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Karl der Große im Norden

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4.1.3. Nota Somnia Danielis und Karl Magnus

Somniale DanielisZwischen dem Traumdeutungsbuch Somnia Danielis und Karl Magnus existiert eine inhaltliche Verknüpfung. Neben den Visionen, die zur Genese einer eigenen Gattung, der sog. Visionsliteratur beigetragen haben, stellen Träume einen gängigen Topos in der epischen Literatur des Mittelalters dar. Sie haben strukturbildende Funktionen inne und besitzen das Potenzial, psychologische Einsichten und schicksalhafte Wendungen allegorisch zu vermitteln.1 Die allegorische Bedeutung der Träume in der Chanson de RolandRoland wurde schon früh von der Forschung hervorgehobenRoland2 – hier liegt eine mögliche Verbindung zwischen Karl Magnus und dem beliebten mittelalterlichen Traumbuch. Die mantischen Träume Karls des Großen nutzen die Allegorie als Mittel zur Ankündigung zukünftiger Ereignisse und bedürfen einer Auslegung durch den Träumenden selbst oder durch einen Traumdeuter. Wie Karl-Josef Steinmeyer feststellt, sind die Träume Karls ein charakteristisches Beispiel für die Denkweise des mittelalterlichen Rezipienten, die aus dem typologischen Denken hinsichtlich der ihn umgebenden Dinge resultiert und ihren Ursprung in der Bibelexegese hat.3 Hier ist die Geschichte von Karl Magnus und Somniale DanielisSomniale Danielis durch ihre Co-Existenz in der Handschrift Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4 einerseits auf inhaltlicher und andererseits auf rezeptionsästhetischer Ebene verknüpft: Karls mantische Träume und die gegebene Möglichkeit zu deren Exegese durch das Traumbuch bezeugen die mittelalterliche Traumgläubigkeit. Diese erachtet Steinmeyer aufgrund der Vielzahl an Träumen in den chansons de gestechansons de geste und in der frühen epischen Dichtung des europäischen Mittelalters wie auch der handschriftlichen Verbreitung oneiromantischer Schriften als gegeben.4 Diese Traumgläubigkeit und das Weltbild der zeitgenössischen Rezipienten ermöglichen ein anderes Gesamtverständnis des literarischen Werks, einen anderen Zugang, der dem heutigen Leser gänzlich verwehrt bliebe, zöge man das Potenzial der Fachprosa, in diesem Fall der oneiromantischen Schrift, nicht als Folie für die Einordnung der literarischen Texte in den Sinnhorizont ihrer Zeit heran.

Charakteristisch für die altnordischen, d.h. für die altnorwegische, aber ebenso für altschwedische und altdänische Version der Chanson de RolandRoland, erscheint im ersten Traum Karls der Großen vor der Schlacht von RoncesvallesRoncesvalles nicht Ganelon persönlich, Rolands Stiefvater und Verräter, der die Lanze zerbricht, sondern der Engel Gottes. Das Erscheinen Ganelons in propria persona statt in einer allegorischen Form, z.B. als wildes Tier, ist sowohl für die Chanson de Roland als auch im Rahmen der übrigen Traumsequenzen beinhaltenden chansons de gestechansons de geste ungewöhnlich, so Steinmeyer.5 Die unmittelbare Deutung des Traumes durch Karl selbst ist jedoch nicht weniger prophetisch: Rolands Tod und die bevorstehende Schlacht kündigen sich schon früh in der Erzählung an.

Die Bedeutung der Fachliteratur liegt neben ihrem Eigenwert als Teil des literarischen Milieus der Zeit in ihrem Potenzial, die soziokulturelle Hintergründe der poetischen Werke zu beleuchten. Die Fachliteratur ermöglicht so das Verständnis zur Gesamtinterpretation einzelner Texte.6 Kodikologisch kontextualisiert können die gelehrten Fachprosa-Texte neue Möglichkeiten zur Interpretation anderer Texte innerhalb der Handschrift liefern, um so die literarischen und kulturellen Horizonte der zeitgenössischen Rezipienten besser einordnen zu können.

In Bezug auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, die altschwedische Überlieferung der chanson de geste, lässt sich unter anderem ein interpretatorischer roter Faden vom Traumbuch Somniale DanielisSomniale Danielis bis hin zur schwedischen Bearbeitung der Chanson de RolandRoland ziehen. Während die allegorischen Träume Karls des Großen im Text selbst keine Exegese erfahren, ließen sie sich mit dem praktischerweise ebenso in der Handschrift Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4 enthaltenen Traumbuch gewiss deuten. Ob dies der tatsächlichen Praxis entsprach, lässt sich nicht mit Sicherheit belegen. Dass die Träume Karls des Großen für die Entwicklung der Handlung sowie die sich früh ankündigende fatalistische Aura des Werkes zentral sind, ist hingegen unumstritten.

Zwischen Karl Magnus und der Gruppe der religiösen Texte liegt eine weitere kontextuelle Verbindung vor. Das bereits in der altfranzösischen Epik dominante Moment des Kampfes zwischen Christentum und Heidentum kommt in der schwedischen Überarbeitung noch stärker zur Geltung. Die vom religiösen Kolorit geprägten Geschichten um Karl den Großen fügen sich in den theologisch-erbaulichen Teil der Handschrift.

4.1.4. Herrschervita – Alexander, Albrekt, Karl

Zur zweiten Textgruppe des Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4, in denen das Kompositionsprinzip nach der Vita eines Herrschers ausgerichtet ist, gehören neben Karl Magnus auch Konung AlexanderKonung Alexander sowie Dikten om Kung Albrekt, ergänzt durch den kurzen historischen Abriss Aff Danmarkis konongom. Die literarischen Texte, teils Bearbeitungen europäischer Stoffe, teils in Schweden verfasste Werke, erzählen von Ereignissen während der königlichen Herrschaftszeiten; hierbei lässt sich eine Distanzverschiebung und eine Art Domestizierung der Geschichte beobachten: Vom antiken König Alexander, dem gotterwählten Universalherrscher des frühen Mittelalters Karl bis hin zum schwedischen König Albrecht des 14. Jahrhunderts.

4.1.4.1. Konung Alexander

Konung AlexanderKonung Alexander stellt die schwedische Bearbeitung der I2 Rezension der Historia de preliis des Archepresbyters Leo dar, die die Zeit um 900 datiert wird und vom Leben Alexanders und seiner Weltherrschaft handelt. Forschungsgeschichtlich lassen sich vier große Analysekomplexe in Bezug auf das Werk ausmachen:Konung AlexanderCod. Holm. D41 zum einen die Frage nach der Relation des Textes zu seiner kontinentaleuropäischen literarischen Tradition vor dem Hintergrund der Entwicklung der schwedischen volkssprachigen Literatur, zum anderen die Untersuchungen seiner sprachlichen und stilistischen Gestalt sowie die Einflüsse der zeitgenössischen schwedischen höfischen Werke wie der EufemiavisorEufemiavisor und der ErikskrönikanErikskrönikan. Darüberhinaus wird auf thematischer und interpretativer Ebene das in Konung Alexander vermittelte Weltbild thematisiert sowie die Konstruktion eines Weltherrschers, die durchaus ambivalent ausfällt. Letztlich stellt sich ebenfalls die Frage nach der Einordnung des Textes in den zeitgenössischen soziokulturellen Hintergrund sowie nach seinem Entstehungs-und Rezeptionsmilieu. Der Auftraggeber für die schwedische Bearbeitung des Textes wird im Epilog erwähnt:

Thæsse book hon hafwer nw ænda

hona loot til swenske wænda

aff latine oc swa til rima

[…]

en ærlik drotzet innan swerik

bo ionsson swa næmpner han sik.2

Es handelt sich um Bo Jonsson Grip, einen schwedischen Reichsdrost und Großgrundbesitzer, „recognized leader of the Swedish aristocracy up till his death in 1386“.Dikten om Kung Albrekt3 Aus diesem Grund ist das Entstehungs- und Rezeptionsmilieu im schwedischen Adel und in den Kreisen um Bo Jonsson anzusiedeln.Konung Alexander4 Hier findet sich der rote Faden zu anderen Texten der Handschrift. Obwohl Konung AlexanderKonung Alexander selbst kein dezidiert höfischer Roman ist,Erikskrönikan5 so bleibt er dennoch in einen höfischen Rahmen eingebettet. Argumente hierfür sind der adelige Auftraggeber und damit das anzunehmende aristokratische Rezeptionsmilieu sowie die Tatsache, dass die EufemiavisorEufemiavisor und die ErikskrönikanErikskrönikan offensichtlich als Inspirationsquelle auf der stilistischen und formalen Ebene fungierten. Bampi stellt fest, „the translator judged it appropriate to furnish the narration of Alexander’s deeds with traits that were familiar to the aristocratic audience the text was meant to address“.6 Weiterhin sei es plausibel, dass die Re-Integration des Textes im aristokratischen Milieu die Repräsentation von Alexanders Taten in vielerlei Hinsicht beeinflusste.7

Die ältere Forschung bewertete Konung AlexanderKonung Alexander als eine ernste politische Tendenzschrift.8 Gisela Vilhelmsdotter hingegen spricht von einem „exemplum“.9 Sowohl zum Zeitpunkt seiner Übersetzung ins Schwedische um 1380, d.h. während der Regierungszeit Albrechts von Mecklenburg, als auch im Zeitraum von 1425 bis 1430 zu Zeiten Eriks von PommernErik von Pommern, als der Hauptteil des Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4 angefertigt wurde, lässt sich der Text auf die jeweils aktuelle zeitgenössische politische Situation beziehen. Die negativen Eigenschaften, die die Figur Alexanders in der schwedischen Adaption kennzeichnen, lassen sich gleichfalls auf die Könige Albrecht und Erik übertragen und bieten somit ein negatives exemplum.

Thematisch lässt sich der Text mit der zweiten Episode des Karl Magnus, welche die Schlacht von RoncesvallesRoncesvalles und den Tod Rolands und Oliviers zum Thema hat, durchaus vergleichen – in beiden Texten wird die Singularität der Helden und die daraus resultierende problematische Integration ins Kollektiv thematisiert. Ist es im ersteren noch die maßlose Neugierde Alexanders, die seinen Untergang bewirkt, so ist es in Karl Magnus Rolands Hochmut und seine Maßlosigkeit, die neben dem Verrat Ganelons die Niederlage der fränkischen Armee, seinen eigenen Tod wie auch den seines besten Freundes Olivier zur Folge haben. Auch in der ersten Episode, während der Pilgerfahrt nach Jerusalem und Konstantinopel, werden Karl und seine Gefährten durch ihren Übermut und ihre, im betrunkenen Zustand ausgesprochenen Prahlereien, gabs, in große Gefahr gebracht. Nur durch intensives Beten kommt Karl als Sieger dieser Episode davon – allerdings nicht ohne die mahnenden Worte eines ihm erschienenen Engels. Die Aufrechterhaltung einer göttlichen Weltordnung wird somit durch Maßlosigkeit und Hochmut gefährdet, wovon große Krieger wie RolandRoland oder herausragende Könige wie Karl und Alexander nicht ausgenommen sind. Ihr tiefer Fall ist umso exemplarischer, werden die Texte der Handschrift doch gewiss gleichermaßen vor dem Hintergrund der religiösen und didaktisch-moralischen Texte rezipiert.

 

Weiterhin zeigen beide Texte großes Interesse an detaillierten Beschreibungen der orientalischen Welt und den damit assoziierten Schönheiten und Wundern. Die hier konstruierten positiven Alteritätsbilder stehen in einem scharfen Kontrast zu denen der adaptierten Chanson de RolandRoland. Der Alteritäts- bzw. Orient-Diskurs findet sich ebenfalls in einem anderen Text der Handschrift, nämlich in einer der EufemiavisorEufemiavisor, Flores och BlanzeflorFlores och Blanzeflor, in dem der Held der Geschichte, der junge Flores, seiner nach Byzanz verkauften Geliebten folgt und die Wunder im Garten des Emirs von Babylon erlebt. Diese diskursiven Parallelen, die thematisch die Texte der Handschrift miteinander verknüpfen, werden im Kapitel 5 der vorliegenden Arbeit im Detail untersucht.

4.1.4.2. Dikten om Kung Albrekt

Dikten om Kung AlbrektDas dritte Werk aus der ‚Herrscher‘-Gruppe der Handschriften ist das allegorische, im Knittelvers verfasste Gedicht Dikten om Kung AlbrektDikten om Kung Albrekt, das vor dem Hintergrund der 25 Jahre andauernden Regierungszeit des mecklenburgischen Herzogs und später schwedischen Königs Albrecht III. von Mecklenburg entstanden ist.1 Albrechts Herrschaft war geprägt von politischen Repressionen, der Ausbeutung schwedischer Bauer und Grundbesitzer und der Etablierung einer Klasse deutscher, in erster Linie mecklenburgischer Adliger, die im Dienste Albrechts III. sowohl herausragende politische Positionen als auch finanzielle Vorteile erwerben konnten.2 Das vermutlich während der letzten Jahre seiner Herrschaft verfasste Gedicht Dikten om Kung Albrekt wurde schon früh in der Forschung als propagandistisch eingestuft,3 die Kritik an der politischen Situation zu Zeiten Albrechts III. in allegorischer Form ist dabei recht offensichtlich.4 Die aktuellen Forschungspositionen zu Dikten om Kung Albrekt stimmen in Bezug auf das Entstehungs- und Rezeptionsmilieu dahingehend überein, dass es im aristokratischen Milieu um Bo Jonsson Grip – in dessen Auftrag auch Konung AlexanderKonung Alexander niedergeschrieben wurde – entstanden sein soll. 5 Bo Jonsson, durch eine Urkunde als officialis generalis, d.h. höchster Amtsträger von König und Reich betitelt, war gleichzeitig der Vertreter des Adels und wurde so zur Schlüsselfigur des politischen Systems während der Herrschaft Albrechts III.6 Der Zusammenhang mit anderen Texten der Handschrift wird auf diese Weise nachvollziehbar:

If Dikten om kung Albrekt was written and performed in the entourage of Bo Jonsson’s executors or, more generally, in aristocratic circles connected to him, it is more than likely that it was transmitted together with Konung AlexanderKonung Alexander and other courtly works such as Eufemiavisorna and ErikskrönikanErikskrönikan: family relationships, class identity and shared ideology contributed to ensure the preservation and the transmission of this group of texts.7

Obgleich alle drei Texte im Hinblick sowohl auf ihre Transmission als auch auf die generischen Merkmale deutliche Unterschiede aufweisen, kann man ihnen neben einer sicherlich unterhaltsamen auch eine belehrende Funktion attestieren: Durch das Porträtieren verschiedener Verhaltensmodelle der Herrscher konnten kritische und didaktische Aspekte der Geschichten zur Geltung kommen und anhand der drei royalen Viten der schwedischen Aristokratie Werte und Normen vermittelt werden – exemplarisch an den Darstellungen des verhassten Königs Albrecht III., des maßlosen Alexanders und schließlich des gotterwählten rex iustusrex iustus Karls des Großen.

4.1.5. Fazit

Die Verbindung zwischen Karl Magnus und den höfischen Texten des Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4 wird durch den Rezeptionsrahmen sowie das Entstehungsmilieu der Handschrift gebildet, obgleich Konung AlexanderKonung Alexander ebenso wie Karl Magnus keine offensichtlichen Spuren höfischer Ethik beinhalten. Im Falle von Karl Magnus ist dies nachvollziehbar, führt man sich die Transmission der Texte aus der Gattung der chansons de gestechansons de geste vor Augen, die als Quellen beim Zusammenstellen der zunächst altwestnordischen Kompilation Karlamagnús sagaKarlamagnús saga ok kappa hans dienten, die wiederum als Vorlage bei der schwedischen und dänischen Bearbeitung des Karls-Stoffes vorlag.

Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4 ist von den in der vorliegenden Analyse behandelten Handschriften die wohl heterogenste und damit auch herausforderndste, wenn es um die interne Logik der Textauswahl geht. Die Geschichte des fränkischen Kaisers ist hier in eine Vielzahl anderer Genres und Texte eingebettet – historiographische, religiöse, moralisch-didaktische, höfische und profane Inhalte bilden den Rezeptionsrahmen, in dem Karl Magnus aufgezeichnet und gelesen wurde. Obgleich nicht auf den ersten Blick erkennbar, entfaltet Karl Magnus neben textintrinsischen Möglichkeiten zu Interpretation und Lesarten eine weitere Verständnisebene vor dem Hintergrund der kodikologischen Kontextualisierung mit anderen Texten. In einer Gruppe mit Konung AlexanderKonung Alexander und Dikten om Kung Albrekt präsentiert der Text verschiedene Herrschaftsformen und royale Verhaltensnormen, die sich deutlich von den höfischen Lebensmodellen der EufemiavisorEufemiavisor unterscheiden, obwohl deren Übersetzungs- und Rezeptionsmilieu von ähnlichen Normen und Werten, nämlich denen der schwedischen Aristokratie, geprägt war. Mit dem religiösen und moralisch-didaktischen Teil der Handschrift korreliert das insgesamt stark betonte christliche Moment der schwedischen Bearbeitung, der universelle Kampf der Christenheit gegen das Heidentum und die Wiederherstellung der göttlichen Weltordnung durch den Sieg des Christentums. Die hier im weitesten Sinne als Sachliteratur definierten Textgruppen vervollständigen das durch diese Handschrift entworfene heterogene Bild, haben jedoch ihren Eigenwert als Zeugen des soziokulturellen Milieus, in dem auch Karl Magnus rezipiert wurde. Exemplarisch sei hier das Traumbuch Somniale DanielisSomniale Danielis genannt, als Nachweis für die Relevanz der Träume für mittelalterliche Rezipienten, die mithilfe des Traumbuches die allegorischen Träume Karls besser dechiffrieren konnten.

4.2. Cod. Holm. D4a (Fru Märtas bok, Codex Verelianus)

Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4aEine weitere SammelhandschriftSammelhandschrift, die die schwedische Bearbeitung der Taten Karls des Großen enthält, ist die Handschrift Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4aCod. Holm. D4a, auch als Fru Märtas bok1 oder Codex Verelianus bekannt. Aus kodikologischer Perspektive bilden die Texte der Handschrift eine Einheit, sie folgen nacheinander ohne Unterbrechung, was darauf schließen lässt, dass die vorliegende Reihenfolge der Texte seit der Fertigstellung der Handschrift nicht verändert wurde. Wie schon von David Kornhall postuliert und von Patrik Åström in der neueren Forschung bestätigt, besteht die Handschrift aus zwei Teilen, die von unterschiedlichen Schreiberhänden geschrieben wurden.2 Der erste Teil der Handschrift umfasst die Seiten 1–490. Per-Axel Wiktorsson ist es gelungen, den Schreiber dieses ersten Teiles zu identifizieren: Es handelt sich hierbei um Sigge Ulfsson, den Bruder Märtas Ulfsdotter, die als Eigentümerin der Handschrift gilt.3 Sie ist wiederum Mutter von Elin Gustavsdotter, welche die für diese Studie ebenfalls relevante Handschrift Cod. Holm. D3 besaß, auch als Fru Elins bok bekannt. Der zweite Teil der Handschrift enthält die restlichen Seiten 490–513 und stammt aus der Hand eines anderen Schreibers. Nach der Auswertung paläographischer, kodikologischer sowie textinterner Datierungsmöglichkeiten kommt Patrik Åström zum Ergebnis, dass der erste Teil der Handschrift um 1448 verfasst sein muss, während der zweite Teil angesichts der historischen Ereignisse, von denen die beiden Chroniken, Lilla krönikan sowie Prosaiska krönikan berichten, zwischen 1449 und 1463 zu datieren ist.

4.2.1. Inhalt


Blatt Inhalt Anmerkungen
1r–55v Reimchronik, erstes Blatt mit den Versen 1–82 fehlt
55r–75v Karl Magnus
75v–102r Dritte Eufemiavisa
102r–103r Klerikersatire
103r–103v Julens och Fastans träta Streitgedicht, gehört zur Tradition der fabliaux, débats, batailles und Fastnachtspiele
104r–175r Ivan Lejonriddaren Erste Eufemiavisa
175r–202r Prosaroman, basierend auf niederländischen und niederdeutschen Vorlagen
202r–237v Zweite Eufemiavisa
237v–245v Tungulus auch Tundalus, Visionsbericht des irischen Ritters Tungulus, a-Redaktion
245v–250r Historiographische Literatur
250r–258v Prosaiska krönikan Prosa-Version von Lilla Rimkrönikan

Tab. 2:

 

Inhalt der Handschrift Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4aCod. Holm. D4a