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Die weltgeschichtliche Bedeutung des deutschen Geistes

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In der Neuzeit aber erstreckt sich das Wirken der Innerlichkeit bei den Deutschen weit über die Religion hinaus auf alle Lebensgebiete. Die deutsche Philosophie ist wesentlich verschieden von allen anderen Philosophien, sie ist nicht ein bloßes Sichorientieren über eine gegebene Welt, sondern ein kühner Versuch, die Welt von innen heraus zu verstehen, sie bildet große Gedankenmassen, gewaltige Systeme, und unternimmt von ihnen aus, die sichtbare Welt zu beleuchten, ja sie in eine unsichtbare umzusetzen. So ein Leibniz, ein Kant, ein Hegel, und noch manche andere wären zu nennen; entfalteten wir doch auf diesem Gebiet eine erstaunliche Fruchtbarkeit. Durch alle Mannigfaltigkeit der Leistungen aber ging ein Ringen der Seele mit dem All, ein Ergießen der Seele in die Wirklichkeit, ein Ansichziehen der Dinge. Dies Streben zur Innerlichkeit gibt auch der deutschen Erziehung ihre Eigentümlichkeit und ihre überragende Größe: sie will nicht dressieren für irgendwelche praktischen Zwecke, nicht geschickt machen für gewisse Leistungen, sondern sie erfaßt den Menschen bei sich selbst und sucht seine Kräfte auszubilden, um aus ihm ein inneres Ganzes, eine selbständige Persönlichkeit und Individualität zu machen, dabei überzeugt, daß, wenn das gewonnen ist, auch alles andere sich werde gewinnen lassen. Diese Art der deutschen Erziehung ist tief in unserem Wesen begründet. Kein Volk, auch nicht die alten Griechen, hat das Kindesalter so verstanden wie das deutsche Volk. Wir sind es, welche durch Campe die Kinderliteratur aufgebracht haben und in ihr die Führung besitzen, wir bereiten das Kinderspielzeug für die ganze Welt. Das ist nur möglich, weil wir uns in die Seele des Kindes hineinzuversetzen vermögen, und dieses könnten wir nicht, wenn wir nicht in der innersten Seele selbst etwas Kindliches, Einfaches, Ursprüngliches hätten.

Dieselbe reine Innerlichkeit finden wir auch in der deutschen Kunst. Die deutsche Musik hat darin ihre unvergleichliche Größe, daß sie von innen her ganze Welten schafft, daß sie sonst verborgene Tiefen der Seele aufschließt und damit das Leben weiterbildet. Es sei hier nur eines Bach und eines Beethoven gedacht. Ähnlich die deutsche Lyrik. Was kann sich auf diesem Gebiet mit einem Goethe messen, mit seinem Sehen und Fühlen der Welt von innen heraus? Wie ein Zauberer durchwandert er die Natur wie das Menschenleben, bringt alle Dinge zum Sprechen und läßt sie ihm ihre Seele enthüllen. So wird die Welt sein Eigentum und ein treuer Spiegel seiner Seele.

Demnach haben wir die merkwürdige Erscheinung – merkwürdig für den ersten Anblick –, daß unser Leben zwei verschiedenartige Bewegungen enthält, einmal das Streben nach einer Unterwerfung der sichtbaren Welt und damit die Entfaltung einer Arbeitskultur, sodann aber ein Sichversetzen in die Innerlichkeit der Seele, ein Weben und Wirken aus ihren tiefsten Gründen, das Schaffen einer Seelenkultur.

Ist das nicht ein Widerspruch und muß dieser Widerspruch nicht unser Leben ins Stocken bringen? Einmal die Richtung auf die Welt und das Verlangen, die Dinge zu unterwerfen, dann die Zurückziehung von ihnen und das Sichversenken in das Reich der Seele. Wie steht es damit? Sind wir in der Tat einem Widerspruch verfallen? Das sei aufs entschiedenste verneint. Daß wir jene beiden Seiten in uns tragen, das gibt unserem Leben eine einzigartige Größe und eine fortlaufende innere Bewegung. Diese beiden Seiten mit ihren Leistungen sind nur die Pole eines umfassenden Lebens. Wir tragen in unserer Natur die Aufgabe, eine weltumspannende Innerlichkeit zu versöhnen und auszugleichen mit tüchtiger Arbeit an der sichtbaren Welt.

Gewiß können wir nicht leugnen, daß Gefahren in dieser Doppelheit liegen. Es kann sein, daß der Zug in das Innere den Menschen zu einer eigensinnigen Absonderung führt. Daß die Deutschen so viel miteinander streiten, daß sie mehr in Parteien zerfallen als andere Völker, das hängt wohl damit zusammen, daß wir uns mehr auf uns selber stellen und eigene Wege zu gehen lieben. Hier liegt die Gefahr einer Zersplitterung, auch die eines Verfallens in ein vages Gefühlsleben, eines Sichverlierens in eine abgesonderte Innerlichkeit.

Auf der anderen Seite droht die Gefahr, daß wir uns der Arbeit hingeben, ohne sie seelisch zu beleben, daß uns der Stoff überwältigt, daß wir nur aufeinanderhäufen, wie es die deutsche Gelehrsamkeit oft getan hat. So sind zwiefache Gefahren vorhanden, aber ein kräftiges Volk ist solchen Gefahren gewachsen.

Ja, wir dürfen sagen: kein Mensch und kein Volk ist wahrhaft groß, das nicht einen Gegensatz in sich trägt und diesen Gegensatz durch schaffende Arbeit überwindet. Auf seiner Höhe und auch im Kern seines Lebens hat das deutsche Volk jenen Gegensatz überwunden und dabei Leistungen hervorgebracht, die einzigartig dastehen, und auf deren Festhaltung und Fortsetzung die Zukunft der Menschheit beruht.

Fragen wir, was der deutschen Arbeit einen besonderen Charakter und eine Größe gibt. Es ist ohne Zweifel dieses, daß die Arbeit uns nicht ein bloßes Mittel für außer ihr liegende Zwecke bedeutet, sondern daß wir unsere Seele in sie hineinlegen, in der Arbeit unser Wesen entfalten. So wird sie uns wertvoll um ihrer selber willen. Daher hat auch kein Volk mit solcher Liebe und Wärme den Begriff des Berufs ausgebildet, als der Lebensarbeit, der innerlich zusammenhängenden Lebensarbeit. Der Beruf ist uns nicht ein Mittel, um äußerlich weiterzukommen und Geld zu verdienen, sondern der Weg, unsere geistige Art zu entfalten und damit uns selber zu finden; so können wir in der Berufstätigkeit reine Freude und innere Erhebung gewinnen. Wir preisen den deutschen Lehrstand. Ja, wenn man rein auf die Bezahlung sieht und auf die äußere Ehre, so ist das bescheiden genug und könnte nicht im mindesten die hingebungsvolle Arbeit, die Liebe zu ihr, die Freude an ihrem Gelingen rechtfertigen. Es ist die Versetzung in die Sache, das Einswerden mit der Sache, das den Menschen hier über alle selbstischen Beweggründe hinaushebt.

Heute bewundern wir die Heldentaten unseres Heeres, aber möglich geworden sind sie nur durch unermüdliche treue Arbeit. In dieser deutschen Arbeit, die um der Sache willen geschieht, liegt zugleich der Charakterzug der Gründlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt. Wir sind überzeugt, daß in der Arbeit auch das Kleinste nicht gering zu achten ist, die Arbeit muß in sich selbst vollendet sein. Diese Treue und Größe der Arbeit ist aber nur möglich, weil hinter dieser der ganze Mensch steht, weil er sich in die Arbeit hineinlegt und in ihr sich einen eigenen Daseinskreis, einen geistigen Existenzraum schafft. Aber wie die Arbeit die Seele verlangt, so verlangt auch die Seele die Arbeit. Denn das deutsche Innenleben ist sehr eigentümlicher Art, es ist grundverschieden von dem indischen und überhaupt dem orientalischen. Es ist nicht eine Flucht in eine weltfremde Stimmung, nicht ein Sichzurückziehen von den Dingen, sondern es trägt in sich den Drang, vollauf zu gestalten, was in uns wohnt, die Tiefen herauszuarbeiten in Kunst und in Philosophie, aber auch in Erziehung und in Moral. Durch den ganzen Umkreis des Lebens wollen wir nicht eine bloße Innerlichkeit der einzelnen Seele, sondern wir verlangen eine Innenwelt, die jener allein einen Inhalt zu geben vermag. Wir wollen uns nicht in erträumte Welten verlieren, sondern wir wollen die Wirklichkeit in ein Reich der Innerlichkeit verwandeln. So strebten unsere Philosophen nach einem zusammenhängenden Gedankenreiche, nach einem weltumfassenden System. So bedeutete auch die Innerlichkeit der Religion nicht ein bloßes Fliehen in fromme und weiche Gefühle, sondern es war eine Belebung und Umwandlung des ganzen Bestandes der Religion von den Tiefen der Seele her, es war ein Ringen, alles Äußere, alles Widerstrebende innerlich anzueignen und es zu einem Ganzen zu fügen. Auch unsere großen Künstler, vornehmlich unsere Musiker, haben uns nicht einzelne Stimmungen, einzelne subjektive Regungen gebracht, sondern sie haben, wie wir schon sahen, neue Welten reichsten Inhalts eröffnet. So finden wir darin das Große des deutschen Wesens, daß jene beiden Seiten sich gegenseitig suchen und ergänzen, damit aber den Aufbau einer bei sich selbst befindlichen Welt vollziehen und zugleich unserem Leben allererst einen Inhalt und einen Selbstwert geben. Ein derartiges Beisichselbstsein des Lebens mit seiner inneren Freude erhebt uns weit über alle bloße Nützlichkeit, es macht uns auch das heutige englische Verfahren unverständlich, welches Soldaten durch Erhöhung des Lohnes zu gewinnen sucht; hat dort doch sogar eine Zeitung die Äußerung gewagt, der Soldat könne, wenn er aus dem Kriege zurückkomme, ein hübsches Sümmchen erübrigt haben. Eine solche Denkweise verachten wir, wir halten es mit Aristoteles, wenn er sagt, daß es Sache eines freien und großgesinnten Menschen sei, nicht das Nützliche, sondern das Schöne zu suchen, d. h. was an sich wertvoll ist und durch sich selbst gefällt.