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Tag, Monat, Jahr

We, the people. Die Amerikanische Verfassung beginnt so. Was soll an der populistisch sein, im Sinne von rechtsextrem, was? Die passt ja eh! An der liegt’s nicht! Chomsky, glaube ich, hat experimentartig das Kommunistische Manifest Amerikanern, die’s nicht kannten, zitiert, Passagen daraus, oder zu lesen gegeben, und die Leut’ haben geglaubt, die Stellen seien ganz gewiss alle aus der amerikanischen Verfassung. Das Kommunistische Manifest ist die amerikanische Verfassung, haben die also geglaubt. Also an der hapert’s gewiss nicht.

Tag, Monat, Jahr

Die jetzt dermaßen dumm herumreden und es den anderen Leuten ein und es infolge ihrer Dummheit auch authentisch selber glauben, dass unsere Demokratie in Wahrheit am Ende sei. Heut ein paar haben das zu mir g’scheit g’sagt. Furchtbar! Wir stehen nicht am Ende unserer Demokratie, wir fangen jetzt erst richtig an – das wäre die Antwort darauf, die richtige. Die stimmt wirklich! Eingefallen ist die mir heut halt nicht. Aber das kommt ab jetzt nicht mehr vor. Mein Problem ist jedes Mal, dass ich mit solchen Leuten nicht reden mag. Ich mag die nicht. Die schnappen sich einen Einfall, der was wert ist, und machen mit dem dann, was sie wollen, und alles wird dann noch komplizierter. Die flicken sich ihre Tarnungen zusammen immer aus all dem eben, was Vernünftiges zu ihnen gesagt wird von irgendwem. Sie werden selber unkenntlich dadurch. Es ist daher nicht wirklich vernünftig, mit solchen Leuten zu reden. (Erklärung folgt später.)

Tag, Monat, Jahr

Wer hat das gesagt, von wem ist das, dass wir nicht am Ende unserer Demokratien stehen, sondern dass die Demokratien jetzt erst richtig anfangen? Von mir! Gottverdammt! Echt wahr? Ja, von mir ist das! Wird schon jemand anderem auch wo eingefallen sein. Hoffentlich.

Tag, Monat, Jahr

Ich weiß nicht wirklich, was eine Räterepublik ist, was Räte sind. Gemeinderäte, Betriebsräte, Kammerräte, Hofräte.

Tag, Monat, Jahr

Arbeiterräte, Soldatenräte, Sowjets. Na ja.

Tag, Monat, Jahr

Mein Vater war Wirklicher Amtsrat. Das hat er mit Wirkl. abgekürzt bei der Unterschrift. Was war da wirklich an dem Ganzen damals? Die Wirklichkeit war ihm immer sehr wichtig. Er hat sie sich sehr gewünscht in allem. Sie wäre ihm eine Hilfe gewesen.

Tag, Monat, Jahr

Man sollte, kommt mir vor, jetzt endlich baldigst einmal, gewissermaßen therapeutisch, die Wunderfrage stellen, und zwar kombinieren mit der Frage: Was würden Sie tun, wenn Sie Kanzler wären? Oder natürlich noch besser: Kanzlerin. Und damit sich niemand zu sehr schreckt davor, vielleicht die Staatsmacht auf bloß ein halbes Jahr beschränken oder gar nur auf einen Tag. Kanzler für einen Tag. Aber warum denn eigentlich extra beschränken! Die Wunderfrage eben, die gehört gestellt. Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Morgens auf und sind Bundeskanzlerin. Oder eben: Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Tages auf und sind Kanzler! Alle möglichen Leut’ sollt’ man das fragen. Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Morgens auf und Ihre Probleme sind plötzlich weg. Die gibt’s einfach nicht mehr und Sie, Sie sind durch nichts behindert und haben keine Last zu tragen und müssen sich nicht Sorgen machen und sind ein freier Mensch und können jetzt alles tun, was Sie immer wollten und was Ihnen wirklich am Herzen liegt. So in etwa funktioniert die Wunderfrage. Dass die Menschen eben nicht hilflos sind! Und dass die sich was vorstellen und was wollen können in ihren Situationen! Dass ihnen das plötzlich völlig klar wird, ist. So ist die Wunderfrage beschaffen.

Tag, Monat, Jahr

Früher hat oft wer statt Kaffee Morgensuppe gesagt.

Tag, Monat, Jahr

Früher hat man mitunter ja doch von Wirtschaftsdemokratie gesprochen. So ein lustiges Wort nimmt heutzutage niemand mehr in den Mund. Es ist eben alles verkehrt jetzt. Ah ja, Konsumentendemokratie sagt man, Verbraucherschutz und so. Und was man als Konsument alles bewirken kann. Oder als Kleinaktionär die Aktionen bei den Hauptversammlungen. Ja, eh lustig. Zum Lachen halt. Das Wort Wirtschaftsdemokratie sollte man aber trotzdem wieder in Verwendung nehmen öffentlich und einfach mal schauen, was dann geschieht. Z. B. wer sich aufregt! Auf allen Seiten würden sich welche aufregen. Die einen werden sagen, dass in Wirklichkeit das eine nichts mit dem anderen zu tun haben kann. So etwas könne gar nicht funktionieren. Wirtschaft und Demokratie schließen einander aus, würden die einen eben sagen. Und die anderen werden sagen, die Wirtschaft, wie sie jetzt ist, und die Demokratie dazu, genau das sei liberal und so solle es auch sein, aber eben noch viel mehr davon müsse es geben. Denn die Wirtschaft sei eben der Garant und Motor der Demokratie. So meschugge würde beiderseits jeweils geredet werden. Ich probier’s besser gar nicht aus. Doch, unbedingt ist das auszuprobieren! Hoffentlich vergess’ ich nicht wieder drauf! Aber mir wär’ halt wirklich lieber, das macht jemand anders.

Tag, Monat, Jahr

Sokrates. Einzig der rote Sokrates interessiert mich. Auf einem Wandgemälde in Ephesos ist alles rot. Alles rot. Nur der Name und das bisschen Gewand sind weiß. In Großbuchstaben steht Sokrates drauf.

Tag, Monat, Jahr

Es stimmt nicht, dass Demokratie Zeit braucht. Und dass das ein großes Problem ist. Es stimmt so nicht. Zum Beispiel gibt es einstweilige gerichtliche Verfügungen. Die sind schnell. Die reichen. Es ist ja eh schon alles da. Das Rad muss nicht neu erfunden werden.

Tag, Monat, Jahr

Einer sagt, lügen sei ihm zu anstrengend und außerdem eine Respektlosigkeit den anderen Menschen gegenüber. Und dass die Gewaltbereitschaft unter den Menschen aus der Angst und dem Neid entstehe. Er ist unter Frauen aufgewachsen. Die waren nicht wie die Menschen.

Tag, Monat, Jahr

Der geschundene Flüchtling namens Murat. In Ernst Jüngers Auf den Marmorklippen heißt der Attentäter Stauffenberg so, fällt mir ein. Aber das wird nicht als Asylgrund gelten gelassen werden.

Tag, Monat, Jahr

Brennende Mütter werfen ihre Babys fremden Menschen zu.

Tag, Monat, Jahr

Es war nicht gut, dass Albert Einstein nicht der erste Präsident Israels werden wollte. Es war auch nicht gescheit.

Tag, Monat, Jahr

Herzl wurde nur 44 Jahre alt und er starb lange vor dem 1. Weltkrieg und hätte, wäre er am Leben geblieben, alles anders gesehen und dann in der Wirklichkeit vor Ort das meiste so nicht zugelassen, denn Herzl war ja wirklich ein Sozialrevolutionär.

Tag, Monat, Jahr

Jedes Mal, wenn sich ein Wirtschaftsforscher vom IHS zu Worte meldet in Österreich, fällt mir nie ein, was das Kürzel bedeutet. Stattdessen z. B. die Jesuiten. Dass die Jesus zum Gefährten haben. Jesuit war ja ursprünglich ein Spottname. Die Wirtschaftsforschung da hier nie. Die waren immer ernsthaft. Sind. Stimmt immer alles. Vom IHS meldet sich eigentlich immer nur der Chef zu Wort. Ist immer nur der im Fernsehen. Der ist halt wirklich der Chef und dadurch stimmt alles, was gesagt wird.

Tag, Monat, Jahr

Der Journalist, der die Menschen und die Wirklichkeit hier nicht erträgt. Es seien da hier nur Fassaden und die Menschen wollen nicht verstehen. Es habe überhaupt keinen Sinn, ihnen das Geschehen, Geschehene, Erlebte zu erzählen oder zu erklären oder ihnen ihre Fragen zu beantworten. Denn sie wollen es gar nicht wirklich wissen. Er ist oft sehr bedrückt, nervös und alles Plötzliche und Unerwartete entsetzt ihn schnell. Und wenn er dann aber wieder im Einsatz ist im Kriegsgebiet oder Krisengebiet, hat er schnell das Gefühl, endlich wieder daheim bei den Seinen zu sein.

Tag, Monat, Jahr

Feminismus, Feministin, die Worte hat ein Mann gefunden. Der hat geglaubt, glaube ich, dass die Frauen die Welt befreien und retten werden. Über Bankrott hat er auch viel geschrieben.

Tag, Monat, Jahr

Marx hat sich viel mit Mineralogie, Chemie, Geologie, Physiologie und Differentialrechnung beschäftigt. Letztere hat er seinem kleinen Enkel beibringen wollen, als der gerade das Alphabet und die Grundrechnungsarten zu lernen anfing. Die Wellen, die Hausgiebel, der Vogelflug, alles sei irgendwie Differential- und Integralrechnung. Und die Namen Leibniz und Newton solle sich das Kind, Johnny war der Name, bitte ja merken, bat er es sehr.

Tag, Monat, Jahr

Ein Sozialarbeiter, Beamter, erwirbt das staatliche Diplom für Kesselwärter und Triebfahrzeugführer, legt die Eisenbahner-Dienstprüfung ab, arbeitet dann als Lokführer für touristische Dampfzüge und sagt, dass sich soziale Probleme nicht von selber lösen. Das war es dann aber auch schon.

Tag, Monat, Jahr

Hannah Arendt sagte, Politik sei: immer anfangen können. Heutzutage ist es so, als ob niemand den Anfang macht. Und mit dem, was da ist, weiß auch niemand mehr etwas anzufangen. Mein Freund der Anachoret sagt zu mir oft, das Wichtigste sei, immer wieder neu anfangen zu können. Wahr seien nur die Anfänge. Deshalb die immer wieder in einem fort, so gut es geht.

Tag, Monat, Jahr

Die Leut’ heutzutag’ können, kommt mir vor, nicht frei assoziieren, wollen’s auch gar nicht. Geht sich nicht mehr aus bei denen im Gemüt. Weder die Assoziationen von Freud z. B. noch die von Marx, wo die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist; die freie Assoziation freier Individuen. Geht da hier alles nicht.

 

Tag, Monat, Jahr

Fest-war eine wichtige Silbe für Kafka.

Tag, Monat, Jahr

Luther, so ein guter Übersetzer. Und dann aber so viel Leid und Tod dennoch und endlos und in Massen die Grausamkeit. In der Folge seiner Übersetzungen war die Welt nicht bei Trost. Luther hat also falsch übersetzt. Oder? Wäre Luther wirklich ein guter Übersetzer gewesen, wäre alles gut geworden und es hätte später dann z. B. den Dreißigjährigen Krieg nicht gegeben. Luther hat ja gewusst, wie alles gut wäre, nämlich tröstlich und voll Leben. Dann hat er’s aber doch nicht so gemacht, wie er übersetzt hat. Oder er hat eben wirklich falsch übersetzt.

Tag, Monat, Jahr

Lustig: Früher einmal, wenn Schriftsteller vor Gericht mussten wegen Ehrenbeleidigung oder Ähnlichem, wurden, glaube ich, oft andere Schriftsteller als Gutachter und Sachverständige bestellt oder zumindest zugelassen vom Gericht. Böll war einmal für Fried Sachverständiger.

Tag, Monat, Jahr

Die Flagge von Ghana, das Rote ist das vergossene Blut. Wie bei der österreichischen. Grün ist die Fruchtbarkeit des Landes. Wie bei der steirischen.

Tag, Monat, Jahr

Kaiser Franz Joseph I. war König von Jerusalem. Wie gibt’s denn so was! Hatten wenigstens die Zionisten was davon?

Tag, Monat, Jahr

Das Übersetzen. Luther hat gesungen, die Teufel dieser Welt sind nicht sonderlich zu fürchten, denn ihr Fürst fällt durch ein einziges Wörtlein. Wenn die Übersetzer so sind, wird alles gut, kommt mir vor. Die winzigsten Wörtlein sind wichtig.

Tag, Monat, Jahr

Es wird bald Kleider geben, mit denen spüren wir einen Menschen genau, obwohl der ganz weit weg ist. Seinen Herzschlag und seine Körperwärme eben. Auch andere Kleider gibt’s bald, die machen z. B. leise Musik, wenn es uns rundherum zu laut wird oder wir sonst irgendwie überreizt werden. Dann wird unsere Kleidung uns schützen, indem sie uns irgendetwas Liebes oder Ruhiges oder Schönes zuflüstert oder unverzagt und unaufdringlich etwas dahinsummt.

Tag, Monat, Jahr

Einer sagt: Ich will jetzt in aller Ruhe toben.

Tag, Monat, Jahr

Einer sagt, es gibt nicht nur Betriebswirte, sondern auch Sozialwirte. Habe ich noch nie gehört. Aber wenn man’s studiert, ist man’s dann.

Tag, Monat, Jahr

Viele Leute sagen, Luther habe die Landesfürsten und die Obrigkeit offen dazu aufgefordert, ihre aufständischen Bauern auszurotten. Linker sei er außerdem sowieso nie einer gewesen. Was weiß ich, ich war nicht dabei damals. Er hatte, weiß ich nur, Herzkrämpfe und Probleme beim Wasserlassen. Was über uns ist, geht uns nichts an, hat er oft gesagt. Das hat gewiss etwas zu bedeuten. Außerdem klingt es eigentlich ziemlich gut.

Tag, Monat, Jahr

Einer sagt: Kreativität ist das plötzliche Ende der Dummheit. Ein Fotograf ist der, glaube ich, oder so etwas Ähnliches. Sehe den heute zum ersten Mal. Der ist in Ordnung. Freue mich. Sehr nett ist der.

Tag, Monat, Jahr

Einstein sagte, am meisten Physik habe er bei der Bärenfütterung in Bern gelernt. Weil die Bären sich auf die Hinterbeine gestellt und dadurch mehr gesehen haben. Er soll seine Formel E=m·c2 von einem Österreicher haben. Der hatte mit Achteln und Vierteln gerechnet. Aber Einstein war dann aufs Ganze gegangen. Seine Formel heißt auch Schicksalsformel des Universums. Mein Schicksal ist die also auch. Als Österreicher z. B. und in der EU überhaupt. Alles Schicksal von Anfang bis Ende.

Tag, Monat, Jahr

Ein russischer Jude hat einmal gesagt: Ein Staat, der unterscheidet zwischen Juden und Nichtjuden, ist kein Platz für Juden. Aber was ist dann jetzt Israel?

Tag, Monat, Jahr

Ein Bekannter, der vor geraumer Zeit ein paar Jahre lang in Brüssel gearbeitet und gelebt hat, sagt heute zu mir, dass er dort sehr unglücklich gewesen ist. Heute beim Mittagessen sei ihm das wieder eingefallen, weil ihm zwei Mütter auf die Nerven gegangen sind, deren blutjunge Söhne und künftige Schwiegertöchter ab jetzt in Brüssel für die EU arbeiten. Er verstehe den euphorischen Ehrgeiz der zwei Mütter; sie glauben, jetzt könne ihren Kindern nichts mehr passieren, die Zukunft stehe ihnen offen; es seien prestigeträchtige Stellen. Und dass ihre Kinder mit viel Fleiß und ein wenig Glück ausgesorgt haben werden ein für alle Mal. Die Mütter sich nicht mehr sorgen müssen. Und was die jungen Leute dort alles erleben werden in Brüssel und was sie Gutes tun können dort in Brüssel! Und wie idealistisch die Söhne und Schwiegertöchter ja seien und wie gescheit, haben die Mütter gesagt zu ihm. Es stimme ja auch, denn dort genommen zu werden, müsse erst einmal jemand erreichen. Seine Mutter habe das alles damals auch so gesagt und sie habe auf so viel gehofft dann. Er sei dann ja wirklich bei renommierten EU-Leuten angestellt gewesen und die waren sehr zufrieden mit ihm. Aber irgendwann nach ein paar Jahren war ihm alles zu viel und Brüssel hatte er eigentlich gar nie als schön empfunden in all den Jahren. Brüssel ist nicht schön, sagt er. Das ist keine schöne Stadt. Er sagt auch, dass so oft Leute gesagt haben, die EU müsse wie die Schweiz werden oder wie unsere Donaumonarchie war. Das empfinde er jetzt, wo er mit dem Ganzen nichts mehr zu tun habe, auch noch immer als unheimlich und dumm, denn die Schweiz sei ja nicht bei der EU und wolle auch nie und nimmer dazu. Das wäre also, als ob die EU sich selber abschafft. Und die österreichische Donaumonarchie habe ja in den Ersten Weltkrieg geführt und der in den Zweiten. In Not ohne Ende. Zu so etwas soll die EU ja aber gerade nicht führen, sagt er. Die Leute reden irgendeinen Stuss daher und bekommen horrend bezahlt dafür. Er selber sei des Öfteren beruflich in der Schweiz gewesen, von seinen Brüsseler Arbeitgebern aus, zum Beispiel im Kanton Zug, wo eigentlich niemand auf der Welt Steuern zahlen müsse, und auch bei der Baseler Kunstmesse. In Genf auch. Jedenfalls könne ihm heutzutage absolut nichts mehr imponieren. Es ist einfach nichts dahinter, sagt er. Das Witzigste an Brüssel sei für ihn gewesen, dass das Kommunistische Manifest ausgerechnet dort erstveröffentlicht wurde und dass die Verfilmung von Kafkas Prozess eigentlich in Brüssel gedreht hätte werden sollen; und dass Brüssel eigentlich auf Sand gebaut ist, finde er auch witzig. Und an einer Fassade, an der er oft vorbeigegangen sei, stehe Omnia omnibus. Allen alles. Daran erinnere er sich immer wieder. Er sei dort nämlich in der Nähe wo oft gern gesessen mit Leuten, Freunden, die ihn interessiert haben. Das war schön. Er sei letzten Endes aber just auch zu der Zeit in Brüssel gewesen, als es den großen Justizskandal gegeben und deshalb der sogenannte Weiße Marsch stattgefunden hat. Gegen die behördliche Vertuschung von organisiertem Kindesmissbrauch. Damals habe er auch mitdemonstriert. Dann endgültig nicht mehr bleiben wollen. Damals war fast alles dort in Brüssel abnormal in seinen Augen. Er habe plötzlich viel zu viel völlig anders empfunden und wahrgenommen als vorher. Alles fremd. Wo bin ich da gelandet? Was sind das für welche? Straßburg allerdings habe ihm immer gefallen. Dort war er auch oft. Aber das Hin und Her wurde ihm dann auch zu viel. Sein Körper habe nicht mehr gekonnt.

Tag, Monat, Jahr

Einer filmt stundenlang nur Wände. Daraus soll aber wirklich ein Film werden.

Tag, Monat, Jahr

Eine persische Frau sagt, die persischen Frauen seien ihr Leben lang immer wie mit 5 Jahren. Immer gefallen und geliebt werden wollen und müssen.

Tag, Monat, Jahr

Es gibt angeblich kein einziges Bild von Khomeini, auf dem er lacht oder lächelt oder mitfühlend schaut. Glaube ich nicht. Kann nicht sein so was.

Tag, Monat, Jahr

Wünsche mir Kritiker, Rezensenten, die gute, behilfliche Dolmetscher sind oder gute, behilfliche Lehrer. Neidhammel mag ich nicht. Oder Leute mit Killerinstinkt oder Langfinger.

Tag, Monat, Jahr

Einer sagt, Vergewaltigung sei definiert als das Eindringen in eine Körperöffnung des Opfers gegen dessen Willen. Der sagt das wirklich so und dann einen Paragraphen und dann political correctness. Dann ist Wirbel. Hierauf geht’s um Lorazepam. Klingt wie ein Frauenname, sagt neben mir eine Frau zornig. Der Mann hält daraufhin den Rest des Abends den Mund. Er habe nur aufmerksam machen wollen, sagen dann ein paar Männer beim Buffet.

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Ciceros Sohn, der Alkoholiker war, mag ich sehr. Wirklich oft, wenn ich mit einem Alkoholiker zu tun habe, fällt mir Ciceros Sohn ein. Der soll z. B. einmal gesagt haben, er habe die Ermordung seines Vaters gerächt, indem er die für den Mord und das Abschneiden des Kopfes Verantwortlichen unter den Tisch getrunken habe. Ich nehme das als Kausalerklärung jeglicher Alkoholsucht.

Tag, Monat, Jahr

Ich glaube, dass in der Antike die Politik die Fertigkeit der Politiker zum Ziele hatte, nicht den Verstand zu verlieren und ja nicht verrückt zu werden.

Tag, Monat, Jahr

Als Aeneas mit der Bevölkerung aus dem brennenden Troja fliehen will, verweigern die Frauen ihm Gehorsam und Gefolgschaft und zünden die Fluchtschiffe an. Aber nur die für sich selber. Die Frauen hatten gewiss recht und er war ja auch am Boden zerstört. Aber verstehen tu ich das Ganze nicht.

Tag, Monat, Jahr

Bei den Demonstrationen machte sich Dutschke Sorgen um die Gegendemonstranten, dass die in ihrer Rage nicht verunfallen oder sich sonst wie verletzen. Dutschke soll wirklich Angst um das Leben und die Gesundheit politischer Gegner gehabt haben.

Tag, Monat, Jahr

Mit der Intelligenz und der Bildung verhält es sich wie folgt (habe das vor ein paar Tagen mit einem Lehrer geredet; über ein Buch des Anwalts von Seyß-Inquart): Die beim Nürnberger Prozess Angeklagten wurden getestet. Der österreichische Nazi-Kanzler Seyß-Inquart z. B. kam auf 141 IQ-Punkte, der Wirtschaftsminister und oberste Bankier des Reichs Schacht auf 143, Göring auf 138, ebenso Reichspräsident Großadmiral Dönitz, Sonderbotschafter Reichs- und Vizekanzler Papen auf 134, der Gauleiter von Wien Reichsjugendführer Schirach auf 130, detto der Goebbels-Beauftragte für Rundfunk und Presse Fritzsche, detto der ranghöchste Jurist im Reich Generalgouverneur von Polen Frank, Außenminister Ribbentrop wie der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht Keitel auf 129, Speer auf 128, Chefideologe Rosenberg auf 127, Julius Streicher auf 106. Am belesensten, gebildetsten sohin im landläufigen Sinne, war Seyß-Inquart; am meisten an klassischer Bildung interessiert der Volksschullehrer und Stürmer-Chef Streicher, welcher inhaftiert 37 Klassikerbände durchstudierte. Im Übrigen nannte man auf Deutsch besagtes prüfendes und beobachtendes Verfahren Geniusklassifikation und hinderte Göring sein IQ von 138 nicht daran, die Luftschlacht um England zu vollführen, ohne dass die Luftwaffe dafür zureichend gerüstet gewesen wäre; auch nahm er das Problem der Heimatverteidigung gegen feindliche Bomber zu lange nicht ernst, verbot dann gar jegliche Beschäftigung mit der ihm bekannten Mangel- und Fehlerhaftigkeit des deutschen Radarsystems über deutschen Städten. Zuvorderst versicherte er, obwohl alle Frontbefehlshaber der Luftwaffe sofort vehement warnten, da ihres Wissens die Versorgung der 250.000 Mann der 6. Armee in Stalingrad unmöglich sei, dem Führer Hitler inniglich: Wir machen die Sache [Tag für Tag 500 Tonnen Nachschub durch die Luft]. Das kann ich. Die Situation ist gar nicht so schlimm. Die Versorgung wird von mir persönlich garantiert. Sie können sich darauf verlassen. Die deutsche Luftwaffe müsse, hat er auch einmal gesagt, wie ein Chor der Rache über den Gegner hereinbrechen. Der müsse das Gefühl haben, schon verloren zu sein, bevor er überhaupt gefochten hat. Hat dann alles nicht funktioniert. Bei der ausgebombten Bevölkerung soll Göring dennoch seiner vorgeblichen Ungezwungenheit und Gutmütigkeit wegen beliebt geblieben sein – als einer eben von ihnen durch dick und dünn, komme, was wolle.

 

Tag, Monat, Jahr

Die Briten konnten mittels ihrer berühmten Dechiffriermaschine Enigma den deutschen Code deshalb knacken, weil Großadmiral Dönitz (IQ 138) seine Beförderung zum Oberbefehlshaber sämtlichen Dienststellen schriftlich mitteilen ließ, und zwar sowohl codiert als auch uncodiert. Deshalb war der U-Boot-Krieg für die Deutschen dann dermaßen verlustreich. Zum Lachen eigentlich das Ganze. Intelligenz eben; das Wesen der künstlichen wie der menschlichen.

Tag, Monat, Jahr

Die Haare der Frauen und Mädchen im KZ, für die Dichtungen der U-Boote.

Tag, Monat, Jahr

Bourdieu hat ewig schon den Begriff Rassismus der Intelligenz geprägt. Und der Familientherapeut Horst Eberhard Richter für den Neoliberalismus den des neuen Ausmerzungsdenkens. Habe das vor ein paar Tagen in etwa so zu dem Lehrer gesagt. Mir hat der daraufhin erklärt, dass ich mich historisch irre und wie gefürchtet bis ins letzte Kriegsjahr Görings Luftwaffe war, vor allem bei den britischen Fliegern. Aber das macht das Ganze auch nicht gescheiter, kommt mir vor, habe ich erwidert. Klassenrassismus ist auch ein Begriff, der von Bourdieu herkommt, habe ich dann gesagt. Damit hat Bourdieu nicht bloß die Schulklassen intern gemeint. Auch nicht die Ausländer. Sondern überhaupt, wie es zugeht zwischen den Menschen von klein auf. Der meinte ja auch, damit Kinder in der Schule lernen, ihre Chancen haben im Leben, müsse man halt mit ihnen gemeinsam viel üben. Wirklich lernen. Nicht sie aussondern. Habe mich dann eben ein bisserl lustig gemacht über ein paar österreichische Sachen. Der Lehrer hat erwidert, dass da hier niemand ausgesondert werde und dass gerade das aber das Problem sei. Alle werden genommen, sind dann wo, wo sie aber selber in Wahrheit gar nicht sein wollen. Mir ist nichts eingefallen zu erwidern. Habe nur Glaube ich nicht gesagt. Dann, dass die Schulen da hier endlich einmal Orte sein müssten, an denen Menschen einander behilflich sind. Dadurch würde dort alles ganz anders ausschauen und vor sich gehen. Der Lehrer hat mit den Achseln gezuckt, abgewunken, den Kopf geschüttelt, gesagt, dass ich nicht weiß, wovon ich rede. Die ganze Palette ist der körpersprachlich durch mit mir. Zum Schluss dann auch noch: Sie leben in einer Zeit, die es nicht mehr gibt. Nie gegeben hat!

Tag, Monat, Jahr

Moses Mendelssohn war der beste Übersetzer. Der war wirklich gut. Seine Übersetzungen in Deutsch, gedruckt mit hebräischen Buchstaben, sein hebräisches Deutsch; mich lässt das nicht los, dass jemand so etwas versucht hat. Es gelang ihm ja auch lange Zeit. Er hat auch einen Verein gegründet, der Gesellschaft der Freunde geheißen hat. Von dem war Das Gute wollen das Motto. Kritiker war Moses Mendelssohn auch. Kritiker wie Moses Mendelssohn braucht’s heutzutage. Übersetzer wie ihn und solche Kritiker! Die Bestimmung des Menschen ... das Gute wollen. Solche Sachen standen im Vereinsstatut. Solche Statuten müsst’s geben heutzutage für die Kritiker und Übersetzer. Wie es jetzt ist, haben die Kritiker aber bloß schlechte Manieren. Schönheit lieben war auch in den Statuten. Gehört da hier jetzt auch hin. Die Wahrheitsforschung sowieso. Die ist das Wichtigste. Aus der folgt alles andere. Alles wie bei Mendelssohn müsste sein heutzutage, dann könnt’ alles gut werden. So gehört übersetzt, wie er’s gemacht hat.

Tag, Monat, Jahr

Früher einmal hat es einen Beruf gegeben, der hat Wildnisbereiter geheißen. Bin so was. Siehe Anwesen.

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Die Russin sagt, noch vor ein paar Jahren, als sie selber ein Kind war, habe eine durchschnittliche russische Frau in ihrem Leben mindestens fünfmal abgetrieben. Viele Frauen jedes Jahr einmal. Das Leben, zu dem man gezwungen war, war so, sagt sie. Bei ihrer eigenen Mutter und für alle Mütter damals, die sie kenne. Man könne auch nicht sagen, das sei jetzt alles viel besser oder ganz anders geworden. Sie könne in Russland gewiss nicht leben.

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Der Straßenname jeden Tag. In den Jahren, bevor es zum Ersten Weltkrieg kam, hatte Hötzendorf fast 30 Mal einen Angriffskrieg gegen Serbien gefordert. Hötzendorf soll sich dann im Krieg oft selber nicht an seine eigenen Pläne gehalten haben. Außerdem soll er sowohl die Versorgung der eigenen Soldaten als auch die fremden Witterungs- und geographischen Verhältnisse ignoriert haben.

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Conrad Hötzendorf, wie jetzt die Straße der, z. B. in Graz die eine, sagte im Juli 1914 angesichts der bevorstehenden Kriegserklärung: Es wird ein aussichtsloser Kampf werden, dennoch muss er geführt werden, da eine so alte Monarchie und eine so glorreiche Armee nicht ruhmlos untergehen können. Der war der österreichische Generalstabschef und somit nach dem Monarchen der erste Oberkommandierende und dadurch auch der oberste Geheimdienstchef und seit Jahren eben immer schon für diesen Krieg gewesen und sagte, da ein Mann von Prinzipen, im Juli 1914 daher und wortwörtlich: Jetzt oder nie! Es heißt auch, er wollte mit dem Ganzen seine Geliebte beeindrucken. Die hieß Reininghaus (wie jetzt das Bier, die Dynastie eben, Baugründe heißen jetzt auch so wo in Graz). Der Erste Weltkrieg scheint wie gesagt zu einem wesentlichen Teil Ausdruck und Folge von großer Liebe zwischen einem Mann und einer Frau gewesen zu sein. Eine Art Liebesbeweis. Irgendwie auch ein Weihnachtsgeschenk, denn bis kommende Weihnachten sollte ja alles entschieden sein.

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Mein Großvater hat immer Reininghausbier getrunken. Hätte er niemals, wenn er gewusst hätte, dass er seinen Bauchschuss der Frau Reininghaus zuliebe bekommen hat.

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Vor Jahren hat ein Buddhist zu mir freundlich gesagt, wenn man körperlich nicht mehr weiterkönne, müsse man trotzdem einfach weitermachen, und auf einmal gebe es dann einen wichtigen Augenblick, ab da kann man ewig weitermachen. Nur nicht aufhören, wenn man Schmerzen hat oder erschöpft ist, dann gehe es einem plötzlich gut. Weiter, weiter! Das sei das Wichtigste. Und mit einem Mal gibt es das Problem wirklich nicht mehr. Der Geist kann das so und der Körper dann auch. Der Buddhist hat das wirklich so gesagt zu mir. Wird irgendwas Schamanistisches sein bei denen. Heute ist es mir wieder eingefallen, weil ich ja oft Schmerzen habe und sehr erschöpft bin. Kann nicht mehr weiter dann. Ich trau dem nicht, was der Buddhist gesagt hat. Der würde jeden ins Burnout treiben, kommt mir vor. Vom Dalai Lama hört und sieht man ewig nichts mehr. Recherchiere. Da steht gleich, er habe aus Erschöpfung etwas abgesagt. Zurückgetreten ist er auch. Aus seiner politischen Funktion. Das weiß ich ja eh. Einen Juristen haben die jetzt statt des Dalai Lama. Dass der aus Erschöpfung etwas abgesagt hat, nicht mehr weiter konnte! Und ich mach aber immer weiter! Lustig ist das, oder? Man darf halt niemandem was glauben. Also: Der eine, kleine, Buddhist hat gesagt, bei Erschöpfung weitermachen, der andere, der größte, der Chef hingegen hört einfach auf. Dergestalt ist alles auf der Welt geregelt. Die Kleinen müssen weitermachen, egal was passiert.

Tag, Monat, Jahr

Der Dalai Lama, auf Tibetisch heißt der Lama Blama, oder? Wie Blabla eben. Sehr sympathisch, weil gut für die Nerven war der immer. Ist mir zwar wirklich immer auf die Nerven gegangen, aber jetzt fehlt er mir doch sehr.

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Die tibetischen Fähnchen, die Farben, blau ist der Himmel, weiß sind die Wolken, grün das Wasser, gelb die Erde, rot die Sonne.

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Der Dalai Lama, der mir jetzt fehlt, wurde, meine ich, als kleines Kind deshalb als solcher erkannt, weil er große Ohren hat und nach oben gekrümmte Augenbrauen. Natürlich hat er auch den Rosenkranz seines Vorgängers gleich sich gegriffen. Das war natürlich wichtig. Und so weiter. Aber die Ohren machen die Wiedergeburt aus. Und die langen Augen.

Tag, Monat, Jahr

Einer sagt, einzig das Vorleben helfe, wenn man ein guter Lehrer sein will. Er ist einmal auf und davon zur See gefahren. Aber dieses Vorleben meint er nicht und redet auch gar nicht gern davon. Sondern dass man den Kindern und Heranwachsenden, aber den Erwachsenen auch, alles vorleben müsse. Es gehe nicht anders. Der Lehrer ist, heißt es, beliebt, weil gut. Völlig stressfrei ist der, kommt mir vor.

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