Lebendige Seelsorge 3/2020

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Vorbereitendes Forum Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche, Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Synodalforums; pdf-upload unter: https://www.synodalerweg.de/fileadmin/Synodalerweg/Dokumente_Reden_Beitraege/SW-Vorlage-Forum-III.pdf.

[Links alle zuletzt eingesehen am 22. April 2020]

Warum ich für die Weihe von Frauen in der katholischen Kirche eintrete

Katholische Frauen haben nicht die gleichen Rechte wie Männer. Aufgrund ihres Frauseins kommen sie nicht in die Lage, zu den Weiheämtern der römisch-katholischen Kirche zugelassen zu werden. Es braucht wohl einen weltweiten Aufstand, um Jesus und seine emanzipatorische Haltung wieder in den Vordergrund zu rücken. Jacqueline Straub

Frauen seien „verunglückte Männer“, so betitelte der Theologe und Philosoph Thomas von Aquin (1225–1274) das weibliche Geschlecht. Er war nicht der erste und auch nicht der letzte Kirchenlehrer, welcher der Frau einen untergeordneten Status zusprach. Im Jahr 1880 kämpften Frauen schon seit Jahrzehnten für ihre Rechte in Gesellschaft und Politik, als Papst Leo XIII. in dem Rundschreiben Arcanum divinae sapientiae schrieb, dass der Mann der Herr in der Familie und das Haupt der Frau sei. Der Papst stellte mit seinem Rundschreiben klar, dass die Frau dem Mann Untertan sei und ihm zu gehorchen habe (Leo XIII., 389).

Die Unterordnung der Frau und ihre Fokussierung auf ihre biologische Funktion schlugen sich auch im Kirchenrecht von 1917 nieder. Dort wurde unter anderem in recht frauenfeindlicher Sprache die verheiratete Frau zusammen mit Geisteskranken und Minderjährigen genannt (can. 93 §1 CIC/1917). Ebenso findet sich darin die Vorschrift, dass Kleriker Frauen zu meiden haben, da diese deren zölibatäre Lebensweise in Gefahr bringen könnten (can. 133 CIC/1917). Auch wenn das derzeit geltende Kirchenrecht von 1983 eine Aufwertung des weiblichen Geschlechts und der christgläubigen Laien und Laiinnen vorgenommen hat, gibt es nach wie vor ungleiche Bedingungen. So heißt es in can. 1024 CIC/1983: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.“ Da allein das Geschlecht zum Ausschlusskriterium wird, liegt hier eine strukturelle Diskriminierung der Frau vor (vgl. Pottmeyer, 133ff.).

DISKRIMINIERUNG DER FRAU WIDERSPRICHT DEM PLAN GOTTES

Die Geschichte des Christentums kennt zahlreiche herablassende Kommentare über Frauen und das weibliche Wesen überhaupt. Daraus wurde im Laufe der Zeit eine Theologie der Unterordnung entwickelt, die bis heute in der katholischen Kirche anhält und deswegen den Frauen nicht die gleichen Rechte zuspricht. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) brachte einen Paradigmenwechsel. Die Frauen wurden explizit in den Blick genommen und den Männern gleichgestellt. So spricht die Pastoralkonstitution Gaudium et spes zwar von einer „grundlegenden Gleichheit aller Menschen“ (Nr. 29). Kirchenrechtlich ist dieser Absatz in can. 208 CIC/1983 jedoch bloß rudimentär normiert: „Unter allen Gläubigen besteht, und zwar aufgrund ihrer Wiedergeburt in Christus, eine wahre Gleichheit in ihrer Würde Tätigkeit, kraft der alle je und nach ihrer eigenen Stellung und Aufgabe am Aufbau des Leibes Christi mitwirken.“ Auch wenn Frauen heute in der katholischen Kirche schon viel bewirken können, etwa in der Seelsorge tätig sind, an Universitäten lehren oder in Ordinariaten mitgestalten, ist die volle Gleichberechtigung noch keineswegs in Sicht. Ein Blick in die Anfänge des Christentums zeigt, dass die ersten Christinnen und Christen gleiche Aufgaben und Funktionen wahrnehmen durften. „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ Paulus zitiert in Gal 3,28 den „ekklesiologischen Spitzensatz“ (Heininger, 63) der frühen Kirche und betont, dass aufgrund der Taufe ethische und soziale Hürden und auch jegliche unterschiedlichen Bewertungen und Funktionalisierungen der Geschlechter überwunden sind. Manche Exegeten sehen darin die Erfahrung eines Bruchs mit der festgelegten Rollenverteilung von Männern und Frauen (vgl. Dautzenberg, 196ff.), andere lediglich einen eschatologischen Charakter.

Jacqueline Straub

geb. 1990, studierte katholische Theologie in Freiburg i. Br., Fribourg und Luzern und arbeitet als Journalistin, Buchautorin und Referentin. Bekannt wurde sie durch ihren öffentlichen Einsatz für das Frauenpriestertum in der römisch-katholischen Kirche. So zählte sie der britische Sender BBC im Jahr 2018 zu den inspirierendsten Frauen der Welt.

GLEICHBERECHTIGUNG BEI JESUS

Jesus selbst behandelte Frauen gleichberechtigt. Viele begleiteten ihn auf seinen Reisen, und er diskutierte mit ihnen, obwohl es in der damaligen Zeit verpönt war, gar der jüdischen Gesellschaftsordnung widersprach. In der damaligen patriarchalischen Gesellschaft waren Frauen auf die gleiche Stufe von Kindern und Sklaven gestellt. Die Gestaltung des öffentlichen Lebens war reine Männersache. Jesus ließ sich aber nicht davon abhalten, allen Menschen die Frohe Botschaft zu verkünden. Dass Frauen in der Bibel namentlich genannt werden, muss als außerordentlich betrachtet werden und zeigt, dass sie von großer Bedeutung für Jesus waren. An den Dreh- und Angelpunkten seines Lebens waren es stets Frauen, die Jesus begleiteten und ihm beistanden. Eine Frau, Maria, brachte Jesus zur Welt. Sie ist es auch, die ihn bei der Hochzeit zu Kana im Johannesevangelium zum ersten Wunder drängte. Seine Mutter wusste, dass ihr Sohn ein besonderes, von Gott auserwähltes Kind ist. Den längsten Dialog im Neuen Testament (Joh 4,6-15) führt Jesus mit einer Frau, dazu noch mit einer, die von der jüdischen Gesellschaft verachtet wurde, da sie Samariterin war.

Bei der Kreuzigung Jesu waren es gemäß dem Matthäus- und Markusevangelium nur Frauen, die beim Kreuz standen. Sie werden sogar mit ihren Namen erwähnt. Frauen spielten auch nach dem Tod Jesu eine zentrale Rolle. Etwa die Jüngerin Maria Magdalena. Sie pflegte eine besondere Beziehung zu Jesus. Dies gefiel nicht allen Jüngern. So wird im apokryphen Evangelium nach Maria ein Dialog zwischen Petrus und Maria Magdalena genannt, der deutlich zeigt, dass der Petrus des Maria-Evangeliums – von Eifersucht geplagt – einfach nicht begreifen konnte und wollte, dass Maria Magdalena einen religiösen Wissensvorsprung erhielt: „Hat er etwa mit einer Frau heimlich vor uns gesprochen und nicht öffentlich? Sollen wir selbst umkehren und alle auf sie hören? Hat er sie mehr als uns erwählt?“ (Peters, 146).

Dass Maria Magdalena eine Sonderstellung in der Jesus-Nachfolge hatte, zeigt deutlich ihre Erwählung zur ersten Zeugin der Auferstehung am Ostermorgen. Christus gibt ihr den Auftrag, den anderen Männern und Frauen die Frohe Botschaft zu verkünden, dass Gott den Tod überwunden hat. Und dies, obwohl eine Frau in der damaligen Zeit gar kein öffentliches Zeugnis ablegen durfte. Indem Jesus Christus sie erwählt, sprengt er die gesellschaftlichen Regeln und lässt so ein neues Zeitalter beginnen. Das brachte ihr schließlich den Titel „Apostelin der Apostel“ ein, den die beiden Kirchenväter Hippolyt von Rom (170–235) und Augustinus (354–430) bereits verwendeten.

In jedem Gottesdienst erinnern wir uns in der Eucharistiefeier an Christi Tod und Auferstehung. Bei diesem zentralen Ereignis waren es die Frauen, allen voran Maria Magdalena, die präsent waren und so zu ersten Zeuginnen wurden. Wäre es dann nicht im Sinne Jesu Christi, Frauen auch am Altar zuzulassen?

Die Gleichbehandlung der Frauen durch Jesus beruht darauf, dass Frauen wie Männer in der Liebe Gottes gleichgestellt sind. „Im Christentum heißt der eigentliche befreiende und emanzipatorische Anstoß eben doch: Jesus von Nazaret.“ (Blank, 91). Dies hatte ganz konkrete Auswirkungen auf die ersten christlichen Gemeinden. Die paulinischen Briefe sind dafür Zeugnisse: Frauen hatten große Bedeutung für die christliche Mission und den Gemeindeaufbau – teilweise waren sie sogar wichtiger als ihre Männer (vgl. Röm 16,3). Christinnen in der ersten Generation führten diakonische, priesterliche, bischöfliche und prophetische Dienste aus. Dies war nur möglich, weil der sozio-kulturelle Druck der griechisch-römischen Gesellschaft noch kaum vorhanden und das Ämterverständnis noch nicht abschließend geprägt war.

RÜCKBESINNUNG AUF JESUS CHRISTUS

Über Jahrhunderte hinweg blieb der Gleichheitsgedanke, den Jesus so stark vorlebte, durch die wechselvolle Kirchengeschichte verschüttet, bis das Zweite Vatikanische Konzil einen Paradigmenwechsel brachte und die Gleichheit von Mann und Frau in den Konzilskonstitutionen theologisch begründete – sowohl aufgrund der Schöpfungs- als auch der Erlösungsordnung. „Jede Form einer Diskriminierung in den gesellschaftlichen und kulturellen Grundrechten der Person, sei es wegen des Geschlechts […], muss überwunden und beseitigt werden, da sie dem Plan Gottes widerspricht.“ (Gaudium et spes 29). So formulierten es die Konzilsväter vor über 50 Jahren. Ein revolutionärer Schritt für die katholische Kirche, der bis heute wenig Auswirkungen auf die Stellung der Frau in der Kirche hat. Den Fortschritt, den das Zweite Vatikanische Konzil damals brachte, deute ich als außerordentlichen Schritt, der zwar heute noch bei weitem nicht in allen Ländern und Kulturen voll und ganz umgesetzt ist, aber ein deutliches Signal für Kirche und Gesellschaft darstellt. Um diesem zentralen Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es einer weltweiten, geistgewirkten Bewegung, ja eines Aufstands, der von Frauen und Männern getragen sein muss. Neben den unzähligen Frauengruppen in der Kirche gibt es auch sehr viele Männer, welche die Anliegen der Frauen tatkräftig unterstützen. Ebenso unterstützen viele Priester weltweit die Forderung nach dem Frauenpriestertum.

 

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil verfolgten die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. einen betont restaurativen Kurs. Papst Johannes Paul II. verhängte gar ein Rede- und Schreibverbot und suchte damit jegliche Diskussion über die Gleichstellung der Frau in der Kirche zu unterbinden. So legte er in seinem Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis (1994) fest, dass die Kirche keinerlei Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Alle Gläubigen der Kirche hatten sich diesem päpstlichen Verbot zu fügen. Priester und Bischöfe, die sich weiterhin für das Frauenpriestertum einsetzten, wurden gar exkommuniziert (etwa Pater Roy Bourgeois in den USA), und in der Wissenschaft wurden Lehrverbote verhängt. Bis heute gilt, dass eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Frauenpriestertum, die von der offiziellen Lehre der Amtskirche abweicht, kaum förderlich für eine „Karriere“ in der Kirche ist. Obwohl das katholische Lehramt in den 1990er Jahren versuchte, die Diskussion über Frauen in kirchlichen Ämtern „endgültig“ (Formulierung von Johannes Paul II. in Ordinatio sacerdotalis aus dem Jahre 1994) zu beenden, gelang ihm dies nicht ganz. Jahrelang wurde zwar der Deckel auf den kochenden Topf gedrückt, aber irgendwann ging auch dem obersten Lehramt die Kraft und mithin auch die theologischen Argumente aus. Frauen ließen es sich nicht mehr gefallen, zwar als „Menschen mit gleicher Würde, aber nicht mit gleichen Rechten“ anerkannt zu werden, und erhoben ihre Stimmen. Die Frauen von Maria 2.0, die im Frühsommer 2019 in Deutschland protestierten und ein großes mediales Echo hervorriefen, zeigten, dass sie mit dem kirchlich-patriarchalen Frauenbild unzufrieden sind und auf eine grundlegende Änderung der Geschlechterverhältnisse hinwirken möchten.

SÜDAMERIKANISCHE LÄNDER WÜNSCHEN SICH FRAUENPRIESTERTUM

Da zahlreiche geweihte Männer im Vatikan keinerlei Interesse haben, die Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft zu verbessern, bedarf es der kirchlichen Basis und mutiger Amtsträger, die aufstehen und auf diese schreiende Ungerechtigkeit hinweisen. Weltweit gibt es bereits heute viele Frauenvereine und Organisationen, die sich für gleiche Rechte einsetzen. Auch in zahlreichen südamerikanischen Ländern wünschen sich die Menschen die Ämteröffnung für die Frau (vgl. Umfrage von Pew Research Center). In Brasilien, wo weltweit die meisten Katholik*innen (135 Mio.) leben, könnten sich 78 Prozent der Befragten Frauen am Altar vorstellen. Zum Vergleich die Urnenabstimmung der Katholikinnen und Katholiken aus den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft (Schweiz) im Jahr 2014: Dort votierten gar 81,8 bzw. 87,4 Prozent für die Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern und für die Aufhebung des Pflichtzölibats.

Obwohl diese Zahlen eindeutig sind, hinkt die Kirche in Sachen Gleichberechtigung meilenweit hinterher. Da das Traditionsargument und das Mannsein Jesu von den Gläubigen kaum mehr als Ausschlusskriterium der Frauen von Weiheämtern akzeptiert wird, wird heute von bestimmten restaurativen Kreisen gerne von der „Kirchenspaltung“ geredet, zu der es käme, wenn Frauen zu Weihe- und Leitungsämtern zugelassen würden. Doch Fakt ist, dass die Spaltung in der katholischen Kirche längst und schleichend im Gange ist. Die hohen Austrittszahlen bestätigen die Unzufriedenheit der Glaubenden. Viele Menschen verlassen die Kirche wegen des hohen Reformstaus, der eher zögerlichen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und der fehlenden Gleichstellung der Frau in der katholischen Kirche.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat neue, wegweisende Maßstäbe gesetzt, die Kirche im Licht des Evangeliums und der Tradition erneuert. Da die Kirche nicht nur eine geistliche Gemeinschaft, sondern auch eine weltliche Organisation ist, die Recht setzt und Recht schützt, muss es ein zentrales kirchliches Anliegen sein, die Grundrechte des Menschen nicht nur nach außen („ad extra“) einzufordern, sondern auch nach innen („ad intra“) zu achten und umzusetzen. Es bestehen in bestimmten Grundrechtsbereichen nach wie vor schwerwiegende Defizite, die innerkirchlich mittelbis langfristig behoben werden müssen (vgl. Hollerbach, 1314f.; Hilpert, 69; Rahner, 215).

So könnte die katholische Kirche Vorreiterin einer besseren, friedlicheren und gerechteren Welt sein. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau wäre nicht nur ein bedeutender Gewinn für die Pastoral, sondern könnte auch zur Befreiung der Frau aus unterdrückenden Systemen beitragen. Denn in vielen Ländern der Welt leiden Frauen unter dem jeweils gesellschaftsprägenden patriarchalischen Frauenbild. Die katholische Kirche könnte in denjenigen Gesellschaften positive Impulse vermitteln, die Frauen einzig aufgrund des Geschlechts weniger Chancengleichheit einräumen. Gesellschaften, in denen Mann und Frau gleiche Rechte und Lebenschancen haben, bieten Mädchen und Frauen bessere Schulbildung und bessere Gesundheitsversorgung. Sie erwirtschaften ebenso ein höheres Bruttoinlandsprodukt (vgl. Bohnet, 18ff.). Diejenigen Gesellschaften gelten als stabil, die von Männern und Frauen zu gleichen Teilen geprägt werden. So könnte langfristig mehr Friede in dieser Welt herrschen.

Der Druck der Basis auf das kirchliche Lehramt darf nicht nachlassen. Dass Frauen unter einem patriarchalischen Frauenbild leiden, entspricht nicht dem Willen Jesu. Deshalb braucht es verschiedene Ebenen des Aufstands: Zum einen die Basis, die lautstark ist und ihre Bischöfe in die Pflicht ruft. Zum anderen die Bischöfe selbst, die auf die Stimme des Volkes hören, mutig sind und berechtigte Reformanliegen wie das Frauenpriestertum in Rom vertreten. Und vor allem braucht es einen langen Atem und das Hoffen auf das Wirken des Heiligen Geistes.

LITERATUR

Blank, Josef, Frauen in den Jesusüberlieferungen, in: Dautzenberg, Gerhard/Merklein, Helmut/Müller, Karlheinz, Die Frau im Urchristentum, Freiburg i. Br. 1983, 9-91.

Bohnet, Iris, What Works. Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann, München 2017.

Dautzenberg, Gerhard, „Da ist nicht männlich und weiblich“. Zur Interpretation von Gal 3,28, in: Kairos 24 (1982), 181-206.

Heininger, Bernhard, Frauen im frühen Christentum. Aufbrüche und Abbrüche, in: Mayer, Cornelius (Hg.), Würde und Rolle der Frau in der Spätantike. Beiträge des II. Würzburger Augustinus-Studientages am 3. Juli 2004, Würzburg 2007, 53-70.

Hilpert, Konrad, Menschenrechtsrezeption in der Kirche, in: Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften. Menschenrechte in der katholischen Kirche [Bd. 55], Münster 2014, 50-78.

Hollerbach, Alexander, Naturrecht IV, in: Görres-Gesellschaft (Hg.), Staatslexikon. Recht. Wirtschaft. Gesellschaft [Bd. 3], Freiburg i. Br. u. a.71987, Sp. 1312-1315.

Leo XIII., Rundschreiben Arcanum divinaesapientiae vom 10.02.1880, in: ASS 12 (1879–1880), 389.

Petersen, Silke, Maria aus Magdala. Die Jüngerin, die Jesus liebte, Leipzig22015.

Pottmeyer, Hermann Josef, Dialogstrukturen in der Kirche und die Communio-Theologie des Zweiten Vatikanums, in: Wiemeyer, Joachim (Hg.), Dialogprozesse in der Katholischen Kirche. Begründungen – Voraussetzungen – Formen, Paderborn 2013, 133-147.

Rahner, Johanna, Kraft der Veränderung. Ekklesiologische Perspektiven, in: Dies./Söding, Thomas (Hg.), Kirche und Welt – ein notwendiger Dialog. Stimmen katholischer Theologie, Freiburg i. Br. 2019, 197-231.

Pro und Contra

Von Quellen und dem Umgang mit ihnen. Wie Theologie und Kirche nach dem „Willen Gottes“ im Blick auf Frauen forschen

Die Replik von Andrea Qualbrink auf Jacqueline Straub

Jacqueline Straub legt eine klare Positionierung vor: In der katholischen Kirche sind Frauen nicht gleichberechtigt – sie sind zu Weiheämtern nicht zugelassen. Diese Diskriminierung aufgrund des Geschlechts entspricht nicht dem Willen Jesu – darum braucht es einen weltweiten Aufstand. In meiner Replik will ich vier Punkte aus Straubs Aufsatz aufgreifen und weiterdenken. In allen Punkten versuche ich, einen Schritt zurückzutreten und Hinter- und Untergründe mit wahrzunehmen.

DIE ANLIEGEN DER FRAUEN UND DAS FRAUENPRIESTERTUM

Straub macht deutlich: Ihr Fokus ist die Zulassung der Frauen zu den Weiheämtern, vor allem zum Priestertum. Zugleich spricht sie aber auch allgemeiner von den „Anliegen der Frauen“ und dem fehlenden Interesse zahlreicher geweihter Männer im Vatikan, „die Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft zu verbessern“. Das ist wichtig. Die sogenannte „Frauenfrage“ geht nicht in der Forderung nach dem Priesteramt oder den Weiheämtern auf. Sie führt vielmehr zu der fundamentalen Frage nach dem Umgang mit den Geschlechtern in Theologie und Kirche. Von hier gehen die Forderungen weiter: Es geht um Geschlechterbilder, um verschiedenste Orte und Aufgaben, um Anerkennung und Diskriminierung, um alle Menschen jeglichen Geschlechts im Volk Gottes. Es geht in intersektionaler Perspektive um Hierarchisierungen aufgrund von Geschlecht und Stand, es geht um Macht und um die Begründung von Ausschlüssen, um die Sakramentalität der Kirche, um Aufgaben, Dienste und Ämter – und um die Frage, ob Gott die Kirche so gewollt hat. Und dann ist die Diskussion um und die Weiheämter für Frauen zentral, tangiert sie doch alle eben genannten Bereiche und darüber hinaus, ob und wie Berufungen anerkannt werden. Bei den „Anliegen der Frauen“ geht es für Kirche und Lehramt in einem ersten Schritt um eine Haltung der Conversio: Zuhören und Hinschauen statt Definieren und Platzieren (vgl. Gruber, 49ff.).

DIE FRAGE DER GLEICHBERECHTIGUNG UND DER UMGANG MIT QUELLEN

Die Haltung der Conversio bezieht sich – tritt man einen Schritt zurück – auch auf die Quellen für theologische Auseinandersetzungen. Jacqueline Straub schreibt, dass es um „Gleichberechtigung von Mann und Frau“ gehe, dass die Kirche die Grundrechte der Menschen nach außen einzufordern und nach innen durchzusetzen habe und schließlich, dass es dem Willen Jesu nicht entspräche, dass Frauen unter einem patriarchalischen Frauenbild leiden. Dem stimme ich zu – und ergänze: Es braucht eine Auseinandersetzung mit der Frage, auf welche Quellen Theologie und Kirche im Blick auf Frauen zurückgreifen und wie: Wie werden Erkenntnisse aus Referenzwissenschaften rezipiert und welche (normative) Kraft haben sie? Wie gehen wir mit Bibel, Tradition und Lehramt um und welche Bedeutung haben die Zeichen der Zeit?

Die rechtliche Situation beschreibt Christiane Florin salopp treffend so: „Der demokratische, gewaltenteilig verfasste Staat schreibt den Religionsgemeinschaften nicht vor, sich demokratisch, gewaltenteilig zu organisieren. Er lässt ihnen auch die Freiheit, Art. 3 des Grundgesetzes außer Acht zu lassen. Religionen dürfen bei der Ämtervergabe Menschen aus Gründen des Geschlechts und der sexuellen Orientierung benachteiligen; sie dürfen behaupten, das sei keine Diskriminierung, das sei die Wahrheit“ (Florin 2020). Gleichzeitig wäre es aber Aufgabe der Kirche, die Menschenrechte und Antidiskriminierungsgesetze als Zeichen der Zeit zu erkennen und im Licht des Evangeliums zu deuten (vgl. hierzu Ahlers sowie Buser). Auch der sensus fidei (vgl. Lumen gentium 12) müsste als Quelle ernstgenommen werden: Welche Bedeutung wird etwa dem breiten Aufbegehren und den 42.349 Unterschriften im offenen Brief an den Papst durch die Initiative Maria 2.0 beigemessen?

Hinsichtlich der Weihe werden Frauen als Folge von dem benachteiligt, was Menschen als „Wille Gottes“ bzw. „Willen Jesu“ beschrieben haben. Doch was genau wissen wir darüber? Ich sehe als Theologin nicht, wie Menschen Gottes oder Jesu Willen endgültig einsehen könnten. Nach Gaudium et spes 62 ist es allerdings unsere Aufgabe, uns um eine tiefe Erkenntnis der geoffenbarten Wahrheit zu bemühen und die uns zur Verfügung stehenden Quellen zu nutzen – hierzu gehören auch die genannten Referenzwissenschaften. So können etwa die differenzierenden Sichtweisen aus der interdisziplinären Geschlechtertheoriedebatte nicht weiter ignoriert werden, wenn sich das Lehramt zu den Geschlechtern äußert und daraus weitreichende Konsequenzen zieht. Auch auf dem Synodalen Weg und nicht nur im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ wird es darum gehen müssen, wie mit nicht-theologischen Referenzwissenschaften umgegangen wird.

Was den Umgang mit den zentralen Quellen Bibel, Tradition und Lehramt anbelangt, ist die Gemengelage problematisch. Zwar hat das Zweite Vatikanische Konzil in Dei Verbum sich deutlich für eine fundierte theologische Auseinandersetzung mit den biblischen Quellen ausgesprochen, letztlich aber, dies zeigt Georg Essen in aller Härte auf, behält das Lehramt in der Auslegung von Bibel und Tradition formal immer recht: „Maßgeblich und entscheidend ist nicht, was mit welchem Argument vorgetragen wird, sondern allein, wer mit welcher formalen Geltung spricht“ (Essen, 4). Treffend wertet er die im 19. Jahrhundert konstituierte Hermetik so: „Der Mühlstein des 19. Jahrhunderts hängt ihr, der Kirche, um den Hals und lähmt ihren aufrechten Gang“ (Essen, 7). Man könnte hinzufügen: Es erschwert die Conversio und führt dazu, dass Hinschauen und Zuhören nicht zu notwendigen Konsequenzen führen.

 

GEGEN AUFGABEN, DIENSTE UND ÄMTER „SUI GENERIS“

Jacqueline Straub beschreibt, wie Frauen und Männer aufgrund ihres Geschlechts in Theologie und Kirche durch Jahrhunderte hindurch unterschieden und wie Frauen Männern untergeordnet wurden. Auch in aktuellen lehramtlichen Texten werden Frauen und Männer differenziert – wobei das differenzierende und definitorische Interesse ausschließlich dem „Genius der Frau“ (Schreiben über die Zusammenarbeit von Mann und Frau), ihrer „spezifischen Macht“ und „dem eigenen weiblichen Stil“ (Nr. 101.103) gilt. Tritt man einen Schritt zurück, liegt in der geschlechtsbezogenen Differenzierung auch der Grund für jene Ansätze, neue frauenspezifische Aufgaben, Dienste und Ämter zu entwickeln (vgl. auch hier Nr. 102). Dem widerspreche ich ausdrücklich. Aufgaben, Dienste und Ämter sollten vom Auftrag der Kirche her (weiter-)entwickelt und entsprechend der vielfältigen Charismen und Kompetenzen von Menschen besetzt werden – unabhängig von ihrem Geschlecht.

DIE WELTKIRCHLICHE PERSPEKTIVE

Am Ende ihres Textes tritt Jacqueline Straub selbst einen Schritt zurück und schreibt sehr zutreffend, dass eine katholische Weltkirche, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau vertrete, Vorreiterin einer besseren, friedlicheren und gerechteren Welt sein könnte. Damit dreht sie auch den bekannten Einwand, die Forderung nach gleichen Rechten und Weiheämtern für Frauen in der katholischen Kirche sei kein weltkirchliches Thema, um. Ich ergänze: Wir sind in der privilegierten Situation, uns in Breite und Tiefe mit dem christlichen Glauben, der Theologie und Fragen um Frauen in der Kirche auseinanderzusetzen. Es ist darum auch eine Verantwortung, genau das zu tun und die Erkenntnisse weltweit zur Diskussion zu stellen. Die bestehenden Aufstände sind für die Weiterentwicklung der Kirche notwendig. Kraft gewinnen sie vor allem durch Öffentlichkeit und durch viele Beteiligte – dabei neben der Basis, den Verbänden, Orden, Gruppierungen, Einzelpersonen, haupt- und ehrenamtlich Tätigen und den Bischöfen auch die Wissenschaft.

Zum Schluss noch einmal Christiane Florin: „Warum bist du noch dabei, werde ich immer häufiger gefragt. Ich stammle dann etwas von Nostalgie und Biografie. Aber eigentlich denke ich ganz böse: Wir Geduldigen sind Komplizen“ (Florin 2019). Viele Frauen bleiben. Duldend und ungeduldig zugleich. Es ist ein Balanceakt.

LITERATUR

Ahlers, Stella, Gleichstellung der Frau in Staat und Kirche – ein problematisches Spannungsverhältnis, Münster 2006.

Buser, Denise, Der Zugang der Frauen zu religiösen Leitungsämtern – eine Frage der Gerechtigkeit, 2015; abrufbar unter: https://www.feinschwarz.net/der-zugang-der-frauen-zu-religioesenleitungsaemtern-eine-frage-der-gerechtigkeit/#more-1517.

Essen, Georg, The „Invention of Tradition“. Führung und Macht jenseits der Theologie des 19. Jahrhunderts?, in: Jürgens, Benedikt/Sellmann, Matthias (Hg.), Führen und Entscheiden in der katholischen Kirche (Arbeitstitel; Quaestiones Disputatae), Freiburg i. Br. in Vorbereitung.

Florin, Christiane, Die Herrenboutique, der Klerus und die Demokratie, 2020; abrufbar unter: https://www.weiberaufstand.com/post/die-herrenboutique-der-klerus-und-die-demokratie.

Florin, Christiane, Warum, zum Teufel, bin ich so geduldig?, 2019; abrufbar unter: https://www.weiberaufstand.com/post/2019/02/25/warum-zum-teufel-bin-ich-so-geduldig.

Gruber, Margareta, „Frau, dein Glaube ist groß“. Ermutigungen zu einer Konversio, in: Bode, Franz-Josef (Hg.), Als Frau und Mann schuf er sie. Über das Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche, Paderborn 2013, 37-54.

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Nachsynodales Apostolisches Schreiben Querida Amazonia von Papst Franziskus an das Volk Gottes und an alle Menschen guten Willens (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 222), Bonn 2020. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 166), Bonn 2004.

[Links alle zuletzt eingesehen am 22. April 2020]

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