Always Look On The Bright Side Of Life

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THE ARTFUL NUDGER:

DER KNIFF MIT DEM KNUFFEN

John Cleese hatte David Frost aus dem Wrack der extrem amüsanten Cambridge Circus-Revue gerettet, die am Broadway nach einer harschen Kritik in der New York Times gesunken war. Obwohl er selbst ein schwacher Darsteller war, achtete David stets penibel darauf, sich mit witzigen Männern zu umgeben. Außerdem erkannte er den Wert, gutes Material zur Verfügung zu haben. Sein Anruf „aus heiterem Himmel“ bei John Cleese in New York mit dem Angebot, bei The Frost Report (Der Frost-Report) einzusteigen, besiegelte Johns Zukunft im Fernsehen. Also weit weg von den Ambitionen seiner Mutter, ihn zum Geschäftsführer bei Marks & Spencer in Weston-super-Mare zu machen. Des Supermarktes Verlust hieß der Komödie Gewinn.

Frostie vermittelte uns allesamt großartige Jobs als Autoren seiner neuen Show für das BBC-TV, wofür wir uns in höchstem Maße undankbar erwiesen. Fast direkt aus dem College entlassen, waren wir nun plötzlich alle Teil eines Riesenerfolges. Die Sendung The Frost Report wurde einmal pro Woche live vom BBC Television Theatre in Shepherds Bush übertragen. Dessen irrsinnig witziges Ensemble mit Ronnie Barker, Ronnie Corbett, Sheila Steafel und John Cleese präsentierte Sketche zu wöchentlich wechselnden Themen (Bildung, Politik, Kunst), verbunden durch das, was David ziemlich hochtrabend CDM nannte (Kontinuierlich Durchentwickelter Monolog), und dann von John und Graham verächtlich OJARIL (Old Jokes und Ridikül-Irrelevante Links). Es war schon erstaunlich, dass ich mit dreiundzwanzig ein Autor dieser extrem witzigen Show war. Während mir beim BBC Radio pro Minute drei Goldguineen gezahlt worden waren, schrieb ich meine Gags und Sketche nun für das BBC TV – und bekam zehn Guineen pro Minute (sechzig heutige Euro). Ich hatte Geld auf der Tasche, ein Auto, Mädels und einen Agenten: Roger Hancock – den Bruder des legendären britischen Comedian Tony Hancock, der mir diesen unschätzbaren Ratschlag gab: Sei verfügbar. Das war ich dann auch – für Geld, Sex und Showbusiness. Ich wohnte in einer Dachgeschoss-Wohnung in Notting Hill Gate und nahm meinen Lunch im The Sun in Splendour in der Portobello Road ein. Da konnte ich dann den Gästen lauschen, wie sie an der Bar meine Witze aus der TV-Show des vorherigen Abends durchkauten. Bald wurde mir klar, dass der Wert des Schreibens und der Schreiberlinge mit zweierlei Maß gemessen wurde. Am Tag der Show erschien ein Taxi, um meine Gags in Empfang zu nehmen: Ich hingegen musste die U-Bahn nehmen.

Als The Frost Report die Goldene Rose von Montreux verliehen bekam, zeigten sie ausgerechnet meinen Karate-Sketch in den BBC-Fernseh-Nachrichten. Mein Glück ward vollkommen.

Als Nächstes bat David Frost mich, Graham Chapman und Barry Cryer, eine Fernsehshow für Ronnie Corbett auszuarbeiten. Die nannte sich No – That’s Me Over Here (Nee, das bin ich hier vorne). Graham hatte am St. Barts Hospital promoviert und schrieb nun professionell mit John. Die beiden hatten sich wieder mit Tim Brooke-Taylor zusammengerauft: für eine extrem witzige Late-Night-Comedy-Show. Sie hieß At Last the 1948 Show (Endlich die 1948-Show), wurde von David produziert, und ich spielte darin dann jede Woche sehr kleine Rollen. John hatte sich für Marty Feldmans Teilnahme ausgesprochen, aber David sperrte sich gegen ein Casting von Marty. „Wie sieht der denn aus?“, meinte er, aber John setzte sich durch. Marty wurde sofort zum Star. Nach zwei kurzen Staffeln seiner brillant witzigen Comedy ging Marty zur BBC, um seine eigene Serie zu drehen. Ich habe Marty geliebt. Er und seine Frau Lauretta nahmen mich unter ihre Fittiche und schleppten mich an Sonntagen zu den Live-Aufzeichnungen von Round The Horne (nicht „Rund um Kap Hoorn“, sondern „Rund um Kenneth Horne“), die Marty mit Barry Took verfasste. Marty und Cleese traf ich eines Tages auf der Straße – sie lachten sich geradezu scheckig. Sie waren zwei sehr attraktiven jungen Damen begegnet, die sich bückten, um etwas auf dem Pflaster zu suchen.

„Was macht ihr da?“, fragten sie.

„We’re looking for a screw.“ („Wir suchen nach einer Schraube.“)

Und zwei hysterische Comedians schlagen sich auf die Schenkel: Auf Englisch kann das nämlich auch klingen wie: „Wir würden uns gerne mal schrauben lassen!“

Der legendäre TV-Drehbuchautor Barry Cryer hatte mir als Mentor gedient, als ich ein junger Autor war – zusammen mit Dick Vosburgh bei The Frost Report. Er schien einen endlosen Vorrat an Gag-Sammlungen zu besitzen. Während Barry und ich für Ronnie Corbett schrieben, war Graham oft nicht dabei, weil er die 48 Show verfasste. Eines Tages riefen wir ihn an und baten darum, ihn zu sprechen. Wir hatten ein Problem mit dem Plot, zu dem wir seine Vorstellungen brauchten.

„Aber der ist doch bei dir“, meinte ein erstaunter Tim.

„Ähm, nein, der ist bei dir …“

Aber natürlich war er bei keinem von uns. Stattdessen hatte er sich nach Hampstead geschlichen, wo er einen geheimen Boyfriend versteckt hielt. Er war David Sherlock auf Ibiza begegnet, als er und John ein Filmdrehbuch entwickelten. Er hatte sich verliebt, war heimlich mit ihm in ein Apartment in Hampstead gezogen und hatte all dies ein ganzes Jahr geheim gehalten. Am Ende kam alles bei einer Coming-Out-Party ans Licht – die erste Person, die ich dort erblickte, war Grahams weibliche „Verlobte“. In Tränen aufgelöst.

„Dies ist der Mann, den ich liebte“, so stellte er mir David vor.

Na klar. Nun ergab das alles einen Sinn. Dort war er also gewesen! Leider hielt Graham meine Gedanken für Missbilligung und schrieb später, dass ich nicht zu wissen schien, was es mit Homosexuellen so auf sich hat. Ziemlich unwahrscheinlich nach zwölf Jahren Internat, drei Jahren in Cambridge, sechs Monaten im Repertoire-Theater, zwei Jahren bei der BBC und einem aktuellen Wohnsitz über der Gay News-Redaktion am Redcliffe Square. Ich erinnere mich genau an meine Gedanken. Du Miststück! Du warst da oben in Hampstead beim Poppen, während du eigentlich mit uns schreiben solltest. Wie auch immer, David Sherlock ist ein äußerst netter Mann, und Graham lebte glücklich mit ihm bis ans Ende seiner Tage. Marty rief uns am nächsten Tag an und meinte: „Hört jetzt bloß nicht auf, Schwulenwitze zu erzählen.“

Ein paar Jahre später bekam ich diesen Brief über Graham:

Liverpool

Merseyside

25/10/74

An Herrn E. Idle

Sehr geehrter Herr,

am 18. Juli 1960 war ich in der St. Elizabeth’s Kirche in Litherland, als mir Unser Herrgott Jesus Christus erschien. Er zeigte mir, wie Er uns erschuf, mit dem Mittelfinger Seiner linken Hand. Er zeigte auf eine weiße Staubwolke!

Da erschien ein Mann. Er nannte uns nicht seinen Namen, aber er sagte, er stamme aus Monty Python’s Fliegendem Zirkus. Er sagte, er werde gerade im Fernsehen interviewt, und fügte hinzu, er sei ein Homosexueller. Auf der Levitikus-Seite 102 der Heiligen Schrift spricht Gott in Absatz 20, Vers 13: „Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Greueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen.“

„Gelobet seist Du, o Herr.“

Gott segne euch.

Mrs. B. Campbell

Ich schrieb zurück.

An Mrs. B. Campbell

BBC TV Centre

Shepherds Bush

London

24/11/1974

Liebe Frau Campbell,

vielen Dank für Ihren Brief.

Wir haben herausgefunden, wer es war, und ihn getötet.

Hochachtungsvoll

Eric Idle


Ein erneuter bedeutsamer Anruf von Humphrey Barclay sollte mein Leben ein weiteres Mal ändern. Ob ich gerne ein Sketch-Programm im Kinderfernsehen für die ITV schreiben und spielen würde? Klar, verdammt. Reine Schlauheit ließ mich fragen, ob ich Michael Palin und Terry Jones dabeihaben könne. Er war einverstanden, sie waren einverstanden, und plötzlich hatten wir Hauptrollen in unserer eigenen TV-Serie. Natürlich wandte die sich nur an Kinder, aber wir beschlossen, sie auf keinen Fall von oben herab zu behandeln, sondern nur das zu präsentieren, was wir witzig fanden. Humph brachte David Jason mit dazu, außerdem Denise Coffey und The Bonzo Dog Doo Dah Band, eine exzentrische Gruppe aus Kunststudenten, die verflucht schräge Songs brachte – mit Vivian Stanshall als Leadsänger und Neil Innes als Pianist. Ich bin mir sicher, dass Python durch die Begegnug mit den Bonzos – einem bizarren Dadaisten-Orchester – einen Wahnsinns-Schub bekam. Zwei komplette Staffeln hindurch kollidierten wir als Oxbridge Boys (Oxford & Cambridge) mit den Besten der britischen Kunsthochschulen, wenn sie dann von den Strapazen ihrer Tourneen in unseren Schminkraum rauschten, um das Kommando über die Haartrockner zu übernehmen. Ihre beknackte, schrullige, wunderbare Musik verknüpfte sich perfekt mit unserer Pokerface-Entschlossenheit, unser junges Publikum nicht überheblich anzugehen.

Eines Tages wollte uns ein schräg aussehender Amerikaner mit langem Haar nach der Show kennenlernen. Er sah ein bisschen aus wie John Denver und trug einen afghanischen Yak-Fell-Mantel. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich liebte diesen Mantel. Er lieferte uns eine exotische Freundin und einige Sketche, sowohl geschriebene als auch gezeichnete. John Cleese hatte ihn zu Humphrey Barclay geschickt, dem er in New York begegnet war. Nun wollte er bei unserer Show mitarbeiten. Mike und Terry hassten ihn sofort. Wofür in aller Welt brauchten wir einen weiteren Autor? Auch noch einen Amerikaner? War ich verrückt? Ich weiß nicht warum, aber ich war überzeugt, dass er das gewisse Etwas hatte, und es war nicht nur sein exotischer Mantel. Zum Glück hörten sie auf mich, und so trat Terry Gilliam in unser Leben. Schon bald entdeckte er sein Metier: kurze Trickfilme zu produzieren, einschließlich des großartigen Streifens Christmas Card (Weihnachtskarte), und eines noch ausgefalleneren mit dem Titel Elephants (Elefanten), dessen Erzähltechnik des Bewusstseinsstroms schon bald die Grundlage für Monty Python werden sollte.

 

Do Not Adjust Your Set (Justieren Sie nicht Ihr Gerät nach) erwies sich von Anfang an als Hit. Wir fingen bei Rediffusion-TV in Schwarz-Weiß an und gewannen den Prix Jeunesse in München. Und als der Sender seine Lizenz verlor, wurden wir von dessen Nachfolger Thames Television für eine zweite Staffel übernommen, dieses Mal in Farbe. Unsere Sendezeit um 17:25 Uhr hieß, dass wir nicht nur Kinder erreichten, sondern auch alle Londoner Kellner und einen ordentlichen Anteil Erwachsener, die früher von der Arbeit heimkehrten. Zwei von jenen, die stets ihre Arbeit unterbrachen, um uns zuzuschauen, waren John Cleese und Graham Chapman. Die hielten das für das Witzigste überhaupt im Fernsehen. Im Jahr 1969 fragten sie uns eines Tages, ob wir nicht Lust hätten, mit ihnen zusammen eine BBC-Show zu machen – eine schrullige TV-Option für Pub-Heimkehrer an den früh schließenden Sonntagabenden. Zu jener Zeit hatten wir ein bedeutendes Angebot des ITV für unsere eigene 90-Minuten-Show für Erwachsene zur Prime Time. Doch leider mussten wir achtzehn Monate lang auf ein Studio warten. Daher beschlossen wir, dieses BBC-Ding mit John und Graham dazwischenzunehmen, während wir auf unseren großen Durchbruch warteten …

So ging es mit Monty Python los.


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UND NUN ZU ETWAS EIN KLEIN WENIG KOMPLETT ANDEREM

Über Monty Python ist dermaßen viel geschrieben worden. Da stapeln sich Memoiren, Tagebücher, ganze Bände über die Pythons, Bücher von den Pythons über andere Pythons, Artikel über die Bücher von den Pythons, unzählige Interviews, Autobiografien, Dokumentarfilme … jede Menge Dokus. Ich glaube, es gibt mehr Stunden Doku-Material über die Pythons als Python-Sendeminuten. Also füge ich jetzt all diesen durch die Mangel gedrehten Erinnerungen meine eigenen konfusen, voreingenommenen und zutiefst zynischen Schilderungen dessen hinzu, wovon ich glaube, dass es passiert sein könnte? Klar tue ich das. Aber Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, die Sie sich bereits für dieses Buch von dermaßen viel Geld getrennt haben, steht es natürlich frei, gleich zu den versauten Stellen vorzupreschen.

Keine Chance. Es gibt keine.

George Harrison sagte einmal zu mir: „Hätten wir gewusst, dass aus uns mal die Beatles würden, dann hätten wir uns mehr angestrengt.“ Ich glaube, das Gleiche könnte man auch von Monty Python sagen. Wie um alles hätten wir auch nur im Geringsten ahnen können, dass wir mal zu denen werden? Damals machten wir einfach nur eine weitere Show, und dann auch noch eine zum Zeit-Totschlagen, bis dann bei ITV unser großer Durchbruch kam. Wer entscheidet über solche Dinge? Die Fernseh-Götter? Oder eine alte Lady in einem Cottage bei Luton? Klar, natürlich Letztere, aber sie ist verdammt schwer auffindbar.

Warum war Monty Python so erfolgreich? War es wirklich dermaßen anders? Natürlich war es das nicht. Die Leute scheinen zu glauben, dass Monty Python irgendwie komplett ausgereift aus dem Kopf irgendeiner wahnsinnigen Medien-Meduse entsprang, aber das ist keineswegs so. Zur Mitte der Sechziger Jahre hin entwickelte sich ein ganzes Bündel weiterer Shows dieser Art – die prallten aufeinander und lösten sich dann in heiße Luft auf. The Frost Report, I’m Sorry I’ll Read That Again, Twice A Fortnight (Zwei Mal in zwei Wochen), Broaden Your Mind (Erweitern Sie Ihren Horizont), How To Irritate People (Wie man Menschen irritiert), The Complete and Utter History of Britain (Die komplette und himmelschreiende Geschichte Britanniens) … Sämtliche späteren Pythons waren bei sämtlichen der späteren Goodies (Brooke-Taylor, Garden, Goodie) vertreten, jedenfalls in der einen oder anderen Show. Das eigentliche Monty Python wurde aus einer Kollision von Do Not Adjust Your Set und At Last the 1948 Show kreiert, als nämlich die Urheber der ersteren Show (also ich, Mike Palin, Terry Jones und Terry Gilliam) in die Ruinen Letzterer ballerten (John Cleese und Graham Chapman).

Was machte also Python unter allen TV-Shows, die zum Ende der Sechziger durch den Äther rauschten, so erfolgreich? Nun, wir waren jung. Wir waren bereit. Wir hatten die von Malcolm Gladwell empfohlenen zehntausend Stunden Vorbereitung abgerissen (siehe Outliers). Wir waren digital, und wir erschienen in Farbe, jedenfalls in der ersten Woche, in der die BBC überhaupt in Farbe sendete. Doch das war absolut lebenswichtig. Python begann exakt zum Start des digitalen Zeitalters. Das heißt, dass die Show nun fünfzig Jahre danach nicht so alt aussieht, als hätten wir sie in Schwarz-Weiß und auf Zelluloid gedreht. Dank der neuen Technologie können wir lästige Punkte wegpolieren. Dadurch sieht die Serie heutzutage sogar frischer aus als zu jener Kiffer-Steinzeit, in der sie ursprünglich ausgestrahlt wurde. Dazu kam noch, dass wir sowohl die Autoren als auch die Akteure waren, wobei die Autoren definitiv das Sagen hatten. Entscheidend ist auch die Vielschichtigkeit: Python bringt nicht nur eine Sorte Humor, sondern ein wahres Kompendium von Stilrichtungen. Während das Ensemble immer dasselbe bleibt, wechseln die Autoren ständig, wobei nie klar ist, wessen Hand sich gerade am Ruder befindet. Auf diese Weise brachten wir also visuellen Humor, verbalen Humor, Albernheit, Frechheit, Kultiviertheit, unverschämte Dreistigkeit – und das in permanenter Rotation, so dass für jeden etwas dabei war. Mir wurde klar, dass die Leute das mochten, während sie sich keineswegs darüber einig waren, welche Elemente ihnen gefielen. Außerdem landeten wir bei der BBC, als sie dort gerade ein neues Zeitfenster für uns klarmachten – am späten Sonntagabend, wenn dort normalerweise die Queen auf einem Pferd zu sehen war und das Fernsehprogramm endete. Die wussten es nicht, aber es gab eine ganze Menge Leute, die gerne noch aufblieben, wenn die Pubs dichtmachten. Ich reiße öfter Witze über Direktoren-befreite Comedy, aber bei der BBC ließen sie uns wirklich in Ruhe, besonders am Anfang. Und als sie sich schließlich mal einmischen wollten, war es zu spät. Außerdem konnten wir rein körperlich ziemlich überwältigend rüberkommen. Sechs große Männer, drei davon über 1,80 in ein BBC-Büro gequetscht – das reichte durchaus, um auch den mutigsten Programmplaner einzuschüchtern, selbst wenn nicht schon durch unsere Show längst klargewesen wäre, dass wir törichte, ignorante, hoffnungslose Idioten waren – dazu noch ohne Abschluss … Tatsache ist, dass wir ihnen Angst machten. Wir wussten nicht, was wir taten, bestanden aber darauf, es zu tun.

Das legendäre, chaotische erste Meeting mit Michael Mills fand am 23. Mai 1969 bei der BBC statt. Wir hatten uns vorher in Johns Wohnung in der Basil Street getroffen, also waren wir nicht völlig unvorbereitet. Aber wir hatten in keinem Bereich eine Übereinstimmung erzielt. Dieser Status quo sollte sich bis zum Ende halten. Wir konnten uns nicht über einen Namen für die Show einigen. Wir wussten nicht, ob Musikelemente dabei sein sollten (äh, vielleicht) oder Gäste (äh, womöglich) oder Filme (Oh ja, Filme, gute Idee). Am Ende meinte Michael Mills schließlich angesichts unserer selbstbewussten Ungewissheit, was denn nun in die Show kommen könnte: „Also dann verzieht euch mal und macht dreizehn Folgen.“ Wir konnten tun und lassen, was wir wollten, aber was sollte das sein? Wir hatten ja selbst keine Ahnung.

Für Do Not Adjust Your Set hatte Terry Gilliam höchst surreale Trickfilme entwickelt – in einer Art freischwebendem Stil, der Terry Jones zu der Aussage inspirierte, unsere neue BBC Show solle sich daran orientieren. Diese fesselnden Animationen gaben der Python-Show ihr Gerüst. Wir fügten damit eine stylische viktorianische Rahmenhandlung hinzu, die scheinbare Verbindungen zwischen völlig unterschiedlichem Material herstellte. Dieses Element – sowie unsere Versuche, Sketche durch Ideen, Themen und Inhalte zu verbinden – machte Monty Python von Anfang an zu etwas ein klein wenig komplett anderem. Obwohl wir nicht wussten, was wir wollten, wussten wir absolut sicher, was wir nicht wollten. Wir waren fest entschlossen, auf keinen Fall die übliche Art von leichter BBC-Unterhaltung zu fabrizieren, in der jemand sagte „Und nun zu etwas völlig anderem“ und irgendein Arsch was sang. Wir waren tatsächlich dermaßen zielbewusst, dass wir genau deren eigenen Slogan kidnappten und ihn zum geflügelten Wort machten. Wir waren der Gegenentwurf zum Satire-Boom der vorherigen Generation. Nichts war themenbezogen (also wirkte es langfristig). Und diese Comedy funktionierte exemplarisch: Sie brachte Typen statt Individuen. Aber unsere Gesinnung schien stets durch. Python sprang einem ins Gesicht – provozierend und äußerst albern. Wir waren nicht sofort beliebt. Es hagelte Beschwerden, und die Direktoren hassten es. Aber es füllte eine Lücke in ihrem Programm, und die BBC war schlau genug, die Ablehnung zu ignorieren. Auf diese Weise startete Owl Stretching Time (Eulen-Dehnen). So legte auch A Horse, a Spoon and a Basin los (Ein Pferd, ein Löffel und ein Bassin). Genau so ging auch Whither Canada? (Wohin des Weges, Kanada?) an den Start. So kam The Toad Elevating Moment (Der Kröten-erhebende Moment) ins Dasein. Derart erschien außerdem You Can’t Call A Show Cornflakes (Man kann eine Show nicht Cornflakes nennen). Einen Titel hatten wir derweil immer noch nicht. Die BBC drehte durch. In ihren Verträgen nannten sie das Ding Barry Took’s Flying Circus, weil der das fatale Meeting angesetzt hatte. Aber jedes Drehbuch, das von uns eingereicht wurde, hatte einen anderen Titel – einer schlimmer als der nächste ihrer Meinung nach. Schließlich stellten sie uns Ende Juli ein Ultimatum – da hatten die Dreharbeiten bereits begonnen. Sie mussten Tickets für das Studio-Publikum drucken. Sie mussten einen Titel haben.

Flying Circus gefiel uns allen. Wir konnten uns aber nicht einigen, wessen Zirkus das sein sollte. Michael wollte eine alte Lady namens Gwen Dibley in Suffolk überraschen und die Show nach ihr benennen. Während das in der Tat ganz witzig war, tauchten juristische Probleme auf. Schließlich schlug John Python vor und ich war für Monty, frei nach einem Typen mit Schnäuzer und Fliege in meiner Stammkneipe The Dog Inn in Mappleborough Green. Monty assoziierte man mit dem großen britischen General, der in El Alamein der Erste gewesen war und die Nazis besiegte, und außerdem mit einem schmierigen Theateragenten. Also wurde es dann Monty Python. Aber woraus sollte die Show bestehen? Wir hatten noch immer keinen Schimmer.

Wir versuchten zu debattieren, wovon die Show handeln sollte, scheiterten jedoch kläglich. Also legten wir einfach los und schrieben das, wonach uns gerade der Sinn stand, und trafen uns dann in Jonesys Haus in Camberwell, um uns unsere Sketche gegenseitig laut vorzulesen. Wenn wir lachten, kam der rein, und wenn nicht, dann verkauften wir ihn eben an The Two Ronnies. Zum Glück hatte ich einen Sketch für Ronnie Barker verfasst, der abgelehnt wurde. Wenn man den leise liest, hat er offensichtlich keine witzigen Stellen. „Geht bei deiner Frau was – weißt du, was ich meine, knuff, knuff, weißt du, was ich meine? Knuff knuff.“ Echt jetzt, wo ist das denn komisch? Aber als ich das dann laut vorlas, sozusagen in der Rolle, wieherten sie alle los, und es war mit das Erste, was von uns akzeptiert wurde.

Beim Aufbereiten unseres Materials entwickelten wir ziemliche Routine. So in etwa: „Dieser Sketch war bis Seite drei ganz lustig, aber dann zog der sich nur noch hin.“ Ehrlichkeit von Leuten, denen man vertraut, ist sehr hilfreich. Oft haben wir unsere Sketche dann ausgetauscht, und jemand anderer machte sich daran, so einen Text zu vollenden. Wenn es dann an die Auswahl ging, wurde ich immer überstimmt. Mike und Terry bildeten ein Team, ebenso John und Graham. Wenn sie also ihre Sketche vorlasen, hatten sie stets einen Partner, der passend lächeln und lachen konnte. Ich sah mich fünf Leuten gegenüber. Aber andererseits bin ich immer noch bei mir. Terry Gilliam driftete bei diesen Schreib-Sessions rein und raus – als eine Art sehr brauchbarer freier Radikaler. Anfangs hielten wir ihn davon ab, seine Cartoon-Ideen vorzulesen. Die bestanden nämlich aus viel „Knall“ und „Bumm“ und „Wumm“ – und wir sagten ihm, er solle einfach loslegen und sie fertigstellen.

 

Besetzt haben wir die Shows immer erst, wenn wir mit dem Schreiben durch waren. So konnten wir nicht durch irgendwelche schauspielerischen Vorlieben beeinflusst werden. Normalerweise war klar, wer was spielen würde, und die Autoren des Stücks kriegten den Vorrang. Um den Frost Report zu beginnen, hatten sich John und Graham in einer Art klassischem Sketch eingerichtet. In dem war John immer der aggressive Protagonist, der auf die Unterbrechungen eines sehr albernen Typen reagierte. (Marty spielte diese Rollen in der ’48 Show, aber bei Python entwickelte sich Michael zu einem perfekten Gegenpart für ihn.) Graham stellte autoritäre, dabei aber unfassbar schwache Typen dar, die hilflos auf externe chaotische Kräfte reagierten (etwa einen Oberst, König Arthur, Brian usw.). Terry Jones spezialisierte sich auf aggressiv laute, trutschige Frauen, und Terry Gilliam kriegte all das zugeschustert, was langes und dickes Schminken notwendig machte. So war es auch kein Wunder, dass er Maggie Weston heiratete – unsere Make-up-Lady. Die restlichen Rollen, oft eine ganze Palette von Charakteren, gingen an Mike oder Eric. Die Autorenschaft entschied dann, wer was darstellte: Nudge/Knuff für Eric, Ken Shabby/der schäbige Ken für Mike.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Monty Python nicht vor 1974 in Amerika herauskam – also nachdem wir mit dem englischen Fernsehen abgeschlossen hatten. Dadurch waren wir nicht durch persönliche Berühmtheit korrumpiert. Wir mussten uns nicht mit der heißen Luft eines sofortigen Promi-Status abgeben, dem sich das Ensemble von Saturday Night Live ausgesetzt sah. Mit Ausnahme von John Cleese, der durch den Frost Report berühmt war, hatte keiner einen Schimmer, wer bei uns wer war. Rückblickend ist es erstaunlich, dass John überhaupt noch mal in bandenmäßiger Besetzung auftreten wollte – immerhin war es seine vierte, seit er Cambridge verlassen hatte – I’m Sorry I’ll Read That Again, The Frost Report, The 1948 Show und nun Monty Python.

Tatsache ist, dass er Python bald überdrüssig wurde. Kein Wunder: Immerhin hatte er seit 1965 Sketche für das Fernsehen geschrieben und aufgeführt.

Unterdessen hatte ich geheiratet. Ich hatte mich in eine wunderschöne junge australische Schauspielerin namens Lyn Ashley verliebt, deren bemalte Brüste ich zunächst auf einem Plakat vor meinem örtlichen Kino gesehen hatte. Es machte Werbung für den Michael-Winner-Film I’ll Never forget What’s ’isname! (Was kommt danach …?), in dem sie zusammen mit Oliver Reed spielte. Ein paar Freunde hatten ein „Blind Date“ für uns arrangiert – in einer lausig kalten elisabethanischen Villa in Suffolk. Da pfiff der Wind durch. Die Küche schien mit ihrem Wärmespeicherofen der einzige warme Ort zu sein, und das Haus wimmelte von Kindern. Wir fanden heraus, dass die Gastgeberin mit ihrem Gatten im Streit lag und sich weigerte, in Erscheinung zu treten. Ich konnte sie mit einer Flasche Schampus rauslocken, und eine gewisse Ordnung kehrte ein. Lyn und ich entdeckten ein warmes Plätzchen im Westflügel und näherten uns einander, während ich die sperrigen Avancen des mütterlichen Pudels abwehren musste.

Schon bald zogen wir in mein Apartment am Redcliffe Square und flogen nach Mihas in Spanien, wo ich ihr einen Ring kaufte. Als die Dreharbeiten für Monty Python dann ein Jahr später im Juli 1969 begannen, kriegte ich es hin, mir die erste Woche freizuschaufeln, um zu heiraten. Wir wurden im Standesamt von Kensington und Chelsea vermählt.

Meine neue Schwiegermutter, Madge Ryan, schmiss eine Mega-Party in Adrienne Corris Haus in St. John’s Wood. (Beide Schauspielerinnen hatten zusammen in Stanley Kubricks Film A Clockwork Orange – Uhrwerk Orange – mitgewirkt). Danach reisten wir alle an die Küste. Die anderen nach Devon, ich nach Nizza. Während die anderen also den Bus nach Torquay nahmen, flog ich mit meiner nagelneuen Braut nach Cap d’Antibes, wohin uns Lauretta und Marty Feldman eingeladen hatten.

Die Ausstrahlung von Monty Python’s Flying Circus begann am Sonntag, dem 5. Oktober 1969, um 22:55 Uhr bei BBC1 – mit der zweiten Show, die wir aufgenommen hatten: der Untertitel lautete Whither Canada? Das ursprüngliche Studio-Publikum bestand hauptsächlich aus kleinen älteren Damen, die mit Bussen ins BBC Television Centre gekarrt worden waren. Die glaubten, sie kriegten eine Art Zirkus zu sehen. Weder die noch wir hatten die geringste Ahnung, worauf man sich eingelassen hatte. Während schon ein paar witzige Sketche dabei waren, gab es auch sehr schräge Momente. So zum Beispiel, als Terry Gilliam mitten in einem Sketch als Wikinger verkleidet auftauchte – ein Frettchen durch seinen Kopf gezogen – und „However“ sagte: „Wie auch immer.“ Ich glaube, das waren unsere Versuche, mal die Muskeln spielen zu lassen und die Freuden jener neuen Freiheit auszukosten, derer wir uns ja jetzt rühmen konnten. Wir taten das, weil wir’s konnten. Aber als ob sie uns auf unsere Plätze verweisen wollte, nahm uns die BBC von Zeit zu Zeit aus dem Programm und ersetzte uns durch eine Episode der Horse of the Year Show – der Gaul des Jahres. Gelegentlich strahlten diverse BBC-Sendegebiete auch ihre eigenen Regional-Shows aus. Dies führte bei unserem Publikum zu einiger Verwirrung – einer Verwirrung, die wir natürlich tunlichst auszunutzen planten. Wir gingen nun daran, falsche Vorspann-Sequenzen zu drehen. In einem Fall waren das zehn Minuten eines völlig fiktiven Piratenfilms, bevor die Freibeuter dann an einem Tisch mit John Cleese vorbeikamen, der trocken ankündigte: „Und nun zu etwas völlig anderem.“ Es war egal. Niemand schaute zu. Wir konnten das durchziehen, um wenigstens uns selbst glücklich zu machen.


Dieses Bewusstsein, auf Abstand zu gehen, sich in einer völlig anderen TV-Welt abseits dieser gemütlichen Domäne der leichten Unterhaltung zu befinden, war sehr befreiend. Und das Schrägste war, dass wir anfingen, eine Fangemeinde anzuziehen. Nach der ersten Staffel ließ uns die BBC eine Platte machen, die sich als Desaster herausstellte. Die nahmen uns an einem Sonntagmorgen vor einem gewissermaßen toten Publikum auf. Keiner von uns mochte das Ding, und danach produzierten wir einfach unsere eigenen Alben. Das attraktivste Beispiel ist eine quasi dreiseitige Platte, Monty Python’s Matching Tie and Handkerchief (Passender Schlips und Einstecktuch), bei der wir raffiniert doppelte Rillen in die B-Seite pressten, wodurch wir zwei kürzere parallele zweite Seiten erhielten. Welche Rille abgespielt wurde, hing davon ab, wo die Nadel aufsetzte. Es gab weder eine Ankündigung noch eine Warnung. Um für noch mehr Verwirrung zu sorgen, begannen wir diese Mini-Seiten beide mit demselben schlechten Gag: „And now a massage from the Swedish Prime Minister“ („Und nun eine Massage des schwedischen Premierministers“). Also konnte man nicht einmal versuchen, die gewünschte Seite zu finden. Verwirrung schien gut.

Wir waren immer noch „Außenseiter“ und verhielten uns rebellisch. So nahmen wir Anstoß daran, dass uns das „BBC Light Entertainment“ zu seiner Christmas Party einlud, weil die Einladung eine schwarze Krawatte verlangte. Im ersten Jahr gingen wir einfach nicht hin. Im zweiten Jahr waren John Cleese und ich fest entschlossen, einen Protest zu veranstalten. Wir planten völlig „overdressed“ aufzulaufen. So tauchten wir in Frack und Zylinder auf, komplett mit Handschuhen und Gehstock. Unsere Ankunft sorgte für mächtigen Aufruhr. Eric Morecambe kam zu mir rüber und meinte: „John Cleese hat mir gerade in den Nacken gebissen und ist dann zum Fenster rausgeflogen.“

Wir waren uns alle einig, dass unsere Show niemals in Amerika laufen würde. Die würden das schlicht nicht verstehen, und abgesehen davon würde das dort mit unserer Dreistigkeit und Nackheit auch nie für’s Fernsehen genehmigt werden. Als dann schließlich einige ernstzunehmende Produzenten an uns herantraten, lachten wir nur. Es schien, als wollten sie unsere Show für Amerika entwickeln. Da lachten wir noch mehr. Also gut, ob sie denn unser Format kaufen könnten? Nun lachten wir wirklich.