Recht für Radfahrer

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Wer als Rechtsabbieger einen Radweg kreuzt, muss dort den Radfahrern aus beiden Richtungen Vorrang lassen. Der entgegenkommende Radfahrer, der den auf der für ihn linken Seite liegenden Radweg benutzt, hat als Längsverkehr Vorrang. Damit, dass der Radweg auch in die Gegenrichtung freigegeben ist, muss der Abbiegende immer rechnen. Aber selbst wenn der entgegenkommende Radfahrer in dieser Situation verbotswidrig fährt, hat er Vorrang.

Auch ein Radweg an der Außenseite eines Verteilerkreises hat Vorrang (OLG Köln, VRS 25, 228), wenn er nicht anders ausgeschildert ist: Das Verlassen des Kreisverkehrs ist Rechtsabbiegen.

Die Bestimmung, dass Abbiegende den neben der Fahrbahn fahrenden Radfahrer durchfahren lassen müssen, wird in den Fällen besonders oft missachtet, in denen der Radweg erheblich von der Straße abgesetzt ist. Womöglich glauben hier viele Kraftfahrer, der Abbiegevorgang sei schon vorbei, und wenn sie den Radweg überhaupt sehen, halten sie ihn für einen, der ihre Fahrbahn kreuzt. Entsprechend empfiehlt sich hier das Aufstellen des Gefahrzeichens Z. 138 ( Radfahrer kreuzen) in Richtung Kfz-Verkehr. Ein solches Achtungsschild steigert die Sorgfaltsanforderungen, denen ein Kraftfahrer genügen muss (OLG Düsseldorf, VRS 60, 265; OLG Oldenburg, VersR 1987, 56; OLG Köln, VRS 86, 9; OLG Hamm, NZV 2009, 391). Auch ohne dieses Schild hat der Radfahrer hier jedoch Vorfahrt ─ solange der Radweg der Straße zuzuordnen und nicht als eigenständiger Weg anzusehen ist. Ist ein abgesetzter Radweg im Interesse des Kfz-Verkehrs benutzungspflichtig, weil dieser noch der Straße zuzuordnen ist, lässt der Radweg sich bei der Vorfahrtregel nicht im Interesse des Kfz-Verkehrs von der Straße abtrennen: Sonst entstünde ein Widerspruch.

Die genannten Vorsichtspflichten des abbiegenden Kraftfahrers gelten auch zugunsten des Kindes, das die Fußgängerfurt bei Grün mit dem Rad benutztnach einer Entscheidung des BayObLG (NJW 1989, 2704) sogar, wenn das Kind zehnjährig ist und schnell fährt. Mit Abstrichen gilt diese Vorsichtspflicht des Rechtsabbiegers auf der Fußgängerfurt auch zugunsten erwachsener Radfahrer, obwohl die da „nichts zu suchen“ haben (OLG Hamm, NZV 1996, 449).

Auch linksabbiegende Kraftfahrer verursachen immer wieder Unfälle mit Radfahrern. Häufig wird übersehen, dass Gegenverkehr nicht nur auf der allgemeinen Fahrbahn kommen kann; der daneben verlaufende Radweg wird schnell „übersehen“. Wer nach links abbiegt, muss immer, auch dann, wenn für ihn kein Zeichen 237 (Radfahrer) zu sehen ist, darauf achten, ob nicht zwischen Fahrbahn und Gehweg ein Radweg verläuft (BayObLG, VRS 56, 48). Da der Radweg in beide Richtungen freigegeben sein kann, ohne dass das für den Kraftfahrer an der Kreuzung kenntlich sein muss, ist in beide Richtungen nach vorfahrtberechtigten Radfahrern Ausschau zu halten. Die Pflicht des links abbiegenden Verkehrsteilnehmers, entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren zu lassen, gilt auch dann, wenn die Fahrbahnen durch Verkehrsinseln getrennt oder gegeneinander versetzt sind (OLG Nürnberg, VRS 116, 346.

Wer eine abknickende Vorfahrtstraße geradeausfahrend verlässt, ändert zwar nicht seine Fahrtrichtung, biegt aber im Sinne von § 9 StVO ab und muss deshalb Radfahrer durchfahren lassen, die der abknickenden Vorfahrt folgen (BayObLG, DAR 1986, 126; OLG Oldenburg, DAR 1999, 179; OLG Oldenburg, DAR 2000, 35). Der Radfahrer ist in dieser Situation verpflichtet, rechtzeitig und deutlich seine Fahrtrichtung anzuzeigen. Die Vorfahrtsituation ändert sich jedoch nicht, wenn er es unterlässt (BayObLG, DAR 1986, 126).

Unfälle mit abbiegenden Kraftfahrern müssen aber keineswegs immer dessen (Allein-) Schuld sein. Befährt der Radfahrer eine Radfurt, für die die Ampel längst rot zeigt, trägt der Radfahrer durch seine Ordnungswidrigkeit erhebliche Mitschuld. Gleiches kann gelten, wenn der Radfahrer den Radweg auf der falschen, nicht zugelassenen Seite befährt. Beides sind indes im wesentlichen haftungsrechtliche Fragen, die daher in dem entsprechenden Kapitel abgehandelt werden.

❑ Einfahren und Anfahren (§ 10 StVO)

Auch für Radfahrer gilt die Vorschrift über das Einfahren und Anfahren. Danach hat sich derjenige, der aus einem Grundstück, aus einem Fußgängerbereich oder aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf die Straße einfahren will, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (OLG Köln, NZV 1992, 320; LG Hagen, SVR 2006, 265). Das Gleiche gilt für denjenigen, der von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will.

Das Gefährdungsausschlussgebot gilt erst recht, wenn die Einmündung über einen nicht abgesenkten Bordstein hinweg führt (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, München 2013, § 10 StVO, Rz. 6a). Daraus ergibt sich die Vorfahrt- und Vorrangsituation an Kreuzungen mit Gehwegaufpflasterungen.

Stark umstritten und völlig ungeklärt ist, ob auch ein Radweg oder Seitenstreifen zu den „anderen Straßenteilen“ gehört, ob also auch ein Radfahrer, der einen Radweg verlässt ─ etwa, weil der endet ─ die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn ausschließen muss. Nach der amtlichen Gesetzesbegründung sollen immerhin die Einbiegevorgänge von Radwegen und Seitenstreifen auf die allgemeine Fahrbahn von der Regelung erfasst sein (OLG Köln, VRS 96, 345 zu einem Radweg, der von der Seite als separat geführter Weg kommend in einem Wendehammer endete; OLG Hamm, NZV 2000, 468 zu einem Radweg, der vor einer Querstraße endete; LG Münster, ZfS 2006, 79 zu einer Fahrbahnquerung vom rechten Radwegende zum links beginnenden Radweg). Zum bloßen Geradeaus-Weiterfahren (ohne Abbiegevorgang) sagt die amtliche Begründung nichts. Unter Hinweis darauf wird vertreten, dass nicht schon derjenige Radfahrer diese besonderen Pflichten aus § 10 StVO hat, der am Ende eines Radweges geradeaus weiterfährt (Burmann in Joachim Jagow / Michael Burmann / Rainer Heß, Straßenverkehrsrecht, München 2010, § 10 StVO, Rz. 4; das entspricht auch der Rechtsprechung des BGH zur vorherigen Rechtslage: BGH, VersR 1968, 775). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass diese Regelung dem Radfahrer jedenfalls nicht sein Vorfahrtrecht aus § 9 Abs. 3 S. 1 StVO gegenüber abbiegenden Kraftfahrern nimmt. Endet der Radweg also in einer Kreuzung und will man geradeaus in die dort radweglose Straße weiterfahren, muss man nicht abbiegende Kraftfahrer vorfahren lassen, deren Weg man schneidet (OLG Düsseldorf, VerkMitt 1965, 92).

Anders könnte die Situation aber aussehen, wenn der Radweg mehr oder minder stumpf am Bordstein irgendwo auf der Strecke endet und es keine vernünftige Verflechtung der Verkehre und keinen geschützten Bereich gibt (etwa durch auslaufende Fahrbahnmarkierung), in dem man von dem Radweg auf die Fahrbahn gelangen kann. Auf diese Frage kam es aber bisher soweit ersichtlich noch nie an, obwohl es solche Radwegenden entgegen allen Planungsempfehlungen immer noch gibt und sie für Radfahrer oft eine Angstthema sind. Denn oft lässt sich an ein anderes Fehlverhalten des Radfahrers anknüpfen: So etwa, wenn von einem linken Radweg an dessen Ende auf einen rechten gewechselt wird, ohne auf den Fahrbahnverkehr zu achten (OLG Köln, VRS 78, 349). Auch ein Vorfahrtverstoß des Radfahrers kann die Frage überlagern (OLG Hamm, NZV 2000, 468). Und wer zum „direkten Linksabbiegen“ den rechten Radweg verlässt, hat einen Spurwechselfehler begangen, wenn es dabei zum Unfall mit einem Fahrbahnfahrer kommt. Auch dann kommt es nicht darauf an, ob der Radweg ein „anderer Straßenteil“ war. In einem Obiter dictum des Kammergerichts findet sich jedoch die Auffassung, Radfahrer müssten auch dann § 10 StVO beachten, wenn sie einen Radweg an dessen Ende verlassen und geradeaus weiterfahren (KG, NZV 2003, 30).

Bei dem insoweit immer wieder zu beobachtenden unachtsamen Verhalten von Radfahrern geht es keineswegs überwiegend um Selbstgefährdung; mindestens bei dem verkehrswidrigen Einfahren auf Radwege ist die Fremdgefährdung ebenso groß.

In einer Entscheidung des Kammergerichts wird dem Fahrradfahrer verboten, beim Einfahren nach links fahrend die Fahrbahn einer Straße zu überqueren, wenn man den Radweg jenseits der Fahrbahn erreichen und befahren will (KG, NZV 1997, 122). Bei diesem Vorgang handele es sich um ein Überqueren der Straße, das nur schiebend erfolgen dürfe. Das Gericht verkennt dabei, dass ein Nach-links-Einbiegen in eine Straße keineswegs zum Überqueren wird, nur weil die Straße einen Radweg hat. Es verkennt weiter, dass die StVO von Radfahrern weder für das Einfahren noch für das Linksabbiegen das Schieben vorschreibt. Vor solchen Urteilen ist jedoch kein Verkehrsunfallopfer gefeit.

Auf der Opferseite ist § 10 StVO für Radfahrer insbesondere an Grundstücksausfahrten wichtig. Die Autofahrer, die mehr oder minder unachtsam aus Grundstücksausfahrten fahren, müssten sich nach der StVO eigentlich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Das gilt nicht nur für Fahrbahnfahrer (wo viele Autofahrer nur nach Autos gucken), sondern auch Radwegbenutzer und sogar für Gehweg-Radler. Das LG Hagen hebt hervor, dass § 10 StVO auch dem Schutz des ─ möglicherweise verbotswidrig ─ auf dem Gehweg fahrenden Radfahrer dient. Es wies die Argumentation eines Autofahrers zurück, er habe sich vorsichtig aus der Ausfahrt getastet und es sei kein Fußgänger gefährdet oder belästigt worden. Er hätte auch mit einem Gehweg-Radler rechnen müssen, meinte das Gericht (LG Hagen, SVR 2006, 265). Das OLG Saarbrücken entschied, dass § 10 StVO einen strengen Maßstab an den Grundstücksausfahrer anlege und denkt bei Sichtbehinderungen über die Hilfestellung eines Einweisers nach (OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 754). Jedenfalls aber müsse der Grundstücksausfahrer die „höchstmögliche Sorgfalt“ anwenden und dürfe sich in einer unübersichtlichen Ausfahrt nur „vorsichtig und langsam, gegebenenfalls nur zentimeterweise“ in den Gehwegbereich hineintasten (OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 754).

 

Manchmal ist es auch schwierig zu entscheiden, ob eine von rechts kommende Einmündung vorfahrtberechtigte Straße ist oder eine bloße Grundstücksausfahrt. Die Gerichte richten sich nach dem optischen Gesamteindruck, den die einmündende Straße bietet. Hierzu zählen neben der Breite der Einmündung auch abgesenkte oder nicht abgesenkte Bordsteine, fortlaufende oder nicht fortlaufende Gehwege, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Verkehrsschildern und die Art der Wegebefestigung (LG Potsdam, ZfS 2008, 10). Im Zweifel müsse man von der Rechtsbedeutung ausgehen, die ungünstiger ist und eine höhere Sorgfalt abverlangt.

❑ Besondere Verkehrslagen (§ 11 StVO)

Von den in der StVO genannten Besonderen Verkehrslagen ist eine auch für den Radfahrer von Bedeutung: Wer eigentlich nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, muss darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es ausnahmsweise erfordert. So kann z.B. ein Radwegbenutzer zum Warten verpflichtet sein, wenn ein aus einem Grundstück Ausfahrender den Radweg versperren muss, weil er sonst keinen Überblick gewinnen kann. Umgekehrt hat der übrige Verkehr auf Radfahrerpulks Rücksicht zu nehmen. Allerdings darf man nur auf einen Verzicht vertrauen, wenn man sich mit dem Verzichtenden verständigt hat.

❑ Halten und Parken (§ 12 StVO)

Grundsätzlich sind Fahrzeuge am rechten Fahrbahnrand abzustellen. Da aber Räder auf dem Gehweg geschoben werden dürfen, dürfen sie dort auch abgestellt werden (OLG Celle, VRS 19, 70; LG Hannover, DAR 1999, 28; VG Lüneburg, NZV 2003, 255; OVG Lüneburg, VerkMitt 2003, 76; OVG Lüneburg, NordÖR 2010, 82). Dabei sind Behinderungen der Fußgänger jedoch zu vermeiden, das Rad ist also nicht „quer im Weg“ abzustellen. Außer bei Dunkelheit dürfen Räder aber wie alle anderen Fahrzeuge auch am Fahrbahnrand oder auf Parkflächen (solange kein Zusatzschild das Parken auf bestimmte Fahrzeugarten beschränkt) abgestellt werden. Bei Dunkelheit ist es verboten (§ 17 Abs. 4 S. 4 StVO). An Parkuhren empfiehlt sich das Parken nicht, weil diese in Betrieb gesetzt werden müssen. Fehlt es aber (z.B. an Orten starken Ziel- oder Quellverkehrs) an Fahrradständern oder -stellflächen, so darf man ungeniert auf der Straße parken ─ auch wenn Kraftfahrer maulen. Auch Radfahrer dürfen nicht auf Radwegen parken.

Die Einrichtung von Fahrradparkplätzen am rechten Fahrbahnrand öffentlicher Straßen durch die Behörden ist auch dann zulässig, wenn dadurch der Parkraum für andere Fahrzeuge reduziert wird (VG Bremen, NZV 1997, 415). Alle Fahrzeuge sind im Straßenverkehr grundsätzlich gleichberechtigt, stellt das Gericht fest. Weder müsse den Fußgängern ein ungeordnetes Parken der Räder auf dem Gehweg zugemutet werden, noch den Radfahrern, ihre Räder in Vorgärten oder Keller zu schieben. Anwohner haben gegen die Anordnung kein Klagerecht, wenn in nachvollziehbarer Weise der Bedarf nach Anlehnbügeln vorgetragen wird. Auch ein Verstoß gegen § 45 Abs. 1 S. 1 StVO liege in der behördlichen Anordnung in diesen Fällen nicht. Allerdings muss sich die Ermessensausübung der Behörde an der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs orientieren und darf mit der Anordnung keinen Zweck jenseits der Gefahrenabwehr verfolgen (OVG Bremen, NZV 2000, 140).

Eine ständige Gefährdung der Radfahrer geht von Falschparkern auf Radwegen aus. Die Ordnungswidrigkeit wird von vielen Kraftfahrern offenbar als Kavaliersdelikt angesehen, zumal nur selten eine Politesse ein „Knöllchen“ schreibt. In vielen Städten ist es anscheinend wesentlich billiger, gelegentlich das Bußgeld zu bezahlen, als ständig die ansonsten fällige Parkgebühr. Die Sicherheit der Radfahrer kann daher regelmäßig nur durch Abschleppen wiederhergestellt werden. Die Rechtsprechung ist insoweit umfangreich und auch ganz eindeutig. Polizei und Ordnungsbehörde dürfen in einem solchen Fall sofort abschleppen lassen. Das Umsetzen eines auf einem Radweg parkenden PKW verstößt wegen der von diesem ausgehenden Gefährdungen für Radfahrer und Fußgänger nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (VG Berlin, NZV 1993, 368). Das gilt auch, wenn der PKW nur teilweise auf dem Radweg geparkt ist (OVG Hamburg, NZV 2001, 52; OVG NRW, VRS 122, 50). Es ist für das Abschleppen auch nicht notwendig, dass tatsächlich Radfahrer gezwungen werden, den Radweg zu verlassen. Ausreichend ist schon die Möglichkeit einer Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer (VG Berlin, DAR 2000, 182; OVG NRW, VRS 122, 50). Das ist zum Beispiel wichtig, wenn das Kfz nur teilweise auf dem Radweg steht und insbesondere zu verkehrsarmen Zeiten. Die Behörde muss danach mit dem Abschleppen nicht warten, bis ein Verkehrsteilnehmer vorbeikommt, der den Verkehrsraum rechtmäßigerweise in Anspruch nehmen will (OVG Schleswig, NordÖR 2000, 459). Das gilt sogar dann, wenn es sich bei dem blockierten Verkehrsweg um einen von untergeordneter Bedeutung handelt und damit die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass ein Berechtigter an der Nutzung gehindert wird (OVG Hamburg, DAR 2002, 43); auch dann rechtfertigt die Gefahr das sofortige Abschleppen.

Generalpräventive Gründe und die negative Vorbildwirkung, die von Falschparkern auf andere Kraftfahrer ausgeht, dürfen bei der Entscheidung für das Abschleppen mitberücksichtigt werden (VG Berlin, DAR 2000, 182; BVerwG, NJW 2002, 2122; OVG NRW, VRS 122, 50). Bedenken gegen das Abschleppen würde die Rechtsprechung erst dann erheben, wenn die Behörde das nur mit dieser negativen Vorbildwirkung begründen würde oder nur aus generalpräventiven Gründen abschleppen würde, eine Gefährdung und Behinderung des Radverkehrs durch das Falschparken also völlig ausgeschlossen werden kann (OVG Hamburg, NZV 2001, 52; ähnlich BVerwG, NJW 1993, 871 für Gehwege und OVG Schleswig, NordÖR 2000, 459 für Bereiche mit eingeschränktem Halteverbot) oder jedenfalls völlig unwesentlich ist (OVG NRW, VRS 122, 50). Ein solcher Fall ist jedoch noch nicht bekannt geworden.

Vor allem im Interesse der Fußgänger und der auf dem Gehweg radfahrenden Kinder ist das 5 m-Parkverbot an Kreuzungen und Einmündungen. Gemäß § 12 Absatz 3 Nr. 1 StVO ist das Parken vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen bis zu je 5 m von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten verboten. Bei jedem von der Straße abgesetzt geführtem Radweg wirkt dieses Parkverbot allerdings auch zugunsten der Radfahrer. Ein in diesem Bereich verbotswidrig abgestelltes Kfz darf grundsätzlich abgeschleppt werden (OVG Münster, NZV 2001, 55).

Es besteht jedoch kein rechtlich durchsetzbarer Anspruch des gefährdeten Radfahrers auf das Abschleppen des Falschparkers. In vielen Gemeinden findet die gerufene Polizei allerlei Ausflüchte, um nicht erscheinen zu müssen oder wenigstens nicht abschleppen zu lassen. So wird es häufig bei der schieren Machtausübung der Kraftfahrer bleiben.

Leider parken auch immer wieder Polizeifahrzeuge auf Radwegen. In drei Varianten kommt dergleichen am häufigsten vor: Die Polizisten parken auf dem Radweg, weil sie einen Blechschaden-Verkehrsunfall aufnehmen wollen; in der Nähe ist kein legaler Parkplatz, und der Verkehr auf der Fahrbahn soll nicht behindert werden. Die Polizisten parken auf dem Radweg, um allgemeine Verkehrsbeobachtung zu betreiben. Oder die Polizisten parken auf dem Radweg vor Geschäften, um „mal eben“ eine Besorgung zu machen; auch hier soll der Verkehr auf der Fahrbahn nicht behindert werden. Auf ihr Verhalten angesprochen und gefragt, ob das denn sein müsse, entgegnen solche Polizisten regelmäßig, sie seien im Einsatz und sie dürften das. Richtig ist allerdings nur, dass Polizeifahrzeuge nach Maßgabe der § § 35 und 38 StVO Sonderrechte genießen. Das eben geschilderte Verhalten fällt in allen drei Varianten nicht darunter und ist durchweg illegal.

Vom „ Abschleppen“ ihres Fahrzeugs betroffen sein können auch Radfahrer. Aus verkehrlichen oder ästhetischen Gründen oder gar, um eine neue Fahrradstation besser auszulasten, werden mancherorts Fahrräder von den Behörden weggetragen, „umgesetzt“: mal an einen freien Platz um die Ecke, mal ins Fundbüro oder auf den städtischen Bauhof. Doch dürfen Fahrräder sowohl am rechten Fahrbahnrand abgestellt werden (§ 12 StVO), als auch auf Gehwegen und -flächen (VG Lüneburg, NZV 2003, 255; OVG Lüneburg, VerkMitt 2003, 76; BVerwG, NJW 2004, 1815; VG Braunschweig, Urteil 5 A 216/03 vom 25.01.2005; VG Lüneburg, NJW 2006, 1609; VG Münster, Urteil 1 K 1536/07 vom 11.07.2008; VG Hamburg, NVwZ-RR 2009, 84; OVG Münster, Beschluss 5 A 2239/08 vom 30.01.2009; OVG Lüneburg, NordÖR 2010, 82). Bei Dunkelheit erzwingt die StVO sogar das Parken dort (vgl. § 17 Abs. 4 S. 4 StVO). Das Parken der Räder im öffentlichen Raum ist Gemeingebrauch. Ein Umstellen von Fahrrädern kommt daher keinesfalls allein schon aus ästhetischen Gründen in Betracht oder gar, um die Ertragschancen einer Fahrradstation zu bessern. Legal ist das Umsetzen eines Rades allein, wenn von dem geparkten Rad eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (VG Lüneburg, NZV 2003, 255; OVG Lüneburg, VerkMitt 2003, 76; VG Braunschweig, Urteil 5 A 216/03 vom 25.01.2005; VG Münster, Urteil 1 K 1536/07 vom 11.07.2008; VG Hamburg, NVwZ-RR 2009, 84; OVG Münster, Beschluss 5 A 2239/08 vom 30.01.2009; OVG Lüneburg, NordÖR 2010, 82). Das ist etwa der Fall, wenn Streufahrzeuge ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen können oder der Verkehr völlig gesperrt wird (etwa Fußgängerverkehr an Märkten oder Bahnhöfen oder Busverkehr auf schmalen Busspuren). In Bezug auf jedes einzelne Rad muss bei solcherlei Umstellen aber sorgfältig geprüft werden, ob auch dieses eine Gefahr für Sicherheit oder Ordnung darstellt. Ist der Durchgang wieder möglich, ist jede Gefahr vorbei; alle weiteren/anderen Räder müssen stehen bleiben. Werden von der Behörde „verkehrliche“ Gründe für das Umsetzen genannt, ist zu beachten, dass nicht jedwede Erschwerung anderer Verkehre eine Gefährdung für Sicherheit oder Ordnung wäre. Denn jedweder Gemeingebrauch erschwert andere Verkehre. Verkehrliche Gründe sind also nur dann hinreichend, wenn andere, der Widmung entsprechende Verkehre unterbunden werden. Ferner muss in Bezug auf jedes einzelne Rad die Verhältnismäßigkeit geprüft werden; das Beschädigen von Schlössern zum Umsetzen wird nur in den seltensten Fällen verhältnismäßig sein, mit der Folge, dass alle „wild“ an Laternen und Schilder angeschlossenen Räder regelmäßig stehen bleiben müssen. Das Umsetzen von Rädern ist nicht nur einfach illegal, sondern wirft eine ganze Reihe rechtlicher Fragen auf: Unter Umständen wird man das Umsetzen schon als einen vollendeten Diebstahl werten müssen. Dass der Umsetzende keinen eigenen Gewahrsam am Rad begründen will, ist rechtlich unbeachtlich, da er es dem freien Zugriff von Jedermann überlässt (Ausnahme: Verbringen ins Fundbüro). Auch kann der Diebstahlschutz des abgeschleppten Rades am Verbringungsort geringer als am ursprünglichen Abstellort sein (soziale Kontrolle) und bei einem Diebstahl läge der Schadensersatzanspruch auf der Hand (wenn das Rad am Verbringungsort gestohlen worden ist, wäre es eben am ursprünglichen Abstellort nicht gestohlen worden). Werden Räder etwa zum Fundbüro oder einem Bauhof verbracht und dort gegen Vorzeigen eines Personalausweises herausgegeben, kann das dazu führen, dass Räder von Nichteigentümern abgeholt werden. Nicht unproblematisch ist auch das etwaige Öffnen der Schlösser als solches. Soweit das Rad oder das Schloss beim Abschleppen beschädigt worden ist, können Schadensersatzforderungen auf den Verbringenden zukommen (VG Braunschweig, Urteil 5 A 216/03 vom 25.01.2005). Auch muss der Verbringende damit rechnen, wegen Nutzungsausfallentschädigung für das abgeschleppte Rad in Anspruch genommen zu werden. Wenn Ort und Zeit der möglichen Rückgabe vom Betroffenen erst ermittelt werden müssen und die Räder nur zu bestimmten Zeiten zurückgegeben werden, ist der unfreiwillige Nutzungsausfall kaum von der Hand zu weisen (also insbesondere beim Verbringen ins Fundbüro). Der Schaden steigt ins Unverhältnismäßige, wenn wegen der notwendigen Radsuche und dem zusätzlichen Aufwand Termine oder die Abfahrt des Öffentlichen Verkehrs versäumt werden (umfassend zum Abschleppen von Fahrrädern: Kettler, NZV 2003, 209).

Das Beseitigen von abgestellten Fahrradwracks beurteilt sich nach bürgerlichem Recht (vgl. das Kapitel zu Fund und herrenlosen Sachen) oder dem Abfallgesetz (vgl. das Kapitel dazu).

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