Wir retten die Falschen

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2 Wir retten die Falschen
Wer von den Hilfskrediten profitiert
Bilanz einer verfehlten „Rettung“
20. Februar 2012 - Wer profitiert von den Hilfsplänen?

Während Griechenland noch um seinen zweiten „Rettungsplan“ bangt, ist schon klar: Gewinner werden nicht die Bürger, sondern die Banken sein. Denn die Gläubiger kassieren nicht nur den größten Teil der geplanten 130 Mrd. Euro Notkredite (Experten sprechen von bis zu 80 Prozent), sie werden auch noch vorrangig bedient - über ein Sperrkonto. Doch dies ist nicht die einzige bittere Lehre aus zwei Jahren Griechenland- und „Euro-Rettung“ - eine kleine Zwischenbilanz.

Banken vor Staaten: Seit dem Dezember-Gipfel ist klar, dass Eurogruppe und EZB die Banken wichtiger nehmen als die Staaten. Die Geldhäuser bekommen hunderte von Milliarden Euro ohne Bedingungen und fast zum Nulltarif nachgeworfen, die Staaten müssen um Hilfen betteln und auch noch strikte Konditionen erfüllen, die sie - wie im Falle Griechenlands - noch abhängiger und schwächer machen. Dabei leidet Europa nicht etwa an einer Schuldenkrise - die Schuldenquote ist im internationalen Vergleich lächerlich niedrig -, sondern an einer Bankenkrise, die während der Finanzkrise auf dem Rücken der Steuerzahler „gelöst“ wurde und nun auf die Staaten zurückschlägt. Wir haben es also nicht nur mit einer falschen „Therapie“, sondern auch noch mit einer falschen Diagnose zu tun - Besserung nicht in Sicht.

Schuldendienst über Demokratie: Das ist die wohl frustrierendste Lehre aus der Griechenland-Krise: Deutschland, Frankreich und die meisten anderen Euro-Staaten finden den Schuldendienst wichtiger als Wahlen. Einen ersten Hinweis darauf gab es bereits, als Merkozy im Herbst ein geplantes griechisches Referendum zurückwiesen (was sich im Nachhinein als Fehler erwies, es hätte ihnen später viel Ärger erspart). Offensichtlich wurde die Demokratie-Phobie aber erst letzte Woche, als Finanzminister Schäuble allen Ernstes die Wahlen im April als Hindernis zur „Rettung“ Griechenlands darstellte und das „Modell Italien“ empfahl. Offenbar zieht man in Berlin nicht gewählte Technokraten à la Monti dem Volkswillen vor - dabei kann ohne das Volk keine „Reform“ gelingen. W. Münchau hat daher nicht ganz unrecht, wenn er den Griechen empfiehlt, den neuen Bailout abzulehnen, wenn sie ihre Demokratie retten wollen. Zum Heulen.

Sparen und Schrumpfen vor Wachstum und Wohlstand: Von Anfang an setzten Merkel, Schäuble & Co. auf eine harte Austeritätspolitik. In Griechenland war sie regelrecht als Strafe konzipiert, in Irland und Portugal ging man etwas gnädiger und flexibler vor. Das Ergebnis war überall dasselbe: Die Wirtschaft brach ein, die Einkommen gingen zurück, die Reichen sicherten ihr Geld im Ausland, der Rest musste massive Wohlstandseinbußen hinnehmen. Damit wurden die Patienten weiter geschwächt, wie man vor allem in Griechenland und Portugal sieht. Zwar will man sich neuerdings auch um Wachstum kümmern. Doch die geplanten Reformen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit brauchen Zeit, um zu wirken. Bis dahin dürfte sich die Rezession verschärfen, die Schulden steigen weiter - ein Teufelskreis, der die gesamte „Rettung“ gefährdet.

Bemerkenswert ist, dass sich die Politik trotz dieser beschämenden Bilanz die Hände reibt. Stolz verweist sie darauf, dass die Eurokrise eingedämmt sei, weil nun keine Pleite mehr drohe und sich die Märkte beruhigt hätten. Dabei hat die Politik es geschafft, aus der Schuldenkrise in einem kleinen Staat wie Griechenland ein existenzielles Problem für den ganzen Kontinent zu machen - und dabei auch noch so gut wie alle Grundwerte Europas zu verraten...

Wir retten die Falschen
21. Februar 2012 - Wem hilft das Griechenland-Programm?

Der neue „Rettungsplan“ für Griechenland steht. Gerade noch rechtzeitig vor der drohenden Staatspleite im März haben sich die Euro-Finanzminister auf neue Milliarden-Hilfen geeinigt. Doch wem wird da eigentlich geholfen? Den Griechen bestimmt nicht. Sie müssen künftig mit niedrigeren Löhnen, weniger Kündigungsschutz, schlechterer Gesundheitsversorgung und einem massiven Ausverkauf ihres Staates leben.

So hat es die internationale Troika gefordert, und Finanzminister Schäuble und seine europäischen Amtskollegen - allen voran Deutschlands neue Triple-A-Freunde aus Finnland und Holland - haben es den Griechen mit vielen, oft verletzenden Drohgebärden aufoktroyiert. Das war ein rücksichtsloses Diktat, kein großzügiges Hilfsangebot.

Profitieren werden Banken, Versicherungen und Hedgefonds in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Bei einer Pleite hätten sie alles verloren, nun müssen sie nur auf etwas mehr als die Hälfte ihrer Forderungen verzichten - der Marktwert der griechischen Anleihen wäre noch niedriger gewesen.

Die privaten Gläubiger, die laut Schäuble mithaften sollen, werden von diesem Deal in Wahrheit massiv begünstigt. Zudem können sie sicher sein, dass das Geld aus Griechenland beständig weiter fließt - egal, wie die im April geplanten Wahlen in Athen ausgehen. Dafür soll das neue Sperrkonto sorgen, von dem aus der Schuldendienst abgewickelt wird.

Das ist ein schönes Geschäft für die Gläubiger, und ein ganz schlechtes für Europa. Ein Land wurde um den Preis der Selbstbestimmung und der Demokratie vor einer Pleite bewahrt, die nach Ansicht der meisten Experten früher oder später ohnehin kommt.

Denn das ist die zweite bittere Lektion dieser heillosen „Rettung“. Zu einem nachhaltigen Abbau der Schulden trägt sie nicht bei, wie aus einem geleakten Memorandum der Troika hervorgeht. Im schlimmsten Fall wird der Schuldenstand 2020 genauso hoch sein wie heute - Griechenland bleibt ein hoffnungsloser Fall.

Banken vor Staaten
28. Februar 2012 - Geldschwemme für Finanzinstitute

Die Eurokrise geht in eine neue, kritische Phase. Für die bisher geübte Politik der milliardenschweren Bailouts gibt es kaum noch eine Mehrheit, wie der Verlust der Kanzlermehrheit im Bundestag über das neue Griechenland-Paket zeigt. Erstaunlich ist dies nicht, schließlich ist diese Politik in Athen weitgehend gescheitert. Erstaunlich ist allerdings, dass die Abgeordneten gegen Bailouts für Staaten aufmucken – aber wegschauen, wenn die Banken mit Geld geflutet werden.

Man stelle sich einmal vor, die überschuldeten EU-Staaten könnten heimlich, still und leise bei einem nicht öffentlich tagenden, niemandem Rechenschaft pflichtigen Gremium ihren Finanzbedarf anmelden. Am nächsten Tag würde das Geld nicht nur ausgezahlt, sondern auch noch mit einem Diskountzins und der ausdrücklichen Aufforderung versehen, es „arbeiten“ zu lassen – also gegen satte Aufschläge an andere Interessenten weiter zu verleihen.

Unvorstellbar? Doch genau das passiert gerade in der EZB – allerdings nicht mit den überschuldeten EU-Staaten, sondern mit den ausgetrockneten Banken im Eurosystem. Nachdem die EZB die Banken im Dezember mit fast 500 Mrd. Euro geflutet hat, bereitet sie nun schon wieder ein zweites Geldgeschenk vor – diesmal könnte es auf die Billion zugehen. Der „Free lunch“ verhilft den Instituten zu saftigen Profiten, wie der Blicklog erklärt:

Banken profitieren, wenn sie das billige EZB-Geld in höher verzinste Staatsanleihen beispielsweise aus Italien oder Spanien investieren. Alleine die Banken dieser beiden Staaten könnten ihre Gewinne aus dem „Free lunch” in diesem Jahr um zehn Prozent steigern, schätzen die vom „Handelsblatt“ zitierten Analysten der US-Bank Morgan Stanley.

Während die Banken profitieren, müssen die von Bailouts betroffenen Staaten den Gürtel enger schnallen, was die Schuldenkrise weiter verschärft – siehe Griechenland. Die Geldschwemme aus Frankfurt kommt, wenn überhaupt, nur jenen Ländern zugute, die sich noch am Markt refinanzieren können – also vor allem Italien und Spanien. Eine Überwachung findet nicht statt, Auflagen müssen die Banken auch keine erfüllen.

Was für ein Kontrast zu den drastischen Auflagen für Griechenland! Und welch Unterschied in der politischen Debatte! Während Kanzlerin Merkel, Finanzminister Schäuble und viele Abgeordnete fast täglich über die Konditionen für das Bailout plaudern, verlieren sie über das „Free lunch” für die Banken kein Wort. Dabei ist es die Kehrseite derselben Medaille.

Doch diese Kehrseite sieht man nicht. Der politische Diskurs wird systematisch beschränkt und verkürzt – übrigens nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel. Wenn das so weiter geht, wird Griechenland die Währungsunion verlassen (einen dritten Bailout wird es nicht geben, W. Münchau empfiehlt Athen bereits, sich auf einen Austritt vorzubereiten), während die Banken wieder satte Profite einfahren.

Vielleicht war das ja auch das eigentliche Ziel der ganzen Übung?

Und nun eine Bankenunion?
24. Mai 2012 - Der Fiskalpakt soll ergänzt werden

Beim EU-Gipfel wurde auch über eine koordinierte Stützung der europäischen Banken geredet. Nach einem Bericht der FTD sprachen Hollande, Merkel & Co. über mehrere Modelle, eine gemeinsame Einlagensicherung gehört auch dazu. Bisher gibt sich die Bundesregierung zugeknöpft, sie bevorzugt nationale Rettungsmaßnahmen à la Hypo Real Estate. Doch wie bei den Eurobonds ist sie in der Defensive.

In der Fachwelt wird die Forderung nach einer Finanz- oder Bankenunion nämlich immer lauter. Angesichts des drohenden Runs auf die Banken in Griechenland und der undurchsichtigen Lage der Geldhäuser in Spanien braucht die Eurozone dringend ein neues, schlagkräftiges Instrument, um die Finanzbranche zu stabilisieren, die Bürger zu beruhigen und die drohende Panik zu verhindern.

Nationale Stützungsmaßnahmen, wie in Deutschland üblich, kann sich Spanien nicht leisten: Dann wäre es über Nacht genauso pleite wie Irland und müsste sich unter den Euro-Rettungsschirm flüchten - ein Worst Case-Szenario, das sogar den Euro gefährden könnte. Deshalb beraten Experten der EZB und der EU-Kommission hinter den Kulissen bereits darüber, wie sie spanischen und anderen Banken helfen können.

 

Als einfachste Lösung gelten direkte Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds - doch Merkel ist dagegen. Daher kommen nun neue Varianten ins Spiel, wie eine gemeinsame Einlagensicherung oder ein EU-Modell für die Abwicklung angeschlagener Institute und die Gründung einer Bad Bank. Nach einem Bericht von Reuters arbeitet die EU-Kommission bereits an einem Vorschlag, der im Juni stehen soll.

Viele Experten fordern jedoch, noch weiter zu gehen und die Fiskalunion um eine Bankenunion zu ergänzen. Nur so könne die gefährliche Wechselwirkung zwischen strauchelnden Banken und überschuldeten Staaten beendet werden, schreibt N. Veron vom Brüsseler Thinktank Bruegel. Das „Wall Street Journal“ greift den Vorschlag bereits auf und fordert eine echte Finanzunion. Auch W. Münchau hat sich für eine engere Zusammenarbeit ausgesprochen.

In deutschen Ohren mag dies suspekt klingen - nach dem Motto: jetzt sollen wir auch noch für spanische Pleitebanken haften. Doch letztlich ist es nur konsequent: Wer wie Merkel eine Fiskalunion mit gemeinsamer Budgetdisziplin fordert, muss auch alles dafür tun, dass sie funktioniert. Dazu gehört eine gemeinsame Sicherung für die Banken - denn sonst kann jede nationale Bankenkrise das gesamte Kartenhaus ins Wanken bringen. Spanien ist auf dem „besten“ Weg dahin.

In letzter Konsequenz braucht eine Fiskalunion übrigens auch Eurobonds. Auch da sind sich die Experten einig - siehe die jüngsten OECD- und IWF-Berichte. Gestern hat Merkel mal wieder Nein gesagt, aber die Debatte ist eröffnet, die Zeit der Denkverbote ist vorbei...

Spanien zahlt dreifach
12. Juli 2012 - Die Bankenrettung wird teuer

Man lässt sich nicht ungestraft unter den Euro-Rettungsschirm zwingen. Diese bittere Lektion muss nach Griechenland, Irland und Portugal nun auch Spanien lernen. Wochenlang hatte Berlin die angeblich befreundete Regierung Rajoy in Madrid bedrängt, Hilfe für die maroden Banken zu beantragen - unter Bruch der eigenen Regeln. Jetzt kommt die Rechnung: Spanien muss die Hilfe, die noch nicht einmal erfolgt ist, doppelt und dreifach bezahlen.

Zuerst zahlt, wie immer unter diesem absurden Euro-Sparregime, die Bevölkerung. Obwohl der Schuldenberg in Spanien niedriger ist als in Deutschland und obwohl die Eurogruppe gerade beschlossen hat, Madrid mehr Zeit für die Senkung des Budgetdefizits zu gewähren, müssen die Bürger die Zeche zahlen. Die Mehrwertsteuer wird erhöht, die Arbeitslosenhilfe gesenkt, im öffentlichen Dienst gibt es weniger Geld etc. Offenbar eifert Rajoy Griechenland nach...

Danach zahlen die Kleinanleger. Sie sollen für die „Bankenrettung“ bluten, für die die Euroländer bis zu 100 Mrd. Euro bereitstellen sollen, davon 30 Mrd. Euro noch im Juli. Zwar ist bisher noch kein Cent geflossen. Doch das „Memorandum of understanding" hat schon die Opfer identifiziert. Vor allem spanische Kleinanleger sollen auf ihre Ansprüche verzichten, während ausländische Großinvestoren - z.B. deutsche und französische Banken - nichts zu fürchten haben.

Dies sei verständlich, da es sonst zu neuen „Verwerfungen an den Märkten" kommen könne, schreibt M. Schieritz im „Herdentrieb". Ich finde es abstoßend und absurd. Es wäre durchaus wünschenswert, dass endlich auch mal Deutsche Bank & Co. spüren, was die „Euro-Rettung" kostet. Hierzulande fordert man gerne, die Spanier müssten auch mal eine Bank pleite gehen lassen (nicht wahr, Herr Sinn?). Doch wenn es um deutsche Geldhäuser geht, herrscht Schweigen.

So verdichtet sich der Eindruck, dass die ganze Rettungsaktion von Berlin vor allem deswegen vorangetrieben wurde, um deutsche Bankinteressen zu sichern - das hatte ich ja schon vermutet. Zudem wird klar, dass Brüssel die Notlage in Spanien nutzt, um das von der EU-Kommission ausgearbeitete Spardiktat durchzudrücken, und zwar ganz ohne die gefürchtete Troika. Dabei war Madrid versprochen worden, es werde keine neuen Sparauflagen geben.

Den dritten Preis für die „Rettung" zahlt Spanien übrigens schon seit Wochen. Es sind die gefährlich hohen Zinsen, die die Anleger für frische Kredite verlangen. Auch daran sind Berlin und Brüssel schuld. Denn sie wollen ihre Hilfe für die spanischen Banken über den Staat abwickeln, dessen Schuldenlast damit steigt. Dies führt zu hohen Spreads. Zwar wurde auf dem EU-Gipfel auch versprochen, Direkthilfen aus dem ESM an die Banken zu prüfen.

Doch dank der angeblich windelweichen, in Wahrheit knallharten Kanzlerin werden die erst 2013 fließen, wenn es eine europäische Bankenaufsicht gibt. Frühestens. Bis dahin darf Spanien für seine „Rettung" selber zahlen, vermutlich bis zur endgültigen Kapitulation (sprich: dem Gesuch um ein „Vollprogramm" der Eurozone, diesmal mit Troika).

Bewusste Irreführung
15. März 2013 - Keine Beweise für Geldwäsche auf Zypern

Nun wird Zypern also doch „gerettet“. Die Eurogruppe hat beschlossen, den Weg für milliardenschwere Finanzspritzen freizumachen. Und wie der Zufall es so will, räumt die Bundesregierung plötzlich ein, dass sie keine Beweise für die Geldwäsche russischer Oligarchen auf der Mittelmeerinsel hat. Wie bitte?

Monatelang hatte Berlin die längst überfälligen Hilfen mit Verweis auf einen dubiosen BND-Bericht blockiert. Sogar die Troika wurde ausgebremst – dabei war sie längst bereit, Zypern zu helfen. Nun teilt Schäubles Finanzstaatssekretär Kampeter plötzlich mit, ihm lägen keine Erkenntnisse über illegale Einlagen vor. Er räumt sogar ein, dass Zypern alle Geldwäsche-Standards erfüllt.

Offenbar biegt die Bundesregierung die Wahrheit so hin, wie es ihr gerade passt. Im November, als die Troika das Hilfsprogramm für Zypern starten wollte, wurde der BND-Bericht an die Presse lanciert, SPON und Bild stiegen massiv ein.

Nun, da die „Rettung“ der Insel sich nicht länger aufschieben lässt, weil sonst die Pleite droht, will man davon nichts mehr wissen. Plötzlich nickt Berlin ein neues Hilfsprogramm ab, als sei nichts gewesen.

Das ist nicht nur unseriös, das ist eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit. Natürlich wußte die Regierung bereits im November, dass sich die BND-Behauptungen nicht belegen lassen.

Und natürlich wußte man, dass Zypern Hilfe brauchte. Doch damals wollte Kanzlerin Merkel Ruhe an der Euro-Front; also ließ sie die Spekulationen ins Kraut schießen und die Zyprioten zappeln.

Nun, da die kommunistische durch eine konservative Regierung abgelöst wurde, macht Merkel den Weg frei. Doch die „Rettung“, die sich abzeichnet, ist noch schlimmer als die gescheiterte „Anpassung“ Griechenlands.

Die Hauptlast wird den Bürgern Zyperns aufgebürdet, nicht den Banken. Neben der Privatisierung profitabler öffentlicher Dienste (Wasser, Strom…) ist auch ein Zugriff auf die viel versprechenden zyprischen Gasfelder geplant.

Und die Bankkunden sollten ein Drittel der „Rettung” selbst bezahlen. Die Bankbesitzer hingegen kommen ungeschoren davon – der vom IWF geforderte „Haircut” wurde auf deutschen Wunsch und gestrichen.

Taktische Machtspiele, populistische Kampagnen und am Ende ein zynischer Ausverkauf auf Kosten der Bürger und Sparer – das ist die „Rettungs“-Politik dieser Regierung. Ein Trauerspiel.

P.S. Natürlich gibt es russische Schwarzgeldkonten auf Zypern, übrigens auch britische und vermutlich auch deutsche. Doch die haben mit der Bankenkrise des Landes nichts zu tun. Diese Krise ist eine Folge der verkorksten Griechenland-„Rettung”, insbesondere der beiden von Deutschland erzwungenen Umschuldungen. Aber davon will man in Berlin natürlich auch nichts wissen.

Ende eines Geschäftsmodells
25. März 2013 - Die Eurogruppe wickelt Zypern ab

Zypern und die Eurogruppe haben sich in letzter Minute auf ein Hilfspaket geeinigt. Doch nach dieser Rettungsaktion wird Europa nicht mehr dasselbe sein. Mit Bail-in und Zwangsabgabe, EZB-Ultimatum und Kapitalkontrollen ist Willkür in die Währungsunion eingezogen. Und die deutsche Dominanz ist stärker denn je.

An Zypern wird gerade ein Exempel statuiert. Die Frage ist nur, welches. Nach neuer deutscher Lesart geht es darum, ein untragbar gewordenes „Geschäftsmodell” abzuwickeln. Mit Geldwäsche, Steuerbetrug und Zocker-Geschäften soll ein für allemal Schluss sein.

Finanzminister Schäuble gibt sich nicht zuletzt deshalb so hart, weil er von SPD und Grünen getrieben wird. Es ist schließlich Wahlkampf in Deutschland, jeder möchte einmal Schulmeister spielen.

Doch in Wahrheit geht es schon längst nicht mehr darum, die „Russen-Mafia“ zu bändigen oder der Insel ein „neues Geschäftsmodell“ zu verpassen (welches denn?). Das sind bloß Nebenkriegsschauplätze.

Das eigentliche Exempel wird nämlich nicht an Zypern, sondern an ganz Europa durchexerziert. Es zeigt, was passiert, wenn sich die Eurochefs zu Herren über Politik und Wirtschaft ganzer Länder erheben.

Die versuchte Zwangsenteignung der zyprischen Sparer war dabei nur der Anfang. Kaum dass der offenbar in Berlin ausgeheckte Angriff auf die Sparer abgewehrt war, kam gleich die nächste Attacke, diesmal aus Frankfurt.

Die Europäische Zentralbank setzte Zypern die Pistole auf die Brust und stellte ein Ultimatum: Bis zum heutigen Montag muss Nikosia einlenken, sonst wird der Geldhahn zugedreht. Zudem forderte sie Kapitalkontrollen auf der Insel.

In der Praxis ist der Euro auf Zypern damit nichts mehr wert; die Insel ist vom Zahlungsverkehr der Eurozone abgeschnitten. Zudem hat die EZB ihre eigene Maxime verraten, alles zu tun, um den Euro und seine Mitglieder zu retten.

Und das ohne Not: Denn nachdem die Stützung der Pleite-Insel bereits um neun Monate verschleppt wurde (der Hilfsantrag kam schon im Juni 2012), kommt es auf einen Tag mehr oder weniger nun auch nicht mehr an.

Auch die Eurochefs handeln willkürlich. Willkürlich sind die Summen, die sie als „Eigenbeteiligung” fordern. Willkürlich ist ihr Eingriff in die zyprische Wirtschaftsstruktur. Selbst Luxemburg ist deswegen sauer.

Zudem lenken sie davon ab, dass sie geschworen hatten, den Teufelskreis zwischen Banken- und Staatsschuldenkrise zu durchbrechen. Dies wurde sogar auf EU-Gipfeln beschlossen - und gleich durchlöchert.

Von den Folgen dieser Willkür dürfte sich Europa nicht so schnell erholen. Die „Euro-Retter“ sind völlig unberechenbar geworden. Was sie gestern sagten, gilt heute schon nicht mehr. Künftig scheint alles möglich.

Auch wenn Zypern doch noch in letzter Minute „gerettet“ wurde, so weiß nun jeder: Auf Recht und Gesetz kann man sich nicht mehr verlassen. Am Ende zählt nur, was Berlin will – und was Frankfurt zulässt.

Aus der Währungsunion ist ein Schreckensregime geworden. Und zwar nicht nur für die Zocker auf Zypern. Wer auch immer als nächstes „gerettet” werden muss, sollte sich auf das Schlimmste gefasst machen.

Wenn Europa ein Geschäftsmodell wäre, so würden die Kunden nun in Scharen davonlaufen. Aber der bizarre Vergleich aus der Wirtschaft hinkt – sowohl für Brüssel wie auch für Nikosia.

Denn Zypern ist nicht etwa wegen seines Bankensektors in die Krise geraten – sondern wegen der verfehlten Griechenland-„Rettung”. Schäubles Schuldenschnitt hat Zyperns Banken ruiniert, die stark in Griechenland exponiert waren.

Aber das darf man dem deutschen Michel natürlich nicht sagen – es ist ja Wahljahr! Und da soll bloß niemand merken, dass auch das „Geschäftsmodell” dieser Regierung überholt ist.

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