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Er gab den Befehl, sein Pferd, welches Jim schon gesattelt hatte, vorzuführen.

»Reitet denn der Indianer mit?« fragte der Konstabel.

Da erschien Athoree auch schon auf einem andern Pferde des Wirts vollständig bewaffnet.

»Hallo!« schrieen die Farmer, »die Rothaut geht mit; gut so. Seine Spürnase können wir brauchen. Ist recht, John, daß du dabei bist.«

»Athoree, ein Wörtchen reden mit der ›roten Hand‹.«

»Wir auch! Wir auch!«

Die Frauen reichten den Männern noch Mundvorräte in den Sattel.

»Wird gerne gegeben, Männer, kann eine lange Jagd werden, und ist nicht gut mit hungrigem Magen schlafen.«

Die ganze Scene über hatten Graf Edgar und Heinrich ruhig dabei gestanden und den Worten der Männer gelauscht, auch der Graf von Zeit zu Zeit dem Jäger Kenntnis von dem Inhalt der Gespräche gegeben.

Als jetzt die Farmer mit dem Konstabel langsam sich in Bewegung setzten, trat der Graf auf Grover zu und sagte: »Mich sollte eigentlich die heilige Pflicht, welche ich hier zu erfüllen habe, abhalten, an eurem Zuge teilzunehmen, doch da Ihr, Grover, und auch der Indianer sich entfernen, ist mein Aufenthalt hier nutzlos, und wenn es Euch recht ist, will ich mich der Expedition anschließen.«

»Ist recht. Mann, hatte es auch so erwartet. Kalkuliere, ist gut für Euch und Eure fernere Fahrt, könnt da manches lernen. Seht, wie‘s in den Wäldern zugeht. Ist recht. Mann, seid willkommen bei der Jagd.«

Jim hatte wie selbstverständlich die Pferde der beiden Fremden gesattelt und in weniger als einer Minute ritten sie mit Grover zur Farm hinaus, in raschem Galopp bald die übrigen einholend, welche jetzt eine stattliche, wohlbewaffnete Reiterschar von achtzehn Männern darstellte.

In rascher Gangart ging es die Straße nach Süden entlang. Der Indianer ritt an der Spitze, ihm folgte der Konstabel und Grover mit dem Grafen und Heinrich schlossen den Zug.

Schweigend ritten sie so drei Stunden dahin, als der Indianer endlich mit der Hand winkte und zum Halten aufforderte.

»Was gibt‘s, Rothaut?« fragte Weller.

»Müssen hier in Wald, wenn an die Biegung des Muskegon wollen.«

»Jetzt schon? Ist‘s nicht besser, bis zum Bluefill zu reiten?«

»Es besser hier, Boden besser, Baum besser. Weg kürzer.«

»Ich denke, Gentlemen, mir folgen dem Rate des Indianers.« äußerte Jones.

»Tut‘s,« sagte Grover, »John kennt jeden Baum hier.«

»Dann voran, Indianer, führe uns nach Harpers Trift.«

Unter des Indianers Führung ritten sie nun rasch im Walde einher, so rasch, als es die sich entgegenstellenden Hindernisse erlaubten. Doch standen die Bäume, Ahorn, Ulmen und Walnuß, nicht gar zu eng, und die von Jugend auf an den Wald gewöhnten Pferde überwanden leicht alle Schwierigkeiten des Weges. Sie mochten wohl zwei Stunden geritten sein, als das Holz dichter wurde und die Verfolger zwang, langsamer zu reiten. Im Walde hatte man sich erst recht schweigend verhalten. Der Konstabel, der selbst ein sehr erfahrener Hinterwäldler war, ritt zu dem Indianer und fragte: »Wie weit glaubst du noch den Muskegon, John?«

»Er ganz nahe. Hier warten. Athoree will an den Fluß gehen.«

»Gut, Indianer, geh.«

Er forderte zum Halten auf und der Reitertrupp stand schweigend unter den Bäumen, während der Indianer, der sein Pferd verlassen hatte, rasch zwischen den Büschen verschwand.

Nach kurzer Zeit erschien Athoree wieder.

»Können gehen,« sagte er, nahm sein Pferd am Zügel und schritt voran, die andern folgten.

Nach wenigen Minuten erreichten sie nun das Flußufer. Der Muskegon, welcher stromab nach Grovers Landing hin einen großen Bogen machte, bildet hier fast einen rechten Winkel, so daß die Reiter sowohl stromauf als stromab weithin den Fluß überschauen konnten. Das Ufer war da, wo sie es erreichten, frei von Bäumen und nur niedriges Gebüsch säumte dasselbe ein. Dicht vor ihnen zeigte sich ein verfallenes Blockhaus. Das Ufer des ziemlich breiten Flusses war auf beiden Seiten durch Menschenhände abschüssig gemacht, denn diese Stelle bot für die Bewohner weithin die einzige passierbare Furt durch den tiefen Fluß, Etwas oberhalb derselben mündete der Devilskreek in den Muskegon. Die Ufer waren dicht bewaldet und eine feierliche Stille lagerte über dem Strom und seiner in jungem Grün prangenden Umgebung.

»Wo mögen Raggle und Ramsgate stecken?« ließ sich eine Stimme vernehmen, während sich alle nach den beiden jungen Männern, welche den Dieben den Devilskreek entlang gefolgt waren, umsahen.

»Da kommen sie,« sagte einer der Farmer und deutete stromauf, wo von der Mündung des Kreek her zwei Reiter nahten.

Schweigend erwartete man ihre Annäherung und dann fragte Jones: »Nun, Boys, wie steht‘s?«

»Sie sind mit den Pferden in den Muskegon gegangen, ob aber stromauf oder stromab haben wir nicht ermitteln können,« erwiderte Raggle.

»Stromab zu gehen werden sie sich hüten,« meinte Grover, »kalkuliere, sind stromauf.«

»Weit können sie da nicht kommen, selbst wenn sie ein Boot gehabt und die Pferde gezwungen hätten, nachzuschwimmen, denn lange kann auch der beste Gaul nicht gegen die Strömung ankämpfen.«

»Vor allen Dingen müssen wir uns überzeugen, ob sie nicht durch die Furt gegangen und drüben gelandet sind. Wer geht?«

»Athoree wird gehen,« sagte der Indianer, der abgestiegen war und am Walde stand.

»Will einer der jungen Männer mit mir gehen, um mein Kanoe tragen zu helfen?«

»O,« sagte der Konstabel, »du hast ein Boot hier? Das erleichtert die Sache wesentlich.« Auf seinen Wink folgte einer seiner Begleiter dem Indianer und bald erschienen beide mit einem leichten Rindenkanoe, welches Athoree hier versteckt hielt, und ließen es vorsichtig ins Wasser. Der Indianer ging dahin, wo das Ufer abschüssig war, und betrachtete den Boden. »Hier er nicht in Wasser gehen. Aber können Muskegon von Kreek herab schwimmen und doch Furt benutzen. Drüben sehen.« Er stieg ins Boot. »Ich denken,« sagte er noch, »er nicht hier, aber gut, wenn Männer nach drüben schauen.«

»Glaube auch nicht, daß die Burschen noch in der Nähe sind, die werden so viel Meilen zwischen sich und uns legen, als sie nur können,« sagte der Konstabel.

Der Indianer, geschickt das Ruder handhabend, trieb das leichte Fahrzeug rasch hinüber.

Scharf umherspähend näherte er sich dem Ufer, landete dann und stieg aus. Da bis auf die abschüssig gemachte Stelle das Ufer hier zu steil war, um einem Pferde das Landen zu gestatten und er keine Spuren bemerkte, stieg er wieder in das Kanoe und ruderte zurück. Aus dem Boote rief er den Männern zu: »Er weiter oben aus dem Wasser gehen. Haben die jungen Leute,« wandte er sich an Ramsgate und Raggle, »den Boden am Kreek nach Hufspuren durchforscht?«

»Den Kreek haben sie nicht verlassen,« sagte der junge Raggle, »außer in den Fluß hinein, wir sind am linken Ufer entlang geritten und hätten es bemerken müssen, wenn sieben bis acht Pferde ans Land gestiegen wären. Jenseits ist Sumpf, dort konnten sie nicht hinein.«

»Wollen sehen. Will Jones zu mir ins Kanoe kommen.«

»Sofort, Indianer,« und der junge Mann setzte sich rasch in das Vorderteil des Bootes, die Büchse über das Knie gelegt.

»Bedenke, Indianer, daß die Sonne nicht mehr lange am Himmel steht,« rief ihm der Konstabel nach.

»Müssen Spur haben — können nicht weiter gehen. Wird nicht lange dauern und Kanoe rascher in Wasser als Pferd in dicken Busch.«

Mit kräftigen Schlägen trieb er das Boot stromauf nach der Mündung des Kreek zu und trieb dasselbe hinein. Beider Augen durchforschten das Ufer zu ihrer Linken, auf der andern Seite hatten die jungen Leute dies bereits getan, bis dahin, wo der Sumpf begann. Dann wandte der Indianer um, hielt nach etwa hundert Schritten, deutete auf das Ufer und sagte: »Hier bringen Kanoe ins Wasser,« Sie hielten dicht am rechten Ufer und Jones gewahrte nun auch Fußspuren, die ungeschickt vermischt waren und den Eindruck, den das Boot bei seinem Herablassen ins Wasser gemacht hatte.

»Du hast recht, John. Hier muß der Iltis ein Boot versteckt gehalten haben. Aber was meinst du, ist nun zu tun?«

»Gleich sehen. Er sitzen in Boot und lassen Pferd an langem Strick hinter her schwimmen, werden gleich sehen, wo gelandet.«

Er führte das Boot in den Fluß zurück und ruderte dann, sich am linken Ufer haltend, kräftig stromauf. Sie mochten etwa tausend Schritt zurückgelegt haben, als das Ufer höher anstieg und der Indianer sagte: »Hier nicht landen, drüben.«

Er fuhr quer über den Strom, noch einige hundert Schritt am rechten Ufer hinauf, wandte dann und ruderte, sich immer dicht am Lande haltend, zurück. Das Wasser wurde hier flacher und war von dichtem Schilfe eingefaßt. Plötzlich hielt er an. Aus dem Rohre, am Rande desselben, ragten einige junge, dichtbelaubte Bäume hervor.

»Hier er gehen an Land.«

»Hier, John? Du irrst dich — hier ist ja absolut nichts zu bemerken.«

»Hier er gehen an Land,« sagte der Indianer, ergriff einen der Bäume und hob ihn mit leichter Mühe aus dem Wasser empor, er war abgehauen und das zugespitzte Ende in den weichen Uferschlamm gesteckt. Mit den andern machte er es ebenso und warf sie in den Strom. Nun ward klar, daß diese nur die Stelle verbergen sollten, wo Boot und Pferde durch das Schilf gebrochen waren. Athoree trieb das Kanoe in das Schilf, in die, nachdem die deckenden Büsche entfernt waren, deutlich wahrnehmbare Öffnung hinein, wo sie alsbald auch in dem weichen Boden voll ausgetretene Hufspuren erblickten.

»Also hier?«

»Hier. Er sehr dumm, wenn glauben, damit Indianer zu täuschen.«

»Aber wo wollen die Halunken hier auf dem rechten Ufer hin?«

»Werden sehen,« sagte Athoree, »er andre holen, dann weiter reiten,« und beide stiegen ins Boot. Vom Flusse aus riefen sie den Gefährten zu, das Ufer zu wechseln und alsbald setzte die Schar durch die ziemlich seichte Furt, die Pferde Jones‘ und des Indianers mit sich führend. In Eile ward das Kanoe so gut als möglich am Ufer versteckt und der Indianer voran, trabte die Schar das Ufer entlang durch den Wald.

 

Sie erreichten in wenigen Minuten die breite Fährte, welche in den Wald hineinführte quer vom Wasser ab.

Die Reiter hielten einen Augenblick und betrachteten die Spuren.

»Meine schönen Tiere,« murmelte Jones ingrimmig, »wehe den Halunken, wenn ich sie erwische.«

»Wo die Spitzbuben eigentlich hier hin wollen? Nach Norden zu an den Pineriver? Das möchte ich bezweifeln,« sagte nachdenklich der Konstabel. »Hier herum ist weder Haus noch Straße, nur Wald und Sumpf, und was wollen sie auch am Pineriver?«

»Der Iltis kennt die Wälder hier gut, er wird schon wissen, wo er hin will, verlaßt Euch darauf, Weller, aber ich denke, wir werden ihm und seiner Schlauheit gewachsen sein. Hier müssen wir sie erreichen. Ich fürchtete einen Augenblick, sie hätten weiter unten wieder das Ufer gewechselt, um den Pineriver zu gewinnen.«

Sie verfolgten nun rasch die tief eingetretene Spur. Nach einiger Zeit hielt der Indianer und alle ahmten ihm nach.

»Was hast du, John?«

»Gehen und sehen.« Alle schwiegen.

Er sprang aus dem Sattel und schlich zur Seite der Spur durch die Büsche. Nach einiger Zeit kehrte er zurück.

»Pferde in Sumpf.«

»In den Sumpf? Wie ist das möglich?«

»Selbst sehen, Konstabel und Jones.«

Die beiden stiegen ab und schlichen dem vorangehenden Indianer nach. Nach einigen hundert Schritten standen sie an einem rechts und links sich weit ausdehnenden, mit schlammigem Wasser bedeckten Sumpf.

Die Spur führte direkt hinein. Die drei Männer standen einen Augenblick stumm.

»Sie sind richtig in den Sumpf gebracht. Was bedeutet das? Indessen wo die durchkommen, kommen wir auch durch, wir reiten nach.«

»Wollen im Schlamm versinken, wie?«

Der Konstabel sagte nachdenklich: »Wir hörten schon vor Jahren, als die Pferdediebstähle bei uns so arg waren, daß in einem der Sümpfe hier oben am Muskegon sich ein Schlupfwinkel der Gesellen befinde. Wir konnten nur nie erfahren, wo. Also das war hier? Die Kerls haben darin festen Boden und kennen natürlich eine sichere Furt, die ja wohl hier in der Nähe sein muß.«

Der Indianer betrachtete das Wasser dicht am Ufer und ging langsam und vorsichtig, die Büchse schußfertig in der Hand, daran hin. Nach etwa hundert Schritten blieb er stehen und sagte zu den beiden Männern, die ihm leise und vorsichtig, gleichfalls mit schußfertigen Waffen, gefolgt waren: »Hier Furt.«

»Woran siehst du das?«

»Er führen, um zu täuschen, Pferde am Ufer im Wasser hierher. Da gegangen, Pferde treiben auf ihrem Wege Blätter und Wasserlinsen hinweg, er kommen hinter ihnen wieder langsam zusammen — aber nicht ganz dicht — er kleiner dünner Streifen bis hierher — dort nicht mehr Streifen, hier Furt, Pferde nicht weiter am Ufer gehen.«

»Bei Jove, Indianer,« sagte Weller, »du bist ein bewundernswerter Bursche auf der Fährte. Jetzt,« wandte er sich an den nicht minder über den Scharfsinn des Indianers erstaunten Jones, »erhaltet Ihr Eure Pferde und ich hoffentlich meinen Morris, und zwar lebendig. Gehen mir zurück.«

Leise wurde den andern mitgeteilt, was das Resultat ihres Forschens gewesen sei.

»Ja,« sagte Grover zu Edgar, »wenn John nüchtern ist, ist er im Walde nicht mit Gold aufzuwiegen.«

»Was aber nun?« begann der Konstabel. »Die Nacht bricht bald herein, wir müssen hier in der Nähe lagern und die Furt bewachen lassen, Männer, kalkuliere ich. Können heute nichts mehr tun, müssen alles auf morgen versparen. Ist‘s nicht so, Männer?«

»Hast recht, Konstabel, wollen so tun. Möchte in den blutigen Sumpf heute nicht hineinreiten. Wollen ein Lager beziehen, etwas in den Wald hinein, und morgen dann sehen,« sagte Jones. Alle waren damit einverstanden. Zwei der jüngeren Leute wurden bestimmt, die Furt zu bewachen, bis man sie ablösen würde, mit dem strikten Befehl, sowie etwas Verdächtiges sich zeige, eine Büchse abzufeuern, und die andern ritten langsam einige hundert Schritte in den Wald hinein, wo sie eine lichtere Stelle fanden. Dort stiegen sie ab und richteten sich, zu lagern. Die Pferde wurden angebunden und von dem mitgebrachten Hafer gefüttert, die Männer nahmen ihre wollenen Decken und legten sich nieder. Mundvorrat wurde hervorgezogen und ihm nach scharfem Ritte kräftig zugesprochen. Während anfänglich die Meinung vorherrschte, es sei unvorsichtig und werde die Verfolgten warnen, wenn Feuer angezündet würden, glaubte man endlich doch bei der Entfernung vom Feinde und der bewachten Furt es wagen zu dürfen, besonders da die Kühle des Abends sich bemerklich machte, das erwärmende Element hervorzurufen. Bald loderten Holzstöße empor, um welche sich die Farmer behaglich niederließen. Grover und seine beiden Gäste sahen zusammen.

»Nun, Fremde, wie gefällt euch eine solche Jagd?«

Die beiden Deutschen hatten während des Rittes alle Vorgänge aufmerksam verfolgt, und absonderlich die von so scharfer Beobachtungsgabe zeugenden Wahrnehmungen des Indianers angestaunt, ohne sich indessen durch Fragen etwa störend in den Gang der Dinge einzumischen. Beide waren erfahrene Waldleute nach europäischer Art und erprobte Krieger und wußten, daß man auf der Jagd oder vor dem Feinde Schweigen beobachtet.

»Es ist für mich,« entgegnete Graf Edgar, »ungewöhnlich interessant, einer solchen Aktion beizuwohnen, und ich bewundere die Energie und die Klugheit, mit welcher hierbei zu Werke gegangen wird, besonders von Leuten, die doch eigentlich das Kriegshandwerk nicht treiben.«

»Kalkuliere, Mann,« sagte lächelnd sein Wirt, »seid in einem gewaltigen Irrtum. Sind kaum zwei unter uns, die nicht schon Kugeln gewechselt hätten, sei‘s mit diebischen Rothäuten oder Liebhabern von Pferdefleisch, wie mir sie hier vor uns haben. Ja, die älteren von uns haben im großen Kriege gefochten und die Kanonen krachen hören. Sind hier an der Grenze der Zivilisation, muß jeder sich seiner Haut wehren können. Hat‘s Gesetz hier kaum noch Macht, habt‘s gestern abend gehört, müssen Männer da sein, die ihm mit der Büchse Geltung verschaffen. Sind alle solche Männer hier; sollt schon sehen, wie sie fechten, wenn‘s nötig wird.«

»Ich glaube es,« sagte der junge Mann, »und nehme nicht ohne aufrichtige Bewunderung diese selbstbewußte Manneskraft, die sich selbst zu ihrem Rechte verhilft, wahr.«

Etwas entfernter vom Feuer saß der Indianer und rauchte ruhig seine Pfeife.

»Willst du einen Schluck Rum, John?« fragte Grover.

»Athoree trinkt nicht Rum auf Kriegspfad.«

»So, meinst du, wird‘s ein Fechten geben?«

»Werden fechten, wenn nicht davonlaufen können.«

Indem nahten der Konstabel und Jones dem Feuer und ließen sich neben Grover nieder.

»Müssen nun doch einmal beraten, Männer, was morgen zu tun ist,« sagte der Konstabel, »rücke einmal näher, Rothaut, wir brauchen deinen Rat.«

Der Indianer ließ sich näher am Feuer nieder.

»In den Sumpf sind sie, das ist ein Fakt,« äußerte der Konstabel, »wie aber kommen mir hinein oder wie treiben wir die Burschen heraus? Angesichts von vier Büchsen durch die Furt eines Sumpfes zu reiten, ist sicherer Tod. Sagt einmal Eure Meinung, Grover.«

Dieser kratzte sich am Kopfe.

»Kalkuliere, ist eine heikle Sache. Wenn die Kerle Proviant haben, können sie es aushalten. Wer hätte geahnt, daß sie so nahe hier einen solchen Schlupfwinkel haben; selbst der Indianer, der durch seine Jagden die Gegend weit und breit kennt, wußte nichts davon, und was der für eine Spürnase hat, wißt ihr ja.«

»Was meint John dazu?«

Nach einer Weile des Nachdenkens sagte dieser: »Iltis schlau genug, ich denken, er nicht gehen in Bau mit nur einer Röhre.«

»Was meinst du damit?«

»Er laufen in aller Eile von Jones‘ Wald hier in Sumpf, geben nicht viel Mühe, Spur zu bergen, wissen ganz gut, daß bald hinter ihnen her. Denke, gibt noch andern Ausweg hier.«

»Das wäre verwünscht. Was aber dann tun? Wenn du das meinst, müßten wir doch den Sumpf umzingeln.«

»Er viele Meilen weit,« entgegnete der Indianer. »Müssen, warten. Kannst in der Nacht nicht reiten im Wald, Konstabel, und die dort auch nicht. Sind sie noch darin, reiten morgen weg bei Tageslicht, sind sie schon fort, müssen dann Spur aufnehmen, das alles!«

Damit erhob sich der Indianer, hüllte sich in seine wollene Decke und legte sich, den Sattel unter dem Kopf, an einem nahen Baume schlafen.

»John hat recht, Grover; vor Tagesanbruch läßt sich nichts machen,« ließ der Konstabel sich vernehmen. »Wollen morgen sehen. Gute Nacht.« Damit ging auch er vom Feuer hinweg und suchte sich eine Ruhestätte.

Grover sagte: »Ist nichts zu tun vor morgen, Jones, müssen‘s abwarten.«

»Ja,« sagte dieser seufzend und schritt davon, dem Konstabel nachzuahmen.

»Bleibt nichts Besseres, Fremder, als zu schlafen, um morgen frisch zu sein,« und auch Grover wählte sich einen Platz aus, wo er die Nacht zuzubringen dachte.

Nach und nach fanden alle die von dem scharfen Ritt angestrengten Männer geeignete Lagerplätze, auf des Grafen Befehl legte sich auch Heinrich nieder, so daß der junge Offizier nur noch allein am Feuer wachend saß.

Tiefe Stille herrschte um ihn, nur von fernher klang aus dem Sumpfe das Gequak des Ochsenfrosches herüber und hie und da der Schrei eines Nachtvogels.

Wirr kreuzten sich die Gedanken in seinem Kopf. Was während der aufregenden Verfolgung zurückgedrängt war, die Erinnerung an das furchtbare Schicksal seiner Schwester, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit ihrem Kinde unter der blutigen Faust der Wilden ihr Leben geendet hatte, trat jetzt mit ganzer Macht hervor, und grause Schreckensbilder stiegen in seinem Geiste auf, die ihn schaudern machten. Dann dachte er des Greises, der in der fernen Heimat tröstliche Kunde täglich erwartete, und ein tiefer Seufzer entstieg seiner Brust. Lange noch saß er so in schmerzlichem Sinnen am niederbrennenden Feuer, bis auch ihm sich der Schlaf nahte, und ein holder Traum, welcher ihm die so heiß ersehnte Schwester in blühender Frauenschönheit zeigte, einen zarten Knaben zu ihren Füßen, ihn über die rauhe Wirklichkeit hinwegtäuschte.

Drittes Kapitel. Die Pferdediebe

Innerhalb des sich weithin erstreckenden Swampes lag, wie die Farmer ganz richtig vermuteten, eine ziemlich umfangreiche Strecke festen Bodens, eine Insel, rings von ungangbarem Morast umgeben. Während im Sumpfe selbst nur die rote Zeder wuchs, trug dieses Eiland dieselben Baumarten, wie sie ringsum in den Wäldern sich erhoben. Von Bäumen und Büschen dicht eingehüllt lag hier auf einem Hügel eine ziemlich große Blockhütte und dicht daneben ein niedriges Stallgebäude, aus welchem das Scharren von Pferdehufen hervordrang. In der Hütte loderte ein helles Feuer empor und beleuchtete den wenig wohnlichen Raum, wie die Gestalten der Männer, welche um dasselbe, welches einfach in der Mitte auf dem festgestampften Boden brannte, saßen.

Einige roh gefertigte Stühle und Tische, welche ungeordnet umherstanden, dienten nicht dazu, das Innere behaglicher zu gestalten.

Neben den drei Männern, welche am verflossenen Abend bei Grover einkehrten, zeigte sich noch ein vierter, der sich durch eine auffallende Persönlichkeit auszeichnete. Eine kleine, fast zierliche Gestalt trug einen nicht unschönen Kopf, den schwarzes lockiges Haar bedeckte, aus dem mageren Angesicht, dessen Nase spitz hervorragte, blickten zwei dunkle, stechende Augen hervor, dies und das spitz zulaufende Kinn, vielleicht auch noch besondere Eigenschaften, mochten dem noch jungen Mann den Namen Iltis verschafft haben, unter dem man ihn am Muskegon kannte. Auch der kleine Fred wurde er genannt; wie sein eigentlicher Name lautete, wußte hier zu Lande niemand. Neben ihm lag die herkulische Gestalt des Messerhelden von gestern abend. Ruhig und mit einem gewissen Anstand saß auf einem Schemel der, welcher die höflichen Manieren in Grovers Behausung gezeigt hatte, und neben ihm ein breitschulteriger, untersetzter Geselle mit rohem, stumpfsinnigem Gesichtsausdruck, derselbe, den Jones zu spät als den berüchtigten Tyron erkannte.

Flaschen, Becher, Reste von Mundvorräten zeigten, daß die Bursche tüchtig getafelt hatten.

»Goddam!« murrte der Lange nach einer Weile, während alle geschwiegen, und faßte nach der rechten Schulter, »der Hund hat mir richtig den Arm fast verrenkt, ich spüre es noch.«

 

»Ich bedauere noch jetzt, daß ich deinem unsinnigen Verlangen, bei Grover einzukehren, nachgegeben habe, Morris —«

»Nenne mich nicht Morris,« schrie der Angeredete rauh, »ich bin John Harper aus dem Jackson County, ein ehrenwerter Bürger!«

»Nun ja, meinetwegen Old Nick Der Teufel. in Person,« sagte ruhig sein Nachbar, was dem Iltis ein helles Gelächter abnötigte.

»Laßt eure Narrheiten, sonst nehme ich einen von euch am Kragen und schüttle ihm die Seele aus dem Leibe,« schrie Morris, und setzte hinzu: »Verdammt, meine Achsel.«

»Daß ich deinem Verlangen, bei Grover einzukehren, nachgegeben habe,« fuhr gelassen der andre fort, »denn es hätte uns alles verderben können!«

»So? Mußten nicht die Pferde getränkt werden, wenn sie in der Nacht noch laufen sollten — he?«

»Und mußte nicht der ehrenwerte Bürger aus dem Jackson County etwas Whisky einladen, nachdem er seine volle Flasche unterwegs in großer Eile geleert hatte?«

»Daß uns der Teufel auch die schuftigen Farmer in den Weg führte,« brummte der Angeredete, »wer konnte denn vermuten in dem einsamen Store zehn solcher Langbüchsen zu finden?«

»Ich will dir was sagen, Morris, der Whisky bereitet dir ein schlechtes Ende. War ich nicht, so hatte dich der Konstabel, der dir dicht auf den Fersen war, vorgestern in seinen Klauen.«

» Damned his eyes!« knurrte der Lange. »Muß früher aufstehen, wer John Morris fangen will.«

»Ei, jetzt bist du wieder Morris, ehrenwerter Bürger aus dem Jackson County?«

»Laß den Unsinn, Burton. Ich ärgere mich schon lange, daß ich in diese verdammte Gegend gekommen bin. Wer diesen blutigen Konstabel nur auf meine Fährte gebracht hat?«

»Du bist seit der Sache am Kalamazoo eine sehr gesuchte Persönlichkeit, und ganz Michigan beeifert sich, wie ich mit Interesse wahrgenommen habe, dem Sheriff deine nähere Bekanntschaft zu vermitteln.«

Mit einem schweren Fluche rief Morris: »Laß das gut sein, Burton, oder ich renne dir mein Messer in den Leib, ehe du Amen sagen kannst.« Diesmal brauste er wirklich in wilder Wut empor.

»Ich will dir nur zu Gemüte führen, Mann, daß du durch dein wildes Saufen und Toben dich und womöglich uns alle in Gefahr bringst. Kam ich nicht dazwischen, als der brave Konstabel dir nahe genug war und ich ihn mit der unschuldigsten Miene von der Welt in den April schickte, als er mich nach dem einsamen Reiter fragte, so hättest du jetzt eiserne Armbänder. Es war ein Glück, daß der Mann mich nicht kennt.«

»Würde sich höllisch gefreut haben, deine Bekanntschaft zu machen,« murrte Morris.

»Möglich, jedenfalls brachte ich ihn von deiner Spur ab,« erwiderte Burton ruhig.

Hierauf schwieg Morris und schnitzte eifrig mit seinem Messer an einem Stück Holz.

Tyron äußerte nach einigem Schweigen: »Geht mir das Schicksal von Battle nah, muß es nicht klug angefangen haben, um so den blutigen Hunden in die Fänge zu geraten.«

»War alles geschehen, Bill,« sagte der Iltis, »was geschehen konnte. War nicht möglich, ihn aus dem Gefängnis zu holen, mußten den Sheriff bestechen. Gelang auch, ich habe dann Tom Battle selbst über den Muskegon gesetzt. Wie die Bursche auf seine Spur gekommen sind, wie es ihnen gelang, den so erfahrenen Tom, der ihnen so manche Nase gedreht hat, zu fassen, ist mir ein Rätsel. Sprachen gestern abend davon, die Muskegonmänner in Grovers Store, konnte aber nur wenig davon, des Windes wegen, verstehen.«

»Hättest uns auch warnen können, dort einzukehren,« meinte Burton.

»Wäre auch geschehen, hattest es nur zu verdammt eilig, deinen Toddy zu nehmen. Muß meine Visage in möglichster Entfernung von diesen Leuten halten, kennen mich zu genau.«

»Konnte gefährlich werden, fuhr mir in die Glieder, als ich die Bursche sah. Mußte noch der Morris wegen einer elenden Rothaut Streit beginnen. Was, zum Teufel, konnte dich veranlassen, mit dem betrunkenen Indianer anzubinden? Konnte uns an den Hals gehen.«

»Seitdem mir der tückische Hund, dieser Peschewa, den Laufpaß gegeben hat, habe ich eine Wut auf die rote Rasse, die bei jeder Gelegenheit losbricht. Der Bursche war sicher ein Ottawa.«

»Der Ottawahäuptling ist, wie du selbst sagst, nur dem Drucke gewichen, den man von Lansing aus auf ihn ausgeübt hat, sonst ist uns der Mann gewogen; wenn der die Räuberfaust in die Tasche steckt, geschieht es nur höchst unfreiwillig.«

»Soll mich nicht wundern,« warf der Iltis mit der hellen Knabenstimme, welche ganz zu seiner Persönlichkeit paßte, ein, »wenn die Roten bald wieder von sich hören lassen.«

»Wie ist das?« fuhr Morris empor, »haben sie die blutige Lektion vergessen, die sie vor drei Jahren erhielten?«

Der Iltis zuckte die Achseln: »War oben am Mackinaw, habe Freunde dort und habe da so ein Liedlein pfeifen hören, die roten Männer stecken die Köpfe zusammen und halten geheime Ratsversammlungen.«

»Ich habe ein ganzes Jahr bei den roten Schuften zugebracht, als es mir im Süden zu heiß wurde, der Peschewa nannte mich seinen Freund, bis der rote Hund mir endlich rund erklärt: ich müsse fort. Wenn dein Liedlein die Wahrheit sagt, und unwahrscheinlich ist mir das nicht, dann wird sich der gute Peschewa wohl wieder nach mir und meiner Büchse sehnen.«

»Kann schon sein.«

»Ist immer ein guter Unterschlupf da oben für den Notfall, man darf‘s mit den roten Burschen nicht verderben.«

»Siehe gestern abend,« sagte Burton.

»Gestern abend überkam mich gerade die Wut auf das undankbare Gesindel, als ich nach langer Frist wieder eine Rothaut erblickte.«

»Es war ein Glück, daß die Sache so ablief, sonst hätten die Farmer am Ende uns und besonders Tyron etwas genauer angesehen, und das hätte uns Unannehmlichkeiten bereiten können.«

»Ein weiteres Glück, daß niemand Tyron kannte.«

»Der Jones hat mich mehrmals scharf fixiert, aber er mußte mich wohl nirgends unterzubringen. Jammert jetzt vielleicht nach mir und seinen schönen Pferden,« lachte roh der, von dem die Rede war.

»Prachttiere,« schrie Morris, »besonders der Rappe, der ist in Detroit seine tausend Dollars wert. Ha, haha, das war ein Meisterstück vom Iltis.«

»Ist eine Freude für mich, mit Gentlemen zusammen zu arbeiten.

Aber was sagt ihr zu diesem Unterschlupf hier, he? Sucht so etwas in den Staaten.«

»Ja, der Platz ist gut genug,« sagte Burton.

»Verdanken wir dem armen Battle, Gott sei seiner Seele gnädig,« setzte er in lästerndem Tone hinzu, »der hat den Platz ausfindig gemacht, und wir, er, Tyron, ich und die guten Bursche, welche nicht mehr sind, haben das alles hier hergerichtet. Hat zwei Jahre jetzt leer gestanden, habe erst alles wieder einrichten müssen. Von allen Lebenden kennen nur zwei, Tyron und ich, die Furten.«

»Ist‘n Hauptplatz, kalkuliere, man kann sich Monate hier halten—«

»Wenn genügend Mundvorrat da ist und keiner die Furten entdeckt, gewiß.«

»Das soll schwer werden.«

»Wie hat denn Battle diese Insel entdeckt?«

»Der hat eines Tages auf der Jagd hier einen Hirsch durchwaten sehen und ist ihm nachgeritten, dem verdanken mir diese unangreifbare Feste.«

»Möchte wissen, ob sie uns schon auf der Ferse sind.«

»Denke nicht,« sagte Iltis. »Ist fraglich, ob jemand von Jones heute zum Pferche kommt, und wenn es geschehen ist, ehe sie Leute zusammenholen, die sich uns nachwagen dürfen, vergeht Zeit, denn wenn sie auch bis zum Muskegon unsern Weg ziemlich leicht ermitteln können, soll es ihnen doch von dort aus schwer werden, der Spur weiter zu folgen. Aber wenn sie sie auch finden, ehe sie herankommen, sind wir längst am Pine River und lachen die Muskegonmänner aus.«

»Will euch was sagen,« nahm Burton das Wort, »sind diese Farmer immerhin geschickte Waldleute, welche einer Spur zu folgen wissen, aber weit mehr als sie ist der Indianer zu fürchten, der doch sicher zu ihnen gehört.«