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Die weltgeschichtliche Bedeutung des deutschen Geistes

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Wer wegen des Erfolges arbeitet, wegen eines außer ihm liegenden Zweckes, der wird damit abhängig von Fremdem; auch kommt ein solches Leben nie zu einem Ruhen in sich selbst, sondern es drängt immer wieder über sich selbst hinaus, es ist kein volles Leben, sondern nur ein Lebenwollen, ein bloßes Haschen nach wahrhaftigem Leben. So empfinden es namentlich die Inder am modernen europäischen Leben. Indem sie das englische Leben mit seinem Nützlichkeitsstreben für das europäische überhaupt halten, meinen sie, ein solches Leben sei gar kein echtes Leben, über dem Jagen nach den Mitteln und den Bedingungen des Lebens entfliehe das Leben selbst, bleibe man innerlich leer, sei man bei allen Erfolgen in tiefster Seele unbefriedigt. Aber dieses Hasten und Jagen, dies Ideal der Nützlichkeit, ist nicht das deutsche Lebensideal. Indem wir Inneres und Äußeres sich gegenseitig steigern lassen und beides zu einem Lebensganzen, einer Wirklichkeit verbinden, finden wir unser Ziel und unsere Freude im Leben selbst, befestigen wir uns im eigenen Wesen, werden wir aller bloßen Nützlichkeit überlegen.

Aus solcher Grundbeschaffenheit zieht das deutsche Schaffen und Leben eigentümliche Eigenschaften. Das Leben, das im Ringen von Seele und Welt sich uns bildet, hat zunächst den Charakter der Größe. Das ist doch etwas anderes, wenn dieses Leben sich in innere Beziehung zum Weltall setzt, dieses sich anzueignen und die Seele zu einer weltumfassenden Persönlichkeit zu gestalten sucht, als wenn der Mensch nur im bürgerlichen Dasein diesen oder jenen Vorteil erringt oder diesen oder jenen Gewinn einheimst.

Solches Verlangen nach einem unendlichen Leben aus dem All steckt tief in unserer Natur, und es kommt auch früh schon zum Ausdruck. So sagt der erste moderne Philosoph, es war das Nikolaus von Cues (1401-1464):

„Immer mehr und mehr erkennen zu können ohne Ende, das ist die Ähnlichkeit mit der ewigen Weisheit. Immer möchte der Mensch, was er erkennt, mehr erkennen, und was er liebt, mehr lieben, und die ganze Welt genügt ihm nicht, weil sie sein Erkenntnisverlangen nicht stillt.“

Aus solcher Denkweise ist auch Goethes Faust hervorgegangen, aus solchem Streben nach Unendlichkeit findet das deutsche Leben eine unvergleichliche Größe.

Zugleich aber trägt dies Leben in einem besonderen Sinne den Charakter der Wahrhaftigkeit. Als wahrhaftig erscheint uns nur ein solches Leben und Streben, das aus der Notwendigkeit des eigenen Wesens hervorgeht und das dieses Wesen treu zum Ausdruck bringt. Unwahrhaftig ist alles, was nicht die ganze Seele hinter sich hat und dem Menschen nur äußerlich anhängt. Ein solches Streben nach innerer Wahrhaftigkeit geht durch die ganze deutsche Geschichte, auf der Höhe des Schaffens hat sich überall die Seele in das Werk hineingelegt und damit das Schaffen zu einem Kampf um ein geistiges Selbst gestaltet.

Mir sagte einmal während meines Aufenthalts in Amerika ein hochgebildeter Amerikaner, als wir miteinander über Fragen und Verwicklungen der Gegenwart sprachen: „Wenn nur das deutsche Volk wahrhaftig bleibt, dann haben wir gute Aussichten für die Zukunft der Menschheit.“ Er meinte mit solcher Wahrhaftigkeit eben ein solches Schaffen aus dem eigenen Wesen heraus, aus innerer Notwendigkeit, nicht eines äußeren Vorteils wegen.

Mit dieser Wahrhaftigkeit aber hängt im deutschen Leben Ursprünglichkeit und Freiheit des Schaffens eng zusammen. Bei Ursprünglichkeit und Freiheit steht das in Frage, daß wir nichts auf bloße Autorität hinnehmen, uns nichts von außen aufdrängen lassen, sondern daß wir unsere eigene Überzeugung und Erfahrung einsetzen und, wenn es sein muß, den Kampf mit aller Umgebung nicht scheuen. Das Lebenswerk der deutschen schaffenden Geister war meist ein solcher Kampf, ihr Sieg war ein Durchsetzen der eigenen Art und der inneren Notwendigkeit gegen alles, was draußen lag.

So sind Größe, Wahrhaftigkeit und Ursprünglichkeit Hauptzüge des deutschen Lebens, sie zusammen haben einen ganz eigentümlichen Idealismus deutscher Art ausgebildet. Seine Eigentümlichkeit erhellt namentlich durch eine Vergleichung mit dem indischen und dem griechischen Idealismus. Der Idealismus der Inder hat den Zug zur Innerlichkeit, die Ablösung von der sichtbaren Welt großartig ausgebildet, aber er kommt nicht zu einem neuen Schaffen von innen heraus; so erzeugt er weiche und edle Stimmungen, aber ihm fehlt die Kraft zur weltaufbauenden Tätigkeit. In ein einziges Grundgefühl, einen einzigen Grundgedanken erschöpft sich hier das ganze Leben, es wird wehrlos gegenüber der harten Welt. Es hängt damit eng zusammen, daß dies große Kulturvolk von einem fremden, es gar nicht verstehenden Volke abhängig werden konnte.

Die Griechen stehen uns hier näher, auch ihre großen Denker verschmähen die bloße Nützlichkeit, sie wollen ein Leben um des Lebens willen, sie wollen ihm bei sich selbst einen Inhalt geben und einen Wert verleihen, sie preisen die Erhebung zur Tätigkeit. Aber es bleibt ein großer Unterschied. Der griechische Idealist behandelt die Welt als gegeben, er sieht in ihr ein herrliches Kunstwerk, das schauend sich anzueignen und freudig zu genießen die Aufgabe des Menschen bildet; die Richtung darauf scheint ihn über alle Kleinheit des Alltags weit hinauszuheben. In einer solchen fertigen Welt findet aber der Mensch nichts Wesentliches zu verändern, so gibt es hier keine Geschichte, keine Hoffnung einer Umbildung und Erneuerung. Wir Deutsche dagegen verstehen die Welt als im Werden begriffen und voll harter Kämpfe, zugleich halten wir uns für berufen, an dem großen Werke der Weiterbildung mitzuwirken und alle Kraft dafür einzusetzen. Wir wollen eingreifen, bessern, fördern, wir geben damit der Geschichte eine große Bedeutung. Ist demnach der Idealismus der Griechen vorwiegend künstlerischer Art, so vertreten wir Deutsche einen ethischen Idealismus. Jenen ist das Höchste die Anschauung, uns ist das Höchste die Tat, die Tat der Persönlichkeit, die weltschaffende und weltgestaltende Tat.

Nun ist das ja ein Hauptgedanke der Neuzeit, daß wir nicht einer fertigen Welt angehören, daß die Welt um uns und in uns voller Probleme ist, und daß wir zu ihrer Lösung nach besten Kräften helfen sollen. So entspricht der deutsche Idealismus den Erfahrungen der Weltgeschichte und den Forderungen der Neuzeit, sein kräftiger und mannhafter Charakter, seine zugleich ernste und freudige Art ist der Menschheit unentbehrlich. Er ist mit seiner engen Verknüpfung von Arbeit und Seele der modernen Welt um so unentbehrlicher, als ihre Entwicklung voller Gefahren für den Gehalt und Selbstwert des Lebens ist. Im modernen Leben hat der Gedanke besondere Macht und Eindringlichkeit gewonnen, daß die Hauptsache die volle Entwicklung der Kraft, die Steigerung der Lebensenergie ins Unbegrenzte sei. In dieser Richtung ist Gewaltiges geleistet worden, sind die Individuen wie auch die Völker mehr in Fluß gebracht, wird ihnen alle Trägheit ausgetrieben, alles Schlummernde voll erweckt. Aber so groß und fruchtbar dies alles ist, es darf nicht das Ganze, das Einzige sein. Die Gefahr liegt nahe – die Weltstadt läßt sie besonders stark empfinden –, daß sich das Leben in ein ruhe- und rastloses Streben verwandelt, daß wir nur von Augenblick zu Augenblick weiter jagen und über dem Denken an die Zukunft alle wahrhaftige Gegenwart verlieren; in aller Fülle des Lebens läßt uns der unaufhörliche Wechsel der Eindrücke und Aufgaben gar nicht zu einem wahrhaftigen, in sich selbst befriedigten Leben kommen. Das ist eine große Gefahr, wir müssen ihr entgegenarbeiten, wir können das aber durch eine kräftige Belebung der deutschen Art. Denn sie begnügt sich nicht mit der bloßen Kraftentwicklung, sie besteht auf einer Bildung des Wesens, auf einem beharrenden und überlegenen Sein in aller Fülle des Wirkens, sie vermag damit dem Leben eine Tiefe und einen Selbstwert zu geben. Der moderne Mensch hat bei allem Gerede von „Aktualität“ viel zu wenig Gegenwart, zu sehr löst sich ihm das Leben in lauter einzelne Augenblicke auf. Goethe dagegen meinte, jeder Augenblick soll uns heilig sein, denn er sei ein Vertreter der Ewigkeit.