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Der Sohn des Gaucho

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»Nun also, da haben wir es ja!« Juan Perez zuckte gleichmütig die Achseln, »ein Offizier der Provincia Santa Fé will in unserer Provincia Verhaftungen vornehmen. Und das alles im Namen der Konföderation, die die Freiheit der Staaten und Provinzen garantiert. Wir sind hier keine Unitarier!« schrie er, »wir werden dafür sorgen, daß das Gesetz der Konföderation hier nicht angetastet wird. Was meint Ihr, Companeros?« wandte er sich an seine berittenen Begleiter.

»Viva la confederacion! Mueran los salvajes Unitarios!« riefen die Männer wie aus einem Munde. Einer der jungen Gauchos trieb sein Pferd ungestüm vor. »Wage es, die Hand an Aurelio Perez, den Helden der Pampa zu legen!« brüllte er den Offizier an, »wahrhaftig, du kommst nicht lebend von der Stelle!«

»Ja, wagt es, ihr Schurken!« schrie es jetzt von allen Seiten, »wagt es, und keiner von euch sieht den Parana wieder!« Sie schwangen drohend die Lanzen.

Der Lugarteniente war sehr bleich geworden; seine zwischen den zornigen Gauchos eingekeilten Lanceros fühlten sich reichlich unbehaglich. Die in den Feldern nach Osten hin verteilt gewesenen Soldaten hatten sich zwar genähert, hielten sich aber abwartend in respektvoller Entfernung.

»Ich hoffe nicht, daß Ihr Gewalt gegen uns brauchen wollt«, sagte der Offizier und sah sich unruhig um.

»Unsererseits ist hier von Gewalt keine Rede«, antwortete der Gaucho, »wir kommen soeben von unserem Sieg über die Puelchen zurück und wünschen nichts, als in Frieden gelassen zu werden.«

»Puelchen? Sieg gegen die Puelchen?« stammelte der Lugarteniente.

»Da hättet ihr Gelegenheit gehabt, die Waffen zu erproben, die ihr jetzt niederlegen werdet«, versetzte Perez. »Macht schnell, Mann, legt die Waffen nieder und räumt diese Gegend!«

Der Offizier zögerte; erst als unter den berittenen Gauchos drohendes Murren aufkam, gab er grimmigen Gesichts seinen Leuten den Befehl zur Waffenniederlegung, indem er selbst seinen Säbel auf die Erde warf. Einige der Gauchos, die abgesessen waren, sammelten die Lanzen, Karabiner und Säbel der Lanceros auf, und der Offizier bestieg das ihm von einem seiner Männer vorgeführte Pferd. »Wenn Ihr dieses Verhalten nur nicht eines Tages bereut«, stieß er heraus. Ein Hohngelächter antwortete ihm. Er biß die Zähne zusammen und wandte sein Roß. Bald darauf sahen die Zurückbleibenden die Lanceros in scharfem Trabe nach Osten davonreiten.

Schweigend, maßlos erstaunt, war Aurelio den ihm unverständlichen Vorgängen gefolgt. »Was war das, Vater?« fragte er jetzt.

»Die Klaue des Panthers, mein Junge«, sagte der Gaucho; er winkte ab. »Nichts mehr davon. Hier, Pati« – er wandte sich dem Majordomo zu —, »hier, sieh dir diesen furchtlosen Pampakrieger an. Er hat gegen die Puelchen gekämpft und den Sohn ihres Häuptlings getötet. Seine Freunde haben ihm das Geleit gegeben.«

Aurelio sprang aus dem Sattel und umarmte den Feuerkopf, dem die Augen voll Wasser standen. Er begrüßte dann Don Estevan und die alte Mulattin; seine Gefährten stiegen derweil von den Pferden.

»Her jetzt, was Küche und Keller zu bieten haben«, rief Juan, »Jaquita, bewirte die Caballeros, daß es mir Ehre macht. Heut ist ein Freudenfest, wir feiern einen der glorreichsten Siege, die in der Pampa erfochten wurden.« Während er dann dem staunenden Pati einen kurzen Bericht über die jüngsten Ereignisse gab, wurde aufgetragen, was die Vorratskammern enthielten. Es wurde gebacken und gebraten, und bald saß die ganze Schar in fröhlichster Stimmung beisammen. Juan Perez verteilte Zigaretten, und die allgemeine Fröhlichkeit stieg auf den Höhepunkt.

Pati schien indessen sorgenvoll. »Was werden wir nun aber tun?« fragte er den Gaucho leise. »Morgen, Alter«, antwortete der, »morgen werden wir weitersehen. Heute kommen die Lanceros nicht wieder.« Gitarren wurden herbeigeholt, und heitere und schwermütige Lieder klangen in die Pampa hinaus.

Früh am andern Morgen brachen die jungen Gauchos auf, um nach ihren eigenen verstreut liegenden Behausungen weiterzureiten. Erich Stormar blieb noch zurück; Juan Perez hatte ihn darum gebeten. Er ging in schweren Sorgen umher. Als Aurelio gegen Mittag mit dem Bakkalaureus in die Pampa hinausgeritten war, wo der Gelehrte einigen Pflanzen nachjagte, saß er mit dem Deutschen auf der Veranda. »Es ist gut, daß wir einmal allein sind, Don Enrique«, sagte er, »ich möchte einiges mit Euch besprechen. Ihr habt Euch als tapferer und teilnehmender Freund erwiesen, ich habe Vertrauen zu Euch. Und ich möchte Euch jetzt Dinge sagen, die ich mit keinem meiner Landsleute zu besprechen wage. Ich habe Euch unlängst schon gesagt, daß Aurelio nicht mein Sohn ist und daß ein Geheimnis um seine Geburt schwebt. Ich will Euch heute mehr sagen.«

»Euer Vertrauen ehrt mich«, antwortete der Deutsche, »ich werde es zu verdienen suchen.«

»Hört zu, Don Enrique«, fuhr Perez fort, »ich habe gestern va banque gespielt. Hätte der Lugarteniente einen schriftlichen Verhaftungsbefehl des Diktators gehabt, dann wären wir verloren gewesen, mindestens hätte ich meine Gauchos in furchtbare Verlegenheit gebracht. Jetzt, da ich die Lanceros wie geprügelte Hunde davongejagt habe, wird man am Parana und in Buenos Aires erst recht Rache brüten. Aber hört erst die Vorgeschichte.« Und er erzählte mit gedämpfter Stimme, was er in jener Schreckensnacht am Parana vor siebzehn Jahren erlebt hatte.

Als er schwieg, sah er in ein fassungsloses Gesicht. »Und dieser Meuchelmörder ist heute Gobernador von Santa Fé?« fragte Stormar. »Daß so Unglaubliches möglich ist!«

»Und der mächtigste Mann nach Manuel de Rosas!« sagte Juan bitter. »Ich habe es unter den herrschenden Umständen für aussichtslos gehalten, gegen Don Francisco aufzutreten«, fuhr er gleich darauf fort; »Ihr werdet das begreifen. Hätte ich Rosas für mich gewinnen können, wäre es möglich gewesen«, sagte er, »aber ein solcher Versuch konnte nicht gelingen, Rosas und de Salis sind ein Herz und eine Seele. Und Rosas wird, wie in anderen Dingen, so auch in dieser Sache, tun, was de Salis will. Schon damals, als der Alguacil den General d‘Urquiza fangen wollte, war die Gefahr groß; dem Mann war die Ähnlichkeit Aurelios mit seinem Vater aufgefallen. Diesmal ist sie unendlich größer. Wären gestern die jungen Gauchos nicht zur Stelle gewesen, hätte die Sache jetzt schon ihr trauriges Ende gefunden. Aurelio und ich, ja selbst mein alter Pati, wären bereits auf dem Weg in die Gefängnisse von Santa Fé. Eines ist deshalb klar: Weder Aurelio noch ich können länger auf der Estancia bleiben. Das ist schlimm«, sagte er und stützte den Kopf in die Hand. »Wir haben hier, Pati und ich, Jahr um Jahr geschuftet, damit wir unserem Pflegesohn einst ein Erbe hinterlassen könnten, wenn es uns schon nicht gelänge, ihm zu seinem Namen und seinem Vermögen zu verhelfen.«

Der Deutsche sah nachdenklich vor sich hin. »Das alles ist sehr böse«, sagte er leise.

»Werde ich des Hochverrats angeklagt«, fuhr Don Juan fort, »und das geschieht zweifellos, dann wird mein Eigentum ohne weiteres konfisziert, und ich kann in die Pampa zu den Straußen gehen oder nach Chile auswandern, um als Verbannter zu sterben.«

Pati betrat heiteren Gesichts die Veranda. »Was ist?« fragte er erschrocken, als er die düsteren Mienen der beiden Männer gewahrte.

»Oh, nicht viel, Companero« – Perez lächelte verkrampft —, »wir überlegen nur gerade, wohin wir unsere Schritte lenken sollen, wenn wir die Estancia verlassen.«

»Die Estancia verlassen?« stammelte Pati und riß die Augen auf, »aber warum denn, um alles in der Welt?« Aber dann schien ihm etwas zu dämmern. »Oh!« sagte er nur und fuhr sich mit der Hand in das leuchtende Haar.

»Ich würde jedenfalls nicht dazu raten, einen zweiten Besuch der Lanceros abzuwarten«, sagte Juan.

»Oh, mucha miseria!« stöhnte Pati.

»Setz dich zu uns. Alter, wir müssen gemeinsam beraten«, sagte Juan.

Erich Stormar sah auf; eine nachdenkliche Falte erschien zwischen seinen Augenbrauen. »Ich hätte eventuell einen Vorschlag«, sagte er.

»Laßt ihn hören.«

»Es scheint zwar ein bißchen windig bestellt mit der Konföderation, für die der Herr in Buenos Aires zu kämpfen vorgibt«, begann Stormar, »doch gibt es immerhin einige Staaten in diesem Land, die von den ihnen zustehenden Grundrechten Gebrauch machen und sich nicht ohne weiteres der Diktatur von oben fügen. Wie wäre es, wenn Ihr mit Eurem Pflegesohn in einen dieser Staaten ginget. Ich denke in erster Linie an Cordoba. Der dortige Gobernador, Señor Ortega, liefert Euch gewiß nicht aus, wenn Ihr Euch unter seinen Schutz stellt.«

»Nein«, antwortete Perez, »das wird er wohl nicht tun. Es ist dies ein Vorschlag, den ich selbst vorbedacht habe. Aber ich kann diesen Weg nicht gehen. Ich bin in der Pampa geboren und bin ein Gaucho. Meine Heimat am Salado habe ich Aurelios wegen verlassen, um uns hier eine neue Heimat zu schaffen. Die Gauchos sind Don Manuel ergeben. Würde ich nach Cordoba oder einer der nördlichen Povincias gehen, dann könnte der Fall eintreten, daß ich gezwungen wäre, eines Tages die Waffen gegen de Rosas zu führen. Das hieße, wie die Dinge liegen, aber, daß ich sie gegen die Gauchos führen müßte. Das will ich und kann ich nicht. Mich nach Chile wenden, hieße das Vaterland verlassen und Aurelios Zukunft endgültig preisgeben – auch das kann ich nicht.«

Aber zu seinem Recht kann Aurelio zweifellos nur gelangen, wenn der Diktator und mit ihm sein Mordgeselle de Salis stürzt«, sagte der Deutsche, »das wißt Ihr selbst doch am besten.«

»Ich weiß es«, versetzte der Gaucho, »aber was soll ich daran tun? Ich muß es Gott überlassen, den Jungen zu seinem Recht und zu seinem Eigentum zu verhelfen. Meine Aufgabe aber ist es, ihn bis dahin vor Gefahren zu schützen.«

»Ja, aber wie?« Der Deutsche war mittlerweile in heftige Erregung geraten. »Ich habe keine ruhige Stunde mehr, bis ich den Jungen in Sicherheit weiß«, sagte er.

 

Pati, der in dumpfem Brüten dagesessen hatte, räusperte sich. »Wenn ich mir auch einmal eine Bemerkung erlauben dürfte«, sagte er. »Ihr, Don Juan, seid zwar ein viejo cristiano und sehr klug, aber manchmal habe ich auch einen Gedanken.«

»Sprich ihn aus, Pati, sprich ihn aus«, lächelte Juan.

»Ihr wollt nicht nach Cordoba oder weiter nach Norden gehen«, sagte Pati. »Gut. Ich verstehe das. Aber warum geht Ihr dann nicht mit Aurelio nach Buenos Aires?«

Die beiden anderen sahen erstaunt auf.

»Ich bin dort auf gewachsen«, fuhr Pati fort, »ich kenne jeden Winkel, jeden Fußbreit der Umgebung und will zehn Jahre dort weilen, ehe mich auch nur einer meiner alten Bekannten entdeckt.«

Perez verzog spöttisch das Gesicht. »Mit Aurelio direkt in die Höhle des Pumas!« sagte er, »Torheit!«

»Nein, Don Juan«, Erich Stormar schaltete sich ein, »nein, vielleicht ist das gar kein törichter Gedanke. Buenos Aires ist groß, stark bevölkert, und niemand wird Euch dort suchen, gerade dort nicht. Der Gedanke Don Sanchos ist vielleicht kühn, aber nicht töricht.«

»Nach der Stadt des Diktators?« Der Gaucho schüttelte den Kopf.

»Voraussetzung wäre natürlich, daß Ihr die Mittel habt, um eine Zeitlang dort zu leben«, sagte Stormar.

»Das wäre nicht so schlimm«, versetzte der Gaucho, »ich habe etwas Geld bei einem Banquero dort stehen und mehr als tausend Pesos von einem Kaufmann für Häute zu bekommen; an Mitteln würde es also einstweilen nicht fehlen, allein.«

»Wenn ihr Euch nicht nach Chile, Paraguay oder Brasilien retten und auch nicht in eine der nördlichen Provincias übersiedeln wollt, möchte ich Buenos Aires wirklich für die geeignetste Zuflucht halten«, sagte der Deutsche.

Pati schaltete sich ein. »Droht uns dort Gefahr«, sagte er, »so ist der La Plata, den ich so genau kenne wie Don Juan die Pampas, unser Zufluchtsort. Das Wasser hinterläßt keine Spuren.«

»Eines ist jedenfalls klar«, ergänzte Stormar, »in der dünn bevölkerten Pampa werdet Ihr leichter aufgespürt als in der großen Stadt. Außerdem seid Ihr dort im Mittelpunkt aller Begebenheiten, die Einfluß auf Aurelios Schicksal haben können.«

Juan Perez erhob sich und ging mehrmals auf der Veranda hin und her. Schließlich blieb er am Tisch stehen, sah den Feuerkopf an und sagte mit einem schwachen Lächeln: »Gingen wir wirklich in die Stadt, müßtest du, guter Pati, jedenfalls zurückbleiben. Es ist mir überhaupt vollkommen rätselhaft, wo wir dich unterbringen sollten.«

»Ich? Zurückbleiben?« stammelte Pati erschrocken. »Aber warum denn?«

»Weil dein goldener Schopf uns schon in den ersten vierundzwanzig Stunden zum Verhängnis würde, mein Lieber. Er hat hier in der Pampa schon bei mehreren Leuten Aufsehen erregt. Der Alguacil, der neulich d‘Urquiza verhaften wollte, und der Lugarteniente, der uns gestern beehrte, haben ihn sicherlich in gutem Andenken behalten, davon sei überzeugt.«

Der gute Pati! Er fuhr sich mit beiden Händen in das brandrote Haar und sah ganz verzweifelt von einem zum anderen. »Aber das geht doch nicht«, stammelte er, »denkt doch einen Augenblick nach, Don Juan. Ich soll Euch und Aurelio verlassen? Das geht doch nicht! Das ist doch überhaupt nicht auszudenken!«

»Ja, es ist schlimm, Pati«, sagte der Gaucho. Es war ihm nicht leicht zumute, wahrhaftig, aber wie er den alten Gefährten, den treuen Pati, so ratlos und verzweifelt vor sich sah, kam ihm ein Lächeln an.

»Don Juan«, stammelte der Majordomo, »wenn Ihr meint, wenn Ihr wirklich meint, meine Haarfarbe könnte Euch, könnte Aurelio Gefahr bringen, dann – dann —«, er würgte an den Worten, die nicht herauswollten.

»Ich meine das ganz ernst, Pati«, sagte der Gaucho. Habe nur keine Angst! dachte er dabei, habe nur keine Angst, daß ich mich von dir trenne, wir werden schon einen Ausweg finden.

»Dann«, vollendete Pati, »dann müßte man mein Haar eben färben.«

Nur wer Sancho Pereira und seinen Stolz auf sein goldleuchtendes Haar kannte, vermochte zu ermessen, was dieses Zugeständnis ihn kostete. Juan kannte ihn; er legte dem Guten die Hand auf die Schulter und schüttelte sie. »Ach, du Goldjunge, du Cabezarojo, du Barbirojo«, sagte er, »du bist wahrhaftig der Treueste der Treuen. Aber wenn wir zusammenbleiben wollen«, fuhr er, schnell ernst werdend, fort, »wird, fürchte ich, nichts anderes übrigbleiben. Du wirst dich eine Zeitlang von deinem Goldkopf trennen müssen, zum Leidwesen aller Señoras und Señoritas, die ihn so oft bewunderten. Aber wie machen wir das? Wie stellen wir das an?« Er sah sich etwas ratlos um. »Wie sollen wir das Licht der aufgehenden Sonne so schnell in schlichte Dämmerung verwandeln?«

»Macht Euch nur immerhin lustig über mich«, seufzte Sancho, »ich bin mit diesem Schopf geboren, und er gefällt mir. Aber Rat gäbe es schließlich, wenn es denn sein muß«, fuhr er verdrießlich fort, »nämlich Don Estevan gefällt mein Haar auch nicht; er hat mir mehrmals geraten, es durch einen Absud von der Schale der Paranuß braun zu färben. Ich habe ihm gesagt, das würde er nicht erleben und wenn er hundert Jahre alt würde.«

»Schlimm, daß er es nun vermutlich doch erlebt«, sagte Juan lächelnd. »Nun, Paranüsse haben wir genug, und wenn Don Estevan sich auf die Kunst versteht, dann soll er dir an Stelle des rotgoldenen einen braunen Schopf verschaffen.« Pati sah düster vor sich hin. Der Gaucho klopfte ihm noch einmal ermutigend auf die Schulter und nahm alsdann seine Wanderung über die Veranda wieder auf. »Also gut«, sagte er, »versuchen wir es, ich sehe vorderhand keinen anderen Weg. Gehen wir nach Buenos Aires. Nur die Estancia hier, mein und Aurelios Eigentum, wie rette ich das?«

»Solltet Ihr unter Euren Nachbarn keinen Käufer finden?« fragte Stormar.

Der Gaucho schüttelte den Kopf. »Schwerlich. Was sollten sie denken, würde ich jetzt nach dem Besuch der Lanceros plötzlich verkaufen? Es müßte ja ihr Mißtrauen geradezu wecken. Und dann, selbst wenn sich einer bereitfände, woher sollte er das Geld dazu nehmen? Geld ist selten in der Pampa, und Häute nützen mir nichts.«

»Ihr habt wertvolle Pferde und Maultiere im Korral«, sagte der Deutsche. »Wenn es Euch recht ist, nehme ich sie mit und verkaufe sie für Euch in Cordoba.«

»Wollt Ihr nach Cordoba?«

Stormar nickte. »Ja«, sagte er, »ich will zu meinen Landsleuten dort. Den Einsiedler habe ich abgestreift. Ich will versuchen, noch einmal zu beginnen.«

»Das freut mich, das freut mich wahrhaftig«, sagte der Gaucho. »Gut, nehmt die Tiere mit, auch unseren wiedererworbenen Cid. Aurelio darf den auffälligen Schimmel nicht reiten, wenn wir nach der Stadt ziehen. Meine Vaqueros können Euch begleiten. Wir wollen die Sache kurz machen, da es nun einmal sein muß. Ich werde meine Angelegenheiten so schnell wie möglich ordnen. Überlegen muß ich mir noch, was ich meinen Nachbarn sage. Ich muß ja auch meine Ämter als Gauchocapitano und Alkalde in andere Hände legen. Dem treuesten und erfahrensten meiner Vaqueros werde ich die Estancia übergeben, und dann mag kommen, was will. Nimmt man mir mein Eigentum, so werden meine Hirten und Neger sich schon zu helfen wissen. Sprecht einstweilen nicht mit Aurelio über die Sache, er erfährt alles noch rechtzeitig genug.«

»Und Don Estevan?« fragte der Deutsche.

»Ihn nehmen wir mit. Er ist treu und verschwiegen und uns absolut ergeben. Und in Buenos Aires wird er uns nützlich sein. – Und nun nicht mehr weiter geredet; es ist beschlossen«, sagte Perez abschließend, »jetzt gibt es einiges zu tun.«

Schon am nächsten Tag suchte Juan Perez seine Nachbarn auf und teilte ihnen mit, daß er nach dem Parana aufzubrechen gedenke, teils in Handelsgeschäften, teils, um sich beim Gobernador von Santa Fé wegen des Vorgehens der Lanceros zu beschweren. Er legte seine Ehrenämter in geeignete Hände und bat, während seiner Abwesenheit gelegentlich nach seinem Eigentum zu sehen. Er ließ bei der Gelegenheit auch durchblicken, daß er mit dem Aleman, der so ritterlich in den Kampf gegen die Puelchen eingegriffen, ein gutes Geschäft gemacht und ihm eine größere Anzahl Pferde und Maultiere verkauft habe.

Niemand fand etwas Besonderes an dieser Reise, und alle wünschten dem geachteten Capitano guten Erfolg und frohe Wiederkehr. Die Reise war indessen gar nicht so einfach zu bewerkstelligen, denn es war klar, daß sehr bald schon wieder Lanceros auf dem Wege sein würden, um den Gaucho und seinen Sohn zu verhaften. Es galt, etwaige Verfolger über die Richtung des eingeschlagenen Weges zu täuschen. Es mußte damit gerechnet werden, daß die Soldaten sich eines erfahrenen Restreadores bedienen würden.

Aurelio hatte mit großer Freude vernommen, daß er den Vater diesmal auf der Reise nach dem Osten begleiten sollte. Er verzichtete zwar nur sehr ungern auf Cid, gab ihn aber vertrauensvoll in Don Enriques Hand, der ihn gut zu pflegen versprach. Und auch Don Estevan, der nur Aurelios wegen so lange auf der einsamen Estancia ausgehalten hatte, freute sich herzlich über die Heimkehr.

Nachdem alle Vorbereitungen getroffen waren, gab Don Juan die Estancia dem Vaquero Tomasio und schärfte dem schlauen und ihm bedingungslos ergebenen Manne ein, sie, so gut er es vermöchte, zu bewachen. Don Estevan hatte eine Tinktur gebraut und dem in sein Schicksal ergebenen Pati die Haare so gründlich in ein schönes dunkles Braun umgefärbt, daß der Majordomo fast nicht wiederzuerkennen war. Juan sagte ihm, daß er sich außerordentlich zu seinem Vorteil verwandelt habe, aber das war für Pati ein schwacher Trost, er überzeugte ihn nicht.

Eines Abends wurde schließlich aufgebrochen. Juan, Aurelio, Erich Stormar und Don Estevan ritten in Begleitung einiger Vaqueros, die die Pferde und Maultiere geleiteten, gemeinsam nach Norden. Juan hatte beschlossen, nicht den Weg durch die Pampa zu nehmen, sondern den Lauf des Rio Tercero zu benutzen, der bei Rosario in den Parana mündet. Er hoffte dadurch unliebsamen Begegnungen auszuweichen. Sie erreichten am nächsten Morgen den Rio Quarto, wo sich Stormar von den anderen verabschiedete. Er hatte sich von Juan die Adresse des Bankiers, Señor Fungal in Buenos Aires geben lassen, um dorthin den Erlös für die verkauften Tiere zu überweisen. Sie nahmen herzlichen Abschied. In breiter Linie ritt Stormar dann nach der Verabredung mit den Tieren in den Strom, verließ ihn ebenso und setzte seinen Weg nach Norden fort.

Als die Kolonne außer Sicht war, ging Juan mit den Seinen in den hinterlassenen Spuren in den Fluß, der um diese Jahreszeit seicht war, und ritt wohl eine Legua in seinem Bett stromab. Dann schickte er Aurelio und Don Estevan an Land mit dem Maultier, das Estevans Gepäck und Herbarien trug, weiter unten verließ Pati das Wasser und nach geraumer Zeit erst Juan selbst.

Sie erreichten das Ufer des Rio Tercero in der Nähe von Villa Nueva, ohne sich indessen der Stadt zu nähern. Im dichten Uferschilf ließen sie sich nieder. Alsdann begab sich Pati, den Fluß kreuzend, mit den Pferden und Maultieren nach der Stadt, um sie dort zu verkaufen, ein passendes Boot zu erwerben, Rinderhäute einzuhandeln, das Boot damit zu beladen und seinen Weg flußab zu nehmen.

Er erledigte diese Aufträge schnell und kam schon gegen Abend des zweiten Tages an der Stelle an, wo Juan und Aurelio im Schilf auf ihn gewartet hatten. Nachdem alles an Bord des flachen, aber tragfähigen Bootes verstaut war, das außer großen Rudern auch Segel hatte, fuhren sie langsam den Tercero hinab.