Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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2.2 SEAG

26

Das SEAG[22] vom 28.12.2004 enthält angesichts der für die Rechnungslegung lückenlos vorhandenen Gesetzeslage und der bereits sukzessive erfolgten europäischen Rechtsvereinheitlichung[23] nur wenige Aussagen zum Jahresabschluss.

27

So finden sich die einzigen Bestimmungen, nämlich zur „Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses“, in § 47 SEAG und zur Befassung der Hauptversammlung mit dem Thema in § 48 SEAG im „Unterabschnitt 2 – monistisches System“. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das der deutschen Aktienrechtssystematik fremde Institut eines monistischen Verwaltungsrates durch die SE eingeführt worden ist.[24] Da nach deutschem Aktienrecht die Pflichten bei Aufstellung, Feststellung und Offenlegung des Jahresabschlusses auf die Organe Vorstand und Aufsichtsrat verteilt sind, bestand Regelungsbedarf für den deutschen Gesetzgeber.[25]

28

§ 47 SEAG weist die mit dem Jahresabschluss verbundenen Pflichten den geschäftsführenden Direktoren, dem Verwaltungsrat und gegebenenfalls der Hauptversammlung zu.

7 › I › 3. Besonderheiten für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen

3. Besonderheiten für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen

29

Aus Art. 62 SE-VO wird ersichtlich, dass für Kredit- und Finanzinstitute sowie Versicherungsunternehmen in der Rechtsform der SE nicht lediglich ein Verweis auf einzelstaatliche Rechtsvorschriften vorgenommen wird, sondern diese auf die Umsetzung europäischen Rechts zurückgehen müssen. So bezieht sich Abs. 1 auf die Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.3.2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute[26] und Abs. 2 auf die Richtlinie 91/674/EWG des Rates v. 19.12.1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen.[27]

3.1 Kreditinstitute

30

Mit dem Bankbilanzrichtlinien-Gesetz (BankBiRiLiG) v. 30.11.1990,[28] das am 1.1.1991 in Kraft getreten ist, wurde das Recht der Rechnungslegung von Kreditinstituten und anderen Finanzdienstleistungsinstituten auf das 3. Buch des HGB konzentriert.[29] Gem. § 340 Abs. 1 S. 1 HGB finden diese Regeln auf Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 1 KWG Anwendung, also nicht nur auf die hier interessierenden in der Rechtsform der AG geführten Institute. Ergänzt wird das Gesetz durch die Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (RechKredVO) v. 10.2.1992.[30]

31

Durch das BankBiRiLiG wurden auch die europäischen Bankbilanzrichtlinien der Jahre 1986[31] und die Richtlinie über Bankzweigniederlassungen[32] in deutsches Recht transformiert.

32

Kreditinstitute haben gem. § 340a Abs. 1 HGB – unabhängig von ihrer Rechtsform – auf ihren Jahresabschluss die Vorschriften anzuwenden, die für große Kapitalgesellschaften in den §§ 264 ff. HGB aufgestellt worden sind. Die Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts besteht nach §§ 340a Abs. 1 HS 2, 289 HGB ebenfalls. Für ein Kreditinstitut in der Rechtsform der SE gelten diese Vorschriften mithin ebenfalls.

33

Von besonderer Bedeutung ist, dass Kreditinstitute Vorsorge gegen die allgemeinen Risiken ihrer Branche treffen dürfen. Zum einen können sie gem. § 340f Abs. 1 HGB Forderungen niedriger bewerten als nach § 253 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 HGB, wenn dies nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung „zur Sicherung gegen die besonderen Risiken des Geschäftszweiges der Kreditinstitute notwendig ist“, und somit stille Reserven bilden. Angaben dazu müssen weder im Jahresabschluss oder Konzernabschluss noch in den Lageberichten gemacht werden (§ 340f Abs. 4 HGB).[33] Ein hingegen offener Ausweis auf der Passivseite der Bilanz unter der Position „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ dient einem vergleichbaren Zweck (§ 340g HGB).

3.2 Versicherungsunternehmen

34

Ebenfalls im dritten Buch des HGB[34] finden sich die die allgemeinen Rechnungslegungsvorschriften ergänzenden Regeln für Versicherungsunternehmen (§ 341 ff. HGB), unabhängig von deren gesellschaftsrechtlicher Form. Auch dieser Unterabschnitt des HGB wurde durch ein Richtlinien-Gesetz eingefügt. Das sog. Versicherungsbilanzrichtlinie-Gesetz (VersBiRiLiG) v. 24.9.1994[35] setzte die EG-Versicherungsbilanz-Richtlinie aus dem Jahre 1991 in innerstaatliches deutsches Recht um.[36]

35

Auch für Versicherungsunternehmen wurde von der Verordnungsermächtigung des § 330 Abs. 1 HGB Gebrauch gemacht; es gilt die Verordnung über die Rechnungslegung der Versicherungsunternehmen.[37]

36

Ebenso wie für Kreditinstitute haben Versicherungsunternehmen unabhängig von ihrer Größe und Rechtsform einen Jahresabschluss und einen Lagebericht nach den Regeln für große Kapitalgesellschaften aufzustellen (§ 341a Abs. 1 HGB). In den §§ 341e h HGB sind versicherungsspezifische Rückstellungen geregelt.

37

Diesen Anforderungen unterliegen auch SE der Versicherungsbranche.

Anmerkungen

[1]

VO (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABlEG Nr. L 294 v. 10.11.2001, 22 s. Anh. I.1.

[2]

BGBl I S. 3675.

[3]

BGBl I S. 2479.

[4]

RL 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.3.2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABlEG Nr. L 126 v. 26.5.2000, 1; RL 91/674/EWG des Rates v. 19.12.1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABlEG Nr. L 374 v. 31.12.1991, 7.

[5]

Kritisch hierzu Theisen/Wenz/Plendl/Niehues S. 370 ff.

[6]

Bei Drucklegung sind dies Bulgarien, Kroatien, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechische Republik, Ungarn.

[7]

Die Satzungsbestimmung geht als abgeleitetes Recht dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten vor; vgl. 2. Kap. Rn. 11.

[8]

EU-Staaten Dänemark, Großbritannien und Schweden.

[9]

Theisen/Wenz/Plendl/Niehues S. 374.

[10]

Art. 8, 9 der RL 90/604/EWG des Rates v. 8.11.1990 zur Änderung der RL 78/660/EWG über den Jahresabschluss und der RL 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss hinsichtlich der Ausnahme für kleine und mittlere Gesellschaften sowie der Offenlegung von Abschlüssen in ECU, ABlEG Nr. L 317 v. 16.11.1990, 59.

[11]

Vgl. ausf. zur Generalverweisung des Art. 9 Abs. 1 c SE-VO 2. Kap. Rn. 22 ff.

[12]

§§ 150–176 AktG.

[13]

§§ 238–263 HGB.

[14]

§§ 264–341p HGB.

[15]

Weitere für die AG und damit auch für die SE maßgebliche Gesetze s. Henn Rn. 603 ff.

[16]

Vgl. hierzu Bericht des Rechtsauschusses (6. Ausschuss) des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 10/4268 v. 18.11.1985.

[17]

4. RL des Rates 78/660/EWG (Bilanzrichtlinie) v. 25.7.1978, ABlEG Nr. L 222 v. 14.8.1978, 11; 7. RL des Rates 83/349/EWG (Konzernbilanzrichtlinie) v. 13.6.1983, ABlEG Nr. L 193 v. 18.7.1983, 1; 8. RL des Rates 84/253/EWG (Prüferbefähigungsrichtlinie) v. 10.4.1984, ABlEG Nr. L 126 v. 12.5.1984, 20.

[18]

Die Rechtsgrundlagen zum aktienrechtlichen Berichts- und Rechnungswesen waren bis dato im 5. Teil des 1. Buches des AktG (§§ 148-178) – nicht konzernbezogen, im 5. Teil des 3. Buches des AktG (§§ 329-338) – konzernbezogen sowie im 3. Teil des 5. Buches (§§ 309-408) geregelt.

[19]

 

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 43 Rn. 1.

[20]

Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz -- BilReG) v. 4.12.2004, BGBl I, 3166.

[21]

BGBl I S. 2751.

[22]

BGBl I, 3675 – s. Anh. I.3.

[23]

Kritisch hierzu Theisen/Wenz/Plendl/Niehues S. 377.

[24]

Vgl. umfassend zu den Leitungs- und Aufsichtsorganen Frodermann im 5. Kap.

[25]

So auch die Begr. des RegE zu § 47 SEAG (BT-Drucks. 15/3405).

[26]

ABlEG Nr. L 126 v. 26.5.2000, 1.

[27]

ABlEG Nr. L 374 v. 31.12.1991, 7.

[28]

BGBl I, 2570.

[29]

Vierter Abschnitt, erster Unterabschnitt

[30]

BGBl I, 203; i.d.F. v. 11.12.1998, BGBl I, 3658; näher hierzu Baumbach/Hopt/Merkt § 340 Rn. 5–7.

[31]

V. 8.12.1986, ABlEG Nr. L 372 v. 31.12.1986, 1; berichtigte Fassung: ABlEG Nr. L 316 v. 23.11.1988, 51.

[32]

Bankzweigniederlassungsrichtlinie v. 13.2.1989, ABlEG Nr. L 44 v. 16.2.1989, 40.

[33]

Hierzu s. Baumbach/Hopt/Merkt § 340f Rn. 1.

[34]

Vierter Abschnitt, erster Unterabschnitt

[35]

BGBl I, 1377.

[36]

V. 19.12.1991, ABlEG Nr. L 374 v. 31.12.1991, 7; vgl. zur Versicherungsbilanz-Richtlinie Geib/Ellenbürger/Kölschbach WPg 1992, 177 ff., 221 ff.

[37]

RechVersVO v. 8.11.1994, BGBl I, 3378; i.d.F. v. 9.6.1998, BGBl I, 1249.

7 › II. Aufstellung des Jahresabschlusses

II. Aufstellung des Jahresabschlusses

7 › II › 1. Allgemeines

1. Allgemeines

38

Da die SE-VO – wie im ersten Abschnitt dargelegt – in erster Linie auf die Vorschriften des Sitzstaates der SE verweist, ist im Wesentlichen die Rechtslage nach deutschem HGB und AktG maßgeblich.[1]

39

Im AktG selbst sind – wie eingangs beschrieben – nur einige wenige Sonderregeln verblieben: Zur Pflicht der Bildung einer gesetzlichen Rücklage und Kapitalrücklage (§ 150 AktG), zum Ausweis des Kapitals in der Bilanz (§ 152 AktG), zur Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 158 AktG) und zum Anhang (§ 160 AktG); § 161 AktG erhielt durch den Corporate Governance Kodex einen neuen Inhalt.[2]

40

Im Wesentlichen ergeben sich die Vorschriften jedoch aus dem HGB (§ 242 ff., § 264 ff. HGB).

41

Der Jahresabschluss von AGs ist in deutscher Sprache und in Euro aufzustellen (§ 244 HGB).[3] Eine unmittelbare gesetzliche Regelung, in welcher Währung der Jahresabschluss einer SE zu erstellen ist, existiert nicht. Lediglich aus dem Umkehrschluss des § 67 Abs. 2 S. 1 SE-VO ergibt sich, dass in bestimmten Mitgliedsstaaten, in denen die dritte Stufe der EWWU nicht oder noch nicht gilt, der Abschluss auch in der dort geltenden Landeswährung erstellt und offen gelegt werden kann. In Deutschlandhat, wegen der eindeutigen Bestimmung des § 244 HGB, die Aufstellung des Abschlusses der SE in Euro zu erfolgen.

42

Ergibt sich bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz oder ist bei pflichtmäßigem Ermessen anzunehmen, dass ein Verlust in der Höhe der Hälfte des Grundkapitals besteht (sog. Unterbilanz), so ist unverzüglich die Hauptversammlung einzuberufen und ihr dies anzuzeigen. Diese Pflicht trifft bei SE dualistischer Struktur den Vorstand gem. § 292 Abs. 1 AktG und bei SE monistischer Struktur zunächst gem. § 40 Abs. 3 SEAG die geschäftsführenden Direktoren, die über die Situation dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats unverzüglich zu berichten haben; gem. § 22 Abs. 5 S. 1 SEAG hat der Verwaltungsrat sodann unverzüglich die Hauptversammlung einzuberufen und ihr die Situation anzuzeigen.

43

In der Phase der Abwicklung einer SE bestehen selbstverständlich ebenfalls Rechnungslegungsvorschriften.[4]

44

Der Jahresabschluss einer AG gliedert sich gem. § 264 Abs. 1 HGB i.V.m. § 242 Abs. 3 HGB in:


die Bilanz,
die Gewinn- und Verlustrechnung sowie
den Anhang.

45

Der Jahresabschluss ist von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft grds. innerhalb der ersten drei Monate des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Neben dem Jahresabschluss haben Kapitalgesellschaften einen Lagebericht aufzustellen, der jedoch selbst keinen Bestandteil des Jahresabschlusses bildet, sondern vielmehr eigenständig neben diesem steht. Gem. § 264 Abs. 1 HGB entfällt für kleine Kapitalgesellschaften und damit auch Kleinstkapitalgesellschaften die Pflicht zur Aufstellung des Lageberichtes; zudem verlängert sich die Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses auf bis zu sechs Monate, wenn dies einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entspricht.

7 › II › 2. Bestandteile des Jahresabschlusses

2. Bestandteile des Jahresabschlusses

46

Die gesetzliche Pflicht des Vorstands – als gesetzlicher Vertreter einer AG und einer dualistischen SE[5] – zur Aufstellung eines Abschlusses des jeweiligen Geschäftsjahres sowie zur Aufstellung eines Lageberichts resultiert aus §§ 242 Abs. 1 und 2, 264 Abs. 1 S. 2, 289, 289a HGB. Bilanz und GuV bilden gem. der Definition des § 242 Abs. 3 HGB den Jahresabschluss eines Kaufmanns, der bei Kapitalgesellschaften um den Anhang (§ 264 Abs. 1 S. 1 HGB) erweitert wird.[6]

47

In der SE nach monistischem System gibt es nur einen Verwaltungsrat, der als Verwaltungsorgan i.S.d. Art. 43 Abs. 1 S. 1 SE-VO die Geschäfte führt, gleichzeitig aber auch Überwachungs- und Kontrollpflichten hat.[7] Nach S. 2 kann ein Mitgliedstaat jedoch vorsehen, dass ein oder mehrere Geschäftsführer die laufenden Geschäfte in eigener Verantwortung unter denselben Voraussetzungen, wie sie für AG mit Sitz im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates gelten, führt bzw. führen.

48

Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht und in § 40 Abs. 1 S. 1 SEAG vorgesehen, dass der Verwaltungsrat einen oder mehrere geschäftsführende Direktoren bestellt.

49

Insoweit ist es konsequent, dass in der Begründung des Regierungsentwurfes ausgeführt ist, dass die Aufstellung des Jahresabschlusses den geschäftsführenden Direktoren zugewiesen wird, weil diese dem Tagesgeschäft näher stünden und zum anderen dadurch das im AktG angelegte „Vier-Augen-Prinzip“ bei Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses gewahrt bleibe.[8]

2.1 Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung

50

Nach § 242 Abs. 1 HGB i.V.m. § 264 Abs. 1 HGB ist unter einer Bilanz der „Abschluss“ zu verstehen, der das Verhältnis des Vermögens und der Schulden für den Schluss eines Geschäftsjahres darstellt. Dieses Stichtagsprinzip besagt, dass die Geschäftsvorfälle bis zum Bilanzstichtag im Rahmen des Jahresabschlusses Berücksichtigung finden müssen und dass für deren Bewertung die Verhältnisse am Abschlussstichtag maßgeblich sind. Nach dem Bilanzstichtag bekannt werdende, verlustbringende Ereignisse sind nur insoweit zu berücksichtigen, solange sie vor dem Bilanzstichtag verursacht wurden (Wertaufhellung). Erst danach eintretende, wertmindernde (wertbegründende) Ereignisse sind für die Bilanzierung und Bewertung mit einer Ausnahme nicht von Bedeutung. Diese betrifft dabei den § 253 Abs. 3 S. 3 HGB, nach dem Wertschwankungen, die in naher Zukunft liegen, mittels Abschreibung berücksichtigt werden müssen.[9]

51

In der Bilanz sind nach § 247 Abs. 1 HGB das Anlagevermögen, das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert voneinander auszuweisen und hinreichend aufzugliedern. Kapitalgesellschaften, damit auch SEs, haben ihre Bilanz grundsätzlich in Kontenform aufzustellen (§ 266 Abs. 1 HGB). Dabei müssen mittelgroße und große Kapitalgesellschaften auf der Aktivseite die in § 266 Abs. 2 HGB und auf der Passivseite die in § 266 Abs. 3 HGB bezeichneten Posten gesondert und in der vorgeschriebenen Reihenfolge ausweisen (§ 266 Abs. 1 S. 2 HGB). Gem. § 266 Abs. 1 S. 3 HGB können kleine Kapitalgesellschaften eine verkürzte Bilanz aufstellen, in die die vorbezeichneten Posten mit den Buchstaben sowie den römischen Zahlen, nicht aber die mit den arabischen Zahlen nummerierten Posten aufgenommen werden.[10] Die Kleinstkapitalgesellschaften brauchen gem. § 266 Abs. 1 S. 4 HGB nur eine deutlich verkürzte Bilanz, bestehend aus den im Gliederungsschema der Abs. 2 und 3 des § 269 HGB mit Buchstaben bezeichneten Posten, aufzustellen.

52

Das Gliederungsschema der Bilanz ist in § 266 Abs. 2 HGB (Aktivseite) und in § 266 Abs. 3 HGB (Passivseite) aufgeführt. Die Vermögenswerte (Aktiva) sind in der Bilanz nach zunehmender Geldnähe angeordnet. Das Anlagevermögen dient dabei dem Geschäftsbetrieb auf lange Dauer über mehrere Perioden hinweg. Das Umlaufvermögen hingegen wird im Umsatzprozess der Gesellschaft laufend umgeschlagen. In der Passivseite der Bilanz wird das zur Finanzierung der Vermögenswerte notwendige Kapital dargestellt. Nach Herkunft der Mittel erfolgt eine Unterteilung in Eigen- und Fremdkapital. Die Anordnung erfolgt somit nach zunehmender Fälligkeit und damit nach der Dringlichkeit der Verpflichtung.

53

Das Gliederungsschema der Bilanz ergibt sich aus § 266 HGB. Das Bilanzschema ist gem. § 265 Abs. 1 HGB zur Erleichterung von Periodenvergleichen stetig anzuwenden.[11] Die jeweiligen gesetzlichen Normen zu den einzelnen Bilanzposten finden sich in den §§ 268-274a HGB sowie in den §§ 150, 152 AktG und werden nachstehend erläutert.

54

Ausgehend von den gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist die Entwicklung des Anlagenvermögens gem. § 268 Abs. 2 HGB hin zu den Buchwerten in horizontaler Gliederung darzustellen (sog. direkte Bruttomethode).[12] Diese Darstellung der Entwicklung des Anlagevermögens (auch Anlagespiegel oder Anlagegitter genannt) ist entweder in der Bilanz oder im Anhang darzustellen. Die Darstellung geht dabei vom Ausweis der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten aus, nach diesen sind die Zu- und Abgänge, Umbuchungen, Zuschreibungen und die bis zum Abschlussstichtag insgesamt angefallenen Abschreibungen aufzuzeigen, um schließlich zum Restbuchwert am Ende des Geschäftsjahres zu gelangen.

 

55

§ 268 Abs. 3 HGB betrifft einen „Nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag“, der entsteht, wenn das Eigenkapital durch Verluste aufgezehrt ist. In diesem Fall ist ein etwaiger passiver Überschuss auf der Aktivseite auszuweisen.[13] § 268 Abs. 4 HGB regelt die Vermerkpflicht von Forderungen, die eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr aufweisen. Der Bilanzvermerk dient dabei in erster Linie einem verbesserten Einblick in die Liquiditäts- und Finanzlage.[14] Eine Vermerkpflicht existiert gem. § 268 Abs. 5 HGB auch für Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr. Erhaltene Anzahlungen fallen dabei nicht unter die Angabepflicht, da diese zu keinen Auszahlungen führen.[15] Ein für das Agio bei der Rückzahlung einer Verbindlichkeit (§ 250 Abs. 3 HGB) zu bildender aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (Disagio bzw. Damnum) muss nach § 268 Abs. 6 HGB gesondert oder im Anhang angegeben werden.[16] Haftungsverhältnisse, die gem. § 251 HGB in einem Betrag unterhalb der Bilanz anzugeben sind, müssen bei Kapitalgesellschaften gem. § 268 Abs. 7 HGB „jeweils gesondert“ angegeben werden. Für jede der nachfolgenden Gruppen der Haftungsverhältnisse ist der Betrag – in der Reihenfolge des Gesetzes einzeln – anzugeben:[17]


Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln,
Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Schuldbürgschaften,
Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsverträgen,
Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten.

56

§ 271 HGB liefert die Legaldefinition der Begriffe „Beteiligungen“ (Abs. 1) und „verbundene Unternehmen“[18] (Abs. 2).

Bestehen Haftungsverhältnisse i.S.d. § 268 Abs. 7 HGB gegenüber verbundenen Unternehmen, so sind diese gesondert auszuweisen.[19] Danach sind Haftungsverhältnisse jeweils bei jeder der vier oben aufgeführten Gruppen[20] unter Angabe des Betrages gesondert anzugeben.[21]

57

Von grundsätzlicher Bedeutung sind die gesetzlichen Regelungen über das Eigenkapital und die Rücklagen in § 272 HGB sowie in den §§ 150, 152 AktG.[22] Das gezeichnete Kapital (Grundkapital) wird von der Kapitalrücklage und den Gewinnrücklagen abgegrenzt (§ 272 HGB). Während unter der Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 1 HGB) die von den Anteilseignern – über das gezeichnete Kapital hinausgehenden – geleisteten Zahlungen zu verstehen sind, handelt es sich bei den Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB) um diejenigen Beträge, die aus dem Gewinn einer AG in das Eigenkapital eingestellt werden.

58

Gem. § 272 Abs. 2 HGB sind als Kapitalrücklage auszuweisen:


Der Betrag, der bei Ausgabe von Aktien über dem Nennbetrag oder – falls kein Nennbetrag vorhanden ist – dem rechnerischen Wert erzielt wird (Agio);
der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird.
Zuzahlungen bei Vorzugsaktien;
sonstige Einzahlungen in das Eigenkapital.

59

Die Bestimmung zur Bildung der Gewinnrücklagen als gesetzliche Rücklage wird gesondert in § 150 Abs. 1 AktG angeführt. Gem. § 150 Abs. 2 AktG ist hiernach der zwanzigste Teil des Jahresüberschusses (ggf. nach Abzug eines Verlustvortrages) in die Gewinnrücklage einzustellen. Die Zuführung zur Gewinnrücklage hat solange zu erfolgen, bis sie zusammen mit der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1-3 HGB den zehnten Teil des Grundkapitals oder alternativ den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals erreicht hat. Solange diese Grenze nicht erreicht ist, ist die Verwendung der Gewinnrücklage gem. § 150 Abs. 3 AktG beschränkt auf:


den Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, soweit dieser nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist und nicht durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgeglichen werden kann,
den Ausgleich eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr, soweit dieser nicht durch den Jahresüberschuss gedeckt ist und nicht durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgeglichen werden kann.

60

Übersteigen Gewinn- und Kapitalrücklage zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder alternativ den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals, so darf der übersteigende Teil gem. § 150 Abs. 4 AktG verwandt werden:


zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, soweit dieser nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist,
zum Ausgleich eines Verlustvortrags, soweit dieser nicht durch einen Jahresüberschuss dem Vorjahr gedeckt ist,
zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gem. den §§ 207–220.

61

§ 152 Abs. 1 S. 1 AktG bestimmt, dass das Grundkapital in der Bilanz als gezeichnetes Kapital auszuweisen ist.[23] Unter dem gezeichneten Kapital ist dabei das Kapital zu verstehen, auf das die Haftung der Aktionäre für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber ihren Gläubigern beschränkt ist. Gem. § 152 Abs. 1 S. 2 AktG sind die Gesamtnennbeträge der Aktien jeder Gattung gesondert auszuweisen. Bedingtes Kapital ist mit dem Nennbetrag anzusetzen (§ 152 Abs. 1 S. 3 AktG). Existieren Mehrstimmrechtsaktien, so sind beim gezeichneten Kapital die Gesamtstimmenzahl der Mehrstimmrechtsaktien und die der übrigen Aktien zu vermerken (§ 152 Abs. 1 S. 4 AktG). Die Abs. 2 und 3 des § 152 AktG enthalten Detailbestimmungen hinsichtlich der Bewegung von Kapital- und Gewinnrücklagen.

62

§ 274 HGB betrifft die latenten Steuern, d.h. eine passive (Abs. 1) bzw. aktive (Abs. 2) Steuerabgrenzung. Werden aktive latente Steuern in der Bilanz angesetzt, gilt es, die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 S. 2 HGB zu beachten. Die Berechnung der latenten Steuern beruht auf temporären Differenzen zwischen Bilanzposten aus handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Betrachtungsweise gem. § 274 HGB.

Die Notwendigkeit einer passiven Steuerabgrenzung im Jahresabschluss kann aufgrund folgender Sachverhalte entstehen:


Bewertungsunterschiede bei Rückstellungen,
Erträge werden handelsrechtlich eher erfasst, als sie steuerrechtlich als Gewinn zu versteuern sind,
Aufwendungen mindern das handelsrechtliche Ergebnis später als den steuerrechtlichen Gewinn.

Ursachen für aktive Steuerabgrenzungen können sein:


Bewertungsunterschiede bei Rückstellungen (insb. Pensions- und andere Vorruhestandsrückstellungen),
Erträge fallen handelsrechtlich später an,
Aufwendungen mindern das handelsrechtliche Ergebnis früher als den steuerrechtlichen Gewinn.

63

Gem. § 242 Abs. 2 HGB i.V.m. 264 Abs. 1 HGB ist unter der Gewinn- und Verlustrechnung eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs zu verstehen. Nach § 275 Abs. 1 HGB ist die GuV in Staffelform[24] nach dem Gesamtkosten-[25] oder dem Umsatzkostenverfahren[26] aufzustellen. Das Gesamtkostenverfahren ist in § 275 Abs. 2 HGB i.V.m. § 158 Abs. 1. S. 1 AktG beschrieben.[27] Das Umsatzkostenverfahren ist in § 275 Abs. 3 HGB i.V.m. § 158 Abs. 1. S. 1 AktG schematisiert.[28]

64

Um den Betriebserfolg einer Periode messen zu können, gilt es, vergleichbare Größen zu finden und einander gegenüberzustellen. Erträge und Aufwendungen müssen sich dementsprechend auf dasselbe Mengengerüst beziehen. Der Erfolg eines Unternehmens kann nur durch Verrechnung aller in einer Periode angefallenen Aufwendungen mit den in derselben Periode erzielten Erträge berechnet werden, wenn die produzierte Menge an Gütern bzw. Dienstleistungen mit der abgesetzten Menge an Gütern bzw. Dienstleistungen übereinstimmt. Da dies normalerweise nicht der Fall sein wird, müssen Aufwendungen und Erträge zur Ermittlung des Unternehmenserfolgs einander rechnerisch angeglichen werden. Um dies zu erreichen, werden beim Gesamtkostenverfahren alle Erträge, die in der betrachteten Periode erzielt wurden, den Aufwendungen gegenübergestellt, die bei der Generierung der Erträge angefallen sind. Die rechnerische Anpassung erfolgt bei diesem Verfahren dadurch, dass Mehrungen des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen und Eigenleistungen mit ihren Herstellungskosten den Umsatzerlösen hinzugerechnet werden und Minderungen des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen entsprechend mit ihren Herstellungskosten von den Umsatzerlösen abgezogen werden.

Das Umsatzkostenverfahren stellt dem Umsatz der betrachteten Periode nicht die gesamten Aufwendungen gegenüber, sondern nur diejenigen Aufwendungen, die für die verkauften Güter bzw. Dienstleistungen angefallen sind.

65

Während beim Gesamtkostenverfahren die Gliederung nach Aufwandsarten (Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibungen und sonstige betriebliche Aufwendung) erfolgt, werden die Entstehungsbereiche der Aufwendungen beim Umsatzkostenverfahren hinsichtlich ihrer Funktion (Forschungs-, Entwicklungs-, Vertriebs- und Verwaltungskosten) ausgewiesen.[29] Der Vorteil des auch international etablierten Umsatzkostenverfahrens besteht darin, dass es zum einen das Bruttoergebnis als Differenz der Umsatzerlöse und der Herstellungskosten des Umsatzes zeigt und zum anderen ermöglicht, die Kosten der Funktionsbereiche Forschung, Entwicklung, Vertrieb und Verwaltung in der GuV direkt zu erkennen. Der Nachteil dieses Verfahrens gegenüber dem Gesamtkostenverfahren liegt darin, dass der Jahresaufwand weder insgesamt noch nach Arten unterteilt dargestellt wird.[30] Bei identischer Bewertung der Bestände an fertigen und unfertigen Erzeugnissen führen das Umsatzkosten- und das Gesamtkostenverfahren immer zum gleichen Jahresergebnis.[31]