Kompromittiert

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Kapitel 3

Als ich am Mittwoch aufwachte, freute ich mich tatsächlich auf die Arbeit. Ich hasste es, in einen Hetero verknallt zu sein, aber ich dachte mir, dass ein kleiner Augenschmaus nicht schaden konnte, um mir den Tag zu versüßen. Außerdem hatte Davis mehr zu bieten als nur ein hübsches Gesicht. Er war charmant, witzig und intelligent. Und nicht schwul, rief ich mir in Erinnerung.

Ich grinste, als ich am Weg zu meinem Block auf Davis traf. Er war etwa drei Meter vor mir, also rief ich ihn. »Hey, willst du nicht Hallo sagen?«

Er blieb stehen; drehte sich um und ein strahlendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er mich sah. Er wartete, bis ich an seiner Seite war, bevor er sich wieder in Bewegung setzte. »Guten Morgen, Kash. Gut geschlafen?«

»Gut genug«, antwortete ich. »Und du?«

»Überhaupt nicht. Ich hatte seltsame Träume.«

»Albträume?«

Er schüttelte den Kopf. »Keine bösen Träume. Nur seltsame.«

»Worum ging es denn?«

Wir erreichten das Gebäude mit den Blöcken 1 und 2, drückten den Knopf und warteten darauf, dass die Tür geöffnet wurde.

»Wer seid ihr denn?«, fragte eine Stimme durch die Gegensprechanlage. Ich lachte, weil ich Westlands Akzent sogar durch den blechernen Lautsprecher erkannte.

»Wir sind Ihr Bodenpersonal«, antwortete ich.

»Wurde auch Zeit.« Das Magnetschloss an der Tür ging auf, ich öffnete die Tür und wir traten in den Flur.

»Und?«, fragte ich Davis. »Willst du über deine Träume reden?«

Er sah mich an und ich bemerkte einen Ausdruck auf seinem Gesicht, den ich nicht ganz deuten konnte. Möglicherweise Verlegenheit oder Scham. »Nein, alles in Ordnung.«

Westland öffnete die Tür des Blocks, wir traten in den kleinen Bereich und warteten, bis sie die nächste Tür sich öffnete. In dem engen Raum standen Davis und ich ganz dicht beieinander. Ich atmete tief ein, witterte aber keinen Hauch von Duftwasser. Ich hasste Männer, die praktisch in Axe Körperspray, oder was auch immer gerade angesagt war, badeten. Ich stand an der Tür und wartete darauf, dass Westland sie aufschloss, aber er drückte sich an die gegenüberliegende Wand, als hätte er Angst, er könnte mich versehentlich streifen. Die lockere Kameradschaft, die wir am ersten Tag aufgebaut hatten, schien plötzlich verflogen zu sein.

Ich atmete auf, als Westland endlich die Tür öffnete und Davis und ich aus unserer kleinen Zelle entkamen.

»Guten Morgen, Leute, wir bekommen heute ein paar neue Häftlinge. Ihr müsst die Zellen vorbereiten.«

»Wir sind voll belegt, nicht wahr?«, fragte ich.

»Garcia und Rojas wurden gestern Abend verlegt.«

Ich schaute hinaus auf die A-Seite des Blocks zu den Zellen, in denen Garcia und Rojas gelebt hatten. Die Zellen 6 und 24. Um die Zellen vorzubereiten, mussten sie schnell aufgeräumt und es mussten neues Bettzeug und Hygieneartikel, wie Toilettenpapier, Zahnbürste, Zahnpasta und Seife, hineingelegt werden.

»Das muss gleich nach dem Frühstück erledigt werden«, sagte Westland. »Also macht euch an die Arbeit.«

Davis war genauso schnell mit den Tabletts wie am ersten Tag, aber die Scherze und Neckereien fehlten. Wir waren in der gleichen Zeit fertig, aber es fühlte sich an, als hätte es viel länger gedauert.

»Wollen wir die Zellen gemeinsam reinigen?«, fragte ich Davis. »Oder teilen wir uns auf?« Ich hoffte, er würde eine Zusammenarbeit wollen, aber anscheinend wollte er nicht.

»Lass uns getrennt arbeiten, dann geht es schneller.«

Wir schnappten uns jeweils einen Besen aus dem Abstellraum der Etage. Er ging zu Zelle 6, räumte sie aus und rief mir dann zu, dass er rüber ins Lager gehen würde, um das Bettzeug zu holen, das wir brauchten. Wieder etwas, von dem ich gehofft hatte, dass wir es gemeinsam tun würden. Ich wollte so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen.

»Krieg dich wieder ein, Kash«, murmelte ich vor mich hin. »Das hier ist die Arbeit, nicht Grindr.« Ich fegte also die Zellen und wartete, dass Davis zurückkam.

Wir gingen unseren Pflichten nach, wieder ohne die Gespräche vom Vortag. Ich versuchte mehrmals, ihn zum Plaudern zu bringen, aber nichts funktionierte. Wenn ich eine Antwort erhielt, war sie einsilbig oder nichts weiter als ein Grunzen.

Irgendwann hatten wir zwischen den Aufgaben eine zehnminütige Pause, also setzten wir uns in den hinteren Lagerraum, der auch als inoffizieller Pausenraum diente. Anstelle von Stühlen, gab es große Kartons mit Toilettenpapier.

Nach ein paar Minuten unbehaglicher Stille beschloss ich, herauszufinden, was zum Teufel los war. »Gibt es ein Problem, Davis?«, fragte ich. Er hatte sich mit geschlossenen Augen an die Wand gelehnt, aber ich wusste, dass er nicht schlief.

Er zog eine Augenbraue hoch. »Was meinst du?«

»Nun, gestern haben wir geredet und Witze gemacht. Und heute hast du plötzlich einen Stock im Arsch.«

Er lächelte. »Tut mir leid, Kash. Nimm es nicht persönlich. Ich fühle mich einfach nicht gut.«

»Solange du dir sicher bist, dass es daran liegt.« Ich warf ihm einen Blick zu, der Verarsch mich nicht sagte. »Wenn es ein Problem gibt, kannst du es mir sagen. Ich bin keine zarte Blume oder so was.«

Er kicherte. »Nein, ich fühle mich nur nicht gut.«

Als wir hörten, dass sich die Türen zum Block öffneten, beendeten wir das Gespräch. Zwei Beamte traten ein und begleiteten einen Häftling, der den erforderlichen, orangenen Overall trug, der etwa zehn Nummern zu groß für den Jungen war. Er schwamm praktisch darin. Er versuchte normal zu gehen, aber die Beinfesseln hinderten ihn daran. Ein typischer Anfängerfehler. Er hielt den Blick gesenkt und nahm mit niemandem Blickkontakt auf. Er ignorierte die Häftlinge, die nach ihm riefen. Ich hörte, wie einige der weißen Jungs auf der Etage ihn nach seinem Namen fragten, was häufig vorkam, wenn ein Neuer in den Block kam.

Die Wärter begleiteten ihn in Zelle 24.

»Auf die Knie!«, befahl eine der eskortierenden Wachen. Sein Name war Schuester, ein Oldtimer, der kurz vor der Pensionierung stand. Ich konnte den Kerl nicht ausstehen, weil er immer davon sprach, wie es früher war. Die Häftlinge mussten auf die Knie gehen, um sich die Beinfesseln entfernen zu lassen, aber Schuester musste nicht so barsch sein.

Der Häftling befolgte den Befehl augenblicklich und kniete sich hin. Sie nahmen ihm die Beinfesseln ab und die Tür schloss sich.

»Steh auf, Arschloch«, bellte Schuester, als der Häftling auch nach dem Schließen der Tür auf den Knien verharrte.

Der Junge stand auf und streckte seine gefesselten Hände durch die Türöffnung für das Essen, damit die Handschellen entfernt werden konnten.

Schuester knallte die Durchreiche zu und übergab mir einige Papiere. »Er gehört ganz dir, Kash.«

Ich sah mir den Papierkram und den Ausweis des Häftlings entgegen. Sein Name war Cody Ivy, zwanzig Jahre alt. Die Papiere sagten mir nichts über seinen Fall, aber ich konnte es leicht herausfinden, wenn ich das wollte. Es gefiel mir nicht immer, zu wissen, was sie getan hatten, weil das meine Behandlung beeinträchtigen konnte.

Ich schaute durch das längliche Fenster in die Zelle. Ivy zog das Laken über die Matratze. Unter dem Fenster war ein Quadrat mit Löchern, sodass man mit den Häftlingen reden konnte, sie einen aber nicht berühren konnten. »Hast du alles, was du brauchst?«

Er zuckte beim Klang meiner Stimme zusammen.

»Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.«

»Ist schon okay, Sir. Es geht mir gut, Sir. Danke, Sir.« Der Junge hatte eine Scheißangst.

»Nenn mich nicht Sir«, sagte ich. »Du kannst mich Officer oder Kash nennen.«

»Ja, Sir. Ich meine, Officer.«

»Lass mich wissen, wenn du etwas brauchst. Ich bin mir sicher, man wird dir bald den Rest deiner Sachen bringen.«

Er zuckte mit den Schultern und starrte auf den Boden. »Ich habe keine.«

Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar. »Kein Eigentum?« Die meisten Häftlinge hatten etwas, und wenn es nur Dokumente oder Kleidung war.

Er schüttelte den Kopf.

»Ich hole dir ein Handtuch, Unterwäsche und Socken, damit du was zum Wechseln hast. Hör dich ruhig um, damit du herausfindest, wie die Dinge hier laufen. Oder du fragst mich.«

»Ich danke Ihnen.« Er nickte und machte weiter sein Bett.

Ein paar Minuten später wurde der zweite neue Häftling hereinbegleitet. Er hätte kein größerer Kontrast zu Ivy sein können. Dieser Typ war groß, muskulös und mit Tätowierungen bedeckt. Er hatte wildes, widerspenstiges Haar mit einem passenden Bart und Schnäuzer. Er brüllte und schrie, als er in den Block kam, und ich merkte sofort, dass ich einen problematischen Häftling am Hals hatte. Den Officern fiel es schwer, den Gefangenen unter Kontrolle zu halten, sodass Davis und ich hinzustießen, falls es aus dem Ruder lief.

Er trat in die Zelle und hob einen Fuß hoch.

»Sie müssen sich hinknien«, befahl der eskortierende Beamte.

»Einen Scheißdreck muss ich!«, schrie er. »Nimm einfach die Fesseln ab.«

»Sie müssen sich hinknien«, wiederholte der Officer, aber selbst ich konnte das Zittern in seiner Stimme hören. Und wenn ich es hören konnte, dann konnte es der stämmige Häftling sicher auch.

»Ich knie mich nicht hin, Bulle.«

Ich trat auf den Häftling zu und erklärte ruhig: »Das ist das letzte Mal, dass man Ihnen das vorschreibt. Knien Sie sich hin, damit wir die Fesseln entfernen können.«

»Du kannst mich mal!«

»Nein«, antwortete ich. »Sie können mich mal.« Ich trat zurück und forderte Westland auf, die Tür zu schließen. Die Tür schloss sich und ich schlug die Durchreiche zu.

 

»Hey, wo zum Teufel willst du hin, Arschloch? Nimm mir die Fesseln ab.«

Ich trat an das Zellenfenster. »Sie wurden über die Regeln aufgeklärt. Sie müssen sich hinknien, damit Ihnen die Fesseln abgenommen werden können. Sagen Sie Bescheid, wenn Sie bereit sind, diesen Befehl zu befolgen. Bis dahin … nun ja, viel Spaß.«

Ich bedeutete allen, dass sie von der Zelle zurücktreten sollten, und informierte Westland über das, was passiert war, damit sie es dem Shift Sergeant und dem Lieutenant mitteilen konnte.

»Was sollen wir jetzt machen?«, fragte Davis mich.

»So tun, als sei alles normal.« Ich sah ihn an und lächelte.

»Sollen wir ihn einfach mit den Fesseln da drin lassen?«

»Was soll er schon tun?«, fragte ich. »Er läuft uns ja nicht davon.«

»Du bist ein hinterhältiger Bastard, nicht wahr, Kash?«

»Diese Typen wollen, dass wir sie anschreien und zurückschreien. Es ärgert sie richtig, wenn du ruhig und gefasst bleibst. Es geht darum, ihnen nicht das zu geben, was sie erreichen wollen.«

Der Nachname des Problemhäftlings war Ibeabuchi. Er brüllte mich stundenlang an und nannte mich Arschloch, Schlampe, Punk und mehr. Ich blieb den ganzen Tag gelassen und sprach jedes Mal mit ihm, wenn ich vorbeikam.

»Sind Sie bereit, die Anweisung zu befolgen, Mister Ibeabuchi?«

Seine Antwort war immer eine Abwandlung einer obszönen Bemerkung.

Davis’ Stimmung schien sich für den Rest des Tages ein wenig aufzuhellen. Er sprach nicht viel, aber zumindest hörte er auf, mich zu ignorieren.

Unsere letzte Pflicht des Tages war es, das Abendessen auszugeben. Genau wie das Frühstück, nur mit einer größeren Menge. Die Mahlzeiten waren nichts Besonderes, aber auch nicht schrecklich und meiner Meinung nach mehr, als die Insassen verdienten. Das Abendessen bestand aus Brathähnchen, Kartoffelpüree mit Soße, Gemüse und Kuchen.

Ich lief mit den Tabletts, also durfte Davis austeilen.

»Wirst du mich füttern, Schwanzlutscher?«, fragte Ibeabuchi, als ich an seiner Zelle vorbeiging.

»Sind Sie bereit, meinen Befehl zu befolgen?«

»Fick dich ins Knie.«

»Schönen Abend noch«, sagte ich und ging weiter.

Als die nächste Schicht eintraf, informierte ich die Beamten darüber, was mit Ibeabuchi vorgefallen war. Sie waren sich einig, dass nichts geschehen würde, solange er sich nicht dazu bereit erklärte, den Befehl zu befolgen.

***

Nach der Arbeit saß ich in meinem Auto, zog mein Handy aus der Konsole und überprüfte es auf Nachrichten. Ich hatte es mir schon vor langer Zeit zur Gewohnheit gemacht, das Handy immer dort abzulegen, bevor ich aus dem Wagen stieg, damit ich es nicht versehentlich mit zur Arbeit nahm und in Schwierigkeiten geriet.

Nachdem ich einen Freund zurückgerufen hatte, machte ich mich auf den Heimweg, hielt an einem Laden und kaufte Lebensmittel ein, um für die nächsten paar Tage Abendessen kochen zu können.

Ich bereitete gerade ein Steak zu, als es an meiner Tür klingelte. Ich war überrascht, als ich durch den Spion schaute und Davis sah.

»Was gibt’s?«, fragte ich, als ich die Tür öffnete.

»Ich wollte mich nur für mein Verhalten heute entschuldigen.«

»Vergiss es, Davis. Das war doch keine große Sache.«

»Okay, nun, das war auch schon alles. Ich gehe dann mal wieder.« Er drehte sich um, aber ich streckte die Hand aus und hielt ihn am Arm fest.

»Warte, warum kommst du nicht rein? Hast du schon gegessen?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich wollte mir gerade Fast Food reinziehen.«

Ich verzog das Gesicht. »Lieber nicht. Komm rein, ich teile mein Steak.«

»Nein, ich komme schon klar.«

»Kommt gar nicht infrage.« Ich zog ihn rein und schloss die Tür. Er folgte mir in die Küche und setzte sich an meinen Küchentisch, während ich das Steak fertig briet.

»Hier sind Salat und Dressing. Könntest du dich in der Zwischenzeit darum kümmern?«

Er schnappte sich den Blattsalat, Sonnenblumenkerne, Croûtons und Käse und bereitete alles zu.

»Woher wusstest du, wo ich wohne?«

»Na ja …« Er zögerte. »Es klingt vielleicht ein bisschen nach Stalking, aber ich bin dir von der Arbeit nach Hause gefolgt.«

»Und du bist nicht gleich reingekommen?«

Er schüttelte den Kopf.

»Warum?«

Er wurde rot und rieb sich den Nacken. »Ich habe eine Weile gebraucht, um den Mut aufzubringen.«

Ich merkte, dass er das Thema wechseln wollte, also fragte ich: »Warum bist du nach Seely gekommen?«

»Ich bin meinem besten Freund gefolgt, um in der Mine zu arbeiten. Wir haben zusammengewohnt, aber er hat sich verliebt.« Er betonte das Wort verächtlich. »Mein Kumpel zog aus und ich wurde noch im selben Monat entlassen.« Zane schüttelte den Kopf. »Ich hatte mich einige Zeit zuvor im Gefängnis beworben und sie riefen zufällig an, als ich wirklich dringend einen Job brauchte. Ich schätze, das war Schicksal … oder so was.«

»Als wir das erste Mal zusammengearbeitet haben, hast du eine Freundin erwähnt. Was ist aus der geworden?« Ich reichte ihm einen Teller mit dem halben Steak und er schaufelte Salat auf unsere Teller.

»Aus welcher?«

Ich schüttelte kichernd den Kopf. »Du bist ein Playboy, hm?«

»Was soll ich sagen? Ich liebe die Damen nun mal. Als ich im Gefängnis anfing, traf ich dieses Mädchen namens Lily. Sie war heiß, aber nicht sehr klug. Dann war da noch Melissa. Sie war so klug, dass sie verdammt arrogant und nervig war. Dann war da noch Alice. Du kennst sie.«

Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, von wem er sprach. »Alice Jacobsen?« Sie war eine Wärterin in Seely, die mit einer Reihe von Mitarbeitern zusammen gewesen war. Einige Leute nannten sie eine Hure, aber das hätte dann genauso gut auf mich zugetroffen. Ich glaubte nicht an das sexistische Vorurteil, dass ein Mann mit vielen Affären ein Hengst war, aber eine Frau, die dasselbe tat, eine billige Schlampe.

»Sie war wild.« Davis lachte. »Zu wild für mich. Und das sagt eine Menge.«

Ich wollte nichts mehr über sein Sexualleben hören, also konzentrierte ich mich auf meinen Teller und begann, zu essen.

Er nahm einen Bissen von dem Steak und ein glückliches Lächeln erhellte sein Gesicht. »Oh Mann, das ist köstlich. Verdammt, Kash, wenn du immer so kochst, würde ich dich heiraten.«

»Nun, ich koche immer so, aber ich glaube nicht, dass ich dein Typ bin. Dieses Ding zwischen meinen Beinen ist im Weg.«

»Ja, da ist was dran. Aber es ist wahrscheinlich ein kleines Ding und du hast ja noch ein Loch.« Unsere Blicke trafen sich und er grinste.

»Da ist mit Sicherheit nichts Kleines zwischen meinen Beinen, Davis. Darauf kannst du wetten.«

Normalerweise hasste ich das Machogeplänkel zwischen zwei Heteros, aber mit Davis machte es Spaß. Ich machte mir vielleicht etwas vor, dass er flirtete und nicht nur neckte, aber es gab mir zumindest ein bisschen Hoffnung.

Kapitel 4

»Dein Lieblingsinsasse wünscht dich zu sprechen«, sagte Davis, als er am Donnerstagmorgen von der ersten Runde mit den Frühstückstabletts zurückkam.

»Mister Unbeugsam?«

Davis nickte und ich kicherte. Als wir alle anderen versorgt hatten, schlenderte ich zu Zelle 6. »Guten Morgen, Ibeabuchi, was kann ich für Sie tun?«

Er verzog das Gesicht und vermied es, mich anzusehen. »Ich bin am Verhungern.«

»Sind Sie jetzt bereit, Befehle zu befolgen?«

Er nickte.

»Wenn wir auf dieser Seite fertig sind, kommen wir wieder zu Ihnen.« Er protestierte, aber ich unterbrach ihn. »Ein Wort der Beschwerde und Sie werden den ganzen Tag auf Ihr Essen warten.«

Der Häftling hielt schnell den Mund.

»Setzen Sie sich jetzt auf Ihr Bett und warten Sie geduldig, bis ich fertig bin.«

Er ging zum Bett, setzte sich hin und starrte auf den Boden.

Davis und ich beendeten die Essensausgabe und kehrten dann ohne Hast zu Zelle 6 zurück.

»Sind Sie bereit, zu kooperieren, Ibeabuchi?«

Er nickte.

»Gut. Kommen Sie rüber und knien Sie sich hin.«

Er kam wortlos zur Tür und kniete sich hin. Ich ließ die Tür öffnen und beugte mich dann hinunter, um die Beinfesseln zu entfernen.

»Bewegen Sie sich nicht, bis die Tür geschlossen ist«, befahl ich und Ibeabuchi nickte. Die Tür fiel zu, Davis öffnete die Durchreiche und Ibeabuchi stand auf und streckte seine Hände aus. Ich nahm ihm die Handschellen ab, holte sein Essenstablett und stellte es in die Öffnung.

Ibeabuchi schnappte es und aß mit den Händen, noch bevor er sich setzte.

»Das war cool.« Davis kicherte. »Du hast ihm eine Lektion erteilt.«

»Mach dir nichts vor«, antwortete ich. »Er hat sich nicht verändert. Er hasst mich jetzt noch mehr, weil ich ihn vor allen gedemütigt habe.«

»Glaubst du, er plant etwas?«

»Ich weiß, dass er das tut. Es ist nur eine Frage der Zeit.«

***

»Hey, Officer?«

Eine schüchterne Stimme unterbrach eine Pause, die ich im Lagerraum einlegte. Davis war gerufen worden, um den Officern in Block 1 zu helfen, also war ich eine Zeit lang allein.

»Officer?« Es war Insasse Ivy.

»Hey, Ivy, was gibt’s?« Ich kam zu seiner Tür.

»Ich habe eine Frage, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«

»Fragen kostet nichts.«

»Gibt es eine Möglichkeit, dass ich etwas zum Lesen bekomme? Egal was, wirklich, nur etwas zum Zeitvertreib.«

Es war gegen die Regeln, Zeitschriften von einem Insassen an einen anderen weiterzureichen, aber ich tat es gelegentlich, weil ich nicht sah, was daran schlecht sein sollte. Und manchmal gab es Typen wie Ivy, die einfach etwas zum Lesen brauchten. Es gab eine Bildungsabteilung mit einer Bibliothek, in der Häftlinge Bücher und Zeitschriften ausleihen konnten. Aber weil Ivy neu war, dauerte es einige Zeit, bis er etwas ausleihen durfte.

Ich ging in einige Zellen und besorgte mir ein paar Zeitschriften: People, Reader‘s Digest, Entertainment Weekly und eine drei Jahre alte Ausgabe des Playboy. Ivys Gesicht erstrahlte, als ich die Zeitschriften unter seiner Tür durchschob. Unter der Tür war ein Spalt von etwa eineinhalb Zentimetern. Es war einfacher und sicherer, Dinge dort durchzureichen, als den Essensschlitz zu öffnen.

Ivy grinste breit. »Danke. Vielen Dank.«

***

Donnerstag war unser letzter Arbeitstag in dieser Woche und zum ersten Mal seit Langem freute ich mich nicht auf das Wochenende. Es bedeutete drei Tage ohne Davis, der so ziemlich der einzige Lichtblick in meinem Leben war.

An den meisten Wochenenden fuhr ich eine Stunde nach Reno und ging in die Bars oder in die Sauna. Wenn es nötig war, suchte ich mir ein billiges Motel und hatte dort billigen Sex. Ich wusste nicht, was ich jetzt wollte, aber bedeutungsloser Sex war es nicht.

Als der Samstag dann kam, langweilte ich mich bereits zu Tode. Am Morgen klingelte mein Handy und das Display verriet, dass es dienstlich war. Normalerweise wäre ich nicht rangegangen, aber ich hatte nichts Besseres zu tun.

»Hallo.«

»Hey, Kash, hier ist Sergeant Burson. Wir suchen jemanden, der heute Nacht in Block zwei die Friedhofsschicht übernimmt. Interessiert?« Die Friedhofsschicht war von 17 Uhr bis 5 Uhr. Es war jetzt 10 Uhr, aber ich konnte die Schicht übernehmen, wenn ich davor ein paar Stunden schlief.

»Ja, kann ich machen.«

Ich blieb noch eine Stunde wach, nahm dann eine Schlaftablette und schlief fünf Stunden.

Als ich zu meinem Block kam, bereute ich meine Entscheidung sofort, die Überstunden angenommen zu haben. Meine Vorgesetzte war eine große Frau mittleren Alters, die nie die Klappe halten konnte. Gledsen wollte mich und nutzte jede Gelegenheit, um mich zu verführen. Selbst wenn ich heterosexuell wäre, hätte ich mich so weit von ihr ferngehalten wie möglich. Sie hatte mir alle Einzelheiten ihres Sexuallebens mitgeteilt und war so ziemlich die ungehobelteste Person, die ich je getroffen hatte.

Sobald ich konnte, flüchtete ich aus der Blase, indem ich Gledsen sagte, dass ich im hinteren Lagerraum eine Zeitschrift lesen würde. Das Lesen von Zeitschriften oder Büchern im Dienst war gegen die Regeln, aber das war etwas, was fast jeder tat, besonders in der Friedhofsschicht.

Einige Häftlinge riefen meinen Namen, als ich den Gang entlangging, und fragten mich, was ich dort tat.

 

»Ich mache Überstunden«, antwortete ich.

Ein Insasse namens Hoss fragte mich: »Wollen Sie nicht mit Gledsen abhängen und ihr ein bisschen näherkommen?« Ich kannte Hoss ziemlich gut und er war ein Spinner.

»Sehr witzig«, antwortete ich.

Bei einigen der Häftlinge war das Licht aus. Ich schaute in ihre Zellen. Es gab keine Licht-aus-Regel. Die Jungs durften die ganze Nacht wach bleiben, wenn sie wollten. Die Zellen 20 bis 23 waren dunkel, aber Zelle 24 war beleuchtet, also sah ich hinein, als ich vorbeiging, und erstarrte.

Ivy lag auf seinem Bett, die Augen geschlossen und die Hand um seinen erigierten Schwanz gelegt. Er streichelte sich und genoss es offensichtlich. Es war nicht das erste Mal, dass ich versehentlich einen Häftling beim Wichsen erwischte, und normalerweise ging ich einfach weiter. Aber bei Ivy hatte der Anblick etwas Faszinierendes.

Er öffnete die Augen, mein Gehirn schaltete sich wieder ein und ich ging weg.

»Oh Scheiße«, rief Ivy.

Ich drehte den Wasserhahn im Hinterzimmer auf und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht.

Ein paar Minuten später rief Ivy nach mir. »Hey, Kash. Kann ich, ähm, mit Ihnen reden?«

»Ja, gleich.« Ich riss mich zusammen und trat an sein Zellenfenster.

»Es tut mir leid«, flüsterte er. »Auf dem Boden hört man nicht, wenn jemand kommt. Ich weiß, ich kann Ärger kriegen, weil ich mich entblößt habe.«

Ich schüttelte den Kopf. »Das hast du ja nicht mit Absicht gemacht. Du hast nur getan, was … alle Jungs tun. Also mach dir keine Gedanken darüber.«

»Danke, Kash, ich weiß das zu schätzen.«

»Ich bin froh, dass dir die Zeitschriften gefallen haben, die ich dir gegeben habe.« Ich lächelte.

»Hm? Oh … der Playboy! Ja, der war cool.«

Ich ging zurück in den Lagerraum und las ein Buch. In der Friedhofsschicht gab es wenig zu tun, außer etwa alle zwei Stunden zu zählen. Und dazu musste ich nur von Tür zu Tür gehen, um sicherzugehen, dass alle Häftlinge noch da waren.

Irgendwann gegen 2 Uhr nachts saß ich hinten und tat mein Bestes, um wach zu bleiben, als ich seltsame Geräusche aus Ivys Zelle hörte. Neugierig, aber ängstlich, ihn wieder beim Wichsen zu erwischen, schaute ich durchs Fenster. Er schlug in seinem Bett um sich und stöhnte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Ich klopfte mit meinem Schlüssel an die Scheibe und er setzte sich rasch auf. Ich konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass er Angst hatte und nicht wusste, wo er war.

»Ivy, ist alles in Ordnung?«, fragte ich.

Er sah sich um und starrte mich eine Minute lang an, ehe er antwortete. »Ja, mir geht’s gut.«

»Erzähl mir keinen Scheiß. Irgendwas stimmt nicht. Willst du darüber reden?«

Er schüttelte den Kopf. »Das hat keinen Sinn. Das liegt alles in der Vergangenheit.« Er stand auf und ging zu seinem Waschbecken, drückte den Knopf für kaltes Wasser, nahm etwas davon in die Hände und spritzte es sich ins Gesicht. »Das hier ist meine Zukunft.«

Ich lehnte mich gegen die Tür. »Wie lange hast du vor dir?«

Er betrachtete mich mit einem Blick voller Traurigkeit und völliger Hoffnungslosigkeit. »Ich werde diesen Ort nie mehr verlassen.«

»Du bist ein Lebenslänglicher?« Ich war überrascht. »Was hast du angestellt?«

Er sah mich an und blickte dann schnell zur Seite. »Ich wurde wegen Mordes ersten Grades verurteilt. Das örtliche Büro des Innocence Project arbeitet an meinem Fall, aber ich mache mir keine Hoffnungen.«

Ich bemerkte am Tonfall seiner Stimme, dass er nicht darüber sprechen wollte, also ließ ich das Thema fallen.

»Okay, ich wollte nur sichergehen, dass es dir gutgeht. Du kannst wieder schlafen.«

»Das will ich nicht.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich hätte nur dieselben schlimmen Albträume.«

Ich massierte meinen Nacken und unterdrückte ein Gähnen. »Ich habe Probleme, wach zu bleiben. Wir können reden, wenn du willst.«

Seine Mundwinkel wanderten nach oben. »Das wäre cool, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«

»Nein, gar nicht.«

Ich schob eine Kiste mit Toilettenpapier an den Rand des Raumes nahe der Tür. Wenn Ivy seitlich aus seiner Tür sprach, konnten wir einander gut genug hören. Die Häftlinge in der Nähe konnten uns allerdings auch hören, also musste ich vorsichtig sein, was wir sagten.

»Hatten die Träume mit deinem Fall zu tun?«, erkundigte ich mich.

»Nein«, antwortete er. »Mit Mist von früher.«

»Schlimmes Zeug, was?«

»Ja, ich hatte kein märchenhaftes Leben wie aus dem Bilderbuch. Aber das hat niemand wirklich, oder?«

»Ich jedenfalls nicht.«

»Es gab auch gute Zeiten, als ich ein Kind war«, gab er zu. »Aber dann änderten sich die Dinge und es ging alles den Bach runter. Ich war ungefähr sechs oder sieben Jahre alt und meine Eltern nahmen meine Schwestern, meinen Bruder und mich mit auf einen Ausflug an den Lake Tahoe. Wir hatten so viel Spaß beim Spielen im Wasser. Ich wollte nicht nach Hause fahren. Das ist eine der letzten guten Erinnerungen, die ich habe.«

»Was ist passiert?«, fragte ich.

»Meine Mutter starb zwei Jahre später und dann ist mein Vater abgehauen.«

»Verdammt.«

»Meine älteste Schwester war gerade neunzehn geworden, also wurde sie unser Vormund. Für meinen älteren Bruder, meine jüngere Schwester und mich. Ich dachte, meine Eltern zu verlieren, sei schrecklich und es könne nicht schlimmer kommen. Aber es wurde schlimmer.«

Ich wechselte das Thema und erzählte Ivy davon, dass ich im Alter von sechs mit meinem Cousin in einer riesigen Schlammgrube stecken geblieben war, als wir unseren Onkel auf eine Baustelle begleitet hatten. Ich lächelte über die Erinnerung und war mir sicher, dass sogar Ivy ein wenig kicherte.