Got Me? Hardcore-Punk als Lebensentwurf

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Trust #15 – November 1988

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Trust #16 – Januar 1989

Einigen von euch wird ja aufgefallen sein, dass im letzten Heft keine Kolumne von mir zu lesen war, das lag nicht daran dass ich mich eingeschissen hab oder nichts mehr zu sagen habe – ganz im Gegenteil! Vielmehr hatte das ganz andere Gründe, da ich selbst unterwegs war hab ich das Manuskript Thomasso gegeben, der just zu dieser Zeit am Umziehen war und im allgemeinen Durcheinander ging das Teil (sowie auch einige News und Zinekritiken) verloren. Pech. Nach eifrigem(?) überlegen bin ich zu dem Schluss gekommen, nicht zu versuchen, das Ding nochmals zu schreiben. Der Komplettheit halber hier die Kernaussage: Die war, dass sich Bands, die sich auf Tour ankündigen, darüber im Klaren sein müssen, ob sie dafür auch bereit sind und somit Verantwortungsbewusstsein brauchen. Es war nämlich zu der Zeit ganz schön nervig mit Bands, die sich ankündigten und dann wieder kurzfristig absagten. Es ›leiden‹ ja nicht nur die Bands, sondern auch der Promoter, lokale Veranstalter und manchmal sogar der Besucher.

Aber das ist ja eh völlig klar – eigentlich, wie so vieles andere – eigentlich – auch völlig klar ist. Es ist doch jedem klar, dass faschi-, rassi-, sexi-, und noch einige andere smus’es scheiße sind, dass die Umwelt geschützt werden muß, dass es Ungerechtigkeit/Schweinereien bei den Bullen, in der Justiz, in der Politik, in anderen Ländern, bei den Nachbarn, … gibt. Dass es gut ist, independent zu sein, aber besser ist, alternativ-independent zu sein. Tierschutz ist auch nicht unwichtig, übrigens auch nicht wichtiger als Kinder- bzw. Menschenschutz. Usw., usw., die Liste der aktuellen und der seit Jahren diskutierten Themen ist ewig. Was soll viel geredet/geschrieben werden, wenn alles so klar ist – oder erscheint das nur mir so und es ist vielleicht doch noch wichtig etwas über, z.B. Vegetarismus, zu schreiben? Ich denke ja, manchmal, kurz nach dem Aufwachen, beim Scheißen oder beim Lesen hatte ich doch noch Ideen, die mir lohnenswert schienen behandelt zu werden, aber – plop – weg sind sie (und da scheint es nicht nur mir so zu gehen). Als Konsequenz daraus hab ich mir vorgenommen diese ›Gedankenblitze‹ in Zukunft sofort auf einem Stück Papier festzuhalten, mal sehen ob es gelingt.

Ein Thema wäre bestimmt die Entwicklung bzw. der Stand der Szene, Armin hat das auch kurz in der foreigner-page angesprochen. In letzter Zeit gehts ja doch ganz gut ab. Ist besonders bei FUGAZI aufgefallen – Coverstory im Sounds mehr Presse im NME und Melody Maker, Bericht im französischen Fernsehen, zwei Seiten in der Spex, im Zap und zuguter Letzt auch bei uns. Ist bestimmt gut für die Band und für das Label/den Vertrieb – oder? Überhaupt, schau dir das Cover der dezember Spex an: DIE KREUZEN, FUGAZI, BLIND IDIOT GOD, FISHBONE, sollte uns (mit ›uns‹ meine ich euch) das freuen oder zu denken geben. Erinnert euch an die zahlreichen Touren nordamerikanischer Bands im letzten Jahr, die meisten waren erfolgreich – sowas wäre auf diesem Level noch vor zwei-drei Jahren undenkbar gewesen. Ist der kommende Zusammenschluß (in Anführungszeichen) einiger europäischer Indies (u.a. Efa, Boudisque, Southern) das Ergebnis guter Zusammenarbeit und ein Schritt voran oder eine Monopolisierung durch Kartellbildung? Kann das unsereins überhaupt noch beurteilen oder müssen wir die Zeit ans Werk lassen und abwarten. Liegt es im Sinn der Sache, dass über diese Musik/Szene in verschiedenen Satellit/Kabel-Sendungen berichtet wird, oder jetzt ganz neu, eine Art NME für Deutschland – das Shark, alle zwei Wochen mit astronomischer Auflage (100.000!) erscheint. Kollege Moses vom Zap sagt ja schon im Tribal Area-Videozine (diesmal auch schon eingeschweißt …) dass es gut wäre, wenn Hardcore zur Massenbewegung würde (vergiss aber nicht, dass du wahrscheinlich nicht zu denen gehören wirst, die die große Kohle machen – ich weiß, ich weiß, ist nicht dein Anliegen, meins auch nicht). Ich werde dazu im Moment nur soviel sagen, dass mich die ganze Sache, so wie sie jetzt ist, nicht stört – mal sehen wie es weitergeht.

Ich ertappe mich manchmal selbst dabei, dass ich ›Angst‹ habe bei all diesen ›großen/tollen‹ Sachen den Kontakt zu neuen, jungen, kleinen Sachen zu verlieren. Zu den Leuten, die vom eigenen Fotoapparat und nicht von Telefax oder Laserprinter träumen. Zu Bands, die nicht an Plattenverträge und europaweite Tourneen denken, sondern die ganze Woche aufgeregt sind, weil sie am Wochenende zweihundert km entfernt im JuZ spielen. Zu Leuten, die die ganze Sache nur aus Spaß machen, voller Enthusiasmus/Idealismus, und nicht davon leben wollen/können/müssen. Andererseits kann ich nicht abstreiten, dass mir manchmal irgendwelche ›primitiv‹-Zines/Demos auf den Sack gehen und ich mich frage, ob die Macher nicht was sinnvolles machen könnten. Aber das ist wohl normal und Interesse ist ja noch da. Ich weiß, woher ich komme und werde, egal wohin ich gehe, das hoffentlich nie vergessen.

So, jetzt zum Schluss vielleicht noch ein paar technische/interne Sachen. Es sieht so aus das wir, trotzt der Erhöhung der Seitenzahl, auch in Zukunft unsern Preis halten können. Even-tuell werden wir ab März auch von Efa vertrieben – warum? Warum nicht? Ach ja, wir erscheinen nicht am Ersten jeden zweiten Monat!! Wir erscheinen alle zwei Monate am Anfang des Monats, das kann der erste sein, aber auch der vierte, fünfte oder siebte – wenn du allerdings am zwanzigsten immer noch kein Heft hast, solltest du um dein Geld bangen und dich hier melden. Ansonsten sei gesagt, dass der Vertrieb jetzt so gut wie unter Kontrolle ist. Allerdings lässt die Zahlungsmoral zu wünschen übrig, was immer unnötige Arbeit macht. Einige Leute haben uns auch abgelinkt (oder zahlt ihr doch noch?) und deren Namen müssen wir wohl demnächst veröffentlichen. Ist zwar nicht so toll, aber das letzte was wir noch machen können, damit nicht auch andere Leute abgezogen werden.

Ich weiß übrigens selbst, dass wir zuviele Musik/Interviews haben, wen es stört, der soll uns doch bitte kompetente Schreiber oder gute Artikel besorgen, oder selbst was machen! Ok, ich muß (??) jetzt auf ein Konzert/Party und verabschiede mich bis zum nächsten mal. Übrigens bin ich jetzt wieder bis mindestens Mitte März unter meiner Nummer zu erreichen.

Gut – wir werden sehen!

Trust #17 – März 1989

Nachdem ja nun auch von der Öffentlichkeit meine Kompetenz erkannt worden ist (vgl. Zap Feb. ‘89) will ich mich hier als Qualifizierter gleichmal zu einem Thema äußern das völlig unwichtig ist, in letzter Zeit aber doch wieder durch verschiedene Bands/Leute/Medien ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wurde. Jep, genau, Straight Edge. Ich hatte ja nie vor darüber zu schreiben, aber es scheint ja wohl doch notwendig zu sein einfürallemal zu sagen was Sache ist – und dann Ruhe, ok.

Gehen wir doch mal zum Ursprung (des Übels?), also um einige Jährchen zurück nach Boston, MA, und Washington, DC, an der Ostküste der USA. Dort ist diese ›Bewegung‹ entstanden. Warum also nichts zechen und Kreuzchen auf der Hand? Na ist doch logo, wenn man vierzehn-fünfzehn ist, dann bekommt man dort eben noch keinen Alk, und wenn man ihn doch bekommt, bekommt man Ärger mit den Cops oder den Eltern. Dann haben die Barleute auch keinen Bock die Leute jedesmal nach dem Alter zu fragen und lassen den Kiddies riesen Kreuze auf den Handrücken pinseln. Ziemlich dumme Situation für die Kids, also macht man eben das Beste draus und ist einfach stolz drauf. Redet was von klar denken und das Hirn frei zu haben und das man besseres zu tun hat als zu saufen, dass es ungesund ist, usw., usw. Wäre ja alles schön, wenn die ›Bewegung‹ aus diesen Gründen entstanden wäre. Aber Primärgrund war wohl bei den meisten das Alter. Beweis hierfür sind die Leute, nicht wenige, die damals XXX schrien und heute genauso saufen, rauchen, etc. wie alle anderen. Rühmliche Ausnahme ist hier DC, einmal sind viele Leute dort heute immer noch straigth edge und zum anderen sprechen, geschweige singen, sie nicht die ganze Zeit davon – sie sind eben einfach so. Außerdem beschränkt sich dort Straigth Edge nicht nur auf saufen, drogen und vögeln, sondern beeinflußt alles. Also Nahrung, Einstellung, Politik … eben konsequent das ganze Leben. Deshalb sind McKaye und seine Freunde hier nicht gemeint, sondern die andern Schreihälse. Von denen wären ja einige im trinkfähigen Alter, also zählt hier das Argument nicht mehr, macht nix, da fällt mir nämlich gleich ein, dass sie ja eigentlich gar nicht so hart und toll sind wenn sie drogenfrei sind. Objektiv betrachtet ist es ja wirklich einfach, irgendwas auf die Reihe zu bekommen, wenn man immer einen klaren Kopf hat. Schwieriger gestaltet es sich da schon, wenn man außer klar denken auch noch was anderes macht (sprich drogt, trinkt) und trotzdem noch was auf die Reihe bekommt. Auch ist es einfach, nicht von irgendwas abhängig zu werden, wenn man nichts nimmt – es gehört aber doch schon etwas dazu nicht abhängig zu werden, obwohl gewisse Sachen konsumiert werden (klingt banal, ist aber so). Wenn du auf einem Balken über ne Schlucht läufst ist immer die Gefahr dass du abstürzt, wenn du aber erst garnicht auf den Balken gehst, besteht auch gar keine Gefahr abzustürzen. Da kann man ja gleich ganz zu haus bleiben.

Was soll ich hier noch viel lästern und Argumente aufzählen, wie unnötig es ist über Straight Edge zu reden/singen. Fassen wir es doch gleich hier zusammen. Grundsätzlich ist es mal gut drogenfrei und gesund zu leben – logo. Aber es gibt/gab genügend lebende, denkende und auch handelnde Beweise, dass es auch möglich ist kreativ, verantwortungsbewußt und zuverlässig zu sein, wenn Drogen benutzt werden (natürlich gibt es auch massig negative Beispiele). Grundsätzlich ist es auch schlecht wenn man von etwas abhängig ist (oder nicht?). Das Problem ist also nicht: Drogen ja oder nein? Sondern es kommt drauf an, wie Drogen benutzt werden. Warum soll jemand der das kann, also mit der Droge umgehen, sie nicht benutzen? Wer es nicht kann (oder will) der sollte besser die Finger davon lassen (wenn man sich die meisten Drogenkonsumenten ansieht, ist das wohl die Mehrzahl). Also nicht soviel labern, wo gar nichts ist.

 

Zum Abschluß möchte ich noch sagen, dass ich noch immer auf die erste Frauen-positiv-straigthedge-Band warte, muskelbepackt, mit kurzen Haaren?? Sollte auch mal zu denken geben, wieso (na, weil macho) denn sowenig Frauen bei dieser ›Bewegung‹ sind (wahrscheinlich sind sie doch klüger als die Männer). Bitte schickt keine Briefe, es lohnt sich nicht über das Thema zu labern – Zeitverschwendung. Obwohl es ja so aussieht, dass grade solche wichtigen Sachen die meisten zu interessieren scheint (siehe Slammer vs. Punk, Nord vs. Süd, Punk vs. HC, etc.) Vielleicht schaffen wir es noch …

Die besten Schriftsteller waren Trinker.

Trust #18 – Mai 1989

Holländer sind dumm. Belgier sind dumm. Österreicher sind dumm. Deutsche sind dumm. Italiener sind dumm. Europa ‘89, die Grenzen sind noch nicht offen, doch die Dummheit kennt keine Grenzen. Sie ist überall in ganz Europa, auf jedem Kontinent, in der ganzen Welt. Unabhängig von Rasse oder Geschlecht. Wen wunderts, wenn dann einige besonders dumme in ihrer Dummheit meinen, Menschen einer anderen Nationalität sind dumm – was ja an sich richtig ist, nur liegt das eben nicht an deren Herkunft, sondern besonders daran, dass sie einfach dumme Menschen sind. So hat eben jedes Volk seine ganz spezifischen dummen Menschen. Von Land zu Land verschieden und doch immer gleich dumm. Der Beweis wie dumm Rassisten sind und als ob das was neues ist. Ich mag allgemein keine dummen Menschen. Keine Italiener, keine Deutschen, keine Österreicher, keine Belgier und keine Holländer. Das heißt noch lange nicht, dass ich Türken oder Spanier mag. Wenn dumm dann dumm, egal woher oder ob Mann oder Frau – es gibt keine Ausnahmen. Nationalität ist kein Grund und erst recht keine Entschuldigung für Dummheit. Bevor ich jetzt auch noch als Rassist verschrien werde, zum Abschluß noch einmal das ganze andersrum. Ich mag Holländer, Belgier, Italiener, Deutsche, Türken, Männer, Frauen – nur eben dumm sollten sie nicht sein.

Würde ich mich als Außenstehender die letzten fünf Tage beobachtet haben, würde ich diesen Dolf wohl auch für dumm halten. Natürlich nicht weil ich Deutscher bin, sondern aufgrund der Sachen die ich mache. Mache ich dumme Sachen? Nein, keineswegs, es sind nur einfach zuviele Dinge auf einmal. Nicht dass ich was gegen arbeiten hätte, aber zwölf Stunden und mehr am Tag? Und warum? Und warum mache ich so viele ›Überstunden‹? Damit ich mehr Geld verdiene um mir einen Hubschrauber kaufen zu können (den ich übrigens sehr gut gebrauchen könnte, mit Pilot aufgrund nicht vorhandenen Flugkentnisse meinerseits). Nein, nix Geldscheffeln, ich arbeite für die ›Szene‹ könnte man sagen. In Wahrheit will ich natürlich nur dieses Heft fertigmachen und noch einiges anderes auf die Reihe bringen. Quengel, quengel, beschwer, beschwer. Nein ich beschwere mich ja gar nicht, bin ja selbst schuld, hab mir das ja selbst ausgesucht, oder? – Ja. Zumindest weiß ich was ich tue, obwohl ich mich in gewissen Situationen schon ernsthaft Frage, warum ich das mache. Egal, weiter.

Momentan weiß ich nicht wann dieses Heft rauskommen wird. Ich weiß auch nicht ob wir eine Sommerpause machen werden und das nächste TRUST erst wieder im September bringen werden. Ich weiß aber sehr gut, dass uns noch Sachen fehlen, da der gute Thomasso wieder als Auslandskorrospondent in San Francisco sitzt und die Dinge noch nicht hier sind. Viel schlimmer – er wird auch noch einige Zeit dort bleiben. Ich weiß auch, dass ich den letzten Monat unterwegs war und deshalb jetzt so brutal ranklotzen muß. Der liebe Julian wurde auch noch an die Ostküste der USA verschlagen, war/ist also auch nicht zugegen. Die Stellung haben hier nur tapfer Mitch und Alex gehalten. Außerdem weiß ich auch, dass ich in ein paar Tagen wieder einige Wochen unterwegs sein werde. Mittlerweile frag ich mich manchmal schon selbst, wie es immer wieder klappt das Heft doch noch fertigzustellen. Aber wie ihr seht, es klappt. Damit kein falscher Eindruck entsteht und die Leute meinen, dass es kein Wunder ist, dass alles so stressig ist, wenn ich die ganze Zeit im Urlaub bin. Bin ich nicht.

Do what you want to do. Ich mach eh was ich will. Man sieht sich.


Trust #19 – September 1989

Soll ich mich jetzt drüber aufregen oder drüber lachen? Ich werd wohl drüber schreiben. Es geht um das weitverbreitete Problem, dass sich viele Leute ihre Meinung über andere bilden, ohne sie zu kennen. Ich geb da gleich mal ein Beispiel aus der Realität. Ich kenne beide Personen nicht persönlich, unterstelle ihnen aber, dass sie irgendwas an der Kappe haben. Das schließe ich daraus, was diese Personen – beide geben Fanzines heraus – schreiben und was mir andere Leute über sie erzählen. Ich betone nochmals, ich unterstelle den Personen das!! Das heißt noch lange nichts, und ich bin gerne bereit meine Meinung (obwohl es ja gar keine ist) zu ändern und eine echte Meinug zu bilden. Da ist mal der eine, Herausgeber vom Push Beyond. Ich würd ihn mal kurz so beschreiben: US-Hardcore-Fan, der von nichts eine Ahnung hat, sich wichtig macht, aber kaum ernstgenommen wird, was durch sein Verhalten auch leicht verständlich ist. Dann ist da der andere, Mitherausgeber von Scumfuck Tradition, Punker vom ‘77er Schlag, also voll der Proll, der nur von guten alten Zeiten redet, auch keine Ahnung hat und ungefähr genauso ›anders‹ ist wie die Müllers von nebenan und ebenso konservativ. Leute also, mit denen ich nichts zu tun haben will, da ihre Ansichten so beschränkt oder normal sind, dass sie genausogut Briefmarken sammeln könnten. Wie kann ich sowas sagen, ohne die beiden überhaupt zu kennen … Ich kann mir vorstellen, dass einige klärende Gespräche die Situation ändern würden. Mit Sicherheit sogar. Entweder würde ich meine Meinung ändern oder meine ›Meinung‹ würde zu Meinung bestätigt. Genau das ist das Problem der meisten Leute. Die würden sich nämlich gleich wieder auf Gehörtes oder sonstwas verlassen und ihre ›Meinung‹ als Meinung ausgeben, was wiederum andere Leute dazu veranlaßt, die ›Meinung‹ als Meinung zu übernehmen. So entstehen dann die schönsten Konflikte und Haßgefühle gegen Leute, die man überhaupt nicht kennt. Dabei wäre es so einfach: Ein Telefonat oder ein Treffen, und bestimmte Unklarheiten wären aus dem Weg geräumt. Problem ist nur, dass die Leute anscheinend nicht miteinander reden können, sei es aus Stolz, Angst, Unlust oder Zeitmangel. Schwaches Bild, muß ich da feststellen. Die tolle alternative Punk/Hardcore/was-auch-immer-Szene, die ihr ganzes Wissen auf Unterstellungen aufbaut und sich so eine ›Meinung‹ bildet, die gar keine ist. Was dann noch schlimmer ist, wenn keine Bereitschaft da ist miteinander zu reden. Auf der anderen Seite: Wie langweilig wäre vielleicht dieses ganze Spiel ohne all die unbegründeten Hassgefühle, all die umherkreisenden Gerüchte und Sticheleien. Wie dem auch sei: Redet einfach mit euren ›Feinden‹.

Genug.

Ich bin übrigens ab Ende September für länger Zeit unterwegs. Das heißt zum einen, dass ich in Augsburg nicht erreichbar bin (allerdings kümmert sich jemand um die Post). Zum anderen heißt das, dass mir all die Leute, die mir aufs Maul hauen wollen oder sonstwas, dazu Gelegeheit haben. Zum Abschluss noch eine Frage. Ist es besser ›Zu arbeiten um zu leben, oder zu leben um zu arbeiten‹ oder ist gar beides scheiße. Denkt drüber nach und gebt Bescheid. Noch was – doch nicht!


Trust #20 – November 1989

Wir haben es also tatsächlich bis zur Nr.20 geschafft. Kein Grund zu feiern – das wird sowieso gemacht! Vielmehr sollte sich jeder überlegen, was mit dem TRUST erreicht wurde. Nämlich das, was wir von Anfang an vorhatten: Regelmäßig ein Zine in halbwegs professioneller Aufmachung herauszugeben, um damit als Informationsmedium für die Szene (ob nun HC, Punk, Underground, etc. dürft ihr euch selbst aussuchen) dazusein. Außerdem konnten ›unsere‹ Bands/Ideen einem größeren Kreis als nur den der eingeweihten Insider ansprechen. ›Unsere‹ Musik boomt, wird gefeaturet, verkauft sich. Aber ist das alles? (Die Frage, ob dies nun gut oder schlecht ist, bzw. der Sache dient, soll hier nicht beantwortet sein.) Man stelle sich nur einmal vor, wie viele der Leute, die im Dezember FUGAZI sehen werden, totale Hohlblöcke sind. Sie verstehen nichts von der ganzen Idee der Band, und vor allem von deren konsequenter Lebens- und Denkweise bzw. wollen es auch gar nicht. Da schauderts mich schon jetzt. Wie dem auch sei, wie anfangs erwähnt, überlegt doch mal, was sich geändert hat oder sich ändern sollte, am Heft, an der Szene – oder ist vielleicht alles gut so wie es ist?

NEIN! Denn was ich hier eigentlich ansprechen wollte, sind die Ansprüche gewisser Bands, was die Kohle angeht. Da gibt es Bands, die nun wirklich keinen Arsch interessieren, aber irgendwie als Kult angesehen werden. Sie werden durch eine Indie-Agentur vertreten und bekommen daher DM 1500 pro Abend (mal ganz davon abgesehen, dass eh tierisch Kohle an ›Produktionskosten‹ draufgeht). Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn die Band (für einen angemessenen/normalen Eintrittspreis) auch gut genug ist, genügend Leute dazu zu bewegen aufs Konzert zu kommen. In dem Fall ist es ja nur recht, dass sie das Geld bekommen. Es geht mir aber echt auf den Sack, wenn irgendwelche Bands oder Möchtegernkünstler, die Garantiegagen verlangen, sich, nachdem der Veranstalter eh bis aufs Hemd ausgezogen ist, auch noch darüber aufregen, dass sie keine Prozente von der Tür bekommen. Klar, der Veranstalter hat immer ein gewisses Risiko, aber ebenso sollte es auch für die Bands sein. (Klar ist auch, dass wenn echt nur zwanzig Hansel kommen, die Band nicht nur DM 84 bekommen sollte!) Es sind zuviele Aspekte, die beim ganzen Band/Laden/Promoter-Spiel wichtig sind, da will ich hier auch nicht näher drauf eingehen. Es ist doch ganz einfach: Es muß fair sein, und pauschal kann man sagen, wenn die Band nicht gut genug ist Leute anzuziehen, kann sie auch keine hohen Gagen erwarten. No people, no money!

Also, bis 1990 dann, man sieht sich im Land des Lächelns.

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