Czytaj książkę: «Tarzan – Band 4 – Tarzans Sohn»
Edgar Rice Burroughs
Tarzan
Band 4 – Tarzans Sohn
Edgar Rice Burroughs
Tarzan
Band 4 – Tarzans Sohn
(The Son of Tarzan)
Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2021
Übersetzung: J. Schulze, Tony Kellen
EV: Pegasus Verlag, Wetzlar, 1952 (304 S.)
1. Auflage, ISBN 978-3-962818-05-0
null-papier.de/703
null-papier.de/katalog
Inhaltsverzeichnis
Ein Riesenaffe reist nach London
Ajax, der dressierte Affe
Pawlowitschs Ende
Eine tolle Fahrt
Die kleine braune Meriem
Erste Dschungeltaten
Der »elfte« Löwe
Korak, der »Töter«
Kameraden
Mangani, Manus und die bunten Vögel
Dieser da ist euer neuer König
Die Tierfalle
Meriem bekommt neue Herren
»Bwana« und seine Farm
Das Heer der Paviane
Die Jagd
Der »Mann von Welt« in Afrika
Tantor schreitet durch die Waldnacht
Korak, der Einsame
Der Ritt ins Unbekannte
Zu spät
Das tote Dorf
Abdul Kamak, der Sohn der Wüste
Tantor hält Abrechnung
Die schaurige Nacht
Tarzan ist wieder da!
Danke
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Ihr
Jürgen Schulze
Tarzan bei Null Papier
Ein Riesenaffe reist nach London
Ein Boot der »Marjorie W.« trieb zurzeit der Ebbe den breiten Ugambi mit der Strömung hinab; es war der Bemannung anzusehen, dass sie sich freute, die harte Ruderarbeit der Stromaufwärtsfahrt hinter sich zu haben, und jeder machte es sich, so gut es ging, bequem. Man war ja noch etwa drei Meilen von der »Marjorie W.« entfernt, die allerdings sofort in See gehen sollte, sowie sie das lange Boot samt seiner Insassen an Bord hatte.
Als so jeder seinen Gedanken nachhing oder sich mit seinen Kameraden mehr oder weniger angeregt unterhielt, wurde plötzlich die Aufmerksamkeit aller nach dem Nordufer des Stromes gelenkt: Dort stand jemand … War es ein Mensch? Weit ausgestreckt die dürren, abgemagerten Arme … und dazu die bettelnden Rufe in höchsten Fisteltönen!
Was will er eigentlich? stieß einer der Matrosen hervor. Es ist ein Weißer! brummte der Steuermann vor sich hin. Dann kommandierte er: Alle Mann an die Ruder! Wollen gerade auf ihn zu halten und sehen, was mit ihm los ist, fügte er noch hinzu.
Beim Näherkommen erkannten sie in der Gestalt deutlich das klägliche Zerrbild eines Menschen. Ein paar armselige weiße Locken deckten wirr und kraus das Haupt, der nackte Körper schien nur Haut und Knochen, und um die schmalen Lenden hing lose ein Leinenfetzen. Tränen rannen von den eingefallenen und narbenbedeckten Wangen, als der Mann die Ankömmlinge mit fremdem, unbekanntem Gestammel anredete.
Das ist vielleicht ein Russe, meinte der Steuermann. Kannst du Englisch? rief er dem Fremdling zu.
Er verstand die Frage und radebrechte nun langsam und stockend hervor, was er wollte. Es machte den Eindruck, als seien Jahrzehnte verflossen, seit er das letzte Mal englisch gesprochen hatte, doch ließ sich seinen Worten so viel entnehmen, dass er unter allen Umständen aus diesem »Lande der Schrecken« fortwollte. Als er an Bord der »Marjorie W.« war, erzählte er seinen Rettern seine ganze Leidensgeschichte, die überall mit lebhafter Anteilnahme aufgenommen wurde. Es war eine ununterbrochene Kette von Entbehrungen, Nöten und Qualen gewesen, die ihn zehn Jahre lang gefesselt hatte. Und tatsächlich war auch nichts, was beim Anblick dieses bedauernswerten Menschenwracks an die stattliche Erscheinung des Schurken Alexei Pawlowitsch von einst erinnert hätte.
Zehn Jahre waren verflossen, seit der Russe dem Schicksal, das seinen Freund, den Bösewicht Rokoff, ereilt, entgangen war. Nicht nur einmal, nein, unzählige Male hatte Pawlowitsch in diesen zehn Jahren das Schicksal verwünscht, das Nikolaus Rokoff den Tod und damit die Befreiung von allen Leiden gewährt, während es ihm die schrecklichsten Schrecken eines Lebens zumaß, das wahrlich schlimmer als der Tod war, den es ihm hartnäckig immer und immer wieder versagte. Pawlowitsch hatte sich in den Dschungel davongemacht, sowie er Tarzans Tieren mit ihrem wilden Herrn und Gebieter an Bord der »Kincaid« den letzten Streich gespielt hatte. In seiner Angst, dass Tarzan ihn doch noch verfolgen und gefangennehmen könnte, hatte er sich in die Tiefen des Dschungels geflüchtet und war so schließlich in die Hände eines grausamen Kannibalenstammes gefallen, der Rokoffs Schandtaten noch sehr in Erinnerung hatte. Zehn Jahre lang hatte er dann die Zielscheibe aller Rachegelüste dieser Wilden sein müssen, Weiber und Kinder hatten ihn geschlagen und mit Steinen nach ihm geworfen, und die Männer waren nur zu oft mit Messern und Knüppeln über ihn hergefallen. Ein bösartiges Fieber nach dem anderen hatte sich ihn zu seinem Opfer auserkoren – und doch starb er nicht, auch als die Blattern ihn mit furchtbaren Krallen umklammerten.
Sie hatten ihn also mit an Bord der »Marjorie W.« genommen und dort für Nahrung und gute Pflege gesorgt. Gewiss, er kräftigte sich ein wenig, aber ihm war fast nichts davon anzusehen. Als das Wrack eines Menschen, zerschlagen und halbzerborsten, hatten sie ihn gefunden – und das Wrack eines Menschen, zerschlagen und halbzerborsten, würde er auch bleiben, bis der Tod ihn einmal zu sich rief, Alexei Pawlowitsch war noch in den vierziger Jahren, und doch hätte man ihn leicht für einen Achtziger gehalten. Die unergründliche Natur hatte dem bloßen Helfershelfer schwerere Strafen auferlegt, als der Führer und Anstifter auf sich nehmen musste.
Keinerlei Rachegedanken durchwühlten das Hirn dieses Alexei Pawlowitsch mehr, aber er grollte doch dem Manne, den er und Rokoff nicht hatten zerschmettern können. Groll empfand er auch, wenn er an Rokoff dachte, denn Rokoff hatte ihn mit sich in dieses Schreckensreich hineingerissen, dessen Qualen er nun bis zur Neige ausgekostet hatte. Er grollte auch der Polizei einiger Städte, aus denen er hatte fliehen müssen, er hasste die Gesetze, die Ordnung, er hasste alles. Den Matrosen, die ihn vor dem völligen Untergang gerettet hatten, trat er kaum näher. Zum Arbeiten war er zu schwach, er war auch viel zu griesgrämig, um ein guter Gesellschafter zu sein. Man ließ ihn bald allein; er mochte sich mit sich selbst beschäftigen.
Die »Marjorie W.« war seinerzeit von einer Vereinigung wohlhabender Fabrikanten gechartert worden; man hatte auf ihr ein Laboratorium eingerichtet und ihr einen Stab von Gelehrten mitgegeben, die nach einem Rohstoff suchen sollten, den die Unternehmer der Expedition bisher unter ungeheurem Kostenaufwand aus Südamerika einführen mussten. Um was für einen Rohstoff es sich handelte, war allein den Gelehrten an Bord der »Marjorie W.« bekannt. Für uns hat dies nur insofern Bedeutung, als der weitere Verlauf der Forschungsreise das Schiff, nachdem man Pawlowitsch an Bord genommen, nach einer Insel in der Nähe der afrikanischen Küste führte.
Das Schiff lag einige Wochen unweit des Inselufers vor Anker. Kein Wunder, dass das ewige Einerlei für die Mannschaft mit der Zeit recht langweilig wurde. Man ging also öfters an Land, und schließlich hatte auch Pawlowitsch das eintönige Leben an Bord gründlich satt und fragte, ob er sich den Matrosen anschließen dürfe.
Die Insel war dicht bewaldet, üppiges Dschungelgestrüpp wucherte bis zum Strande herab. Die Gelehrten waren weit ins Innere vorgedrungen und suchten nach den wertvollen Schätzen der unberührten Natur, die – wie die Eingeborenen des Festlandes ihnen versichert hatten – dort in erstaunlicher Fülle zu finden sein sollten. Die Matrosen fischten, gingen auf die Jagd oder streiften planlos in den Wäldern herum, während Pawlowitsch am Strande auf und ab hinkte oder im Schatten der großen Bäume am Waldessaum vor sich hindämmerte.
Eines Tages schlief er wieder unter einem solchen Baumriesen. Die Matrosen standen in einiger Entfernung um einen Leoparden, dem die Kugel eines ihrer Kameraden im Innern der Insel den Garaus gemacht hatte. Mit einem Male erwachte Pawlowitsch. Es kam ihm vor, als habe sich eine Hand auf seine Schulter gelegt, er richtete sich entsetzt auf: Neben ihm hockte ein riesiger Menschenaffe und starrte ihm fest in die Augen.
Der Russe war zu Tode erschrocken, seine Blicke schweiften hinüber zu den Matrosen …, doch die waren einige hundert Meter weit weg. Wiederum zupfte der Affe an seiner Schulter und stieß dabei ein paar klägliche Jammerlaute hervor. Pawlowitsch erkannte, dass in dem forschenden, bittenden Blick des Tieres und in dessen ganzer Haltung im Augenblick nichts Bedrohliches lag. Als er sich dann langsam erhob, stand der Affe neben ihm auch sofort auf.
Halbgebückt wankte Pawlowitsch vorsichtig davon; er musste versuchen, mit heiler Haut zu den Matrosen hinüberzukommen. Doch der Affe ging ruhig mit und fasste ihn sogar an seinem Arm. So gelangten sie unbemerkt ziemlich nahe an die Matrosen heran; Pawlowitsch hatte inzwischen die Überzeugung gewonnen, dass das Tier nichts Böses im Schilde führte; es schien an menschliche Gesellschaft gewöhnt zu sein. Sofort schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass dieser Affe eigentlich einen riesigen Wert hatte. Und den wollte er sich zunutze machen, sich ganz allein. Bevor er noch zu den Matrosen stieß, war diese Idee bei ihm abgemachte Sache.
Die Matrosen waren aufs höchste bestürzt, als sie mit einem Male das seltsame Paar aus dem Dickicht heranhumpeln sahen, und sogleich reckte sich den Ankömmlingen ein Gewehrlauf verderbenbringend entgegen. Doch der Affe zeigte nicht die geringste Furcht. Er packte sofort einen Matrosen nach dem anderen an den Schultern und musterte jeden lange mit einem forschenden Blick. Dann wandte er sich wieder zu Pawlowitsch zurück. In seinen Zügen und in seiner ganzen Haltung war bittere Enttäuschung zu lesen.
Den Matrosen machte der Affe jetzt Spaß. Sie drängten sich heran, suchten den Russen auszufragen und musterten seinen Begleiter von allen Seiten. Der Russe sagte nur so viel, dass der Affe ihm gehöre. Im Übrigen rückte er nicht weiter heraus, betonte aber immer wieder: Der Affe gehört mir. Allmählich konnte man diese alberne Erklärung Pawlowitschs schon gar nicht mehr anhören. Einer der Matrosen versuchte sich mit einer kleinen Neckerei. Er schlich um den Affen herum und stach ihn mit einer Nadel in den Rücken. Doch der Affe stürzte sich blitzartig auf seinen Peiniger. In dem Augenblick, in dem er sich umdrehte, hatte sich das erst so harmlose friedliche Tier in eine wutschnaubende Bestie verwandelt. Das breite Lachen, das um die Lippen des Matrosen spielte, als er sich den kühnen Scherz erlaubte, wich augenblicklich wildem Entsetzen. Er suchte den langen Armen, die sich nach ihm ausstreckten, durch einen raschen Seitensprung zu entgehen, doch vergeblich. Und als er sein langes Messer aus dem Leibgurt zog, schlug der Affe es ihm mit einem Ruck aus der Faust zu Boden. Dann gruben sich die gelben Fangzähne des Ungeheuers in die Schultern des Matrosen …
Mit Knütteln und Messern fielen die anderen Matrosen über das Tier her, während Pawlowitsch um den fluchenden und brüllenden Knäuel der Kämpfenden herumschlich und seiner Wut mit mehr oder weniger lauten Bitten und Drohungen Luft machte; denn all seine schönen Träume von Wohlstand und Reichtum sah er schon unter den Dolchen und Knütteln der Matrosen ins Nichts zerfließen …
Allein der Affe war nicht gewillt, sich ohne weiteres der Übermacht zu fügen, wenn es auch schien, als müsse er unterliegen. Er riss sich jetzt von dem Matrosen los, der den Frieden gebrochen hatte, zwei andere, die sich an seinen Rücken festgeklammert hatten, schüttelte er einfach ab und stürzte dann auf die Angreifer, dass einer nach dem anderen zu Boden flog. Bald sprang er hierhin, bald dorthin …, er war behänd wie ein Meerkätzchen.
Der Kapitän und der Steuermann waren vom Strande aus Zeugen dieses Kampfes gewesen und kamen jetzt mit schussbereiten Revolvern herangeeilt. Zwei Matrosen, die das Boot der »Marjorie W.« herübergerudert hatten, folgten ihnen auf dem Fuße.
Der Affe stand jetzt ruhig da und schien zu betrachten, was er angerichtet hatte. Pawlowitsch vermochte indessen nicht zu erraten, was er nun tun würde. Ob der Affe einen neuen Angriff erwartete oder ob er überlegte, welchen seiner Gegner er zuerst ins Jenseits befördern sollte? Er wusste nur so viel, dass die beiden Offiziere mit dem Tier kurzen Prozess machen würden, sowie sie auf Schussweite heranwaren. Irgendetwas musste also getan werden, und zwar schnell, wenn er das verhindern wollte. Keine Bewegung des Affen deutete darauf hin, dass er auch den Russen angreifen würde; immerhin war Pawlowitsch nicht sicher, was passierte, sowie er sich mit diesem wilden Tiere weiter einließe. Ob nicht trotzdem die Bestie sich zu wütendem Angriff auch gegen ihn erhöbe, nachdem ihr eben erst frisches Blut in die Nase gestiegen war? Er zögerte einen Augenblick, doch dann schwebten vor seinen Augen wieder die Traumbilder von Reichtum und Überfluss, die dieser große Menschenaffe zweifellos zur Wirklichkeit machen konnte, wenn Pawlowitsch erst einmal wohlbehalten mit ihm in irgendeiner Metropole der zivilisierten Welt – vielleicht in London? – gelandet wäre.
Der Kapitän rief Pawlowitsch laut entgegen, er solle beiseitetreten, damit er den Affen niederschießen könne. Statt dessen drängte sich Pawlowitsch näher an das Tier heran und wiewohl ihm vor Angst die Haare zu Berge standen, bezwang er sich und stützte sich auf des Affen Arm.
Komm mit, gebot er dem Affen und suchte ihn mit Anspannung aller Kräfte aus dem Kreise der Matrosen wegzuzerren, die mit schreckensweiten Augen dasaßen oder auf Händen und Knien aus dem Bereich ihres Bezwingers davonkrochen.
Langsam ließ sich der Affe beiseite führen, und es war nicht das geringste Anzeichen dafür zu entdecken, dass er dem Russen ein Leid antun würde. Der Kapitän war inzwischen bis auf ein paar Schritte an das seltsame Paar herangekommen und blieb stehen.
Tritt beiseite, Sabrov! befahl er. Ich will die Bestie dorthin befördern, wo sie einem braven Seemann nichts mehr anhaben kann.
Das Tier war nicht schuld an der ganzen Sache, warf Pawlowitsch ein. Schießen Sie bitte nicht! Die Leute reizten das Tier – sie haben den Kampf vom Zaune gebrochen. Sehen Sie nur, der Affe ist völlig zahm, und – er ist mein, er gehört mir, ja, mir gehört dieser Affe! Ich dulde nicht, dass Sie ihn töten, schloss er, und in seinem angekränkelten Hirn tauchte wieder die kühne Idee von vorhin auf. Er berauschte sich förmlich an dem Gedanken, dass der Affe ihm in London Geld einbringen würde, viel Geld, so viel, wie er nie zu besitzen gehofft hätte, wäre ihm nicht dieser wertvolle Affe vom Glück in den Weg geschickt worden.
Der Kapitän ließ seine Waffe sinken. Die Matrosen haben das Tier gereizt? Stimmt das? forschte er. Wie steht es damit? wandte er sich an die Matrosen, die sich inzwischen vom Boden erhoben. Sie hatten alle Lehrgeld zahlen müssen, aber am schlimmsten war der daran, der den Zusammenstoß auf dem Gewissen hatte, und dem nun seine wunde Schulter eine Woche oder länger zu schaffen machen würde.
Simpson war’s, sagte einer der Matrosen. Er stach den Affen mit einer Nadel in den Rücken, und der Affe packte ihn. Das geschah ihm ganz recht; und dass der Affe uns auch gehörig anfasste, kann ich ihm nicht verdenken, denn wir sind dann alle zusammen auf ihn losgestürzt.
Der Kapitän sah Simpson an, der die Wahrheit der Aussage bestätigen musste. Dann trat der Kapitän auf den Affen zu; er tat so, als wolle er sich nun auch selbst ein Bild davon machen, ob der Affe tatsächlich gar nicht bösartig sei. Dabei hielt er den Revolver schussbereit, um im Notfall das Tier jeden Augenblick niederstrecken zu können. In begütigendem Tone sprach er auf den Affen ein, der jetzt neben dem Russen hockte und zuerst die beiden neuen Matrosen betrachtete. Als der Kapitän immer näher kam, erhob er sich halb und humpelte ihm entgegen. In seinen Augen lag derselbe eigenartige forschende Ausdruck von vorhin, als er auf die Matrosen stieß und ihnen nacheinander prüfend in die Augen schaute. Ganz nahe trat er an den Offizier heran, legte eine Hand auf dessen linke Schulter und starrte ihm lange mit suchendem Blick in die Augen. Und wieder huschte ein Ausdruck von Enttäuschung über sein Gesicht, und so etwas wie ein menschlicher Seufzer entrang sich seiner Brust. Dann wandte er sich von dem Kapitän ab und forschte in derselben seltsamen Art in den Gesichtern des Steuermanns und der beiden Matrosen, die mit den Offizieren nachgekommen waren. Jedes Mal trottete er seufzend weiter und schließlich wieder zu Pawlowitsch, neben dem er sich abermals niederließ. Er zeigte darauf nicht das geringste Interesse mehr an seiner Umgebung, ja, es schien, als habe er den Kampf von vorhin bereits vergessen.
Als man an Bord der »Marjorie W.« zurückkehrte, nahm Pawlowitsch den Affen mit; es schien auch, als sei das Tier geradezu darauf erpicht, mitzukommen. Der Kapitän legte keine Schwierigkeiten in den Weg; der große Menschenaffe wurde stillschweigend als Passagier geduldet. An Bord prüfte er minutenlang jedes Gesicht, und jedes Mal lag wieder dieselbe Enttäuschung in seinen Zügen. Die Offiziere und Seeleute an Bord unterhielten sich über das Tier, konnten aber keine Erklärung für das seltsame Gebaren finden, mit dem der Affe jedes neue Gesicht empfing. Hätte man ihn auf dem afrikanischen Festland oder auch irgendwo anders eingefangen, jedenfalls aber nicht gerade auf dieser unbekannten Insel, die seine Heimat sein musste, dann würde man der Überzeugung gewesen sein, dass Menschen ihn früher einmal gezähmt hatten. Diese Auffassung war aber hier unhaltbar, weil er doch von dieser völlig unbewohnten Insel stammte.
Er schien übrigens beständig jemanden zu suchen, und während der ersten Tage nach Abfahrt von der Insel fand man ihn oft, wie er in den verschiedensten Teilen des Schiffes herumstöberte. Nachdem er aber jedes neue Gesicht an Bord gemustert und alles bis in die entlegensten Ecken des Schiffes ausgekundschaftet hatte, verfiel er in nahezu völlige Teilnahmslosigkeit. Seine ganze Umgebung kümmerte ihn nicht mehr; nur für den Russen behielt er einiges Interesse, so oft er ihm sein Futter brachte. Sonst schien er den Russen auch nur zu dulden, denn er legte ihm gegenüber keinerlei besondere Zuneigung an den Tag. Im Übrigen deutete nichts darauf hin, dass seine wilden Instinkte, die sich damals bei dem Zusammenstoß mit den Matrosen in seinem Zorn so schrecklich entladen hatten, eines schönen Tages wieder erwachen würden.
Und so kam die »Marjorie W.« schließlich nach England. Die Offiziere und Gelehrten hatten Mitleid mit dem armen halbgebrochenen Russen, den sie in der Wildnis aufgelesen, und entließen ihn mit einigem Geld und den besten Wünschen für seine und des Affen Zukunft.
Im Hafen und auf der Fahrt nach London hatte der Russe mit Ajax seine liebe Not. Beinahe jeden der Tausende, die unterwegs in seine Reichweite kamen, suchte der Menschenaffe eingehend zu mustern, wobei natürlich nicht wenige seiner »Opfer« zu Tode erschrocken waren. Als er dann offenbar merkte, dass der, den er suchte, nicht zu finden war, verfiel er wieder in eine geradezu krankhafte Teilnahmslosigkeit, aus der er sich nur ganz selten aufraffte, wenn jemand an ihm vorbeikam.
In London ging Pawlowitsch mit seiner »Beute« sofort zu einem bekannten Tierbändiger. Der Mann war sogleich für Ajax begeistert, zumal die Verhandlungen dazu führten, dass er den Löwenanteil an dem zu erwartenden Gewinn der Schaustellung zugesichert erhielt. Zunächst wollte er den Affen dressieren und während der hierfür nötigen Zeit auch für den Unterhalt des Tieres und seines Besitzers sorgen.
So kam Ajax nach London, und damit hatte sich das Glied einer Kette eigenartiger Zufälle geschlossen, die für das Leben vieler Menschen von einschneidender Bedeutung sein sollten.