Za darmo

Das Lob der Narrheit

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Es giebt eine recht närrische und schändliche Art von Kaufleuten, die sich mit schändlichen Dingen, und auf eine schändliche Weise abgeben: lügen, schwören, stehlen, betrügen, übersetzen, sind bey ihnen etwas gewöhnliches; und doch strauben sie sich so, als ob ihnen durchgehends der Vorrang gebühre, weil sich ihre Geldküsten wohl bespickt befinden. Auch im geistlichen Stande fehlt es ihnen an Schmeichlern nicht, von denen sie bewundert und als hochachtungswürdige Leute gepriesen werden, nur damit sie ihnen etwas weniges von dem mit Unrecht erworbenen Vermögen zufliessen lassen.

Einigen von der Sorte des Pythagoras scheint alles so sehr theil und gemein zu seyn, daß sie alles, was von Andern nicht auf das sorgfältigste verwahrt wird, als ob es ihr rechtmäßiges Erbgut wäre, an sich ziehen. Es giebt deren, die nur in ihren Wünschen und Hoffnungen reich sind; sie lassen sich recht angenehme Dinge träumen, und stehen in dem Wahne, zur Glückseligkeit werde weiter nichts erfordert. Einige haben das Vergnügen, daß man sie für reiche Leute hält; und zu Hause können sie sich kümmerlich des Hungers erwehren. Dieser läßt es an nichts fehlen, das Seinige recht geschwind durchzubringen; jener vermehrt es mit Recht und Unrecht. Der Eine durchläuft alle Strassen, um sich Stimmen zu einem Amte zu erbettlen; der Andere lebt zufrieden, indem er in seinem Ofenwinkel verrostet. Viele verwickelen sich in Rechtshändel, die kein Ende nehmen, und bemühen sich beyderseits wie um die Wette, einen zögernden Richter und schelmischen Fürsprecher, reich zu machen. Dieser sinnt immer auf Neuerungen; jener geht stets mit grossen Entwürfen schwanger. Dort ist einer, der nach Jerusalem, Rom, Compostell, wo er keine Geschäfte hat, als Pilger zieht, und inzwischen Weib und Kinder zu Hause darben läßt.

Wenn Sie, meine Herren, (gleich dem Menippus beym Lucian) das unzählbare Gewirre der Sterblichen vom Monde herab sehen könnten, so würd es Sie dünken, Sie sehen Heere von Mücken oder Schnaken, die sich unter einander erzanken, bekriegen, belauren, berauben, spielen, Muthwillen treiben, gebohren werden, fallen, sterben. Es ist nicht zu ersagen noch zu erglauben, wie viel verwirrtes Gezeug und Unheil ein so kleines und hinfälliges Thierchen stifte. Etwann reißt ein kleiner Kriegs- oder Pestssturm auf einmal bey vielen tausenden hin. Ich würde aber eine Erznärrinn seyn und würdig, daß Demokritus sein ganzes Lachen über mich ausschütte, wenn ich fortfahren würde, allen Pöbelswahnsinn in seinen so vielen Gestalten daher zu zählen. Ich werde mich an die halten, von denen man glaubt, daß sie alle Weisheit verschlungen haben:

An der Spitze treten die Grammatiker auf, ein pedantisches Völkchen; elender könnt es um sie nicht stehen, und die Götter selbst würden sie anfeinden, wenn nicht ich ihren Jammer mit einer angenehmen Art von Wahnsinne gemildert hätte. Griechen haben ein Sprüchwort von fünf Plagen, hier aber findet man bey tausenden: Hunger und Durst martert sie; beschmutzt, bestaubt, sitzen sie in ihren Schulen, Jammerlöchern, rechten Zuchthäusern; bey den Folterbänken, unter einer Heerde von Buben, werden sie bey der Arbeit eselsgrau, durch Geschrey betäubt, durch Hitze und Gestank ausgedörrt; und doch (Dank haben sie mir) dünken sie sich die Ersten unter den Menschen zu seyn. Sie geniessen einer rechten Herzenslust, wenn sie mit ihrem Tyrannengesichte, ihrer Donnerstimme, dem bebenden Häuflein einen Schrecken einjagen können; mit Stöcken und Ruthen dreschen sie auf die armen Jungen zu; und indem sie nach Willkühr auf vielerley Weise wüten, geht es ihnen wie dem Esel in der Löwenhaut.

Ihr schmutziger Unrath deucht sie Reinlichkeit zu seyn; ihre Nase haben sie zum Wohlgeruche des Gestanks gewöhnt; in ihrer jämmerlichen Sclaverey dünken sie sich Könige zu seyn; und ihre Tyrannenmonarchie würden sie nicht mit der Herrschaft eines Phalaris oder Dionisius vertauschen. Noch beglückter macht sie ihre seltsame Ueberzeugung, daß sie grundgelehrte Männer seyen. Alldieweil sie den Schuljungen lauter Wahnsinn einbläuen, denken sie Wunder, wie weit sie sich über einem Palämon, einen Donat, hinaufgeschwungen haben. Und ich weiß nicht durch welche Zauberkünste sie es zu Stande gebracht haben, daß sie närrischen Müttern und tummen Vätern gerade so verkommen, wie sie sich selbst zu seyn glauben. Wollust ists für einen solchen, wenn er in einem halbvermoderten Buche etliche veraltete Wörter erstänkert, oder ein Stück von einem mit verstümmelten Buchstaben bezeichneten Stein hervorgegraben hat; o Jupiter! wie hüpft er nicht vor Freude! welcher Triumph! welches Lobgewäsch! als ob er Afrika besiegt, oder Babilon erobert hätte. Wenn sie ihre frostigen und abgeschmackten Verslein allerorten spiegeln und Bewunderer finden, so zweifeln sie nicht, Virgils Seele sey mit Haut und Haar in ihren Leib gefahren. Lustiger ist nichts, als wenn sie sich unter einander loben, bewundern, krazen. Wenn der Eine sich an einem Wörtchen verstossen und ein Scharfsichtiger es von ungefehr entdeckt hat; o Herkules! welch eine Trauerscene öffnet sich! welches Gekeife, welche Spottnamen, welche Beschimpfungen!

Alle Grammatiker sollen mir über den Nacken kommen; wenn ich nicht die runde Wahrheit erzehle: Ich kenne einen Tausendkünstler, Griechen, Lateiner, Mathematiker, Philosophen, Arzt, und das alles im höchsten Grad; er ist schon sechzig Jahr alt; seit mehr als zwanzig Jahren ereselt und ermartet er sich, alle übrigen Geschäfte hindansetztend, mit der Grammatik; er würde sich für ein rechtes Glückskind halten, wenn es ihm so lange zu leben verstattet würde, bis er es bey sich festgesetzt hätte, wie man die acht Theile der Rede von einander unterscheiden müsse; eine Sache, über die sich bisher kein Grieche und kein Römer zuversichtlich erkläret habe. Er scheut sich nicht, den grausamsten Krieg anzufangen, wenn jemand das Beywort an die Stelle setzt, wo sich das Fügwort befinden sollte. Da es so viele Gramatiken als Grammatiker giebt, ja noch mehr (denn mein Freund Aldus schrieb ihrer fünf) so läßt unser Held doch keine vorbey, wenn sie auch noch so barbarisch und kopfbrechend geschrieben ist, ohne sie aufs genauste zu durchwühlen; neidisch auf einen jeden, der sich auch auf die widersinnigste Weise an eine solche Arbeit gewaget hat, in der herzabnagenden Furcht, es möchte jemand ihm dieses Ehrenkränzlein ablaufen und ihm die Arbeit so vieler Jahre schänden. Bey Ihnen, meine Herren, steht es, dieses Wahnsinn zu nennen oder aber Narrheit: mir liegt wenig daran, wenn man mir nur eingesteht, meiner Güte und Gnade sey es zuzuschreiben, daß dieser, der sonst das elendeste unter allen Viehe seyn würde, sich auf eine solche Stuffe der Glückseligkeit schwinge, daß er sein Loos auch mit keinem persischen Könige vertauschen würde.

So sehr sind die Dichter mir nicht verpflichtet, ob sie gleich unstreitig von meiner Zunft sind; sie, denen, wie den Mahlern alles erlaubt ist; deren Bemühung keinen andern Zweck hat, als die Ohren der Narren durch possenhafte Schwänke und lächerliche Fabeln, zu kitzlen. Und dennoch ist es zum Erstaunen, was für grosse Dinge sie auf diesen Wind bauen: weniger nicht, als daß sie sich und Andern die Unsterblichkeit und ein wonnevolles Götterleben herzhaft versprechen. Mit der Eigenliebe und der Schmeicheley leben sie vorzüglich vertraut; unter allen Sterblichen ist niemand, der mich mit mehrerer Einfalt und Standhaftigkeit verehrt.

Die Redner treten freilich ein wenig aus dem Gleise, und spielen mit den Philosophen unter dem Hütchen; doch sind sie auch von meiner Parthey. Wo der Beweis sey? Ich könnte vieles anführen, man merke aber nur dieses: unter andern Possen haben sie vieles und unanständlich von der Kunst zu scherzen geschrieben. Der, (er mag seyn wer er will) welcher die Redekunst geschrieben und dem Herennius zugeeignet hat, zählt die Narrheit selbst unter die verschiedenen Arten des Scherzes. Quintilian, den die Redner für ihren Vortänzer erkennen, schrieb vom Lachen ein ellenlanges Capitel. Diese Schriftsteller schreiben der Narrheit eine so grosse Kraft zu, daß sie oft das, was sich durch keine Vernunftgründe wegräumen liesse, durch ein Lachen in die Flucht treiben. Man wird es mir doch nicht streitig machen wollen, durch kunstreiche Schwänke ein Gelächter erwecken, gehöre zu den Gaben der Narrheit.

Dieses Gelichters sind auch die, welche sich durch Bücherschreiben einen unsterblichen Ruhm erhaschen wollen. Sie sind mir alle sehr stark in der Dinte; hauptsächlich die, welche das Papier mit nichts als Lappereyen überschmieren. Was die betrift, welche nach dem Urtheile einiger weniger Gelehrten gelehrt schreiben, so scheinen sie mir nicht so fast glücklich zu seyn, als aber erbarmungswürdig, wenn sie es gleich auf den Entscheid eines Persius oder Cälius wollen ankommen lassen; denn sie marteren sich selbst beständig; sie flicken hierzu, ändern, streichen weg, setzen wieder hin, wiederholen, wärmen auf, erholen sich Raths, haltens neun oder zehen Jahre zurück, sind nie mit sich selbst zufrieden; eine nichtswerthe Belohnung, das Lob einiger wenigen, erkaufen sie theuer, viele Nächte hindurch sich des Schlafes beraubend, des angenehmsten Dinges von der Welt; bey vielem Schweiß und Grame, ist ihr Verlust groß; ihre Gesundheit wird vergeudet; die Schönheit geht zu Grunde; sie werden triefäugig, wo nicht gar blind; ziehen sich Armuth und Neid zu, finden nirgends einen Eingang zum Vergnügen, altern und sterben vor der Zeit, und so weiter. Ein solcher Weiser meynt, alles dieses Uebel werde ihm reichlich dadurch ersetzt, daß hier oder da ein Blinzer ihn seines Beyfalls gewährt.

Weit glücklicher ist ein Schriftsteller, der sich bey seinen Träumereyen an mich hält; er darf sich den schalen Kopf nicht zerbrechen; wie es ihm einfällt, in die Feder schießt, träumt, setzt er es sogleich auf; es geht dabey nichts verlohren, als ein wenig Papier; er ist des Erfolgs versichert: je possenhaftere Possen er schreibt, von desto mehrern, das ist allen Narren und Tummköpfen, erhält es Beyfall. Es kostet ja keine Mühe, drei oder vier Gelehrten (gesetzt daß sie es lesen) zu verachten. Der Ausspruch so wenig Weiser gilt, bey einem so unzählbaren Haufen der Widersprecher, so viel als nichts.

 

Auch die verstehen die Sache besser, die eine fremde Arbeit für die ihrige ausgeben; den Ruhm, um den Andern mit grosser Mühe gearbeitet haben, ziehen sie leicht an sich; ja, eines gelehrten Diebstahls wird man sie anklagen; das aber, darauf sie sich verlassen, ist dieses: sie werden sich wenigstens bis dahin die Sache zu Nutze machen. Es ist der Mühe werth, Acht darauf zu haben, wie vieles diese sich darauf zu Gute thun, wenn man sie auf den Strassen lobt, im Gedränge mit Fingern auf sie weist, und spricht: sehet, dort geht der grundgelehrte Mann! Auf den Läden der Buchhändler stehen ihre Werke feil; auf den Titelblättern liest man ihre auf verschiedene Weise verkünstelten Namen, die ein ganz fremdes und magisches Ansehen haben. Und diese Namen, o Himmel, was sind sie anders, als Namen? Anbey sind sie in dieser grossen weiten Welt nur sehr wenigen bekannt; und noch von weit wenigern werden sie gelobt: denn auch bey den Ungelehrten hat jeder seinen eigenen Geschmack. Nicht selten sind diese Namen erdichtet, oder aus den Schriften der Alten an Kindesstatt angenommen. Der eine nennt sich Telemachus, ein anderer Stelenus, ein dritter Laentes, ein vierter Polykratus, ein fünfter Thrasymachus, und so weiter. Mit eben so gutem Fuge könnten sie ihr Buch Cameleon betitlen, oder Krautskopf, oder A oder B oder C, und so weiter.

Das Artigste ist, wenn sie sich unter einander, die Narren und Dummköpfe, in ihren Briefen und Versen panegyrisieren. Dieser nennt jenen seinen Alcäus, und bekömmt zur Dankbarkeit den Titel Callimachus. Sie, mein Herr, spricht Einer, sind beredter als Cicero; und Sie, erwiedert der Andere, sind gelehrter als Plato. Etwann fordert man einen Gegner zum Kampf heraus, um sich durch einen Klopffechterstreich einen noch grössern Ruhm zu erwerben: dann wankt der gaffende Pöbel, unentschlüssig, welcher Seiten er Beyfall zujauchzen wolle; bis daß es heißt, jeder der beiden Streiter habe den Sieg erfochten, und beiden wird die Ehre des Triumphes zuerkannt. Hier lachen die Weisen als über eine Erznarrheit. So mag es seyn; niemand leugnet es: inzwischen aber verdanken es die Streiter mir, daß sie ein vergnügtes Leben haben, und ihre Triumphe mit keinem der Scipionen vertauschen wollen. Auch die Gelehrten, die hierüber recht von Herzen lachen und sich an dem Wahnsinne Anderer belustigen, sind mir vieles schuldig und werden es nicht leugnen, wenn sie ja nicht die Undankbarkeit bis ins Unverschämte treiben wollen.

Die Rechtsgelehrten wollen allen Andern den Rang ablaufen. Das ist ein Völkchen, das vor allem austreflich mit sich selbst zufrieden ist. Wenn man sich einen Begriff von ihrer Arbeit machen will, so mache man sich mit den Bemühungen des Sistyphus, und dem Erfolge derselben bekannt. In einem Athemzuge stoppeln sie viele hundert Gesetze zusammen. Gehören sie auch zur Sache? Davon ist die Frage nicht. Wenn nur Kunstwörter auf Kunstwörter, Meynungen auf Meynungen, gehäuft stehen; und die Leute wunder denken, welch eine riesenmässige Arbeit diese Herren zu Stande gebracht haben: denn das, dabey man wie ein Pferd arbeiten muß, das muß ja nothwendig etwas vortrefliches seyn!

Bemerken wir jetzt die Logiker und Sophisten, Leute, die geschwätziger sind, als die Dodonäischen Kessel. Man wähle unter den plauderhaftesten Weibern zwanzig aus; jeder unsrer Helden wird es mit ihnen allen aufnehmen. Doch würden sie noch glücklicher seyn, wenn sie weiter nichts als eine geläufige Zunge hätten; leider haben sie zu viel Galle, und sie erkämpfen sich um den Schatten mit einer solchen Heftigkeit, daß mehrentheils über dem Gekeife die Wahrheit verlohren geht. Doch macht die Eigenliebe auch sie glücklich; mit ein paar Syllogismen versehen, finden sie keinen Anstand, über jede Sache mit jedermann handgemein zu werden. Eigensinn macht sie unüberwindlich, wenn sie auch gleich einen Stentor zum Gegner haben.

Auf diese kommen die durch Bart und Mantel ehrwürdig-gemachte Philosophen, die sich für die einzigen Weisen ausgeben, da alle übrigen Sterblichen blos ein Schatten der Menschheit sind, ein Auskericht der Schöpfung. Allerliebst schwärmen sie, wenn sie unzählbare Welten bauen: das Maaß der Sonne, des Mondes, der Sternen, der Weltkreise, bis auf die Breite eines Haares angeben; die Ursachen der Blitze, Winde, Finsternisse, und aller unerklärbarer Dinge, bestimmen; nirgends so wenig einen Anstand findend, als ob sie die Geheimräthe der Natur, der Baumeisterinn der Dinge, gewesen, und gerad aus dem Rathe der Götter zu uns herabgekommen wären. Inzwischen helfen sie der Natur, mit ihren Muthmassungen, zu einem recht herzlichen Lachen. Daß sie nichts verstehen, ist schon dieses ein zureichender Beweis: über jedes Ding gerathen sie sich so in die Haare, daß sie nicht aus einander zu reissen sind.

Ob sie gleich nichts wissen, geben sie sich doch für allwissend aus. Ihnen selbst sind sie fremd. Sie sehen die Grube nicht, den Stein nicht, darauf sie gerade zugehen; entweder weil sie blödsichtig sind, oder weil sie ihren Geist an das Umherschweifen gewöhnt haben; und doch prahlen sie, daß sie Ideen, Universalien, getrennte Formen, die ersten Stoffe, Quidditäten, Ecceitäten, sehen, das alles so überfeine Dinge sind, daß ich wohl sagen darf: auch Luchsenaugen seyen zu stumpf dazu. Nie aber verachten sie den unheiligen Pöbel mehr, als wenn sie mit Dreyangeln, Vierecken, Zirkeln, und dergleichen mathematischen Figuren, die in einander verschlungen, verlabyrinthisiert, und mit wie in verschiedene Schlachtordnungen gestellten Buchstaben durchspickt sind, den Ungelehrten einen blauen Dunst vor die Augen machen. Und in diese Classe gehören auch die, welche, um künftige Dinge vorher zu sagen, die Gestirne zu Rathe ziehen, und mehr als magische Wunder versprechen; auch so glücklich sind, Menschen zu finden, die ihnen tummen Glauben zustellen.

Vielleicht würd ich am besten thun, wenn ich bey den Theologen stillschweigend vorüber gienge, und diese Seite ganz und gar nicht berührte. Diese Art von Menschen trägt den Kopf gewaltig hoch, und ist ungemein reizbar; ich laufe Gefahr, daß sie mit tausenderley Folgerungen auf mich losstürmen; und mir bleibt dann anders nichts übrig, als zu palinodisieren, wenn ich nicht für eine Erzketzerinn will ausgeschrien werden. Wenn sie jemanden auch nur ein wenig ungünstig sind, so sind sie gleich bereit, ihm mit einem Bannstrahle einen Schrecken einzujagen. Freylich sind sie unter allen Menschen die, welchen es am widerlichsten vorkömmt, mich für ihre Wohlthäterinn zu erkennen; und doch sind sie auch aus verschiedenen nicht unwichtigen Ursachen in meiner Schuld: die Eigenliebe, die sich in meinen Diensten befindet, versetzt sie wie in den dritten Himmel, wo sie alle übrigen Sterblichen, als so viele auf der Erden kriechende Thiere, von ihrer Höhe herab verachten, und beynahe bemitleiden. Mit einem ungeheuern Heer von magisterialischen Definitionen, Conclusionen, Corollarien, expliciten und impliciten Propositionen, sind sie rund umschanzt; so vielerley Ausflüchte stehen ihnen bereit, daß es auch einem Vulkan unmöglich seyn würde, sie zu verstricken; immer bahnt eine Distinction ihnen den Ausweg; auch ist dieses das beste Mittel jeden Knoten zu durchschneiden; schärfer und hurtiger, als jene Art, mit welcher der Richter in Teredos dem, der den Proceß verlohren hatte, den Kopf zu zerspalten pflegte; und zu diesem Ende haben sie sich mit neuausgedachten Wörtern reichlich versehen; Redensarten, die Schauer einjagen.

Verborgene Geheimnisse erklären sie nach ihrem Gutdünken: auf welche Weise die Welt erschaffen und eingerichtet worden; durch welche Canäle sich jene Sündenseuche in die Nachkommenschaft ergossen habe; wie, in welchem Maasse, in welchem Zeitpunkte, Christus in dem Leibe der Jungfrau vollendet worden; wie sich im Abendmahle Accidentien ohne Behausung beherbergt befinden. Doch dieses sind nur gemeine und ausgenützte Dinge. Es giebt andere, die verdienen von grossen und hocherleuchteten Theologen fein behandelt zu werden; wenn diese vorkommen, dann wacht man erst recht auf; zum Exempel: hat Gott einen Zeitpunkt nöthig, wenn er etwas hervorbringt? giebts in Christo verschiedene Sohnschaften? läßt sichs sagen, Gott der Vater haßt den Sohn? hätte Gott sich mit einem Weibe vereinen können, mit dem Satan, mit einem Esel, mit einer Pflanze, mit einem Steine? wie hätte in einem solchen Falle die Pflanze predigen, Wunder thun, ans Kreuz geheftet werden können? was würde Petrus eingesegnet haben, wenn er zu eben der Zeit eingesegnet hätte, in welcher Christi Leib am Kreuze hieng? hätte man alsdann Christum einen Menschen nennen können? wird es nach der Auferstehung erlaubt seyn, zu essen, und zu trinken? O diesen Herren liegt vieles daran, sich zum voraus und in Ewigkeit hinein vor Hunger und Durste zu bewahren! Solcher fein gesponner Possen giebt es eine unzählbare Menge.

Es fehlt ihnen an noch weit feinern nicht: von Zeitpunkten bey göttlichen Zeugungen; von Notionen, Relationen, Formalitäten, Quidditäten, Ecceidäten; Dingen, die selbst der Argonaute Lynceus, der durch eine Mauer hindurch sehen konnte, nie würde entdeckt haben; denn hier muß man durch die dickste Finsterniß hindurch das sehen, was nirgends ist. Hieher gehören auch ihre Moralsätze, die so seltsam sind, daß die paradoxesten Behauptungen der Stoiker, in Vergleichung mit denselben, eine gemeine und Alletagswaare scheinen würde; zum Exempel es sey ein kleineres Verbrechen, tausend Menschen todt schlagen, als auch nur einmal einem Armen am Sonntage den Schuh flicken; man solle ehender die ganze Welt mit aller ihrer Zubehörde zu Grunde gehen lassen, als nur die allerkleinste und nichtsbedeutendste Unwahrheit sagen.

Diese so feinen Feinigkeiten werden durch eine Menge von scholastischen Ränken noch mehr befeinert; so daß man sich ehender aus allen Labyrinthen heraus finden könnte, als aus dem Gewirre der Realisten, Nominalisten, Thomisten, Albertisten, Occanisten, Scotisten, wer möchte sie alle nennen? dieses sind nur die vornehmsten: Hier ist alles so voll von Gelehrtheit, von Schwürigkeit, daß ich wirklich glaube, die Apostel müßten mit einem ganz andern Geiste versehen seyn als dem, der sie ehedem belebte, wenn sie gezwungen wären, über diese Dinge mit diesem neuen Geschlechte von Theologen handgemein zu werden. Dem Paulus hat es an Glauben nicht gefehlt, wenn er aber sagt: „der Glaube sey eine Zuversicht dessen, das man hofft, und nicht zweifelt an dem, das man nicht sieht,“ so hat er ihn nicht magistraliter definiert. Er erwieß sich auf eine vortrefliche Weise liebreich, aber bey seiner Beschreibung und Eintheilung der Liebe, in dem dreizehnten Capitel seines ersten Briefs an die Corinther, verräth er wenig Logik. Die Apostel bezeigten sich bey Einsegnung des Abendmahls andächtig und fromm; wenn man sie aber gefragt hätte, was sich bey dem Anfang und Fortgange des Erfolgs der Einsegnung ereigne; wie es mit der Transsubstantiation beschaffen sey; wie der nämliche Körper an verschiedenen Orten seyn könne; mit welchem Unterschiede der Leib Christi im Himmel, am Kreuze, im Abendmahle gewesen sey; in welchem Zeitpunkte die Transsubstantiation vorgehe, da die Einsegnung durch Sylben und Worte geschieht, die sich nur nach und nach aussprechen lassen: o so würden sie wohl nicht so scharfsinnig geantwortet haben, wie die Scotisten es heut zu Tage thun.

Die Apostel kannten die Mutter Jesu, aber welcher von ihnen hat es so philosophisch demonstriert, wie sie vor Adams Fehler bewahrt worden, als unsre Theologen es thun? Petrus empfieng die Schlüssel, und empfieng sie von dem, der sie keinem Unwürdigen anvertrauen würde: und doch weiß ich nicht, ob er es verstanden habe (gewiß äussert er nirgends eine solche Spitzfindigkeit) wie auch der, indem sich keine Erkenntniß befindet, den Schlüssel der Erkenntniß habe. Sie tauften allerorten, und lehrten doch nirgends, welches die förmliche, materielle, wirksame, und endzweckliche Ursache der Taufe sey; auch thun sie keine Meldung von einem auslöschlichen und unauslöschlichen Charakter. Sie beteten an, aber im Geiste, und befolgten blos die evangelische Anweisung. „Gott ist ein Geist, und die, so ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ Es zeigt sich aber nicht, es sey ihnen damals geoffenbaret worden, man müsse das an der Wand mit einer Kohle gezeichnete Bildchen mit der nämlichen Anbetung wie Christum selbst anbeten, wenn er nur mit zween emporgestrebten Fingern gezeichnet sey, mit langem Haare, und mit Strahlen sowohl auf dem Wirbel, als auch an beiden Schläfen. Nein, niemand kann zu solchen Einsichten gelangen, der nicht sechs und dreißig Jahre lang die aristotelische und scotistische Physik und Metaphysik durchgeschwitzt hat.

 

Die Apostel schärfen die Lehre von der Gnade ein, nirgends aber zeigen sie den Unterschied zwischen der aus Gnade gegebenen Gnade, und der begnadigenden Gnade. Sie vermahnen zu guten Werken; unterscheiden aber nicht zwischen einem wirkenden Werke, und einem gewirkten. Sie schärfen oft die Liebe ein, unterscheiden aber nicht zwischen der eingeflößten, und der erlangten; auch zeigen sie nicht, ob diese Tugend etwas Zufälliges sey, oder etwas Wesentliches; etwas Erschaffenes, oder etwas Unerschaffenes. Sie verabscheuen die Sünde; ich will aber sterben, wenn sie es kunstmäßig hätten bestimmen können, was das sey, was wir Sünde nennen, insofern sie etwann nicht von dem Geiste der Scotisten dessen belehrt worden. Man wird mich nie dahin bringen können, daß ich glaube, Paulus (man mache von der Gelehrtheit desselben einen Schluß auf die übrigen) würde so oft wider spitzfindige Fragen, Zänkereyen, Wortkriege, geredet haben, wenn er mit allen jenen feinen Dingen bekannt gewesen wäre; insonderheit, wenn man das rohe und bäurische Gezänke seiner Zeiten mit den mehr als chrysippischen Feinheiten unsrer grossen Meister vergleichen will. Doch muß man auch ihre grosse Bescheidenheit zu rühmen nicht vergessen: wenn sie in den Schriften der Apostel etwas nachlässiges finden, das vor Meister und Gesellen nicht bestehen kann, so fahren sie nicht gleich mit der Verdammung zu, sondern legen es auf das beste aus; und dieses ist die Ehre, die sie theils dem Alterthume, theils dem apostolischen Namen erweisen. Und gewiß würde es nicht billig seyn, so grosse Dinge von ihnen zu fordern, über welche ihr Lehrer nie auch nur ein Wörtchen mit ihnen verlohren hat.

Wenn sie beym Chrysostomus, Basilius, Hieronymus, etwas dergleichen antreffen, so sprechen sie ohne Umschweif: dieses hat man nicht angenommen. Jene Alten haben die heidnischen Philosophen und die Juden widerlegt; Leute, denen es von Natur an Hartnäckigkeit nicht fehlte; sie thaten es aber mehr durch Leben und Wunder, als durch Syllogismen; und die Leute, die bekehrt wurden, waren ehrlich-einfältige Leute, die mit Anspannung alles ihres Witzes nicht im Stande gewesen wären, ein einziges Quodlibet des Scotus zu verstehen. Nun aber, wo ist ein Heid, ein Ketzer, welcher vor so feinen Subtilitäten nicht sogleich die Waffen strecken müßte? Es sey denn, daß er, der Tummkopf, es nicht fassen konnte; oder unverschämt genug wäre, es auszuzischen; oder sich mit ähnlichen Waffen und Fallstricken versehen hätte, so daß man im Treffen keinen Vortheil vor einander haben würde; wie wenn zween Zauberer einander beym Kopfe kriegen; oder wenn jeder ein Zauberschwerdt hat: da würde die Sache so wenig zu Ende kommen, als das Gewebe der klugen Frau Penelope.

Wenn die Christen (ich rede nach meiner Einsicht) weise wären, so würden sie anstatt jener Scharen von schwerfälligen Soldaten, derer man sich seit langem aber nicht mit dem besten Erfolge bedient, lärmende Scotisten, hartnäckige Occanisten, unüberwindliche Albertisten, mit dem ganzen Geschleppe der Sophisten, wider Türken und Saracenen senden; man würde (ich zweifle nicht daran) das allerlustigste Gefechte sehen, und einen noch nie gesehenen Sieg. Wo sollte sich eine so kalte Seele finden lassen, die nicht bey der Glut solcher Männer in Flammen gerathen müßte? der allerträgste würde dadurch zur Hurtigkeit angespannt werden; dem Scharfsichtigsten würde hier Staub in die Augen geworfen werden.

Mich deucht bald, ich scheine euch dieses alles nur im Scherze gesagt zu haben. Kein wunder! es giebt ja auch unter den Theologen, den gelehrtesten, solche, denen vor dergleichen elenden (das ist ihr Wort) theologischen Spitzfindigkeiten eckelt. Es giebt derer, die es als eine Gotteslästerung verabscheuen und es für die höchste Ruchlosigkeit halten, wenn man von so geheimen Dingen, die ehender anzubeten als zu erklären sind, mit einem so unausgespühlten Munde redet; sich darüber mit unheiligen von Heiden ausgesonnenen Grübeleyen erzankt; alles stolz erklärt; und die Majestät der göttlichen Theologie mit einem frostigen und unsaubern Wörtergemische beschmutzt.

Indessen sind sie aufs herrlichste mit sich selbst zufrieden, und klatschen sich Beyfall; mit diesen allerliebsten Kindereyen Tag und Nacht beschäftigt, finden sie die geringste Zeit nicht, nur einmal das Evangelium, oder die paulinischen Briefe, aufzuschlagen. Unter diesen Schulärmlichkeiten bereden sie sich, daß sie die ganze Kirche, die sonst einsinken müßte, mit ihren Syllogismenstützen gerade so aufrecht erhalten, wie der Himmel bey den Dichtern sich auf die Schultern des Atlas steuert. Wie glückselig dünken sie sich nicht auch dann zu seyn, wenn sie Schriftstellen, wie ein Stück Wachs, nach Willkühr bilden und ändern! Wenn diesen ihren Entscheidungen die Unterschrift einiger Scholastiker beygefügt ist, so sehen sie dieselben für ehrwürdiger an, als Solons Gesetze; sie ziehen sie den päbstlichen Decreten vor; sie, als Censoren der Welt, wollen jedermann einen Wiederruf abzwingen, der sich für etwas erkläret hat, das mit ihren mittelbaren und unmittelbaren Folgerungen nicht haarklein übereinstimmt; mit einer schnarrenden Orakelstimme sprachen sie: „dieser Satz ist ärgerlich; dieser vergreift sich an der Ehrbarkeit; dieser riecht nach Ketzerey; dieser klingt nicht gut.“ Also lässet man weder die Tauf noch das Evangelium, weder Paulus noch Petrus, weder Hieronymus noch Augustinus, ja den so sehr aristotelesierenden Thomas selbst nicht für christlich gelten, wenn es den Herren Baccalauren nicht einleuchten will: denn ohne ihre Feinheiten läßt sich kein gesundes Urtheil fällen. In der That, wer würde es haben fühlen können, daß der kein Christ sey, der sagen würde; „die beiden Sätze: du, Nachttopf, stinkst, und, der Nachttopf stinkt; ferner, in Hafen südets, und, der Hafen südet, lassen sich beide sagen“ wenn er nicht bey diesen Weisen zur Schule gegangen wäre. Wer würde die Kirche von solchen Irrthumsfinsternissen befreyt haben, die man nirgends auch nur einmal gelesen hätte, wenn diese Herren nicht so gut gewesen wären, sie mit angehängten grossen Insiglen an das Taglicht kommen zu lassen? Aber, sind sie nicht eben hiedurch für erzglückliche Geschöpfe zu erkennen?

Alles, was sich in den unterirdischen Gegenden zuträgt, beschreiben sie so mit den kleinsten Umständen, als ob sie in selbiger Republik viele Jahre zugebracht hätten. Nach Willkühr bauen sie einen neuen Himmel über den andern; und lassen es zuletzt an dem weiten und schönen Empyreum nicht fehlen, damit es den beglückten Seelen an Raume nicht gebreche, sich zu ergehen, ihre festlichen Mahlzeiten zu halten, oder den Ball zu schlagen.

Mit diesen und tausend dergleichen Schnakereyen haben sie den Kopf so vollgestopft, daß ich glaube, Jupiters mit der Pallas beschwängertes Gehirne sey nicht ausgespannter gewesen, da er die Art des Vulkans um Hülfe anrief. Kein Wunder also, daß sie in ihren öffentlichen Disputationen den Kopf mit so vielen Binden auf das sorgfältigste umschlungen haben; denn ohne dieses würde er augenblicklich zerplatzen. Auch dieses macht zuweilen selbst mich zu lachen. Erst alsdann dünken sie sich recht grosse Theologen zu seyn, wenn sie eine garstige rothwelsche Sprache plaudern, und alles so durch einander hudeln können, daß nur ein ganz zerrütteter Kopf darinnen Verstand finden kann; denn, für einen Scharfsinnigen wär es ja ein ewiger Schimpf, wenn der Pöbel ihn verstehen könnte! Die Würde des Theologen müßte sich zu tief erniedrigen, wenn er sich unter die Gesetze der Grammatiker zwingen liesse. Wunderbare Majestät dieser Männer! sie machen einen Anspruch auf das Vorrecht, fehlerhaft zu reden. Und doch findet sich auch mancher Schuflicker im Besitze desselben. Endlich dünken sie sich erhaben wie Götter zu seyn, wenn man sie mit einer ehrfurchtsvollen Mine, als Magister grüßt; ein Titel, in welchem sie etwas so Grosses zu stecken glauben, als in dem bey den Juden für unaussprechlich gehaltenen Namen von vier Buchstaben. Ein Todesverbrechen, sagen sie, würde man begehen, wenn man MAGISTER NOSTER anderst als mit grossen Buchstaben schriebe; und auch dann, wenn man das letztere Wort dem erstern vorhersetzte, würd es um die ganze theologische Majestät erbärmlich stehen.