Wasserstoff und Brennstoffzellen

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

2 ENERGIEVERSORGUNG VON DER STEINZEIT BIS HEUTE

Im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende haben sich die Energiequellen der Menschheit stetig gewandelt: Zunächst wurde über Jahrtausende hinweg Holz verwendet. Dann wurde in der Alt-Steinzeit aus Baumstämmen und Ästen Holzkohle hergestellt. Diese verfügte bereits über deutlich verbesserte Brenneigenschaften. Im Altertum wurden dann Braun- und Steinkohle entdeckt.

Der Vorteil der Kohle lag in ihrem höheren Brennwert. Kohle ist ein aus tierischen und pflanzlichen Substanzen entstandenes Gemisch aus verschiedenen Kohlenwasserstoffverbindungen, das aufgrund seiner Entstehungsgeschichte über eine vergleichsweise hohe Energiedichte verfügt. Ähnlich ist es beim Erdöl sowie beim Erdgas. Auch diese beiden Primärenergieträger besitzen einen relativ hohen Energiegehalt. Gegenüber Kohle sind sie zudem einfacher zu handhaben, da sie ein vergleichsweise geringeres Gewicht pro Energieeinheit aufweisen.

Diese sogenannten fossilen Primärenergieträger entstammen längst vergangenen Zeiten und haben Jahrmillionen gebraucht, bis sie ihre derzeitige Konfiguration erhalten haben. Sie benötigten besondere Voraussetzungen für ihre Entstehung, sowohl was die Temperatur und den Druck als auch die chemischen Rahmenbedingungen angeht. Erdgas zum Beispiel entstand vor ungefähr 600 Mio. Jahren aus abgestorbenen Kleinorganismen, Plankton und Algen, die sich auf dem Grund der Ozeane ablagerten und im Laufe der Zeit von Gestein- und Erdschichten überdeckt wurden. Unter Luftabschluss und bei hohem Druck bildeten sich aus diesen organischen Substanzen durch einen chemischen Prozess Kohlenwasserstoffe.

Der ursprünglich in der Atmosphäre vorhandene Kohlenstoff wurde auf diese Weise zunächst in Pflanzen und Tieren gebunden und dann im Laufe der Zeit in tiefer gelegenen Erdschichten eingeschlossen. Ursprünglich war der atmosphärische Kohlenstoffanteil um einiges höher als heute. In der Kreidezeit stapften die Dinosaurier über eine tropische Erde, die um etwa zehn Grad wärmer als heute war. Dann aber wurden mehr und mehr Kohlenstoffverbindungen unter Tage eingelagert. Der Kohlenstoff wurde zunehmend dem oberirdischen Kreislauf entzogen, so dass sich der Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre verringerte. Da dieser Prozess nur sehr langsam ablief, hatte die Natur damals Zeit genug, um sich auf diese Veränderung einzustellen.

Seit der industriellen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts werden diese Kohlenwasserstoffverbindungen nun wieder aus ihren unterirdischen Verstecken hervorgeholt und durch ihre Verbrennung zurück in die Atmosphäre entlassen. Im ursprünglichen Sinne ist dieser Vorgang also durchaus natürlich – er ist nur einfach um ein Zigfaches zu schnell. Ein maßgeblicher Anteil des Kohlenstoffs, der über Jahrmillionen unterirdisch gespeichert war, wird nun in kaum mehr als 100 Jahren wieder freigesetzt. Die Nutzung fossiler Ressourcen begann in den Jahren 1858/59 fast zeitgleich in Celle, Deutschland, und in Pennsylvania, USA. Einen Ölboom, wie er in Nordamerika in den Folgejahren ausbrach, konnte Deutschland allerdings nicht verzeichnen. Damals wie heute fördern die Deutschen nur etwa drei Prozent ihres Ölbedarfs selbst. Die verstärkte Nutzbarmachung von Erdgas folgte erst in den 1970er Jahren. Bis dahin wurde das Gas als störend empfunden und einfach am Ort der Förderung abgefackelt.

Bis heute wird der größte Anteil fossiler Energien in den Industrieländern verbraucht. Die Emissionen, die in diesen Ländern verursacht werden, verursachen aber auch in anderen Regionen erhebliche Schäden. Abgasschadstoffe verunreinigen über Ländergrenzen hinweg die Luft, undichte Öl- und Gaspipelines verseuchen Grundwasser und Böden, gekenterte Tankschiffe verdrecken Meere und Meeresbewohner. In vielen Fällen bezahlen somit unbeteiligte Lebewesen – Menschen, Tiere und Pflanzen – mit ihrer Gesundheit für die Annehmlichkeiten der Industrienationen.

Der unbändige Energiehunger der Menschheit ist indessen noch längst nicht gestillt. Als zusätzliche Option wurde deswegen die Kernenergie ins Spiel gebracht, die Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt worden war. Mit dieser Technik können zwar beeindruckend große Energiemengen aus relativ kleinen Mengen Kernbrennstoff gewonnen werden. Dafür treten bei der Nutzung aber schwerwiegende Entsorgungs- und Gesundheitsprobleme auf, die nicht nur uns, sondern auch noch zahlreiche künftige Generationen in erheblichem Maße belasten werden. Dieser Ausflug in die Kerntechnik entpuppte sich folglich als Holzweg (s. Kap. 2.4: Ausweg Atomenergie).

2.1 DER ENERGIEBEDARF WÄCHST

Der weltweite Energiebedarf ist beträchtlich und nimmt stetig weiter zu. Ein entscheidender Faktor ist dabei das Bevölkerungswachstum. Die Weltpopulation wird seit den ersten Schritten des Homo sapiens immer größer. Momentan wächst die Erdbevölkerung pro Jahr um 80 Mio. Menschen an. 2020 wurde die 7,8-Mrd.-Grenze überschritten. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass in den 2060ern mit rund 9,7 Milliarden Menschen ein Maximum erreicht wird.

ABB. 1: Der globale Primärenergiebedarf ist in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen


Quelle: IEA/BMWI

Mit der Zahl der Menschen auf diesem Planeten steigt auch die benötigte Energiemenge. Zudem nimmt der Energiebedarf pro Person immer weiter zu, denn auch der Lebensstandard steigt global – wenn auch auf stark unterschiedlichem Niveau.

Diese beiden Aspekte gehen einher mit der weltweit fortschreitenden Industrialisierung. Ebenso wie der Lebensstandard klaffen auch die Energieverbräuche in den verschiedenen Erdteilen noch immer stark auseinander: Nordamerika und Europa sind für mehr als ein Drittel des Weltenergiebedarfs verantwortlich, machen aber nur ein knappes Viertel der Erdbevölkerung aus. Rund 15 Prozent aller Menschen lebten 2019 in Afrika und verbrauchten zusammen 3,4 Prozent der weltweit erzeugten Energie. Im Milliardenstaat China nähert sich der Energieverbrauch pro Kopf zügig dem westlichen Niveau, und auch in Indien, dessen Bevölkerungsgröße bald die Chinas überflügeln wird, nehmen immer mehr Menschen ihr Recht auf mehr Mobilität und bessere Energieversorgung wahr, wie es die Bewohner der westlichen Industriestaaten bereits tun.

Das stärkste Wachstum des Energiebedarfs erwartet die Internationale Energieagentur IEA für die nächsten Jahrzehnte jedoch in Afrika – getrieben sowohl vom Bevölkerungszuwachs als auch von der steigenden Nachfrage nach Klimaanlagen in den immer größer und heißer werdenden Metropolen. So wie es Amerikaner und Europäer für sich in Anspruch nehmen, frei und unabhängig zu sein, steht auch jedem anderen Menschen das Recht auf Mobilität und sonstigen Wohlstand zu – und das braucht Energie. Der BP Energy Outlook von 2020 prognostiziert daher für 2040 einen Anstieg des weltweiten Primärenergiebedarfs um 10 bis 25 Prozent gegenüber 2018.

Dass dieser Anstieg nicht noch stärker ausfällt, verdanken wir der technischen Weiterentwicklung. Indem die Wirkungsgrade entlang der gesamten Kette verbessert werden, können beträchtliche Energiemengen eingespart werden. Kraftwerke, Fahrzeuge und Haushaltsgeräte sind heute deutlich effizienter als in früheren Jahrzehnten.

Dennoch sinkt der Energiebedarf nicht, denn gleichzeitig mit der Effizienz wachsen die Ansprüche: Moderne Autos sind effizienter als alte, aber wo früher ein VW Käfer reichte, muss heute ein SUV mit viel Bordelektronik her. Der neue Flatscreen-TV ist effizienter als der alte Röhrenfernseher, aber um ein Vielfaches größer. Das neue Kühl-Gefrier-Kombigerät hat die Effizienzklasse A+, reicht dafür aber bis zur Decke, damit kaltes Bier und Tiefkühlpizza nie ausgehen. Durch diesen sogenannten Rebound-Effekt stagniert der Energieverbrauch in Europa trotz aller technischen Anstrengungen. 2019 lag der Endenergiebedarf in Deutschland bei rund 2.500 Terawattstunden (TWh). Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE versucht in seinem „Barometer der Energiewende“ abzuleiten, wie viel Energie Deutschland 2050 brauchen wird. Anhand der Daten von 2019 wird für 2050 von einem Endenergiebedarf von rund 2.081 TWh ausgegangen.

2.2 HEUTIGE ENERGIEQUELLEN

Bei der Betrachtung des heutigen Energiebedarfes steht traditionell der Primärenergieverbrauch im Vordergrund (s. Kastentext Seite 22). Auch wenn Energie physikalisch gesehen nicht verbraucht werden kann, ist der Begriff Energieverbrauch in seiner landläufigen Verwendung nicht allzu falsch gewählt, stehen die Energieträger nach dem Verbrennen schließlich kein zweites Mal zur Verfügung.

2.2.1 PRIMÄRENERGIE: BEDARF UND QUELLEN

In der Öffentlichkeit steht meist die Stromerzeugung mit einem zügig steigenden Anteil erneuerbarer Energien im Mittelpunkt des Interesses. Auch wenn der Strombedarf nicht wirklich sinkt, geht doch der Einsatz von fossilen Primärenergieträgern zurück. Betrachtet man jedoch alle Sektoren (Strom, Wärme, Mobilität), spielen die fossilen Primärenergieträger noch immer die größte Rolle bei der Deckung des Energiebedarfes.

 

Mehr als ein Drittel des Primärenergiebedarfs in Deutschland wird in Form von Mineralöl bereitgestellt. Erdgas hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugelegt und 2017 die Kohle (Braun- und Steinkohle zusammen) knapp überholt. Ein wesentlicher Schub in der Substitution der Kohle durch Erdgas ist auf den fortschreitenden Umbau der Industrie und modernere Heiztechnik in den neuen Bundesländern nach der Wende zurückzuführen. Zuletzt machten sich auch steigende CO2-Preise im Emissionshandel bemerkbar.

In der Anfangszeit der Energiewende stieg der Anteil erneuerbarer Energien schneller an als angenommen, was aber auch an den geringen Erwartungen lag. Ursprünglich hatte sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch von 2,1 Prozent im Jahr 2000 auf 4,2 Prozent im Jahr 2010 zu verdoppeln. Diese Marke wurde bereits 2004 (4,5 Prozent) überschritten. 2010 lag dann der Anteil der erneuerbaren Energien über alle Sparten hinweg bereits bei 9,9 Prozent, im Jahr 2019 bei 14,8 Prozent (AG Energiebilanzen 2020). Gemessen an den heutigen Klimazielen reicht dieser Fortschritt jedoch längst nicht aus.

Die Endenergie unterscheidet sich von der Primärenergie dadurch, dass die Primärenergie in Form von Erdöl, Erdgas, Kohle oder Uran zunächst noch aufbereitet werden muss, um dem Verbraucher in Form von Heizöl, Benzin, Gas oder Strom zur Verfügung gestellt werden zu können. Bei dieser chemischen Umwandlung (Veredelung) treten Verluste auf, so dass die für den Verbraucher bereitstehende Endenergie bisher stets geringer ist als die eingesetzte Primärenergie. In Zukunftsszenarien gerät diese Logik allerdings ins Wanken: Wärmepumpen stellen z. B. mehr Wärme als Endenergie bereit, als man an fossiler Primärenergie zuführt. Die Umweltwärme taucht in der Rechnung nicht auf. Außerdem wird auch der Ökostrom selbst manchmal als Primärenergie bezeichnet.

Auch global wird der größte Beitrag zur Primärenergieversorgung nach wie vor vom Erdöl geleistet, das jedoch nur noch ganz knapp vor der Kohle liegt. Deren weltweiter Anteil ist durch das Wirtschaftswachstum in Asien stark gestiegen und lag 2017 bei mehr als 27 Prozent des Weltenergiebedarfs, gefolgt vom Gas mit gut 22 Prozent. Kernenergie machte weniger als fünf Prozent aus.

ABB. 2: Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland ist rasant gewachsen, während die Energiewende im Wärme- und Verkehrssektor stagniert


Quelle: AGEE-Stat / Umweltbundesamt

Unter den erneuerbaren Energien sticht seit jeher die Bioenergie heraus, die konstant etwa zehn Prozent zur Deckung des globalen Energiebedarfs beiträgt. Oft sind damit jedoch wenig nachhaltige Nutzungsformen verbunden, wie zum Beispiel einfache Holzöfen. In einigen Regionen haben auch Wasserkraft (z. B. Kanada, Norwegen) und Geothermie (z. B. Island) seit Jahrzehnten einen hohen Stellenwert. Wind- und Solarenergie haben erst im vergangenen Jahrzehnt so richtig Fahrt aufgenommen. Mittlerweile wachsen ihre Kapazitäten schneller als die aller fossilen Kraftwerke zusammen. Das ist auch dringend nötig, denn 2017 lag der Anteil der „neuen erneuerbaren Energien“ noch bei weniger als zwei Prozent.

2.2.2 STROM: MUSTERKIND DER ENERGIEWENDE

Ein maßgeblicher Anteil der Primärenergie wird für die Stromerzeugung aufgewendet. In Deutschland wurden 2018 laut Umweltbundesamt etwa 513 Milliarden Kilowattstunden Strom verbraucht. Das sind über 58 Mrd. kWh mehr als 1990.

Bis Ende der 1990er Jahre lieferten Kernkraftwerke fast ein Drittel der benötigten Elektrizität. Der im Jahr 2000 beschlossene erste Atomausstieg wurde vor allem von Braunkohlekraftwerken aufgefangen. Im zweiten Anlauf, nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima (2011), waren es vor allem Gas-und Ökostromkraftwerke, die die Lücke schlossen. Ende 2022 sollen auch die letzten sechs deutschen Kernkraftwerke abgeschaltet werden.

Während sich der Gesamtprimärenergieverbrauch in Deutschland über die Jahre geringfügig reduziert hat, steigt der Anteil der erneuerbaren Energien, vor allem an der Stromerzeugung, zügig. Dieser Aufwärtstrend, der lediglich im Jahr 1996 (Liberalisierung des deutschen Strommarktes) kurz aussetzte, dauert mittlerweile mehr als 30 Jahre an. Zunächst verlief dieser Anstieg infolge der Einführung des Stromeinspeisegesetzes im Jahr 1991 eher langsam, seit 1999 geht es jedoch recht zügig vorwärts. Dies liegt unter anderem an der Einführung des 100.000-Dächer-Solarstromprogramms im Jahr 1999 sowie des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG, 2000).

Im Erneuerbare-Energien-Gesetz wird geregelt, dass Stromerzeuger das Recht erhalten, Strom aus erneuerbaren Energien in das Netz einzuspeisen. Die Netzbetreiber waren zunächst verpflichtet, eine festgelegte Mindestvergütung an den Erzeuger zu zahlen. Im Jahr 2001 war beispielsweise eine Kilowattstunde Solarstrom 50,6 Cent wert.

Seit 2014 wird die Vergütung für große Anlagen per Ausschreibung ermittelt. Für Solarstrom bewegt sie sich seit 2017 um die 5-Cent-Marke, während der Marktwert des Stroms in dieser Zeit um 4 Cent herum lag.

Die Kosten für die Finanzierung dieser Differenz werden auf alle Stromkunden verteilt. Bei dieser sogenannten EEG-Umlage handelt es sich um keine staatliche Beihilfe oder Subvention. Sie stieg einige Jahre lang schnell an, hat sich aber seit 2014 zwischen 6 und 7 Cent pro Kilowattstunde eingependelt. Bei einem jährlichen Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden in einem Durchschnittshaushalt macht das 210 bis 245 Euro netto aus. Da das Angebot der erneuerbaren Energien zugleich den Preis des Stroms im „Großhandel“ drückt, darf man die Umlage aber nicht eins zu eins als Mehrkosten betrachten.

Im Jahr 1990 betrug der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung lediglich drei Prozent. Innerhalb von zehn Jahren verdoppelte sich dieser Wert. Bereits 2011 lag er bei 20 Prozent und überschritt damit die in der ersten EEG-Version für 2020 angesetzte Zielmarke. Im Jahr 2019 trug der Ökostrom nach Berechnungen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme 46 Prozent zur Versorgung in Deutschland bei. Das ist mehr als alle fossilen Brennstoffe zusammen.

Den größten Beitrag zum aus erneuerbaren Quellen erzeugten Strom leistete 2019 die Windkraft mit 127 Terawattstunden (TWh), wobei der größte Teil davon bisher aus Onshore-Windparks kommt. Der Anteil der Bioenergie hat sich inzwischen im Verhältnis zu ehemals acht Prozent (ohne Müll, 1990) vervierfacht und lag 2019 bei 44 TWh. Er stagniert inzwischen allerdings in etwa auf diesem Niveau, da das Potenzial begrenzt ist. Das höchste Wachstumspotenzial hat der Solarstrom (Photovoltaik). Nachdem er lange im Promillebereich lag, überholte er 2019 mit 48 TWh die Bioenergie.

Wasserkraft war mit einem Anteil von über 90 Prozent (1990) lange Zeit der wichtigste regenerative Stromlieferant. Da jedoch die große Wasserkraft (> 5 MW) in der ursprünglichen Version des Erneuerbare-Energien-Gesetzes unberücksichtigt blieb, geht ihr Anteil seit Ende der 1990er Jahre zurück. Als weiterer einschränkender Faktor kommt für diesen Sektor hinzu, dass die Standortpotenziale für größere Kraftwerke weitestgehend ausgeschöpft sind, so dass mittlerweile der Schwerpunkt der Ausbauarbeiten auf Kleinkraftwerken liegt. Die Wasserkraft musste 2004 die Spitzenposition zugunsten von Windkraft räumen und ist mittlerweile die kleinste unter den erneuerbaren Energiequellen.

Das EEG wurde vielfach erweitert und überarbeitet, zuletzt Ende 2020 mit Wirkung ab Januar 2021 (EEG 2021). Die neue Version legt fest, dass der Strombedarf in Deutschland bis 2030 zu 65 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll. Dafür sollen Photovoltaikanlagen mit 100 Gigawatt, Windparks mit 71 Gigawatt und Bioenergiekraftwerke mit 8,4 Gigawatt gebaut werden. Experten kritisieren allerdings, dass die Bundesregierung dabei einen sinkenden Strombedarf annimmt und beispielsweise Elektromobilität darin kaum eine Rolle spielt. Von elektrischen Wärmepumpen für die Gebäudeheizung oder gar Strom für die Wasserstoffelektrolyse ist im Szenario des Umweltbundesamtes für das Jahr 2030 noch nichts zu sehen (UBA 2020).

Das Energiewissenschaftliche Institut zu Köln (EWI) geht davon aus, dass der Strombedarf durch diese neuen Anwendungen deutlich steigen wird. Das legen auch die Leitstudie der Deutschen Energieagentur (dena) von 2018 und die Ausbaupläne der Stromnetzbetreiber nahe. Je nachdem welches Szenario zutrifft, könnte der Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 bei zu langsamem Ausbau von Wind- und Solarenergie also auch stagnieren oder gar sinken. Weil das alles nicht so recht zusammenpasst und auch nicht mit den kurz zuvor verabschiedeten Klimazielen der Europäischen Union kompatibel ist (s. Kap. 2.3.1: Treibhausgase und Klimawandel), sollen die Ausbauziele gleich nach dem Beschluss des Gesetzes noch einmal überarbeitet werden.

Bis 2050 soll die Stromversorgung laut EEG 2021 dann „treibhausgasneutral“ sein, was im Grunde auch fossile Technologien in Kombination mit CO2-Abscheidung bedeuten kann.

2.2.3 WÄRME: SEIT JAHRZEHNTEN KAUM BEWEGUNG

So häufig, wie über Rekordwerte bei der Ökostromausbeute berichtet wird, so häufig ist beim Wärmesektor seit mindestens zehn Jahren von Stagnation die Rede. Dabei soll eigentlich laut Klimaplan bis zum Jahr 2050 ein klimaneutraler Gebäudebestand erreicht werden. Zahlen für die ernüchternde Realität liefert unter anderem der Gebäudereport der Deutschen Energieagentur (Dena 2019). Diesem zufolge brauchten die Immobilien in Deutschland im Jahr 2017 sogar mehr Energie als im Jahr 2010. Die schleppende Entwicklung liegt vor allem daran, dass pro Jahr gerade mal ein Prozent aller Gebäude energetisch saniert wird.

Werden Heizungen ausgetauscht, werden sie fast immer durch Gasheizungen ersetzt. Technische Fortschritte haben hier bisher wenig bewirkt. Dämmplatten auf ein Haus zu setzen, ist schließlich keine Raketenwissenschaft. Stattdessen haben die Energiestandards den unrühmlichen Ruf, das Bauen teuer zu machen. Tatsächlich tragen sie aber gerade einmal zu drei bis fünf Prozent der Baukosten bei und amortisieren sich zudem im Laufe der Zeit wieder.

Wenn das so bleibt, wird Deutschland seine für 2030 gesetzte Klimaschutzmarke für den Gebäudesektor um 28 Mio. Tonnen CO2 überschreiten. Das hätte hohe Strafzahlungen zu Folge, mahnt die Dena. Besser könnte man dieses Geld in die Förderung der Wärmewende stecken.

In wissenschaftlichen Szenarien setzt eine klimaneutrale Wärmeversorgung zuallererst eine deutliche Steigerung der Effizienz voraus, vor allem im Gebäudebestand. Die dann noch nötige Wärme soll zu großen Teilen über elektrische Wärmepumpen erzeugt werden, betrieben mit Ökostrom. In den Städten sind auch Wärmenetze eine gute Strategie. Technisch scheint das simpel, doch mit der energetischen Sanierung hakt es, weil die Amortisationszeiten lang sind, die Investoren im Falle von Mietwohnungen nicht die Nutznießer einer höheren Effizienz sind und die benötigten Fachkräfte durch den boomenden Neubausektor ohnehin gebunden sind.

Als neue Option kommen aktuell Brennstoffzellenheizungen ins Spiel, da sie zum Beispiel nicht nur dezentral, sondern auch lokal CO2-frei Strom und Wärme (s. Kap. 10.4: Hausenergieversorgung) erzeugen können. Zudem kann mit Ökostrom erzeugter Wasserstoff dem Erdgas im Netz beigemischt werden und so in der Übergangsphase der Energiewende die CO2-Emissionen reduzieren.