianer und Jones, welche quer vor ihnen in entgegengesetzter Richtung einherritten.

»Sie haben die Spur verloren,« sagte Grover.

Gleich darauf hielten sie vor einem breiten, aber seichten Bache, welcher nach Süden zu floß.

»Sie sind ins Wasser gegangen, und die beiden suchen, wo sie es etwa verlassen haben,« bemerkte Grover zu dem Grafen. Indem sprengte auch Athoree schon heran.

»Bach hinunter, Grover, nicht hinauf!« rief er diesem zu.

»Weißt du, wo dieser Bach mündet, John?« fragte der Wirt.

»Läuft in Muskegon weit unter Dewilscreek.«

»Sie wollen sicher den Muskegon gewinnen und müssen dann bald den Bach verlassen, sie müssen nach Ost und der Bach läuft südlich.«

Schon jagte auch Jones heran.

»Hast du sie, John?«

»Bach hinunter,« sagte er lakonisch.

»Huppih! Nach!« schrie der erregte Mann und wollte davonsprengen.

»Ein Wort, Jones!«

»Rasch, Mann, rasch!« Aber er zügelte doch den Gaul, trotz seines Verfolgungseifers.

»Einen Augenblick Ueberlegung. Nicht zu hitzig, Jones, kommen noch zeitig genug an; wir haben sie vor uns, geht im Wasser nicht rasch von dannen.«

»Haben schon kostbare Zeit verloren, Grover, bring mich durch deine Ruhe nicht zur Verzweiflung.«

»Höre eins. Wollen die Schufte augenscheinlich wieder über den Muskegon, müssen bald aus dem Wasser heraus und nach Osten. Werden gleich die Spur haben. Ist der Muskegon mit Pferden nur oberhalb der Schnellen zu überschreiten, müssen deshalb bis über diese hinaus reiten. Kalkuliere, ist richtig, teilen uns, ein Teil trabt direkt zu den Stromschnellen, sind dann früher da als die Diebe, der andre folgt der noch warmen Spur.«

»Magst recht haben, alter Grover, ich bleibe auf der Spur, reitet ihr zum Flusse, ich treibe sie euch zu. Kommt mit mir. Freunde,« rief er den beiden Farmern zu, und alle drei sprengten dem Laufe des Baches nach, das Ufer entlang davon.

»Habe ich recht, John?«

»Hast recht, Grover, müssen Diebe in Prairie jagen, dann sicher.«

»Du kannst uns führen?«

»Gerade wie Pfeil, dort der Fluß über die Felsen läuft,« und er deutete mit der Hand auf eine Stelle des Horizontes nach Osten zu.

»Wenn Jones in seiner Wut nur nicht in eine Falle gerät, sobald sie wahrnehmen, daß sie verfolgt werden?«

»Jones klug, Grover, wird Augen auftun?«

»Wollen wir hoffen. Also voran, John. Kommen Sie, Herr Graf, jetzt werden Sie bald die Büchsen knallen hören.«

In schnellem Tempo ging es nun vorwärts, in so gerader Richtung, als die Bodengestaltung nur erlaubte, durch den Wald, über Lichtungen, an kleinen Seen vorüber, oft in dem welligen Gelände hügelauf, hügelab. Der Indianer führte sie mit wunderbarer Sicherheit.

Es war ein für Tier und Mensch überaus anstrengender Ritt, und wiederholt mußten sie halten, um die Tiere verschnaufen zu lassen. Doch da die Verfolgten dieselben Hindernisse zu überwinden hatten und wegen der mitgeführten Rosse weniger schnell den Weg zurücklegen konnten, so war alle Aussicht, daß sie vor den Räubern am Muskegon anlangen würden. Sie mußten endlich langsam reiten, da die Pferde erschöpft waren. Während sie durch eine kleine Savanne ritten, wo zwischen dem vergilbten vorjährigen Grase der junge Nachwuchs emporsproßte, berührte ihr Ohr ein dumpfes Brausen.

»Was ist das, John?« fragte Grover.

»Wasser fällt über Stein.«

»Oho, so sind wir ja da! Kalkuliere, sind die ersten am Muskegon.«

Sie ritten weiter, erreichten den Wald, der sich nur als schmaler Streifen bis zum Flusse hin darstellte, und erblickten bald den Strom.

»Du hast uns trefflich geführt, John,« sagte Grover. »Was sagt Ihr, Fremder, zu einer solchen Probe von Ortssinn? Der Indianer hat uns, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, in fast gerader Richtung hierher geführt.«

»Es ist bewundernswert.«

Sie hielten. Einige hundert Schritte unterhalb der Stelle, wo sie standen, lief der Fluß eilig auf eine weitere Strecke in ziemlich starkem Fall zwischen Felsen hindurch und erfüllte die Ufer ringsum mit seinem Brausen.

»Was ist nun deine Meinung, John?«

»Haben Muskegon gesehen, gehen zurück an Waldsaum, liegen dort hinter dicken Baum, warten, bis kommen, können von dort aus schießen.«

»Also komm.«

Sie ritten die kurze Strecke zurück, stiegen ab, banden die Pferde an Bäume und suchten sich in geringer Entfernung voneinander Verstecke, von denen aus sie die Savanne noch ziemlich weit übersehen konnten.

Es hatte sich aller bis auf den Indianer die Aufregung bemächtigt, welche einem solch ernsten Zusammentreffen vorherzugehen pflegt, trotzdem die beiden deutschen Krieger in zwanzig furchtbaren Schlachten mit einem tapferen Gegner gerungen hatten. Auch Grovers fleischiges, breites Gesicht zeigte nicht ganz den gewöhnlichen Gleichmut, aber er hielt seine lange Büchse wie zwischen eisernen Klammern in den starken Händen. Der Indianer behielt seine gewöhnliche stoische Ruhe bei.

Zu Heinrich sagte, während sie sich ihre Plätze aussuchten, der Graf: »Heinrich, dies ist eine Sache, die uns eigentlich wenig kümmert, zu der wir nur als Zuschauer mitgeritten sind, wir wollen deshalb nur die Waffen brauchen zum Schutze unsres Lebens oder des der andern. Wir schießen auf die Pferde der Verfolgten und nur im Notfall auf sie selbst, und auch dann ist es genug, wenn wir sie kampfunfähig machen.«

»Zu Befehl, Herr Graf. Es sind grimmige Spitzbuben, auf die wir lauern, nicht wahr?«

»Wie die Leute sagen, sind es sämtlich gefürchtete Mörder und Diebe. Besonders einen von diesen Gesellen müssen mir womöglich lebendig zu bekommen suchen, den, mit dem ich bei Grover das Rencontre hatte, es soll ein ruchloser Verbrecher sein.«

»Gut, Herr Graf.«

»Also wir handeln, wie es der Augenblick gebietet, und töten nur in Notwehr.«

Dann warteten sie lautlos der Dinge, welche kommen sollten.

Wald und Savanne lagen in tiefem Schweigen und nicht ein Lüftchen regte sich, nur das dumpfe Brausen der Stromschnellen berührte das Ohr.

So lagen sie, die Augen nach der Savanne und dem fernen Waldsaum gerichtet, wohl eine Stunde lang da, als plötzlich der Knall einer Büchse von links her schwach zu ihrem Ohre klang.

Sie griffen zu den Waffen und machten sich schußfertig. Da — noch ein Schuß und noch einer.

»Bei Jove,« brummte Grover, »der tolle Jones kämpft mit den Schurken. Wäre ich doch bei ihm geblieben, kann ihm schlecht bekommen, dem Hitzkopf, sind ihrer nur drei gegen vier gute Büchsen.«

Sie hatten sich schon beim ersten Schusse erhoben und standen, durch Bäume gedeckt, zum Kampfe bereit da.

Jetzt brausen auf zu rasendem Laufe angespornten Pferden vier Reiter aus den Büschen, ihnen gegenüber auf die Savanne, dem Waldsaum zu, wo der Hinterhalt lauert.

Noch ist die Entfernung zu weit, um zu feuern.

Sie kommen mit großer Schnelligkeit näher, Grover liegt im Anschlag, seine lange Rifle an den Baum lehnend. Der Mann ist aufgeregt und sein Finger berührt unabsichtlich den Drücker. Krach — entlud sich die schwere Waffe — ohne daß die Kugel ein Ziel findet.

» Damned my eyes!« flucht er grimmig, »schäme dich, Grover, zitterst wie ein Knabe, der zum erstenmal auf einen Hirsch anlegt,« macht sich aber sofort daran, die Büchse wieder zu laden.

Die Reiter stutzen — halten, sie sind immer noch außer Schußweite.

Drei ledige Rosse brechen drüben aus dem Walde, es sind Pferde von Jones.

Die Verfolgten haben augenscheinlich eine kurze Beratung gehalten — jetzt wenden sie und reiten in wilder Flucht dem Norden zu.

»Zu Pferde!« ruft Grover, der durch sein Mißgeschick in grimmige Wut versetzt war, und in größter Eile besteigen alle die Rosse.

»Warum du schießen, Grover?« fragt der Indianer.

»Weil ich ein Esel bin. Vorwärts! Das muß ausgeglichen werden, sonst lacht mich ganz Michigan aus, so lange ich lebe.«

Kaum ritten sie in die Savanne, als von derselben Seite, von welcher die Verfolgten gekommen waren, auch Jones mit dem einen seiner Begleiter aus dem Walde brach und in vollem Rosseslauf mit lautem Huppih! und seine Büchse schwingend den Flüchtigen nachsetzte.

Als er an die Gruppe herannahte, schrie er Grover zu: »Wir haben sie, Grover — sie nehmen die Prairie, wir haben sie — Huppih!«

»Wo ist Miller?« fragte Grooer, — Miller war der zweite Begleiter von Jones — »ist er verwundet?«

»Nein, er fängt die Pferde ein. Huppih! Huppih!« Und die abgematteten Rosse strengen ihre letzten Kräfte an. Die Tiere der Verfolgten sind noch mehr erschöpft, die Verfolger kommen näher, doch schon sind die eilends Flüchtenden dicht am Walde.

Der Graf reitet neben Heinrich und fragt: »Trägt deine Büchse bis zu den Bäumen dort?«

»Ja, Herr Graf.«

»So halte und schieße eines der Pferde an.«

Heinrich zügelt sein Roß, und kaum steht es, so entlädt sich auch seine Büchse und eines der Pferde stolpert, eilt aber doch mit den andern weiter.

»Gut gemacht, Deutscher!« schreit Jones dem, nachdem er mit Blitzesschnelle geladen, heranjagenden Deutschen zu.

Jetzt winkt der Indianer mit der Hand und ruft: »Halt! Halt!« Sie halten.

Eben verschwinden die gehetzten Diebe in dem Dickicht.

»Was heißt das, Indianer?« fragt Jones. »Was gibt‘s?«

»Willst du Kugel im Leibe haben, Jones? Werden gleich schießen.«

»Du hast recht, Rothaut; das kommt von der Wut. Es wäre kindisch, alter Grover, gegen den Wald dort anzureiten. Die Schurken legen sich natürlich in den Hinterhalt und schießen uns herunter, als ob wir Sperlinge wären.«

»Hierher reiten,« sagt Athoree und lenkt sein Roß gegen eine Bodenanschwellung, welche gegen Kugeln vom Walde her Deckung bietet. Da blitzt auch schon eine Büchse auf, doch die Entfernung ist für die Rifle noch zu groß, nur eine matte Kugel pfeift an ihnen vorüber.

»Jones,« sagt hastig der Indianer, »du oben auf Hügel schleichen, legen in Gras.«

»Was willst du tun?«

»Will nach Wald sehen, ob Morris fortreitet,«

»John, das ist gewagt.«

»Denke, sie reiten schon jetzt, wollen uns nur glauben machen, daß mit Büchse im Anschlag.«

»Dann geh mit Gott.«

Der Indianer warf sich zu Boden und glitt mit der Gewandtheit und Schnelligkeit einer Schlange durch das hohe dürre Gras, während Jones der Graf und Heinrich abstiegen und die Bodenanschwellung hinaufkrochen, um sich dort mit den Büchsen im Anschlage im Grase niederzulegen und den Wald zu beobachten, während Grover und der Farmer unten die Pferde hielten.

Nach ganz kurzer Frist trat Athoree ganz offen aus dem Walde hervor und winkte mit der Hand. Schnell bestiegen die Abgesessenen die Pferde wieder und Athorees Roß mit sich führend, bewegten sie sich eilig auf den Indianer zu. Dieser sprang in den Sattel und sagte dabei: »Wie ich denken, er gleich weiter reiten — er nehmen Prairie, ihn jetzt fassen.«

So rasch es anging, eilten sie in breiter Front durch den Wald.

Graf Edgar hatte einigen riesenhaften, wahrscheinlich von einem Sturm entwurzelten Baumstämmen ausweichen müssen und war dadurch, daß er gezwungen ward, sie zu umreiten, wohl an hundert Schritte ins Hintertreffen gekommen. Niemand, selbst sein treuer Heinrich nicht, hatte ihn innerhalb der belaubten Wälder vermißt.

Während die andern bereits in die Prairie einritten und sich nach ihren Opfern umsahen, weilte der Graf noch im Walde.

Als er an einer uralten Eiche vorbeiritt, sprang plötzlich Morris dahinter hervor, faßte mit der einen Hand die Zügel und stieß gleichzeitig mit der messerbewehrten Rechten nach dem jungen Manne.

So plötzlich und unerwartet dieser Angriff auch war, so führte der ebenso gewandte als entschlossene Offizier doch einen so kräftigen Stoß mit dem Kolben seiner Büchse nach der Brust des Angreifers, daß dieser zurückwankte und sein Messer den Grafen nicht erreichte.

Morris, ein riesenstarker und zugleich behender Mann, ließ das Messer fallen, faßte mit beiden Händen des Grafen Bein und riß ihn, ehe er auch nur Maßregeln zur Abwehr treffen konnte, herab, so daß er zur Erde stürzte und ihm die Büchse entfiel. Augenblicklich war der Graf aber wieder auf den Beinen und faßte den Gegner fest mit beiden Händen.

 

Ein wildes Ringen entstand. Der Jüngling besaß außergewöhnliche Körperkraft und er wußte, es galt das Leben; aber sein zur Verzweiflung getriebener Gegner, welcher sich durch die Verwundung seines Pferdes des letzten Rettungsmittels beraubt fand, war ihm überlegen, das fühlte er.

»Hallo! Herr Graf! Herr Graf! Hallo!« ertönte Heinrichs Stimme in nicht großer Entfernung.

Todesangst verdoppelte bei dem Nahen eines zweiten Feindes des Banditen herkulische Kraft und er schleuderte den jungen Mann mit solcher Wucht zu Boden, daß er fast betäubt dalag, unfähig, sich gleich wieder zu erheben. Dann ergriff er seine Büchse, haschte mit wenig Mühe des Grafen Roß, schwang sich darauf und ritt davon, als eben Heinrich sein Pferd auf den Schauplatz drängte. Nur die im Angesichte des Feindes gebotene schnelle Flucht und die Notwendigkeit, einen Schuß in der Büchse zu haben, verhinderten es, daß er dem Grafen eine Kugel zusandte. Mächtig erschrak Heinrich, als er seinen Herrn am Boden liegen sah, und sprang aus dem Sattel.

Doch schon erhebt sich Graf Edgar. »Sei unbesorgt, Heinrich, es ist mir außer einigen Quetschungen nichts geschehen,« und erzählt dem erregten Mann, wie der Bandit in überfallen hatte

Der Jäger half dann dem Grafen auf sein Pferd und führte es durch den Wald nach der Prairie, wo die andern harrten.

Ein Schrei der Wut ließ sich hören, als der junge Offizier den Ueberfall und diesen Ausgang mitteilte.

» Damned his soul!« schrie Jones.

»Ist der größte Schurke entkommen. Was nun? Sollen mir dem Morris nachsetzen oder die Hunde vor uns jagen?«

»Geh, Jones,« sagte der Indianer, »fechte in der Prairie — Athoree wird der Fährte des Morris folgen.«

»Skalpiere den Hund, John, und du sollst ein Faß Rum haben.«

Schon ritt der Indianer in den Wald zurück.

»Vorwärts, Männer, hinter den Dieben her.«

»Ich will die Jagd mitmachen, Heinrich, auf deinem Pferde, bleibe du hier, wir holen dich wieder ab, lange kann es nicht dauern,« sagte der erregte Graf.

»Ich würde zurückbleiben, Herr.«

»Nein, mein Blut ist warm, ich will reiten, besser als hier im Walde sitzen und meine Quetschungen fühlen.«

Von den Verfolgten war bei der Bodengestaltung, man bezeichnet sie im Lande als rollende Prairie, im Augenblick nichts zu erblicken, sie ritten deshalb die höchste Erdanschwellung, die sich ihren Augen darbot, hinan, um Umschau zu halten. Der Graf schloß sich ihnen an, während Heinrich besorgt am Waldessaum zurückblieb.

Auch von oben war nichts zu erspähen, die Gejagten hielten sich wohlweislich in den leichten Einsenkungen des Bodens.

»Vorwärts, Männer, Huppih!« rief Jones, der jetzt die Führung übernahm, »vom nächsten hohen Punkte aus müssen wir sie sehen,« und fort galoppierten sie, so rasch die Pferde laufen konnten.

Ein scharfer Nordwind hatte sich erhoben, der sie, ihnen ins Gesicht blasend, eisig anwehte. Aber vorwärts, vorwärts, die wildeste Jagdlust war erwacht.

Wiederum leiteten sie ihre Pferde nach Zurücklegung einer großen Strecke eine Bodenanschwellung hinan, und »Huppih! dort sind sie, die Hunde!«

In der Ebene, die sich vor ihnen ausbreitete, sahen sie jetzt deutlich die drei Flüchtlinge, welche sich nach verschiedenen Richtungen hin bewegten.

»Sie haben sich getrennt, aber das soll ihnen nichts helfen. Ich nehme den links, Grover, du den in der Mitte und Morton den andern.«

»Nein, laß uns zusammenbleiben, Jones —« aber schon sprengte jener dem Gegner, den er sich erwählt hatte, nach. Die Flüchtenden waren kaum eine Meile weit vor ihnen und konnten bald erreicht sein, und dann mußten die Büchsen sprechen.

Während sie so vorwärts ritten, erschien zu ihrer Linken Morris auf des Grafen Pferd am Horizont, und nach kurzer Frist hinter ihm der Indianer, dessen gellender Schlachtruf bis zu ihnen herüberdrang. Aber das Pferd des Grafen, welches der Mörder ritt, war augenscheinlich kräftiger, als das des Indianers.

Der Nord brauste immer stärker.

Plötzlich verschwanden die drei, welchen Jones, Grover und der Graf nacheilten, vom Erdboden, nur Morris war von den Verfolgten noch sichtbar, hinter ihm der Indianer.

Grover hielt mit seinen Begleitern und rief mit Stentorstimme Jones zu, gleichfalls zu halten.

»Dort, quer vor uns, muß eine sich lang ausdehnende Senkung sein, und wir laufen ins Feuer der Schurken, wenn wir uns unvorsichtig nahen. Jones! Jones! Halt! Da seht, der Indianer gibt die Verfolgung auf, er hält, er wendet sogar; was ist das, er winkt uns zu, zurückzureiten? Bei Jove, er jagt zurück! Was ist das?«

Eine leichte, kaum bemerkbare Dunstwolke zeigte sich an dem Rande, hinter welchem die drei Räuber verschwunden waren.

»Allmächtiger Gott! zurück! zurück! Der Wind weht scharf gegen uns, und die Schurken haben das dürre Gras angezündet. Zurück, Herr Graf, jetzt geht‘s ums Leben!«

Staunend sah Graf Edgar die furchtbare Aufregung des starken Mannes, folgte ihm aber, gleich dem andern Farmer, indem er sein Pferd wandte und es zur wahnsinnigen Eile anspornte.

Jones hatte gleichfalls den Rückweg angetreten.

Graf Edgar schien die Gefahr keineswegs so dringend zu sein, er wandte trotz des schnellen Rittes sogar den Kopf, und bemerkte freilich, daß die Rauchwolke sich verstärkt hatte.

Etwas vor ihm ritt schwerkeuchend Grover, unaufhörlich sein Pferd antreibend, drüben tat Jones augenscheinlich ein Gleiches.

Nur Pferde von dieser ungewöhnlich dauerhaften Rasse vermochten solche Anstrengungen zu ertragen. Fort ging‘s in wilder Flucht.

Der Wind sauste hinter ihnen her, gleich als ob er ihre Eile beschleunigen, oder mit den Pferden um die Wette rennen wollte.

Ein unangenehmer brenzlicher Geruch machte sich nach einiger Zeit bemerkbar, den der Sturm auf seinen Flügeln ihnen nachführte.

»Vorwärts! Vorwärts!« keuchte Grover.

Dennoch konnte es der Graf nicht unterlassen, einen Moment zu halten, und sich umzusehen.

Fast der ganze nördliche Horizont war bereits in Dunst gehüllt, und dichte Dampfwolken stiegen aus der Prairie auf, welche der Wind nach Süden fegte.

Wild flohen scheue Tiere an ihm vorbei, wie sie in der Prairie heimisch waren, und heiserer Vogelschrei klang aus der Luft herab.

Er wandte sein Roß und war bald wieder in der Nähe Grovers.

»Vorwärts! Vorwärts!«

Was war das? Jones, der rechts von ihnen ritt, war nicht mehr zu sehen, auch der Wald vor ihnen ward undeutlicher, immer undeutlicher.

»Vorwärts! Vorwärts!«

Der Rauch des Prairiefeuers, auf Sturmesflügeln einhergetragen, begann sie einzuhüllen. Er ward mit dem weiteren Umsichgreifen des Feuers stärker und stärker.

Weh, wenn er sie dichter umfing.

Weh, wenn das Feuer sie erreichte.

Undeutlich sah der Graf nur noch Grovers Gestalt vor sich, auch die Atmungswerkzeuge wurden durch den Dampf belästigt.

»Vorwärts, um Christi willen!«

Aber die Pferde brauchen nicht mehr angetrieben zu werden, sie erkennen die Gefahr, welche hinter ihnen einherstürmt, und Todesangst beflügelt ihren Lauf wie den der wilden Tiere, welche schattenhaft an ihnen vorüberhuschen.

Zwei, drei Minuten reiten sie in dichtem Dampfe.

Dem Grafen will es scheinen, er höre schon das Knistern der Flamme hinter sich.

Ist der letzte Augenblick gekommen?

»Herr Graf! Hallo! Hallo! hier!« klingt schwach Heinrichs Stimme an sein Ohr, der treue Jäger hat die Gefahr längst erkannt und gibt nach Jägersitte Anruf, damit die andern wissen, wo er stehe.

Bittere Angst um seinen Herrn verstärkte den Ruf.

»Heinrich!« schrie der Graf, so laut er konnte, »Heinrich!«

»Hallo! Hallo! hier! hier!« Da taucht im Dampf vor ihnen des Indianers dunkles Antlitz auf, welcher trotz der drohenden Gefahr ihnen entgegengeritten war.

Er ergriff des Grafen Pferd am Zügel, riß es nach rechts herum und rief Grover zu, ein Gleiches zu tun.

Einer Bodenerhebung ausweichend, waren die Tiere in eine Richtung schräg nach dem Wald hin geraten, was den Weg verlängerte und ihnen die Gefahr näher brachte.

»Hallo! Hallo!« ließ immerfort sich Heinrichs Stimme und immer deutlicher vernehmen.