Klausurenkurs im Öffentlichen Wirtschaftsrecht

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2. Regelungsanordnung

159

Da A mit der Zulassung zum Weihnachtsmarkt eine Erweiterung seiner Rechtspositionen erstrebt, handelt es sich um eine Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO[14].

III. Antragsbefugnis

160

Die Antragsbefugnis besteht, wenn A einen Anordnungsanspruch (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) geltend macht. Hier handelt es sich um einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrags. Ein solcher könnte sich aus dem Teilhabeanspruch des § 15 Abs. 1 LMAMG RLP (§ 70 Abs. 1 GewO) ergeben, ist jedenfalls nicht von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen.

IV. Antragsgrund

161

A muss außerdem die besondere Eilbedürftigkeit geltend machen. Diese ergibt sich vorliegend daraus, dass angesichts des unmittelbar bevorstehenden Marktes Rechtsschutz in der Hauptsache zu spät käme.

V. Zuständiges Gericht

162

Zuständig ist das Gericht der Hauptsache, hier also das örtlich zuständige Verwaltungsgericht.

VI. Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen

163

Antragsgegner ist der Klagegegner in der Hauptsache, hier also die Stadt. Sowohl A also auch die Stadt sind beteiligtenfähig. Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist grundsätzlich gegeben.

B. Begründetheit
I. Anordnungsgrund (und Vorwegnahme der Hauptsache)

164

Ein Anordnungsgrund setzt voraus, dass es A nicht zumutbar ist, unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen sowie der Interessen Dritter, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten[15]. Da der Adventsmarkt unmittelbar bevorsteht, ist besondere Eilbedürftigkeit gegeben, so dass man A nicht auf den Hauptsacherechtsschutz verweisen kann.

Eine Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie mit der Zulassung zum Markt regelmäßig verbunden ist, ist jedoch nur dann zulässig, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass A in der Hauptsache erfolgreich sein wird[16]. Dies wiederum ist eine Frage des Anordnungsanspruches.

II. Anordnungsanspruch

165

Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus dem materiellen Recht. Es ist also zu fragen, inwieweit dem A ein solcher Anspruch auf Zulassung zum Markt zustehen könnte. Da es sich um einen festgesetzten Markt handelt, kann sich ein solcher nur aus § 15 LMAMG RLP (§ 70 GewO) ergeben, der insbesondere die kommunalrechtlichen Bestimmungen im Wege der Spezialität verdrängt[17]. Nach dieser Vorschrift hat jeder, der zum Teilnehmerkreis einer festgesetzten Veranstaltung gehört, ein Recht auf Teilnahme und kann nur im Einzelfall aus sachlichen Gründen ausgeschlossen werden.

1. Die Zulässigkeit eines Ausschlusses des A wegen des Anbietens von Kriegsspielzeug

166

Allerdings ist schon fraglich, ob A überhaupt zum Teilnehmerkreis gehört, weil er Kriegsspielzeug anbietet und solche Anbieter ausdrücklich von der AMO ausgeschlossen werden. Eine solche Beschränkung müsste allerdings gewerberechtlich zulässig sein.

Hinweis:

Verorten kann man das Problem entweder bei § 15 Abs. 1 LMAMG RLP (§ 70 Abs. 1 GewO) oder – überzeugender – bei § 15 Abs. 2 LMAMG RLP (§ 70 Abs. 2 GewO)[18], der es gestattet, den Teilnehmerkreis durch Teilnahmebestimmungen näher zu konkretisieren. Nicht einschlägig ist demgegenüber § 16 LMAMG RLP (§ 70a Abs. 1 GewO), der die Möglichkeit des Ausschlusses unzuverlässiger Anbieter eröffnet.

Da das Anbieten von Kriegsspielzeug nicht verboten ist, kann man A nicht als unzuverlässig einstufen; jedenfalls beabsichtigt er nicht, gegen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu verstoßen. Ebenfalls nicht einschlägig ist § 15 Abs. 3 LMAMG RLP (§ 70 Abs. 3 GewO), der lediglich den Ausschluss als Konsequenz einer Knappheitssituation betrifft; dies indiziert der ausdrücklich angesprochene Platzmangel[19].

Gem. § 15 Abs. 2 LMAMG (§ 70 Abs. 2 GewO) ist eine solche Konkretisierung des Teilnehmerkreises zulässig, “wenn es für die Erreichung des Veranstaltungszwecks erforderlich ist, die Veranstaltung auf bestimmte Ausstellergruppen, Anbietergruppen und Besuchergruppen [zu] beschränken, soweit dadurch gleichartige Unternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandelt werden“. § 15 Abs. 2 LMAMG (§ 70 Abs. 2 GewO) gibt dem Veranstalter also grundsätzlich das Recht, das Warenangebot auf seiner Veranstaltung – das auch für den „Gegenstand“ der Festsetzung iSd § 11 LMAMG (§ 69 GewO) ausschlaggebend ist – selbst zu bestimmen[20]. Damit kann er grundsätzlich auch bestimmte Angebotsgruppen ausschließen. Eine Differenzierung zwischen „gleichartigen“ Anbietern ist dagegen gerade nicht möglich[21]. Damit stellt sich konkret die Frage, ob zwischen Anbietern von Kriegsspielzeug und sonstigen Spielzeuganbietern differenziert werden darf. Das besondere Gepräge einer solchen Veranstaltung lässt es jedenfalls nicht als unsachlich erscheinen, das Angebot auf solche Spielwaren zu beschränken, die zu dem besonderen Charakter des Weihnachtsfestes nicht in Widerspruch stehen. Kriegsspielzeug erscheint zur Vorbereitung auf das Kommen des Friedensfürsten (Jes. 9, 6) jedenfalls nicht zwingend, so dass dessen Ausschluss grundsätzlich zulässig war[22].

2. Ausschluss durch die Marktordnung

167

Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, inwieweit diese Entscheidung in der Marktordnung getroffen werden konnte. Bei dieser handelt es sich um verwaltungsinterne Vorgaben, die von einem Ausschuss des Gemeinderates stammen. Folgt man der Rechtsprechung des OVG Koblenz[23], so darf jedenfalls die Ausarbeitung der Vergaberichtlinien einem Ausschuss des Gemeinderates übertragen werden. Für diese Auffassung spricht insb der Umstand, dass der Gemeinderat anschließend ja die Möglichkeit hat, sich mit den Richtlinien zu befassen und diese gegebenenfalls abzuändern; er gibt also die konkrete Entscheidung jedenfalls nicht aus der Hand. Selbst wenn man diese Auffassung nicht teilt[24], müsste man erörtern, inwieweit für einen solchen Ausschluss überhaupt eine ausdrückliche „Rechtsgrundlage“ erforderlich ist. In der Sache jedenfalls wurde die Entscheidung über die Nichtzulassung vom für die Standplatzvergabe zuständigen Bürgermeister bzw der Verwaltung getroffen und nicht dem Ausschuss selbst.

Exkurs:

Auf das bekannte Problem, inwieweit auch die Vergabe der Standplätze dem Ausschuss übertragen werden dürfte[25], kommt es schon deswegen nicht an, weil diese auf den vom Bürgermeister geschlossenen Verträgen beruht und dieser selbst auch die Auslosung vornimmt. Die Zuständigkeit des Bürgermeisters für die eigentliche Standplatzvergabe ist unproblematisch, da man jedenfalls diese als Geschäft der laufenden Verwaltung anzusehen hat[26].

3. Ergebnis

168

Damit stellte der Ausschluss von Kriegsspielzeug auf dem Adventsmarkt eine gewerberechtlich zulässige Konkretisierung des Teilnehmerkreises dar, die auch im Ergebnis vom Bürgermeister getroffen wurde. Mangels Anordnungsanspruch hat der Antrag des A daher keine Aussicht auf Erfolg.

C. Hilfsgutachten

169

Damit sind die weiteren im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen nur noch hilfsgutachtlich zu bearbeiten. Würde A zum Teilnehmerkreis gehören, hätte A nach dem Sachverhalt jedenfalls einen Anspruch auf Berücksichtigung, da er unstreitig über das attraktivste Angebot verfügt, sofern man eine Standplatzvergabe durch Losverfahren für unzulässig hält (dazu I). Außerdem stellt sich die Frage, wie das Gericht zu entscheiden hätte.

I. Die Zulässigkeit der Standplatzvergabe durch Losverfahren

170

Über die Auswahl der Bewerber aus dem Kreis der zugelassenen Teilnehmer wurde allein durch Los entschieden. Diesem formellen Loskriterium fehlt also jegliche Ausrichtung an materiellen Maßstäben, wie sie die bisherige Praxis entwickelt hat. Dennoch hat es die vom BVerwG nicht beanstandete Rechtsprechung des OVG für zulässig erachtet. Dies ist nicht unproblematisch. Selbst wenn man der Verwaltung in Knappheitssituationen einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Auswahlentscheidung zugesteht, so darf nicht übersehen werden, dass diese Entscheidung an den Maßstäben des Art. 12 GG und Art. 3 GG zu messen ist. Wie auch sonst wandelt sich der Anspruch auf Genehmigung in Knappheitssituationen in einen Anspruch auf Teilnahme an einem transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahren um[27]. Wegen der Grundrechtsrelevanz müssen jedenfalls leistungsbezogene Kriterien angelegt werden. Dies schließt den alleinigen Rekurs auf formelle Kriterien wie Priorität und Losentscheid aus. Die Auslosung der Standplätze war daher rechtswidrig.

 

II. Die Entscheidung des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutz

171

Gefragt war außerdem danach, wie das Gericht dann zu entscheiden hätte, wenn es die Bedenken des A teilt, also der unterlegene Bewerber im Ergebnis hätte berücksichtigt werden müssen. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes schließt es jedenfalls aus, die einstweilige Anordnung schon daran scheitern zu lassen, dass die Standplätze zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits alle vergeben sind. Unabhängig davon, dass es bei einem kleinen Stand gerade nicht von vornherein ausgeschlossen ist, einen weiteren Anbieter zuzulassen, ohne damit einen anderen Bewerber auszuschließen, hat das BVerfG jedenfalls die entsprechende frühere Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beanstandet[28]. Damit muss auch der primäre Rechtsschutz den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG genügen und der Veranstalter durch Widerrufsvorbehalte oder Kündigungsklauseln beim Abschluss der Verträge für diesen Fall vorsorgen[29].

Außerdem war die Frage aufzuwerfen, ob das Gericht den A direkt zulassen oder die Gemeinde nur zu einer erneuten Auslosung verpflichten konnte. Grundsätzlich hat A lediglich einen Anspruch auf erneute (fehlerfreie) Durchführung eines Auswahlverfahrens. Erst in diesem kann geklärt werden, wer den Zuschlag erhält[30]. Typischerweise wird die Gemeinde daher unter entsprechender Fristsetzung zur Neubescheidung verpflichtet. Wenn man das Losverfahren für geeignet hält, ist also eine erneute Verlosung durchzuführen, was auch in der verbleibenden Zeit ohne weiteres möglich ist. Sofern man hingegen materielle Kriterien für erforderlich hält, könnte man einen entsprechenden Verpflichtungsanspruch bejahen, da A anerkanntermaßen das attraktivste Angebot hatte. Dies dürfte dazu führen, dass allein seine Zulassung zum Volksfest ermessensfehlerfrei wäre (so genannte Ermessensreduzierung auf Null)[31]. Am Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache konnte man die Entscheidung jedenfalls zumindest nicht ohne ausführliche Auseinandersetzung mit den Anforderungen an die Effektivität des Rechtsschutzes[32] scheitern lassen.

Aufgabe 2: Rechtmäßigkeit der Nichtberücksichtigung des I

I wurde als nicht ortsansässiger Anbieter nicht zum Adventsmarkt zugelassen. Da nach der „Rechtmäßigkeit“ dieses Ausschlusses und nicht etwa (nur) nach der Vereinbarkeit mit Unionsrecht gefragt war, ist zunächst auf die Anforderungen des LMAMG RLP (bzw der GewO) zu rekurrieren.

A. Die Zulässigkeit des Ortsansässigkeitskriteriums
I. Die Vereinbarkeit mit § 15 LMAMG RLP (§ 70 GewO)

172

Der Ausschluss des A könnte bereits auf der Ebene des einfachen Rechts scheitern, da vor dem Hintergrund des Art. 12 GG das LMAMG RLP und die Gewerbeordnung das Kriterium der Ortsansässigkeit gerade nicht als Auswahlkriterium zulassen[33]. Der Hinweis im Sachverhalt auf die kommunalrechtlichen Bestimmungen der GemO geht aufgrund der Spezialität des Gewerberechts fehl. Gewerberechtlich könnte man allenfalls mit dem regionalen Charakter des Adventsmarkts argumentieren. Es wäre zu überlegen, ob sich die unbestreitbar bestehende Ausgestaltungsbefugnis des Veranstalters bei der Auswahl des Angebots (s. schon oben) nicht nur auf die Art und Herkunft der Produkte (lokale Spezialitäten), sondern auch die Herkunft der Anbieter erstrecken kann, insoweit also ausnahmsweise doch auf das grundsätzlich unzulässig Kriterium der Ortsansässigkeit rekurriert werden kann[34]. Einerseits soll der lokale Charakter des Adventsmarkts betont werden, andererseits würde das Angebot des I diesen Charakter nicht ohne weiteres stören, da er seinen Glühwein nach deutschem Rezept anbieten will und der Adventsmarkt nicht explizit darauf ausgelegt ist, den Absatz lokaler Produkte zu fördern. Das Kriterium der Ortsansässigkeit der Winzer verlangt keinesfalls, dass der angebotene Glühwein selbst oder gar notwendigerweise aus lokalen eigenen Weinen hergestellt wird. Damit liegt im Ausschluss des I bereits ein Verstoß gegen einfaches Recht[35].

II. Die Vereinbarkeit mit der Warenverkehrsfreiheit

173

Außerdem könnte auch das Unionsrecht dem Ortsansässigkeitskriterium entgegenstehen[36]. Da Sekundärrecht nicht anwendbar ist, kommen nur die Grundfreiheiten als Prüfungsmaßstab in Betracht. Deren grundsätzliche Anwendbarkeit steht angesichts des grenzüberschreitenden Bezugs außer Frage[37]. Allenfalls könnte man an eine „de minimis“-Ausnahme denken, da angesichts der geringen Umsätze eines solchen Standes weiter entfernte Anbieter kein Interesse haben dürften. Im Urteil Coname erkennt der EuGH an, dass es „besondere Umstände“ geben könne, bei denen „vernünftigerweise angenommen werden könnte, dass ein Unternehmen, das in einem anderen Mitgliedstaat […] niedergelassen ist, kein Interesse an der in Rede stehenden Konzession hätte und dass die Auswirkungen auf die betreffenden Grundfreiheiten daher zu zufällig und zu mittelbar wären, als dass auf eine Verletzung dieser Freiheiten geschlossen werden könnte“. Als Beispiel für solche „besonderen Umstände“ nennt der EuGH die geringfügige wirtschaftliche Bedeutung[38]. Ab wann von einer solchen auszugehen ist, lässt er offen. Im deutschen Schrifttum wird bei der Dienstleistungskonzession für eine Orientierung an den vergaberechtlichen Schwellenwerten plädiert[39]. Jedenfalls könnte man diese bei den vorliegend in Streit stehenden 5000 € verneinen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es im konkreten Fall gerade nicht um die Frage geht, ob „vernünftigerweise angenommen werden könnte“, dass ein ausländischer Anbieter Interesse am Auftrag hat (so dass eine unionsweite Ausschreibung indiziert ist), sondern um die Frage, inwieweit ein ausländischer Anbieter, der sich ausdrücklich beworben hat, unter Rückgriff auf das Kriterium der Ortsansässigkeit ausgeschlossen werden kann. Insoweit dürfte sich der EuGH sicherlich nicht auf eine „Geringfügigkeitsschwelle“ einlassen[40].

Wenn der erforderliche Binnenmarktbezug gegeben ist, stellt sich die Frage nach der anwendbaren Grundfreiheit. Die Tätigkeit des I ließe sich wohl als grenzüberschreitende Dienstleistung einstufen, sie betrifft allerdings auch den Absatz seiner eigenen Waren. Auf der Grundlage der „Schwerpunktformel“ des EuGH dürfte man daher wohl nicht zur Dienstleistungsfreiheit (Art. 57 AEUV), sondern zur Warenverkehrsfreiheit kommen, weil der Schwerpunkt nicht auf der Dienstleistung, sondern wohl eher auf dem Vertrieb der Ware liegt[41]. Wegen der Angleichung der Prüfungsmaßstäbe hat die Entscheidung für die Waren- oder die Dienstleistungsfreiheit allerdings keine Auswirkungen auf das Ergebnis.

Allerdings liegt – gerade deswegen weil von ortsansässigen Winzern keinesfalls der Verkauf nur eigener oder wenigstens lokaler Weine verlangt wird – in der Bevorzugung Ortsansässiger eine versteckte Diskriminierung. Auch eine solche kann zwar grundsätzlich gerechtfertigt werden, wie der EuGH in Entscheidungen zur Beschränkung von Zweitwohnsitzen hat anklingen lassen, wo er in der Erhaltung einer „dauerhaft ansässigen Bevölkerung“ ein legitimes Ziel gesehen hat[42]. Mit diesen Fällen ist allerdings die Bevorzugung ortsansässiger auf einem Weihnachtsmarkt, erst recht in der vorliegenden Ausgestaltung, nicht vergleichbar, so dass im Ergebnis ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten anzunehmen ist[43].

B. Erfordernis einer Ausschreibung

174

Anforderungen an die Veröffentlichung könnten sich vor allem aus der Rechtsprechung des EuGH zur Transparenz und Diskriminierungsfreiheit von Vergabeverfahren ergeben. Diese Rechtsprechung bezieht sich, auch wenn die Abgrenzung bisweilen zu wünschen übrig lässt, gerade nicht nur auf das eigentliche Vergaberecht[44]. Sie wird vielmehr unmittelbar auf die Grundfreiheiten, hier wohl die Warenverkehrsfreiheit, gestützt.

Damit besteht auch hinsichtlich des Ausschreibungserfordernisses ein mitgliedstaatlicher Spielraum bei der Konkretisierung der grundfreiheitlichen Anforderungen. Zur Frage, inwieweit Vergabeentscheidungen unionsweit bekannt gemacht werden müssen, hat sich der EuGH bislang nicht abschließend geäußert. Lediglich den vollständigen Verzicht auf eine Ausschreibung bzw Bekanntmachung des Auftrags sieht er explizit als unionswidrig an[45]. Hinsichtlich der Modalitäten der Ausschreibung gesteht der EuGH der konzessionserteilenden Stelle einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Modalitäten der Ausschreibung zu[46]. Erforderlich ist aber, dass die Modalitäten des Vergabeverfahrens zu den Besonderheiten der Dienstleistungskonzession in einem angemessenen Verhältnis stehen[47]. Insbesondere ist für einen in diesem Sinne angemessenen Grad an Öffentlichkeit zu sorgen[48]. Hier wurde die Ausschreibung auf der Homepage der Stadt bekannt gemacht und ist daher auch für ausländische Anbieter, sollten sie sich aus welchen Gründen auch immer doch für den Adventsmarkt interessieren, zugänglich. Dies dürfte den Anforderungen des Unionsrechts genügen[49].

Anmerkungen

[1]

Dazu und zu den Konsequenzen Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 385.

[2]

Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 385; s. auch Storr, in: Pielow, GewO § 70, Rn 51 ff. Nicht entscheidend ist demgegenüber die Frage eventueller öffentlichrechtlicher Bindungen, die die Entscheidung beeinflussen, vgl. Schenke/Ruthig, in: Kopp/Schenke, VwGO § 40 Rn 6 ff. Als Vorfrage sind sie nach allgemeinen Grundsätzen nicht rechtswegbestimmend, vgl VG Neustadt, GewArch 2008, 361 f, mit dem Hinweis auf das vergaberechtliche Parallelproblem (s. dazu BVerwG, NVwZ 2007, 820; Ruthig, NZBau 2005, 497, 501 f); ungenau daher Wollenschläger, Verteilungsgerechtigkeit, 2010, S. 645 f.

[3]

Storr, in: Pielow, GewO § 70, Rn 57.

[4]

Dazu Schenke/Ruthig, in: Kopp/Schenke § 40 Rn 49d. Davon zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit außer dem Marktgewerberecht möglicherweise auch kartellrechtliche Vorschriften greifen, dazu Storr, in: Pielow, § 70 GewO Rn 62.

[5]

Diese ergeben sich aus § 106 Abs. 2 Nr. 1–4 GWB iVm den jeweiligen Sekundär- und Tertiärrechtsvorschriften. Der Schwellenwert einer Dienstleistungskonzession beträgt demnach aktuell 5 225 000 €, § 106 Abs. 2 Nr. 4 GWB iVm Art. 8 Abs. 1 RL 2014/23/EU vom 26.2.2014, ABl. L 94, 1, geändert durch Art. 1 der Delegierten Verordnung 2015/2172 der Kommission v. 24.11.2015, ABl. L 307, 9.

[6]

Zu dieser (im Verhältnis zu § 40 VwGO abdrängenden) Sonderzuweisung Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn 49d.

[7]

Zum Problem bereits Donhauser, NVwZ 2010, 931, 935 f.; zur straßenrechtlichen Festsetzung auch VG Hamburg, GewArch 2013, 121. Allgemein zur Einordnung öffentlichrechtlicher Konstellationen als Dienstleistungskonzession Müller, NVwZ 2016, 266.

[8]

Zu diesem Erwägungsgrund auch BT-Drucks 18/6281, S 76.

 

[9]

Vgl Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 385. Davon ist die Frage zu unterscheiden, ob insbes vor dem Hintergrund der Durchführungspflicht des § 69 Abs. 2 GewO (§ 11 LMAMG RLP) die gewerberechtliche Festsetzung eines Marktes eine Dienstleistungskonzession darstellt, vgl Wollenschläger, in: Beck‘scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl 2017, § 105 GWB Rn 45 mwN.

[10]

Dazu schon allg Ruthig, DVBl 2010, 12; EuGH v. 18.12.2007, Rs. C-220/06 – „AP“, Rn. 50, NJW 2008, 633; s. auch BGHZ 179, 84 Rn 17.

[11]

Da der Inhalt der einstweiligen Anordnung im Ermessen des Gerichts steht (§ 123 Abs. 3 VwGO iVm § 938 ZPO), dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrags (Anspruch auf Abschluss des Vertrages bzw Anspruch auf Durchführung eines Verteilungsverfahrens) auch nicht überspannt werden, vgl Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn 1030.

[12]

Allg. zu einem Verbescheidungsanspruch unterlegener Mitbewerber VG Mainz, GewArch 2004, 418; s. auch Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 383.

[13]

Der Erfolg der eA setzt jedenfalls nicht voraus, dass gleichzeitig hinsichtlich des Verwaltungsakts ein Antrag nach § 80 VwGO gestellt wird. In der Sache wäre ein entsprechender „Anfechtungsantrag“ jedenfalls vom Verpflichtungsantrag mit umfasst, so dass das Gericht im Wege der Auslegung des klägerischen Begehrens bzw der Umdeutung seines Antrags dem Rechtsschutzbegehren Rechnung tragen könnte.

[14]

Zur Abgrenzung von der Sicherungsanordnung zB Schenke, Verwaltungsprozessrecht Rn 1025.

[15]

Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO § 123 Rn 26 mwN.

[16]

Auch dazu Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO § 123 Rn 26.

[17]

Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 391 mwN.

[18]

Zum fließenden Übergang zwischen Abs. 1 und 2 s. Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, § 70 Rn 14 f.

[19]

S. allerdings dazu, dass auch die Abs. 2 und 3 in der Praxis fließend ineinander übergehen Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 70 Rn 12.

[20]

Zu dieser weiten Ausgestaltungsbefugnis etwa VGH München, BayVBl 2012, 120; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 70 Rn 9; Wollenschläger, Verteilungsgerechtigkeit, 2010, S. 329 mwN.

[21]

Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 70 Rn 9; Storr, in: Pielow, GewO § 70 Rn 19.

[22]

Im Ergebnis sind selbstverständlich beide Auffassungen vertretbar. Gegen die Zulässigkeit einer solchen Verhinderung des Angebots von Kriegsspielzeug (bei privatrechtlich organisierten Märkten) Gröschner, NVwZ 1983, 2178.

[23]

Vgl OVG Koblenz v. 22.12.2000 – 11 A 11462/99 (juris).

[24]

Vgl etwa VG Oldenburg, NVwZ-RR 2005, 127, 128: allein die Aufstellung von Vergaberichtlinien durch einen Ausschuss habe zur Konsequenz, dass die spätere Vergabeentscheidung nicht mehr ermessensfehlerfrei ergehen kann.

[25]

Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 394 mwN.

[26]

Vgl Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 394, 386.

[27]

Dazu allgemein Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 109 und für das Marktgewerbe Rn 381. Zum Grundsatz des fairen Verfahrens auch OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2006, 177; Donhauser, NVwZ 2010, 931.

[28]

BVerfG, NJW 2002, 3691, 3692; s. auch Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 389.

[29]

Vgl nur VG Hannover, GewArch 2008, 405.

[30]

Auch dazu VG Hannover, GewArch 2008, 405.

[31]

Zu dieser Argumentation auch VG Oldenburg, NVwZ-RR 2005, 127, 130.

[32]

S. auch Braun, NVwZ 2009, 747, 751 mwN.

[33]

S. etwa VGH Mannheim, GewArch 2001, 420. Ähnliche Problematik bei öffentlichen Einrichtungen nur für Gemeindeangehörige, Geuer, BayVBl. 2011, 752.

[34]

Vgl OVG Lüneburg v. 15.4.1992, 7 L 3790/91 Rn 59 f; VG Neustadt, GewArch 2010, 39; in dieser Richtung wohl auch Wollenschläger, Verteilungsgerechtigkeit, 2010, S. 329. Generell gegen eine Berücksichtigungsfähigkeit des Ortsansässigkeitskriteriums im gewerberechtlichen Kontext Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 70, Rn 14; Kupfer, Die Verteilung knapper Ressourcen im Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2005, S. 230. Nicht überzeugend wäre ein Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG zur Berücksichtigung des Ortsansässigkeitskriteriums bei der Gebührenbemessung (BVerwGE 104, 60 = NJW 1998, 469), dafür aber Donhauser, NVwZ 2010, 931, 936.

[35]

Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 382, 391. In der Klausur wäre das gegenteilige Ergebnis mit entsprechender Begründung selbstverständlich vertretbar.

[36]

Dazu Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 392.

[37]

Zum erforderlichen grenzüberschreitenden Bezug Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 54.

[38]

EuGH v. 21.7.2005, Rs. C-231/03 – „Coname“, Slg 2005, I-7287 Rn 20.

[39]

Burgi, NZBau 2005, 610, 615; ausdrücklich auch für das Marktgewerbe.

[40]

Anders wohl Donhauser, NVwZ 2010, 931, 936.

[41]

Näher zu dieser Schwerpunktrechtsprechung mwN Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 65.

[42]

EuGH v. 1.6.1999, Rs. 302/97 – „Konle“, Slg 1999, I-3099; EuGH v. 5.3.2002, Rs. C-519/99 – „Reisch“ Lt. 4, Slg 2002, I-2157; NVwZ 2002, 707; dazu Behr, LKV 2005, 104, 106 f. Problematisch sind sowohl die Abgrenzung von den Maßnahmen gleicher Wirkung als auch die Möglichkeit der Rechtfertigung versteckter Diskriminierungen.

[43]

Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 392; für ungeklärt hält das Problem Donhauser, NVwZ 2010, 931, 936 unter Berufung vor allem auf die Entscheidungen „Konle“ und „Reisch“.

[44]

Sie würden durch das Vergaberecht als speziellerer Regelung verdrängt. Dieses ist allerdings in den Konstellationen der Marktgewerberechts im Ergebnis nicht anwendbar (s. oben).

[45]

EuGH v. 13.10.2005, Rs. C-458/03 – „Parking Brixen“, Slg 2005, I-8585 Rn 50.

[46]

EuGH v. 13.10.2005, Rs. C-458/03 – „Parking Brixen“, Slg 2005, I-8585 Rn 50.

[47]

EuGH v. 13.10.2005, Rs. C-458/03 – „Parking Brixen“, Slg 2005, I-8585 Rn 50.

[48]

EuGH v. 13.9.2007, Rs. C-260/04 – „Kommission ./. Italien“, Slg 2007, I-7083 (stRspr.) = VergR 2008, 213 m. Anm. Herrmann.

[49]

Ebenso Donhauser, NVwZ 2010, 931, 936.

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