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»Hast du etwas zu sagen, Peschewa?«



»Ich nicht Peschewa, nicht Ottawa, ich stammloser Häuptling.«



»Nun ja, meinetwegen, bleibe dabei. Du bist mit den Waffen in der Hand in diesem Fort festgenommen morden, nachdem du vorher durch einen listigen Ueberfall seine ganze Besatzung ermordet hattest.«



Ein Ausdruck grimmigen Triumphes zeigte sich in des Indianers energischem Gesicht: »Peschewa nahm für jeden Schlag, den ihm der Häuptling geben ließ, einen Skalp.«



»So? Nun bist du also doch Peschewa? Der Gefangene ist geständig. Das Gesetz bestimmt Tod, ihr Herren, und gestattet nur die Wahl zwischen der Kugel und dem Strick.«



Einige Sekunden flüsterten die Offiziere.



»Der Mörder Peschewa, Häuptling der Ottawas, ist einstimmig zum Tode durch den Strang verurteilt,« verkündete Blackwaters tiefe Stimme. Dann setzte er hinzu: »Gott sei deiner Seele gnädig, Indianer.«



Bewegungslos hörte Peschewa das Urteil an.



»Nun zu den andern. Wie heißest du, Mann?« fragte der Kapitän den ihm Zunächststehenden.



Der antwortete nicht.



»Und du?« wandte er sich an den dritten.



Auch dieser schwieg.



»Kennt jemand von den hier Anwesenden diese Leute?«



Niemand kannte sie.



»Es ist zwar ziemlich gleichgültig, welch gutklingende Namen die Subjekte führen, indessen der Ordnung wegen wollen wir noch einen Versuch machen, ihre berühmten Persönlichkeiten festzustellen. Holt mir einmal den Kitate her.«



Alsbald wurde dieser vorgeführt.



Der Häuptling tauschte mit Peschewa einen Blick und stand mit ruhiger Würde vor den Richtern.



»Wie heißen diese beiden Männer, Kitate?«



»Kenne nicht ihre Namen.«



»Es sind doch Leute von deinem Stamme?«



»Kitate kennt alle Männer der Ottawas, diese Männer sind nicht von seinem Stamme.«



»Nun, meinetwegen, so wird die Geschichte um die Namen dieser beiden braunen Helden betrogen werden. Schreiben Sie, zwei Ottawaindianer, deren Namen nicht festzustellen waren, mit den Waffen in der Hand, kämpfend gefangen genommen, wegen Mordes, Raubes und so weiter. Hat einer der Herren etwas zu bemerken?«



Es hatte niemand etwas zu bemerken und so wurde ihnen der Strang zuerkannt, wie Peschewa.



Sie nahmen das Urteil mit finsterem Trotz hin.



»Bereitet euch zur letzten Reise, Leute, in einer halben Stunde sollt ihr sie antreten. — Die Sitzung ist geschlossen.«



Die Offiziere erhoben sich.



»Wenn du willst, Kitate, kannst du deinem Freunde Peschewa Gesellschaft leisten.«



Der Häuptling dankte mit einer leichten Neigung des Hauptes.



Er und Peschewa setzten sich abseits auf einen Balken und beide unterredeten sich ruhig und würdevoll.



»Mein Bruder wird sterben.«



»Peschewa war tot, als ihn der Häuptling hier schlug, nur der Stammlose stirbt.«



»Die Ottawas werden um ihn trauern.«



»Die Ottawas dürfen um Peschewa trauern, er liebte sein Volk. Ich habe ihn gerächt, das Blut der Langmesser floß.«



»Peschewa hat getan, wie er mußte.«



»Werden die Ottawas dafür büßen müssen, daß ich die Skalpe der Weißen nahm?«



Ruhig entgegnete der andre: »Kitate ist gefangen wie du.«



»Peschewa wird nicht Ruhe haben im Grabe.« Er schwieg und fuhr dann fort: »Peschewa wollte in der Schlacht sterben, es ist nicht gelungen. Nun hängen ihn die Weißen am Halse auf und seine Seele muß im Körper bleiben, sie kann nicht in die glücklichen Jagdgründe gehen.«



»Manitou wird einen so großen Häuptling zu sich rufen, wenn die Langmesser auch seine Seele festzuhalten suchen. Peschewas Seele ist stark genug, um die Bande des Körpers zu sprengen, sie wird noch heute in den glücklichen Jagdgründen seines Volkes sein.«



»Kitate glaubt es?«



»Kitate glaubt es, denn Manitou ist gerecht.«



»Er hat sein Angesicht seit vielen Sommern verhüllt. Peschewa sieht nur eine dunkle Wolke, er sieht nicht das Angesicht Manitous.«



»Peschewa wird es sehen.«



»Ich glaube, Kitate, die Stunde der roten Männer ist gekommen, sie werden vertilgt von dem Pfade, auf welchem ihre Väter gewandelt sind, viele Geschlechter hindurch, nicht oft mehr werden die Bäume das grüne Gewand anlegen, bis man vergebens die Spuren der roten Männer auf Erden suchen wird, ihre Stunde ist gekommen.«



Beide schwiegen und senkten das Haupt.



Dann ergriff, so gut er es in seinen Fesseln vermochte, Peschewa des andern Hand.



»Kitate und Peschewa wandelten viele Sommer und viele Winter Seite an Seite. Sie lernten zusammen mit gefiedertem Pfeil den Hirsch erlegen, sie betraten gemeinsam den Kriegspfad, sie waren Häuptlinge des Ottawa-Volles und Brüder. Wird Kitate seines Freundes gedenken?«



»Er denkt seiner.«



»Wird er ihm das Totenlied singen?«



»Alle Taten Peschewas stehen in Kitates Herzen, er wird eines großen Häuptlings Totenlied singen.«



Die Garnison trat an, und der Profoß ging auf die Indianer zu.



Alle Offiziere waren erschienen. Blackwater sandte zu Frau Wood, damit sie verhindere, daß Frances etwa Zeugin der Exekution werde.



Doch lagen die Fenster ihres Zimmers nach dem Wall hinaus, und das Mädchen war weit davon entfernt, Anteil an den Vorgängen zu nehmen, welche sich in ihrer Nähe abspielten.



Auch die mit Kitate gekommenen Indianer waren auf Blackwaters Befehl herbeigeholt worden, damit sie Zeugen der Hinrichtung sein sollten.



Als sich Peschewa zu seinem letzten Gang rüstete, sagte er noch zu seinen Stammesgenossen: »Peschewa geht.«



»Kitate wird ihm folgen.«



»Kitate wird leben und über die Ottawas wachen, sie sind seiner Weisheit anvertraut.«



Damit schritt der wilde Häuptling, dem es weder an Klugheit noch an andern guten Eigenschaften fehlte, um ihn zu einem umsichtigen und fürsorglichen Lenker der Geschicke seines Volkes zu machen, mit festem Schritt und trotzig erhobenem Haupte nach dem Walle zu, auf welchem die Galgen errichtet waren.



Die ihm von Davis erteilte körperliche Züchtigung hatte in dem sonst besonnenen Mann, welcher die Macht der Weißen wohl zu schätzen wußte, und in seiner Häuptlingsstellung alle Kunst anwandte, um mit ihnen auf gutem Fuße zu bleiben, den ganzen wilden Stolz eines Häuptlings und Kriegers tödlich verletzt und die unbändige Wut der indianischen Natur entfesselt, welche zu den grausigen Taten der letzten Tage geführt hatte.



Als Peschewa oben auf dem Walle stand, wandte er sich um, warf einen Blick auf Wald und See, dann hernieder auf die Offiziere und Soldaten, und sagte mit einem Ausdruck tiefer Bitterkeit: »Der rote Mann muß seinen Platz den hungrigen Weißen räumen, die er einst an seinem Feuer gastfrei aufgenommen hat. Peschewa verachtet die Weißen, es sind Hunde.«



Darauf betrat er die Leiter, seine beiden Gefährten waren schon früher an ihre Plätze geführt und bewahrten dieselbe Ruhe, welche sie bisher gezeigt hatten.



Trommelwirbel. Die Strafe war vollstreckt, die Seele der roten Männer dem Körper entflohen.



Nach einer Stunde wurden die Leichen abgenommen und am Rande des Waldes eingescharrt.



So endete Peschewa, einer der begabtesten Männer, welche die rote Rasse hervorgebracht hatte.



Kitate und die mit ihm verhafteten Krieger waren bewegungslose, stumme Zuschauer der Exekution gewesen.



Dann begann der Häuptling leise zu singen in einer eintönigen getragenen Weise und setzte dies fort, bis die Leiche Peschewas abgenommen ward. Er zählte dessen Taten als glücklicher Jäger und gefürchteter Krieger auf, rühmte seine Weisheit im Rate seiner Nation — er sang seinem Freunde das Totenlied.



Blackwater richtete, als er schwieg, das Wort an ihn.



»Der Häuptling der Ottawas ist nicht mit nur zwei Begleitern gekommen, er hat seine jungen Leute im Walde gelassen?«



»Wie du sagst, Kitate muß Jäger haben, welche Wild für ihn erlegen, der Weg von den Dörfern der Ottawas zum Fort ist lang.«



»Er wird seine jungen Männer herbeirufen und sie mit Botschaft an sein Volk senden.«



»Der Häuptling der Langmesser wird sie dann zu Gefangenen machen, wie Kitate.«



»Nein, Ottawa, sie können kommen und frei von dannen gehen.«



»Der Häuptling der Langmesser sagt es.«



»Ich sage es.«



»Gut.«



»Ich muß Kitate hier behalten, bis der große Vater in Washington entschieden hat, was mit ihm geschehen soll. Nicht weiß ich, ob er den Ottawas verzeihen oder seine Krieger gegen sie senden wird. Ganz gewiß aber wird das letztere geschehen, wenn die Ottawas die entflohenen Stammlosen oder die weißen Mörder aufnehmen, welche in ihrer Gesellschaft waren, oder überhaupt irgend einem Weißen ein Haar krümmen. Der Häuptling hat mich verstanden?«



»Kitate versteht.«



»Willst du nun deinem Volke durch die jungen Männer im Walde sagen lassen, wie es sich verhalten soll, so tue es, du bist klug und erfahren genug, um zu wissen, daß es Vernichtung für euch bedeutet, wenn wir in Waffen gegen euch vorgehen.«



»Kitate wird seinem Volke Botschaft senden, er will nicht in Feindschaft mit dem großen Vater in Washington leben, die Ottawas sollen seine Kinder bleiben.«



»Also tue, was dir im Interesse deines Volkes geboten erscheint.«



Kitate ging auf den Wall und stieß dort einen gellenden Ruf aus. Schnell traten hierauf fünf Indianer aus dem Walde und kamen furchtlos bis dicht an den Graben.



Dieser Wilde, der eben seinen Freund schmählich unter der Hand der Weißen enden sah, der eine Welt von Haß im Herzen trug, besaß die Kraft, seine erregten Leidenschaften niederzuzwingen und in ruhigem Tone zu seinen Stammesgenossen zu sprechen.



Eindringlich klangen die Worte, welche er vom Wall herab an sie richtete, und diejenigen, welche etwas von der Sprache der Ottawas verstanden, wie der Konstabel, Johnson und Athoree, erkannten, daß er die in den Dörfern zurückgebliebenen Häuptlinge auffordern ließ, sich im Interesse des Volkes nicht nur jeder Feindseligkeit gegen die Weißen zu enthalten, sondern auch sowohl die sogenannten Stammlosen, als deren Verbündete, wie die »rote Hand« zurückzuweisen, wenn sie Gastfreundschaft in Anspruch nehmen wollten.

 



Einer der draußen Stehenden erwiderte: »Kitate ist gefangen.«



»Kitate muß, wie alle Ottawas, sich dem Willen des großen Vaters in Washington fügen, dieser wird entscheiden. Geht und singt meine Worte in das Ohr der Häuptlinge.«



Die Indianer neigten sich und eilten leichtfüßig davon.



Blackwater hatte man von dem Inhalt der Rede Kitates unterrichtet, er sagte zu ihm, als er herabkam: »Du bist klug, Ottawa, und wie ich im Interesse deines Volkes hoffe, auch ehrlich.«



Er ließ die Gefangenen zurückführen und begab sich dann in sein Zimmer, um einen langen Bericht an die Regierung abzufassen.



Der Tag verlief ruhig.



Die Mannschaft hatte immer noch genügend zu tun, um alles inner- und außerhalb der Gebäude möglichst in den früheren Zustand zu versetzen.



Die Nacht brachte allen den ersehnten Schlaf, den die Aufregung dieser Tage verhindert oder beeinträchtigt hatte.



Auch Frances fand die Ruhe, welche Seele und Körper so sehr erforderten, und schlief den traumlosen Schlaf der Erschöpfung.





Sechzehntes Kapitel. Abschied



Am andern Morgen zeigte das Fort bereits wieder den regelmäßigen Gang des Dienstes und nur zerstörte Fensterscheiben und die Spuren des Brandes am Hause des Sergeanten erinnerten an die furchtbare Katastrophe, welche so plötzlich über dasselbe hereingebrochen war.



Bald nach dem Appell schritten die beiden Kapitäne langsam vor ihrer Wohnung auf und nieder.



»Ich glaube nicht, Percy,« fuhr Blackwater im Laufe eines angelegentlich geführten Gespräches fort, »daß die Roten etwas gegen uns unternehmen werden, sie scheinen doch gewaltigen Respekt vor dem ›großen Vater‹ in Washington zu haben, indessen ist das Volk unberechenbar und ich kann Sie mit Ihrer Mannschaft nicht entlassen, bis frische Truppen eingetroffen sind. Haben wir überhaupt einen Angriff zu gewärtigen, so wird Fort Jackson selbstverständlich zuerst belagert werden.«



»Ich bin vollständig von der Notwendigkeit meines Hierbleibens überzeugt, Blackwater, und bis andre Dispositionen getroffen worden sind, wollen wir uns hier so behaglich einrichten als möglich.«



»Wie man diese ganze traurige Begebenheit in Washington ansehen wird, und welche Anordnungen der weise Kriegsrat und das noch weisere Indianerdepartement treffen werden, mögen die Götter wissen. Es ist gar nicht unmöglich, daß man es sogar bemängelt, daß ich den unschuldigen Kitate hier festgehalten habe, ob ich gleich meiner Ueberzeugung nach nicht anders handeln konnte.«



»Ganz Ihrer Meinung, Blackwater, denn es ist undenkbar, daß er von Peschewas Plänen nicht unterrichtet gewesen sei.«



»Der gute Davis hätte etwas andres tun sollen, als einen Indianerhäuptling prügeln zu lassen, De mortuis nil nisi bene. Geschehene Dinge sind nicht zu ändern. — Wenn ich wüßte, daß der Kitate wirklich friedlich gesonnen wäre, das heißt, daß er sich vor unsrer Macht fürchtet, denn sein Haß gegen uns ist so grimmig, wie nur der eines Wilden sein kann, so würde ich ruhiger in die Zukunft blicken, denn an einem mörderischen Indianerkriege, der hier oben, wo verschiedene Völkerschaften in ziemlicher Nähe voneinander eingepfercht sind, ungeahnte Dimensionen annehmen kann, ist wenig gelegen, er würde Ströme von Blut und Tränen kosten. Gestern war ich in erregter Kampfesstimmung und hätte am liebsten das rote Gesindel samt und sonders unter meinen Kartätschen gehabt, ich denke heute ruhiger, Percy. Kann auf anständige Weise ein Zusammenstoß mit den Roten vermieden werden, entspricht das ganz meinen Anschauungen. Freilich wird es ohne die strengste Untersuchung nicht abgehen können, und gerät dabei Herrn Kitates Hals in Gefahr, so ist es seine Sache, ihn aus der Schlinge zu ziehen. Ich behalte ihn hier, bis Gegenbefehl aus Washington eintrifft.«



»Aber wenn Ihr darauf rechnet, daß die Ottawas Ruhe halten,« entgegnete Percy, »wäre es nicht angebracht, die Begleiter des Kitate zu entlassen, die doch jedenfalls zu den Häuptern des Volkes zählen und wohl mehr Einfluß haben, als die jungen Männer, welche hier vor dem Walle standen.«



»Habe schon daran gedacht, Percy, habe daran gedacht, bin nicht immer zum Dreinhauen geneigt, habe auch staatsmännische Anwandlungen. Will mit dem Kitate mich unterreden, wollen dann hören, was der Mann meint, ob mir gleich auf jede indianische Teufelei gefaßt sein müssen.«



»Es wäre gewiß wünschenswert, daß der Weg durch die Wälder gesichert würde, mir sind sonst abgeschnitten von jeder Verbindung mit der Außenwelt.«



»Natürlich, natürlich. Hätten mir den Pottawatomie nicht gehabt, wäre ich außer stand gewesen, selbst nur den Brief nach Fort Jefferson abzusenden. Ist eine gefährliche Sache, sich in die Wälder zu wagen, wenn sie mit diesen roten Teufeln angefüllt sind.«



»Und nun, Miß Schuyler?«



»Kann gar nicht daran denken, das Kind zu entlassen, ehe die Wälder vollständig sicher sind.«



»Mir ist an der Sicherheit der Verbindung besonders mit Traverse City genügend gelegen, einstweilen aber hängt diese von dem Einfluß ab, den Kitate auf sein Volk hat, immer vorausgesetzt, daß er Streit zu vermeiden wünsche. Nun, ich will meine Geschicklichkeit an dem indianischen Diplomaten versuchen. Die Burschen sind nämlich viel schlauer, als man für gewöhnlich annimmt.«



Während dieser Unterredung war der Konstabel im Freien erschienen und hatte sich aufmerksam die Wälder, den See und den Himmel betrachtet.



Blackwater bemerkte ihn und rief ihn an.



»Guten Morgen, Mister Weller.«



»Dasselbe dem Herrn Kapitän.«



»Wollt Ihr uns nicht einen Augenblick Eure Gesellschaft schenken?«



»Mit dem größten Vergnügen, Kapitän,« und der rüstige Mann schritt auf die beiden Offiziere zu.



»Nun sagt mir einmal, Konstabel, Ihr seid ein erfahrener Grenzmann, was denkt Ihr über unsre Lage? Werden die Roten Frieden halten?«



»Denke ja, Kapitän. Haben vor drei Jahren Uncle Sams Faust kennen gelernt, werden es nicht wagen, Krieg zu beginnen.«



»Aber Peschewa?«



»Seht, Blackwater, habe den Mann gekannt, war ein kluger, bedächtiger Bursche, würde nimmer das Kriegsbeil ausgegraben haben, wenn er nicht beschimpft worden wäre. Kalkuliere, ist der Kitate gesonnen, wie es Peschewa früher war.«



»So haltet Ihr die Wälder für sicher?«



»O nein, Kapitän. Offenen Krieg werden die Wilden vermeiden, doch die Sicherheit der Wälder hängt allein von dem Einfluß ab, welchen der Kitate auf seine Leute ausüben kann. Und dann sind immer noch einige verzweifelte Gesellen des Peschewa darin, welche möglichen Falles noch Zuzug finden, Raubgesindel ist unter Roten und Weißen vorhanden, und dann haben wir die Banditen, den Morris und den Iltis.«



»So würdet Ihr also Euch nicht in die Wälder trauen?«



»Allein? Nein. Dazu ist mir meine Haut doch zu lieb. Unter gehöriger Bedeckung, ja.«



»Was denkt Ihr nun zunächst zu beginnen?«



»Kapitän, wären die Wälder sicher, ritt ich schon jetzt auf der Spur der mir entflohenen Vögel; so muß ich abwarten, bis es Euch gefällt, mich unter Bedeckung nach den Ansiedlungen zu schicken.«



»Glaubt Ihr, Konstabel, — Ihr kennt die Rothäute besser als ich, — daß man sich auf das Wort eines Indianers verlassen kann?«



»Kommt darauf an, wie Ihr das meint. Wenn Ihr einen Indianer ausfragt, besonders zu Kriegszeiten, lügt er Euch ganz sicher an. Wollt Ihr aber einen hängen lassen, und er verlangt Urlaub von Euch auf ein paar Stunden, um in die Wälder zu gehen, und verspricht Euch, zur bestimmten Zeit zurückzukehren, so könnt Ihr Euch darauf verlassen, daß er kommt und sich ruhig hängen läßt. In solchem Falle ist auf das Wort eines Indianers Verlaß, sonst hält er es für seine schönste Aufgabe, Euch nach Möglichkeit zu betrügen.«



»Glaubt Ihr, daß man dem Kitate trauen kann?«



»Wenn er sein Wort auf eine bestimmte Sache gibt, ja, sonst glaube ich ihm nicht eine Silbe.«



»Ich werde also mit dem Ottawa verhandeln, Percy. — Habt einen harten Beruf hier in diesen Wäldern, Konstabel.«



»Kann Euch sagen, macht mir Freude, wie einem andern die Bärenjagd. Ist mein Stolz, die Wälder von dem Raubgesindel zu reinigen. Wäre mir beinahe das Herz gebrochen, als ich den Morris entkommen sah. Zweimal war ich schon dicht hinter ihm her. ‚s erste Mal, vor drei Jahren, vermochte ihn nicht zu erreichen, war der Bursche nach Ohio hinüber, ehe ich an ihn konnte, ‚s zweite Mal, vor einigen Wochen — wieder vergeblich. Dies ist das dritte Mal, daß ich ihm nachgesandt bin, und muß schlimm hergehen, wenn er mir diesmal wieder entgehen sollte. Brenne vor Begierde, seine Spur aufzunehmen. Gott schütze die einsamen Farmen, wo dieses Raubtier erscheint.«



»Nun, sobald es angeht, werde ich Euch hinaussenden, Konstabel, und dann Glück zur Jagd.«



»Danke Euch, Kapitän, wünsche mir nichts Besseres, als auf der Fährte des Mörders zu sein.«



Damit ging der Konstabel, um vom Wall herab sehnsüchtig nach den Wäldern zu blicken, die ihm einstweilen noch verschlossen waren.



Edgar erschien in der Tür des Sergeantenhauses und hinter ihm Michael.



Während der Graf auf die Offiziere zuging und diese begrüßte, suchte der Irländer den Wall auf und gesellte sich dort zu Mister Weller.



»Der Herr Konstabel sehnt sich nach dem Walde?« begann der redselige Ire die Unterredung.



»Ja, mein guter Bursche, kannst recht haben, wünsche herzlich, ich hätte diese vier Wälle hinter mir, sitze lieber auf dem Pferde unter grünem Laubdach, oder die endlose Prairie um mich.«



»Und warum geht der Herr Konstabel nicht?«



»Hast du deinen Skalp lieb, mein Bursche aus Leitrim?«



»O ja,« sagte Michael rasch.



»Nun, ich auch,« sagte trocken der Konstabel.



»Glauben denn der Herr Konstabel, daß diese wilden, blutdürstigen Menschen noch immer da draußen lauern?«



»Hinter jedem Baume sitzt ein solch roter Halunke und lauert auf Skalpe.«



Michael machte große Augen, denn wenn er auch ein unzweifelhaft mutiger Bursche war, die entsetzliche Prozedur des Skalpierens hatte er schaudernd Gelegenheit gehabt, an den Leichen der gefallenen Soldaten des Forts zu studieren, und diese flößte ihm ein tiefes Grauen ein.



»Das wäre aber schlimm, dann dürfte sich ja niemand aus dem Fort wagen.«



»Sicher nicht.«



»Wie sollen wir denn aber wieder heraus und nach bewohnten Gegenden kommen, denn ich glaube doch nicht, daß Seine Gnaden, der Herr Graf, nach solchen Erfahrungen länger als nötig ist hier bleiben wird. Das ist ja keine Gegend für Christenmenschen.«



»Ja, mein guter Bursche, das hängt davon ab, wie bald Entsatz kommt, und das wird etwas lange dauern.«



»Und so lange sind mir hier eingesperrt?«



»Ah, wenn du einen Spaziergang im Walde machen willst, so wird man dich ja wohl nicht daran hindern.«



»Ich — ich verspüre gar keine Lust dazu.«



»Würde es dir auch nicht raten, denn auf dich hat es die ganze Ottawa-Nation abgesehen.«



»Auf mich?« fragte Michael erstaunt.



»Natürlich, auf dich, hauptsächlich auf dich.«



»Aber warum denn gerade auf mich, Herr Konstabel?«



»Hast du nicht ihren großen Häuptling, den Peschewa, besiegt und zum Gefangenen gemacht?«



»Nun freilich,« entgegnete Michael ziemlich kleinlaut.



»Hättest du ihn getötet, so würden sie dir das vielleicht verzeihen, aber daß du ihn an den Galgen geliefert hast, den der Indianer mehr als zehn Tode verabscheut, das vergeben sie dir nicht. Uns alle ließen sie vielleicht laufen, nur um deiner habhaft zu werden.«



»Ich wünschte, ich hätte ihm einen über den Schädel gegeben, statt ihn gefangen zu nehmen.«



»Das glaube ich dir gern.«



»Aber woher sollen sie denn da draußen wissen, daß ich es war, der ihn niederschlug und festhielt?«



»Woher, mein armer Bursche? Die Indianer haben ihre geheimen Zeichen, durch die sie sich auf weite Entfernungen Mitteilungen machen können. Glaubst du nicht, daß der Peschewa es dem Kitate, den mir noch hier haben, mitgeteilt hatte, wer ihn besiegte; ich sah, während sie sprachen, wie sie mehrmals nach dir hinüberblickten, und dann hat doch sicher der Kitate, als er mit seinen Leuten vom Wall herunter sprach, ihnen darüber Mitteilung gemacht, daß ein Mann mit dichtem Haarwuchs und einem Holzstock ihren gefeierten Häuptling gefangen genommen und an den Galgen geliefert hat. Ja, mein Junge, dein Signalement hat morgen die ganze Ottawa-Nation. Dein Sieg ist zwar eine große Ehre, aber eine sehr gefährliche Ehre, und wenn sie dich fangen, werden sie dir wohl ganz besondere Aufmerksamkeiten erweisen.«

 



»Wie meint Ihr das?« Michael war gar nicht wohl zu Mute bei der Aussicht auf die Aufmerksamkeiten, welcher ihn die Ottawas nach Aussage des Konstabel würdigen sollten.



»Wie ich das meine? Sieh mal, mein Junge, die Indianer haben die Gewohnheit, ihre Gefangenen an den Marterpfahl zu binden, und da mit aufgesuchten Qualen ihren Mut auf die Probe zu stellen. Sie stoßen ihnen brennende Holzsplitter in den Leib oder unter die Nägel. Schießen nach ihnen mit Pfeilen und Büchsen, werfen mit Messern und Aexten nach ihrem Kopfe, rösten sie etwas am langsamen Feuer —«



»Hört auf — hört auf!«



»Und wenn sie einen recht tapferen Krieger gefangen haben, zum Beispiel einen, der ihren großen Häuptling besiegt hat, so zeichnen sie ihn dadurch aus, daß sie ihn auf eine ganz außerordentliche Weise zu Tode quälen. Das ist dann eine große Ehre.«



»Ich danke dafür,« stöhnte Michael mehr als er sprach, denn er sah sich schon im Geiste am Marterpfahle. »Ich wollte, ich wäre wieder bei Christenmenschen, hier paßt meiner Mutter Sohn doch nicht recht her.«



»Ja, mein guter Ire, warum bist du auch solch ein berühmter Krieger?«



»Nun, der Wald soll mich so bald nicht wieder zu sehen bekommen, Mister Weller, ich habe keine Lust mehr, mich mit den wilden Kerls herumzubalgen. Nicht etwa, daß ich Furcht hätte, wenn‘s ehrlich hergeht, stellt Michael O‘Donnel seinen Mann, aber auf solch indianische Teufeleien lasse ich mich nicht mehr ein, das kann Seine Gnaden, der Herr Graf, nicht verlangen, daß ich mich martern lassen soll.«



»Nun, wir wollen hoffen, daß alles gut geht, Michael. Laß dich nur nicht gefangen nehmen.«



»Ja, sie sollen kommen,« sagte der Mann aus Leitrim mit einer Miene, in der Entsetzen mit trotzigem Grimm gepaart waren.



Er verließ den höchst belustigten Konstabel sehr ernst und nachdenklich.



Kapitän Percy war ins Haus gegangen, und Blackwater schritt mit Edgar auf und ab.



»Von dem Zwecke Ihrer Reise in die Wälder zu den Ottawas hatte mir schon Schuyler Mitteilung gemacht und Sie mir warm empfohlen, Herr Graf. Daß die jüngsten Vorfälle Ihre Nachforschungen mindestens ungemein erschweren, ist zweifellos. Indessen haben wir den Herrn Kitate in der Gewalt und bei dem wollen mir doch den Hebel einmal ansetzen. Ich habe so wie so eine Unterredung mit ihm in Aussicht genommen und da wollen mir Ihre Angelegenheit gleich mit zur Sprache bringen. Ich bitte Sie, derselben beizuwohnen.«



Der vorübergehenden Sergeantin rief der Kapitän zu: »Wie befinden sich unsre Kranken, Mistreß Wood?«



»Gut genug, Herr, Mister Sounders ist sichtlich auf dem Wege der Besserung und der Sergeant schon wieder bei Besinnung, aber noch sehr schwach.«



»Freut mich, das zu hören, freut mich. Und Miß Schuyler?«



»Sie hat geschlafen und scheint ruhiger.«



»Bitte, fragen Sie, ob ich sie sprechen kann.«



»Sehr wohl, Sir.«



»Es bleibt mir gar nichts andres übrig, als mit dem Kitate eine Art Kompromiß zu schließen, vielleicht finde ich den Herrn dazu geneigt.«



Die Sergeantin kam zurück.



»Miß Schuyler wird herunterkommen, Herr Kapitän.«



»Schön. —Wenn ich das arme Mädchen nur erst wieder unter der Obhut seiner Verwandten wüßte, aber ehe die Wälder nicht gesichert sind, kann ich nicht daran denken, sie nach der Küste zu senden.«



Frances erschien in der Tür und Blackwater ging auf sie zu.



Sie sah sehr bleich aus, doch sprachen ihre Züge von ernster, ruhiger Ergebung.



»Mein liebes Kind,« sagte der rauhe Soldat mit väterlich herzlichem Ton, »ich freue mich. Sie gefaßt zu sehen,«



»Ich habe Trost im Gebet gesucht und gefunden.«



»Ich wußte es ja, die Tochter meines tapferen Obersten konnte nicht ohne einen Zug seines Heldenmutes sein. Ich habe mich bei Ihnen melden lassen. Miß Frances, um mich von Ihrem Befinden zu überzeugen und gleichzeitig nach Ihren Wünschen zu fragen. Kann ich etwas tun, um Ihre Lage behaglicher zu gestalten?«



»Nichts, Kapitän, Mistreß Wood tut für mich, was sie kann. Ich wünsche nur, diesen Ort des Schreckens zu verlassen.«



»Sobald es möglich, sollen Sie nach der Küste geleitet werden, einstweilen kann ich nicht wagen, Sie den Gefahren der Wälder auszusetzen. Darf ich fragen, mein Kind, was Sie für Ihre Zukunft beschlossen haben? Ich kann als Ihr väterlicher Freund Ihr Vertrauen beanspruchen. Miß Frances.«



»Gewiß, teuerster Sir. Ich denke, mich zunächst nach Lansing zu Freunden unsres Hauses zu begeben und dort erst werde ich weiteres beschließen. — Mein lieber Herr Graf,« sie reichte dem sich nahenden jungen Mann die Hand.



Er drückte die ihre schweigend.



Das bleiche, selbst in ihrem tiefen Kummer so schöne Mädchen machte einen tieferen Eindruck auf ihn als je zuvor.



Tiefen Schmerz mit tröstenden Worten zu lindern, machte er keinen Versuch, sein Auge sprach beredter, als es Worte konnten, die innigste Teilnahme aus.



»Sie sind in Ausführung der heiligen Aufgabe, welche Sie sich gestellt haben, Herr Graf, jetzt gehindert.«



»Ich werde dennoch das Aeußerste versuchen, sie zu lösen.«



»Sie sind standhaft.«



»Das bin ich. ›Treu bis zum Tode‹ ist der Wahlspruch unsrer Familie.«



Blackwater entfernte sich einen Augenblick, und Frances und Edgar blieben allein.



»Wenn gemeinschaftlich bestandene Gefahren das Recht dazu verleihen, so darf auch ich wohl auf die Ehre Anspruch machen, mich Miß Schuylers Freund zu nennen?«



Sie reichte ihm stumm die Hand.



»Dankbar wäre ich, wenn Miß Frances von meinen Diensten Gebrauch machen und über das, was ich kann und vermag, befehlen wollte.«



»Ich bedarf nichts, Herr Graf. Kapitän Blackwater läßt mich zur Küste geleiten, und bei Myers will ich in der Liebe und Teilnahme teurer Menschen Schutz und Trost suchen.«



»Ich führe nicht unerhebliche Geldmittel mit mir, und ich würde es als ein Zeichen mich hoch ehrenden Vertrauens betrachten, wenn Miß Schuyler darüber verfügen wollte.«



»Ich würde das ohne weiteres dankbar annehmen, wenn ich dessen bedürfte, indessen bin ich im Besitze einer genügenden Summe, um die Reise zu bestreiten, und mehr bedarf ich nicht. Ich danke, Herr Graf.«



»Können Sie, Miß Frances, gelegentlich die Dienste eines ebenso bescheidenen als ergebenen Mannes brauchen, so werde ich stolz sein, wenn Sie solche in Anspruch nehmen.«



»Freunde, Herr Graf, wahre Freunde sind so selten im Leben, daß ich undankbar gegen das Geschick wäre, wenn ich zurückweisen wollte, was Sie mir großherzig anbieten.«



»Ich danke, Miß Frances. Sie werden Zuflucht in Ihrer Familie suchen?«



»Ich glaube nicht. Zwar habe ich entfernte Verwandte, doch hatten mir nur geringe Verbindung mit ihnen, ich stehe fast allein im Leben, seit —« sie drückte ihm hastig die Hand und ging rasch ins Haus hinein.



Edgar sah ihr nach.



»Armes, teures Mädchen!«



»Kommen Sie, Graf,« rief ihm Blackwater, welcher zurückkam, zu, »ich habe nach den Indianern gesandt, wir wollen jetzt unser Palaver mit Kitate halten.«



Er nahm Edgars Arm und führte ihn in sein im Erdgeschoß des Kommandantenhauses liegendes, recht geräumiges Zimmer.



Ein Sergeant brachte nach kurzer Frist Kitate und seine Gefährten, welchen Blackwater schon am verflossenen Abend die Fesseln hatte abnehmen lassen.



Blackwater, welcher heute einen ganz andern Ton anschlug, forderte sie höflich auf, sich zu setzen, worauf die roten Männer zwanglos auf Stühlen Platz nahmen.



Der Kapitän machte der indianischen Etikette die Konzession, erst einige Minuten in Schweigen vergehen zu lassen, ehe er die Unterhandlung eröffnete.



Die Indianer zeigten weder Neugierde, noch Erstaunen und saßen ernst und würdevoll da.



Nachdem Blackwater der üblichen Höf