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Deutsche Freiheit

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Diesen Männern bedeutet die Befreiung zugleich eine Bindung, aber eine Bindung, die nicht von außen auferlegt ist, sondern aus dem eigenen Wollen und Wesen entspringt, und die dem Menschen eine unendliche Kraft verleiht. Eine derartige Überzeugung entspricht der geistigen Art des Deutschen; die gewissenhafte, ja strenge Fassung der Pflicht mit ihrer Erhebung über alles bloßes Belieben und über alle bloße Neigung, auch über allen bloßen Nutzen, ist ihm unentbehrlich. So zieht sich der Pflichtgedanke als eine Großmacht durch das ganze deutsche Leben; würde seine Macht gebrochen, so wäre es um uns und um unsere geistige Selbsterhaltung geschehen. In dem Grundgedanken der Tätigkeit gehen aber die leitenden deutschen und die griechischen Denker weit auseinander. Diese setzen das Handeln in eine Übereinstimmung mit einer geschlossenen, vom Menschen nur abzubildenden Welt, die Deutschen dagegen suchen in jenem etwas, das an keine fremde Welt gebunden ist und lediglich aus seiner eigenen Unendlichkeit schöpft, lediglich auf sich selbst steht. So übertrifft die deutsche Art augenscheinlich die griechische in der Fassung und Schätzung der Freiheit.

Die geistige Freiheit deutscher Art erweist sich weiter in einer eigentümlichen Gestaltung des erkennenden Denkens. Das deutsche Denken trägt den Charakter der Freiheit, insofern es sich nicht damit begnügt, eine gegebene Welt festzustellen und zu ordnen, daß es vielmehr die ganze Wirklichkeit an sich zu ziehen und sie in einen eigenen Besitz zu verwandeln strebt. Daraus entsprang ein gewaltiges Ringen, die Welt von innen her zu durchleuchten, hier galt es nicht eine Anzahl der Lehren aufzustellen, sondern ein Ganzes der Gedankenwelt in schöpferischem Entwerfen aufzubauen und dadurch alles Empfangene umzuwandeln. Demnach waren die deutschen Systeme nicht bloße Lehrsysteme, nicht bloß intellektuelle Leistungen, sondern sie waren Weiterbildungen der Wirklichkeit, sie waren innere Belebungen dieser Welt. So hat das deutsche Denken tief auf den Stand des deutschen Lebens gewirkt, es hat etwas Neues aus dem Menschen gemacht und alle Verzweigungen des Lebens ergriffen. Ihm wurde das Erkennen aus einem Aufnehmen einer fremden Welt zu einem Erkennen des eigenen Vermögens und der eigenen Bewegung des Geistes, zu einem Selbsterkennen größten Stiles. Die leitende Idee des Ganzen aber war dabei die der Freiheit, sie sollte alles Fremde und Dunkle vertreiben, alle Wirklichkeit in lichte Klarheit erheben; nur eine solche schien dem Denken und Leben echte Wahrheit zu geben. Gewiß war mit dieser Kühnheit des Unternehmens viel Gefahr verbunden, aber in diesen Dingen alle Gefahren meiden, das heißt auch auf alle Größe verzichten; so gewiß wir als gute Deutsche auf einem echten und durchdringenden Erkennen bestehen, so gewiß ein Stück Faustnatur in uns steckt, so gewiß werden wir mit Hegel ein gebildetes Volk ohne Metaphysik für einen Tempel ohne Allerheiligstes erklären. – Die spekulative Philosophie als Metaphysik ist aber nur der Höhepunkt eines durchgehenden deutschen Strebens. Dies Streben geht nicht an erster Stelle auf den Nutzen, den das Wissen und Erkennen dem Menschen gewährt, sondern es behandelt jenes als einen Selbstzweck, der die vollste Freude in sich selbst trägt. Mit welchem Eifer und mit welcher Hingebung war der Deutsche um die Erweiterung des Wissensbereiches bemüht, wie viele Mühe und Opfer hat er dafür dargebracht! Er erträgt es nicht, die Welt als etwas Fremdes zu behandeln, er will im Ganzen der Wirklichkeit zu Hause sein und dadurch geistige Freiheit erringen.

Die deutsche Freiheit erweist sich weiter in der Gestaltung des künstlerischen Schaffens. Sie will den Menschen nicht nur ergötzen und angenehm unterhalten, sie gewinnt ihn nicht durch blendende oder einschmeichelnde Eindrücke, auch nicht durch strenge Formen und Gesetze, sondern an erster Stelle ist sie bemüht, der Seele neue Quellen des Lebens zu erschließen, ein Ganzes der Welt von innen heraus zu bauen, sich rein in die Entfaltung des Lebens zu versetzen und dieses in einen vollen Aufstieg zu bringen, mehr und mehr verborgene Tiefen aus ihm zu entdecken. Die deutsche Kunst möchte den Menschen sich selbst innerlich näher bringen, sie begleitet ihn treulich in alle Probleme und Kämpfe des Lebens, sie möchte ihm den tiefsten Sinn seines Lebens enthüllen. So hat vornehmlich die deutsche Musik eine durchdringende innere Befreiung der Seele vollzogen, sie hat nicht bloß vorhandene oder naheliegende Gefühlslagen dargestellt, sondern sie hat neue Werte erzeugt, neue Zusammenhänge gebildet, ein unbegrenztes Vermögen des Vordringens und des Bewältigens erwiesen. Daher ist die deutsche Musik kein nebensächlicher Anhang, sondern ein Hauptstück des deutschen Lebens, ein Hauptweg, die Welt dem Geist und seiner Freiheit zu unterwerfen.

Ebenso wurde auf der Höhe unseres klassischen literarischen Schaffens die Kunst zum Träger einer Welt der Freiheit, sie strebte dahin, den Menschen von aller Schwere des Stoffes zu befreien, alle Mannigfaltigkeit einem Ganzen einzufügen, die Grundgestalten der Wirklichkeit klar und rein hervorzuheben, in dem allen aber den Geist als das Herrschende und Durchwaltende zu erweisen. Wie dabei die Kunst durchgängig der Freiheit dient, so hat namentlich Goethe befreiend zu den Menschen und den Dingen gewirkt; wenn er selbst sein Lebenswerk in Eins zusammenfaßte, so hat er es als ein Befreien erklärt, es war ihm ein Befreien von aller engen Menschlichkeit, von aufdringlicher Subjektivität, von aller Enge der Parteien und Interessen, es war ihm ein lauteres Enthüllen der Natur und ein Entdecken ihres innigen Zusammenhanges mit der Welt. Daraus entsprang die bekannte „gegenständliche“ Art Goethes, sie schiebt kein Fremdes zwischen die Seele und die Welt, sondern sie läßt beide miteinander vertraut verkehren, sie versteht es, die Seele in der Welt und die Welt in der Seele zu finden. So wird die Wahrheit unmittelbar zur geistigen Freiheit, der ganze Mensch aber wird in ein neues Verhältnis zur Welt gehoben. Von der Kunst der Musik wie der Poesie strömt aber ein eigentümliches Leben in das Ganze unseres Volkes ein; wie nahe sich bei uns Dichtkunst und Musik berühren, das zeigt namentlich das Volkslied und seine Stellung bei uns.

So gewahren wir eine wunderbare Entwicklung der geistigen Freiheit im deutschen Leben; verschiedene Arten der inneren Freiheit begegneten uns: die religiöse des deutschen Glaubens, die moralische der deutschen Gesinnung, die intellektuelle des deutschen Erkennens, die künstlerische des deutschen Kunstschaffens; aber durch alle Mannigfaltigkeit geht ein beherrschender Grundzug: durchgehend ist uns die Freiheit an erster Stelle nicht eine verneinende, sondern eine bejahende Macht, wir wollen die Religion nicht nur befreien, sondern sie vertiefen und durch die Vertiefung im vollen Sinne erst gewinnen, wir wollen die Moral nicht nur von äußeren Fesseln befreien, sondern sie auf die Höhe voller Selbständigkeit und Ursprünglichkeit heben, wir wollen das Erkennen nicht bloß von äußeren Schranken ablösen, sondern es zu einer höheren Art führen, wir wollen das Kunstschaffen nicht nur nicht an äußere Hemmungen oder niedere Stufen binden, sondern wir wollen es aus der innersten Tiefe der Seele beleben.

In solcher bejahenden Art liegt unmittelbar enthalten, daß uns die Freiheit nicht eine bloße Lebensform, sondern die Eröffnung eines neuen Inhalts ist, daß sie große Lebenstatsachen erweist, große Weltzusammenhänge offenbart. Die religiöse Freiheit gibt uns die Gewißheit einer unmittelbaren Verbindung mit der weltbeherrschenden Macht der Liebe, zugleich aber zeigt sie eine schroffe Kluft zwischen dem naturhaften und dem geistig gehobenen Menschen, die Verneinung selbst aber gibt uns die Gewißheit einer endgültigen freudigen Bejahung; die moralische Freiheit hebt uns über allen Mechanismus der bloßen Natur und auch des seelischen Getriebes hinaus, aber sie zeigt uns die Eröffnung eines neuen Lebensinhalts, der in einer Welt des persönlichen Lebens gipfelt und uns die feste Überzeugung von einem schaffenden Beisichselbstsein der Wirklichkeit gibt; die intellektuelle Freiheit befreit uns von dem Reich der Gegebenheit und Gebundenheit und erschließt uns eine von Selbsttätigkeit getragene Welt als den Kern der Dinge; die künstlerische Freiheit offenbart uns einen unmittelbaren Zusammenhang mit der gegenständlichen Welt und entwindet uns damit der Herrschaft des bloßen Subjekts mit seinen schwankenden und leeren Zuständen.

So wirken in der Freiheit große Tatsachen, große Lebensmächte, Lebensprozesse, die hoch über den Bestrebungen und Neigungen der Individuen liegen. Alles zusammen versetzt uns aus dem bloßen Dasein in ein Reich des Schaffens, in eine Tatwelt; alles trägt hier insofern einen ethischen Charakter, als es durchgängig einen Aufstieg zu einer neuen Wirklichkeit, ja eine völlige Umwälzung vollzieht, sowie ein Hindurchgehen durch ein entschiedenes Nein, ein Stirb und Werde verlangt. So wird hier nicht nur der Standort des Lebens verändert, sondern der Mensch selbst von Grund aus umgewandelt, er bildet nunmehr nicht ein bloßes Stück einer gegebenen Welt, sondern er wird ein Teilnehmer, ja Mitträger der ganzen Welt; so kann es mit Leibniz heißen: „In unserem Selbstwesen steckt eine Unendlichkeit, ein Fußstapf, ein Ebenbild der Allwissenheit und Allmacht Gottes“. So erstreckt sich hier das Leben als geistiges über den einzelnen Punkt hinaus, der Mensch hat nunmehr teil an der Unendlichkeit und Ewigkeit des Alls; er bedeutet damit unvergleichlich mehr als ein bloßes Stück einer natürlichen und gesellschaftlichen Verkettung, er bildet eine Weltnatur; was gewöhnlich Welt heißt, das erscheint damit als eine unendliche Welt der Welten.

Damit müssen sich alle Ziele und Werte des Lebens wesentlich erhöhen, damit müssen völlig neue Kräfte entspringen, welche dem Vermögen des Einzelwesens weit überlegen sind.