Za darmo

Die indischen Eskimos

Tekst
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Draußen aber wütete noch immer ein furchtbarer, von Regengüssen begleiteter Orkan.

Eis und Schnee

Richard erwachte. Bis auf das Hemd entkleidet lag er weit ab von der kochenden Quelle; dennoch aber war er über und über mit Schweiß bedeckt. Er hatte sehr gut geschlafen und fühlte sich, als hätte er ein Dampfbad genommen, wie neugeboren.

Ein Blick auf seine Taschenuhr sagte ihm, daß es schon neun Uhr sei. Da hatte er es einmal gründlich verschlafen! Diese feuchte Hitze übte eben auch die ermüdende Wirkung eines Dampfbades aus.

Was machten denn aber seine Malayen und die Eingeborenen? Seltsam, wie sich diese verhielten! Sie schliefen nicht mehr, sie lagen alle langausgestreckt auf dem Bauche, hatten das Gesicht auf die Erde gepreßt und wimmerten und stöhnten. Auch die Kinder befanden sich anscheinend in einer sehr verzweifelten Gemütsstimmung. Nur das jüngste, etwa zwei Jahre alte machte eine Ausnahme. Es schrie aus Leibeskräften und hatte dadurch auch Richard geweckt.

Dieser stand jetzt auf und rüttelte Soliman an der Schulter.

„Was giebt es denn? Soliman, bist Du krank?“ fragte er besorgt.

„O, Sahib,“ stöhnte der Gefragte, „das Ende der Kulpa ist gekommen, Vritra hat Indra besiegt.“

In dem Munde Solimans, der ein Mohammedaner war, mußten die Worte ,Kulpa‘, ,Vritra‘, ,Indra‘, die der buddhistischen Götterlehre angehören, einigermaßen befremden; aber dort in Indien ist der mohammedanische Glaube schon stark mit dem Buddhismus vermischt. Dieser teilt die Entwicklungsgeschichte der Welt in mehrere Perioden. Eine derselben, die einen Zeitraum von vielen Hunderttausenden von Jahren umfaßt, ist die Kulpa, an deren Anfang Indra, der gute und höchste Gott, die Erde schuf, die Vritra, das böse Element und besonders das Symbol der Dürre, haßt, weshalb beide Götter beständig miteinander im Kampfe liegen, bis schließlich am Ende der Kulpa Vritra siegt und die Erde wieder vernichtet wird.

„Die Malangos haben recht,“ murmelte ein anderer Malaye, „wir haben die heilige Grotte entweiht, die Götter rächen sich, wir dürfen sie lebendig nicht wieder verlassen.“

Mehr war aus ihnen nicht herauszubringen, das Entsetzen, Stöhnen und Wimmern war allgemein. Was war da passiert?

Hastig kleidete sich Richard an, um hinauszugehen, denn wenn es auch draußen noch so warm sein mochte, er mußte sich doch, wenn er den heißen Raum verließ, vor einer Erkältung hüten.

„Gehe nicht hinaus, Sahib,“ warnte Soliman, „draußen lauert Vritra, um Dich zu töten.“

Eine nähere Erklärung gab er nicht, und deshalb gerade ging Richard nun erst recht. Sturm und Regen mußten ja aufgehört haben, man hätte sonst wohl hier drinnen etwas davon vernommen. Außerdem drangen auch durch die oberen Löcher der Höhle freundliche Sonnenstrahlen herein. Wie schade, daß man nicht hinaussehen konnte und die Spalten sich zu hoch in der unersteigbaren Wand befanden!

Richard drang also durch den heißen Nebel, der den etwa zehn Meter langen Gang erfüllte, hindurch und erreichte das Freie. Hier konnte er zuerst allerdings noch nichts sehen, aber als er noch etwas seitwärts ging und der Nebel sich lichtete, da kam es ihm plötzlich so sonderbar kalt vor, trieb ein Windstoß den Nebel davon, und – –

Richard erstarrte vor Schreck einen Moment wie zur Salzsäule, und wenn er sich dann auch die Augen rieb und an der Nase zupfte, um sich zu überzeugen, daß er nicht schlafe, das Wunder, das er jetzt erblickte, blieb bestehen.

Vor ihm breitete sich eine Winterlandschaft aus! Alles war mit fußhohem Schnee bedeckt. Die erfrorenen Blätter waren bereits von den Bäumen gefallen, ein Gewässer, das sich seitwärts von der Grotte befand und nicht mit dem heißen Loche zusammenhing, war vollständig zugefroren, und der heiße Bach selbst hatte sich in einiger Entfernung schon mit einer Eiskruste überzogen, so schnell hatte sich das kochende Wasser abgekühlt!

Was sollte Richard davon denken? Schnee und Eis in Hinterindien, im Tieflande! Das war ja eine Unmöglichkeit.

Und doch, die weißen Flocken, die da vom Himmel herabwirbelten, sie waren kein vorübergehender Schneefall, und die Kälte, die er verspürte, war erstarrende Winterkälte! Schon ahnte Richard, daß ihn nur die Nähe des Einganges der enormen Grotte vor derselben schützte.

Und wie er nun weiter Umschau hielt, da sah er einige große Vögel erfroren am Boden liegen, und dort die graue Masse, in der Ferne, sie mußte ein erstarrter Elefant sein, während hier nicht weit vor ihm im Schnee ein Panther lauerte, der zwar zu schleichen schien, aber in Wirklichkeit erfroren war, und den die Todeskälte mitten in der Bewegung überrascht haben mußte!

An der Stelle, wo Richard stand, war der Boden noch schneefrei. Mit einigen Schritten erreichte er die Schneegrenze, dann noch einige Schritte, und der Schnee war so hart gefroren, daß er ihn trug – da aber prallte Richard wieder zurück, und von Entsetzen gepackt, faßte er zugleich mit der Hand nach dem rechten Ohre.

Eine unbeschreibliche Empfindung war es gewesen, die er verspürte, sobald er den Wärmekreis verlassen, der den Eingang der heißen Grotte umgab. Es war, als ob sich tausend scharfe Nadeln in sein Fleisch, besonders in sein Gesicht gebohrt hätten. Er kannte dieses Gefühl noch nicht, ahnte aber, daß es die Empfindung sein müsse, die eine furchtbare Kälte hervorbrachte, hatte doch dieser eine Augenblick, während dessen er sich dieser Kälte aussetzte, schon genügt, um ihm die Finger erstarren und ein Ohr erfrieren zu lassen.

Richard kehrte nun in die Grotte zurück. Zwar warf er sich nicht auf den Boden und wimmerte vor sich hin, wie es die Eingeborenen noch immer thaten, aber der Eindruck, den dieses unlösbare Rätsel auf ihn machte, war doch ein so starker, daß auch er sich in eine Ecke niederkauerte und zu grübeln begann.

Eine genügende Erklärung fand er nicht. Es mußte eben ein Naturphänomen sein. Ueber diese Landschaft war eine alles vernichtende Kältewelle gegangen, und wahrscheinlich hatte der Orkan sie vor sich hergetrieben. Aber woher kam sie? Wie weit war sie gegangen? Wie sah es jetzt in ganz Indien aus?

Auf jeden Fall waren er und die Eingeborenen nur dadurch dem Tode des Erfrierens entgangen, daß sie sich gerade in der heißen Grotte befunden hatten. Konnten sie es hier aushalten, bis sich die Kältewelle verlaufen hatte und die natürliche Wärme wiederkehrte?

Zuletzt glaubte Richard, er habe dies alles nur geträumt, es war ja auch zu wunderbar, doch als er nochmals hinausging – war alles noch dasselbe, alles starrte in Eis und Schnee, und noch immer lag der Panther erfroren in demselben!

Ueber der ganzen Natur lagerte die Stille des Todes, und darüber spannte sich ein blauer Himmel, an welchem die Sonne freundlich lachte.

Welche Zeit war es? Richards vorzüglicher Chronometer, der für alle Temperaturen geeignet war und jeder Feuchtigkeit trotzte, zeigte die zwölfte Stunde. Merkwürdig, und die Sonne stand noch so tief? –

Plötzlich begann in Richards Kopf eine Ahnung aufzutauchen, die teils so furchtbar war, daß sie ihn erblassen machte, teils aber auch für einen Gelehrten, wie er es war, so interessant, daß er vor Spannung zu zittern begann.

In Heft 2 erzählt Richard, wie er sich wünschte, die Erde solle, ohne ihre sonstige Rotation zu ändern, eine solche Achsendrehung machen, daß Singapore Nordpol und Quito Südpol würde.

Sein Wunsch war erfüllt worden, nur daß er sich damals in seiner Heimatstadt befunden hatte, über welche der neue Aequator lief.

Durch irgend eine Katastrophe hatte sich nun abermals die Erdachse verschoben, und er mußte sich jetzt in der Nähe eines neuen Nordpols befinden, und zwar zur Zeit des Sommers, denn die Sonne ging gar nicht mehr unter.

Was Richard darüber dachte und empfand, dabei wollen wir uns nicht aufhalten, denn das würde uns zu weit führen.