Sie sind nicht krank, Sie sind durstig!

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Kapitel 4

Der Wasserhaushalt in den verschiedenen Lebensphasen

Vom Augenblick der Empfängnis an, wenn die Samenzelle des Vaters mit der Eizelle der Mutter verschmilzt, um eine lebendige Zelleinheit zu bilden, muss sich diese Zelle teilen, teilen und abermals teilen, viele Millionen Mal, bis sie sich zu einer Form entwickelt hat, die sich fest mit der Gebärmutterwand verbinden kann. Bis sie zu einem ausgereiften Baby herangewachsen ist, haben etwa eine Billion Zellteilungen stattgefunden. Dafür muss sie den mütterlichen Wasserzufuhrsystemen ein ihrem eigenen Bedarf entsprechendes Regulationsmuster aufprägen. Wie Sie bereits wissen, muss jede sich bildende Zelle mit Wasser aufgefüllt werden. Plötzlich muss die Mutter also mehr Wasser aufnehmen, um dem zunehmenden Bedarf des Kindes gerecht zu werden. Nach der Geburt wird der Wasserbedarf des Kindes mithilfe des mütterlichen Milchbildungssystems sichergestellt. Die Mutterbrust ist für das Kind gleichermaßen Wasserquelle und Nahrungsquelle.


Abbildung 1: Die Wasserversorgung in den verschiedenen Lebensabschnitten

Morgendliche Übelkeit in der Schwangerschaft

Woran merkt eine Schwangere, dass ihr Wasserbedarf steigt? Ich werde Ihnen ein Geheimnis verraten, hinter das bisher niemand gekommen ist: Die morgendliche Übelkeit einer schwangeren Frau ist ein höchst bedeutsames Durstsignal. Es ist in der Tat das allererste Signal eines Wassermangels, sowohl bei der Mutter als auch beim Fetus, und es entsteht durch die Wasser regulierende Funktion des Histamins.

Dieses wichtige Signal für den Wasserbedarf des wachsenden Fetus verbindet das sensorische System des Kindes mit den Regulationsmechanismen der Mutter. Die meisten Mütter passen ihre Wasserzufuhr bis zum dritten Monat dem gestiegenen Bedarf an, und die morgendliche Übelkeit verschwindet; Mütter, die dies nicht tun, leisten dem Wassermangel beim Fetus und bei sich selbst aktiv Vorschub. Die Folgen können katastrophal sein.

Trinkt eine werdende Mutter weiterhin Kaffee, Tee und Alkohol, ohne zugleich genügend Wasser aufzunehmen, beeinflusst sie das physiologische Muster des in ihr heranwachsenden Kindes. Das Kind entzieht dem Ressourcenpool der Mutter die für sein Wachstum notwendigen Substanzen. Zu diesen gehören Wasser, Sauerstoff und die im mütterlichen Kreislauf verfügbaren Aminosäuren. So entscheiden die Menge des aufgenommenen Wassers und die Zusammensetzung der Aminosäuren, die während des intrauterinen Lebens zur Verfügung stehen, über die gesundheitliche „Mitgift“ des Fetus und seine natürliche Entwicklung. Diese wiederum regulieren das nachgeburtliche Wachstum und die weitere Entwicklung des Kindes.

Wie wichtig der Lebensstil der Mutter für die physiologische Entwicklung des Ungeborenen ist, darüber ist man sich noch nicht ganz im Klaren. Die Mutter ist für eine gesunde, natürliche und auch „biochemische“ Umwelt verantwortlich, in der ihr Kind alle Entwicklungsstufen vom Einzeller bis zum voll entwickelten Säugling durchlaufen kann.

Wie wir später sehen werden, werden die physiologischen Vorgänge und die biochemischen Stresssignale des Körpers unmittelbar in einen Anpassungs- und Bewältigungsprozess im Hinblick auf einen erwarteten Wassermangel übersetzt, und der Wassermangel selbst sorgt für zusätzlichen Stress. Auf Stress antwortet der Körper mit bestimmten physiologischen und hormonellen Reaktionen. Diesen physiologischen Signalen ist der Fetus schutzlos ausgeliefert. Dieselben Stress-Indikatoren, die Einfluss auf die mütterliche Physiologie nehmen und zur Grundlage für das Anpassungsverhalten der Mutter werden, prägen auch das Kind.

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Systeme der biochemischen Botenstoffe bestimmen, was die Physiologie der Mutter alles registriert. Die Einflüsse eines an der Stressbewältigung der Mutter beteiligten Transmittersystems können sich eventuell auch auf den Fetus auswirken. Sie hinterlassen womöglich biochemische Markierungen im Körper des Kindes, die denen ähneln, die für die Mutter konzipiert worden sind.

Mit einfachen Worten: Man sollte den Einfluss und die Verantwortung der Mutter nicht unterschätzen, was die Bereitstellung einer „normalen biochemischen Umgebung“ angeht, in der sich der in der Gebärmutter heranwachsende Fetus entwickeln, wohl fühlen und auf sein künftiges Leben vorbereiten kann. Diese Umgebung ist für das ungeborene Kind eine Art Vorschule des Lebens. Was es während seiner intrauterinen „Schultage“ lernt, kann seine Verhaltensweisen und „Stimmungsmuster“ bis ins Erwachsenenalter prägen. Jedes Verhalten und jeder Gedanke der Mutter führen zur Freisetzung kombinierter chemischer Botenstoffe, die auch das Gehirn eines Fetus im Mutterleib kodieren können. Deshalb kann der Lebensstil einer Schwangeren die Chemie eines sich entwickelnden Fetus beeinflussen. Kommt es in ihrem biochemischen System zu einem Ungleichgewicht, muss ihr werdendes Kind ebenfalls damit fertig werden. Es stimmt zwar, dass die Plazenta wie eine selektive Schranke wirkt, doch manche biochemischen Substanzen können, wenn sie im Körper der Mutter vorhanden sind, diese Schranke sogar in verhältnismäßig großen Mengen passieren.

Kurzum: Die „Chemie“ der Mutter gibt das Muster für die Entwicklung ihres Kindes vor.

Daher ist es möglich, dass eine werdende Mutter, die übermäßig viel Alkohol trinkt, ein geistig „zerbrochenes“ und lebensuntüchtiges Kind zur Welt bringt. Ein sich entwickelndes Gehirn braucht viel Wasser. Eine der Möglichkeiten, Wasser durch die Zellwand zu schleusen, besteht darin, die Zellmembran in einen Filter zu verwandeln. Kleine, „Brauseköpfen“ ähnliche Perforationen lassen dann nur noch Wasser in die Zelle, im Serum gelöste Feststoffe gelangen nicht hinein. Dieser Mechanismus steht unter der Kontrolle des Hormons Vasopressin, einem Agens, das für das Durstmanagement im Körper verantwortlich ist.

Man hat nachgewiesen, dass Alkohol sowohl die Bildung als auch die Funktionen von Vasopressin blockiert – im Organismus der Mutter ebenso wie in dem des ungeborenen Kindes. Doch die Gehirnstruktur der Mutter ist bereits ausgebildet, die des Fetus nicht. Ein Vasopressinmangel kann die Entwicklung des kindlichen Gehirns beeinträchtigen und darüber hinaus zu Missbildungen der kindlichen Lunge führen, bis hin zur zystischen Deformation. Da Wasser bei der Regulation aller Körperfunktionen eine so wichtige Rolle spielt, ist es wenig sinnvoll, manche Entwicklungsstörungen, wie bislang üblich, ausschließlich auf genetische Defekte zurückzuführen. Wassermangel könnte ein wesentlicher Faktor sein.

Plötzlicher Kindstod

Plötzlichen Kindstod nennt man den nicht erklärbaren und unvorhersehbaren Tod scheinbar völlig gesunder Säuglinge. Meist geschieht dies im Schlaf. Ein Kind auf diese Weise zu verlieren ist eine der schrecklichsten Tragödien, die man sich vorstellen kann. Jedes Jahr sterben rund 7000 bis 8000 Kinder im Alter von wenigen Tagen bis zu einem Jahr am plötzlichen Kindstod. Am häufigsten betroffen sind Säuglinge zwischen zwei und sechs Monaten. Die Diagnose stützt sich auf den Ausschluss anderer Ursachen und den Autopsiebefund.

Plötzlicher Kindstod wird in der Regel weder durch das Erbrechen von Milch mit nachfolgendem Ersticken verursacht noch durch Infektionen, Erkältungen oder ansteckende Krankheiten. Seine Hauptursache kennt man bis heute nicht.

Ich habe lange drüber nachgedacht, welche physiologischen Vorgänge dazu führen könnten, dass ein Kind im Schlaf stirbt. Ich glaube, das einzige vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels plausible Ereignis, das dafür verantwortlich sein könnte, ist eine Verengung der Bronchiolen aufgrund von Dehydration und Wärmeregulationsmechanismen des Körpers – etwa weil das Kind zu fest eingepackt und sein Zimmer stärker als nötig beheizt wurde. Ich würde das als kindliches Asthma bezeichnen. Wenn selbst bei bestehender Behandlungsmöglichkeit ein paar tausend Kinder jährlich an Asthma sterben, warum sollte man es dann nicht auch als primäre Todesursache bei Säuglingen in Erwägung ziehen, die sich im Tiefschlaf nicht bemerkbar machen können?


Abbildung 2: Die Filtration des Wassers durch die Zellmembranen

Auch die Milch, mit der das Kind ernährt wird, kann beim plötzlichen Kindstod eine Rolle spielen. Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Muttermilch und Kuhmilch. Kuhmilch ist konzentrierter und enthält mehr Fett und Proteine als Muttermilch. Die Zusammensetzung von Kuhmilch ist abgestimmt auf die Bedürfnisse des Kalbes, das bereits in der ersten Stunde seines Lebens stehen kann, sich zu bewegen beginnt und herumläuft. Das neugeborene Kind kann all das in den ersten Lebensmonaten nicht. Bekommen Säuglinge nur Kuhmilch, um ihren Wasserbedarf zu decken – Eltern wird oft davon abgeraten, Neugeborenen Wasser zu geben –, ist ihr Stoffwechsel mit der Verdauung der konzentrierten Milch überfordert. Dies kann schädliche Auswirkungen haben.

Autopsien an Kindern, die bei einem Autounfall ums Leben kamen, haben gezeigt, dass die Herzkranzgefäße von Kindern, die mit Kuhmilch ernährt wurden, Teilverschlüsse aufwiesen, die von gestillten Kindern jedoch nicht. Das wurde mir auf einem medizinischen Kongress berichtet. Diese bedeutende Entdeckung ist der Öffentlichkeit bislang vorenthalten worden. Viele Eltern geben ihrem Kind konzentrierte Milch und packen es warm ein, bevor sie es schlafen legen. Im Schlaf geht im Verhältnis zum Körpergewicht des Kindes viel Wasser beim Ausatmen über die Lungen verloren. Diese Tatsache und der Umstand, dass die Milch wahrscheinlich gerade so viel Wasser enthielt, dass sie verdaut werden konnte, führen zu einer Dehydration und zwingen den Körper zu physiologischen Maßnahmen im Dienst des Durstmanagements. Zu diesen „Maßnahmen“ gehört die verstärkte Ausschüttung von Histamin, das bei Kindern auch als Wachstumshormon gilt und reichlich vorhanden ist. Histamin verengt aber auch die Bronchiolen. Wird eine gewisse Menge Milch zugeführt und ist gleichzeitig eine Abkühlung des Körpers wegen ungünstiger Bedingungen in der Umgebung nicht möglich, könnte eine Verengung der Bronchiolen den lautlosen Tod des Kindes im Schlaf herbeiführen. Es überrascht mich, dass der kindliche Körper so widerstands- und anpassungsfähig ist und dieses Problem nicht häufiger auftritt. Ich kann mir das nur mit einem höchst aktiven kindlichen Verdauungsprozess erklären, bei dem durch die Verstoffwechselung der in der Milch enthaltenen Feststoffe selbst etwas Wasser gewonnen wird, welches wiederum die Verarbeitung der aufgenommenen Milch unterstützt. Sollte diese Annahme richtig sein, dann „kippt“ dieser Stoffwechselvorgang aufgrund ungünstiger Faktoren in der Umgebung des Kindes – zu viel Hitze, übermäßiges Zudecken –, und es kommt zum plötzlichen Kindstod.

 

Ich denke, wir sollten zu dem guten Brauch zurückkehren, unseren Kindern zusätzlich zu ihrer Nahrung Wasser zu trinken zu geben, vor allem, wenn sie zwischen zwei und sechs Monaten alt sind – in der Zeitspanne also, in der der plötzliche Kindstod am häufigsten eintritt. Eine ausgewogene Menge Wasser, zusammen mit der Milch oder nach der Milch verabreicht, könnte Kinder von Anfang an auf den Geschmack bringen und dafür sorgen, dass sie ein ausgeprägteres Durstgefühl ausbilden – und sich später nicht überessen, wenn sie eigentlich nur durstig sind.

Der Wasserhaushalt von Kindern und Heranwachsenden

Nach der Geburt wird der Wasserbedarf für ein gesundes Wachstum und eine gesunde Entwicklung zunächst durch das in der Milch vorhandene Wasser, später durch die direkte Zufuhr von Wasser sichergestellt. Das Wachstumshormon und andere Wasserregulatoren steuern das Durstgefühl und das Verlangen des Körpers nach Wasser. Gleichzeitig hält der Körper so viel Wasser wie möglich zurück, indem die Nieren den Harn konzentrieren. Zu den treibenden Kräften der Wasserregulation gehören das Wachstumshormon und andere Hormone sowie Neurotransmitter wie das Histamin.

Kinder haben wachstumsbedingt einen ständigen natürlichen Wassermangel. Bei der Ausdehnung und Teilung der Zellen wird viel Wasser verbraucht. Jede Zelle besteht zu 75 Prozent aus Wasser. Der Körper eines heranwachsenden Kindes braucht daher ständig Wasser und verlangt auch danach. Wird das natürliche Verlangen des Körpers nach Wasser durch industrielle, Chemikalien enthaltende Flüssigkeiten und zuckerhaltige Getränke gestillt, können Wachstums- und Entwicklungsprozesse nicht effizient ablaufen, und es kann zu Störungen wie Asthma und Allergien kommen. Kinder und junge Erwachsene sollten sich daran gewöhnen, reines Wasser zu trinken und es nicht durch andere Getränke zu ersetzen. Wachheit und Lernvermögen des Gehirns stehen in einem proportionalen Verhältnis zur Wasserzufuhr. Wenn ein Teenager, der wach und agil sein sollte, seinen Kopf auf die Schulbank legt und einschläft und eine Limodose neben sich stehen hat, ist die Vermutung nahe liegend, dass sein Körper unter Wassermangel leidet.

Ich hatte die Gelegenheit, in drei naturwissenschaftlichen Klassen einer amerikanischen High School Vorträge zu halten. Ich sah mir die Urinale der Schultoiletten an, um die Farbe des Morgenurins der männlichen Schüler zu prüfen. Alle enthielten einen sehr dunklen, offensichtlich stark konzentrierten Urin – ein Zeichen für schweren Wassermangel. Eltern sollten bewusst kontrollieren, wie viel Wasser ihre Kinder trinken. Es liegt in ihrer Verantwortung, ihnen die Bedeutung von Wasser zu vermitteln und sie vor einer Abhängigkeit von industriell hergestellten Getränken zu bewahren, die obendrein auch noch Farbstoffe enthalten. Dies ist kein Puritanismus, sondern eine wissenschaftlich begründete Empfehlung.

Wie Erwachsene mit ihrem Wasserbedarf umgehen

Wenn der Körper ausgewachsen ist, verlieren die Wachstumshormone ihre dominierende Funktion bei der Regulation der Wasserzufuhr. Jetzt regeln die Nervenzentren im Gehirn den Wasserhaushalt des Körpers sozusagen hauptamtlich. Dabei dient Histamin als chemischer Botenstoff.

In dieser Lebensphase reicht das Durstgefühl allein nicht mehr aus, um eine angemessene Wasserzufuhr sicherzustellen. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Der menschliche Körper ist noch immer auf dieselben Anpassungsprozesse angewiesen wie unsere vor vielen Millionen Jahren im Wasser lebenden „Vorfahren“. Diese entwickelten belastbare Systeme zur Regelung ihres Wasserhaushalts, die es ihnen ermöglichten, für immer längere Zeiträume an Land zu leben. Obwohl der Körper über keinerlei Möglichkeiten verfügt, überschüssiges Wasser so wie Fett zu speichern, muss er in der Lage sein, mit Durstperioden fertig zu werden.

Die Physiologie des menschlichen Körpers ist ständig auf Wasser angewiesen. „Wassermangel-Management“ bedeutet also nicht, dass die Zellen unseres Körpers ihre Abhängigkeit vom Wasser verlieren. Es bedeutet lediglich, dass bestimmte Körperregionen, die einen geringeren Bedarf haben und nicht ständig beansprucht werden, über eine Verminderung des Zuflusses nur so viel Wasser erhalten, wie sie zum Überleben brauchen. Wenn die betroffene Körperregion dann aktiv werden muss, lässt das Zirkulationssystem wieder vermehrt Wasser in diesen Bereich strömen.

Mit etwa 18 bis 25 Jahren, wenn der Körper ausgewachsen und voll entwickelt ist, regulieren wir unsere Wasserzufuhr mithilfe der Durstempfindung. Leider ist das Durstgefühl, wie es heute verstanden wird – „Durst erkennt man am trockenen Mund“ – kein verlässlicher Indikator für den tatsächlichen Wasserbedarf des Körpers. Wenn wir keinen Durst haben, trinken wir in der Regel auch kein Wasser. Wir warten, bis wir durstig sind, bevor wir überhaupt einen Gedanken an die Möglichkeit verschwenden, Wasser zu trinken. Viele unserer Gesundheitsprobleme beginnen genau hier – beim Umgang mit dem Wasserbedarf unseres Körpers. Oft wird nur der Mangel verwaltet, und selbst das geschieht halbherzig. Wenn der Körper seinen Wasserbedarf durch das Durstgefühl anzeigt, fehlen ihm bereits zwei bis drei Gläser Wasser. Wir trinken dann vielleicht nur ein Glas und geben ihm damit zwei Gläser weniger, als er braucht. Diese Versorgungslücke vergrößert sich leider mit zunehmendem Alter.

Das Nachlassen des Durstgefühls

Der Körper hat die Fähigkeit, sich an Mangelsituationen anzupassen. Reduzierte Nahrungszufuhr und ein vorübergehender Wassermangel scheinen einen solchen Anpassungsprozess in Gang zu setzen. Die lebenswichtigen Körperfunktionen werden aufrechterhalten, bis man wieder Zugang zu Nahrung und Wasser hat. Dabei kann das Durstgefühl leicht mit Hunger verwechselt werden, da man beide auf ähnliche Weise wahrnimmt – beides wird durch eine Absenkung des Energieniveaus im Gehirn verursacht. Dies ist einer der Hauptgründe für Fettleibigkeit bei jungen wie bei alten Menschen: Sie essen, weil sie ihr Durstgefühl irrtümlicherweise für Hunger halten.

Anscheinend reagieren wir auf Hunger und Durst gleich – so, als wären wir nur hungrig. Wir beginnen zu essen, bis das Durstgefühl durch die zusätzliche Belastung des Systems mit fester Nahrung allmählich zunimmt. Erst dann trinken wir ein wenig Wasser – zu wenig für den dringenden Wasserbedarf des Körpers, gerade nur so viel, wie der Körper braucht, um sich an eine vorübergehende Wasserknappheit anzupassen. Auf diese Weise wird der Mangelzustand schließlich chronisch, der Körper wird zu immer neuen Anpassungsleistungen gezwungen, und das Durstempfinden geht allmählich gänzlich verloren.

Histamin kann Wasser vorübergehend ersetzen, indem es Energie für einige besonders sensible Körperfunktionen freisetzt. Es hat den Anschein, als beginne der Körper sich nach und nach auf diese Funktion des Histamins zu verlassen und ließe das weitere Fortschreiten des Dehydrationsprozesses zu. So nützlich solche Notfallmechanismen auch sein mögen: Den weniger in Anspruch genommenen Körperfunktionen schadet der Wassermangel auf jeden Fall. Die allmählich chronisch werdende Austrocknung führt zu anhaltenden Veränderungen anfangs physiologischer und schließlich auch chemischer Verhältnisse des Körpers. Der Körper stellt sich darauf ein, am Rande des Zusammenbruchs zu überleben.

Die durch Histamin gesteuerten Zentren des Gehirns scheinen zu erkennen, wie viel Wasser in den Körper gelangt. Wird genügend Wasser aufgenommen, geben die Histaminzentren allmählich die ständige Verantwortung für die Regulation des Wasserhaushalts ab. Es scheint, als nehme der Körper langsam wieder wahr, dass genügend Wasser vorhanden ist, als werde er, was sein Verlangen nach Wasser betrifft, aufmerksamer und bewusster – er beginnt zu verstehen, worum es geht, und zeigt Durst an. Es sieht so aus, als sei der Verlust des Durstgefühls eine Anpassung an die Falschinformation, es stehe kein Wasser zur Verfügung, weil wir keines trinken.

Lernen wir wieder, regelmäßig und ausreichend Wasser aufzunehmen, wird das Durstgefühl ausgeprägter, und das Bedürfnis, Wasser zu trinken, stärker. Der Körper beginnt, einen Wassermangel mit mehr Nachdruck anzuzeigen. Wie Schwämme saugen sich die Zellen ganz allmählich mit Wasser voll. Ein oder zwei Gläser Wasser reichen allerdings für eine optimale Versorgung des Körpers nicht aus. Das Wasser gelangt nämlich nicht unmittelbar in alle Zellen. Bei regelmäßiger und ausreichender Wasserzufuhr dauert dieser „Auffüllprozess“ einige Tage. Nur wenn Ihnen klar ist, welchen Schaden Wassermangel verursacht, werden Sie die Notwendigkeit einsehen, Ihren Körper regelmäßig und in ausreichendem Maße mit Wasser zu versorgen. Die wichtige Frage, wie viel Wasser Sie wann trinken sollten, wird Thema eines späteren Kapitels sein.

Jeder weiß, dass Wasser lebensnotwendig ist. Weniger bekannt ist, was passiert, wenn der Körper nicht regelmäßig und ausreichend mit Wasser versorgt wird.

Der menschliche Körper besteht aus vielen verschiedenen Systemen. Sie alle sind auf die verschiedenen Eigenschaften des Wassers angewiesen, um normal funktionieren zu können. Ist zu wenig Wasser vorhanden, werden einzelne Funktionen „zurückgefahren“. Wenn der Körper immer nur gerade eben noch sein tägliches „Programm“ schafft, wie wird er seine Grenzen anzeigen, wenn ein Notfall eintritt? Wie wird er mit dem plötzlichen Stress dieser Notsituationen fertig, die ihm wasserabhängige Reaktionen abverlangen, wenn er doch bereits unter Wassermangel leidet? Die Antwort auf diese Frage ist das Hauptthema dieses Buches.

Der Schaden durch Wassermangel tritt dann ein, wenn die Proteine und Enzyme des Körpers langsam, aber sicher unwirksam werden. Die Zellen einer Körperregion, in der Wassermangel herrscht, funktionieren immer schlechter, bis sie ihre Arbeit schließlich dauerhaft einstellen. Wenn der Körper „freies Wasser“ verliert, gehen immer 66 Prozent des Zellinhalts, 26 Prozent der Zwischenzellflüssigkeit, aber nur acht Prozent des Blutvolumens verloren – Anlass zur Sorge, wie die Forschungen von Bruce und Kollegen gezeigt haben. Die Forscher wiesen nach, dass der Wassergehalt der Zellen gegenüber der Menge des außerhalb der Zellen vorhandenen Wassers ab dem 20. bis zum 70. Lebensjahr immer weiter abnimmt, bis sich das osmotische Druckverhältnis umkehrt. So wird es für unsere Zellen mit zunehmendem Alter immer schwieriger, Wasser aufzunehmen und zu halten. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist die: Was geschieht mit unserem Körper, wenn er so drastischen Veränderungen des Gehalts und der Zusammensetzung seines Zellwassers ausgesetzt ist? Die Antwort erfahren Sie in den folgenden Kapiteln.

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