Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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Anmerkungen

[1]

Zu Recht wurde diese Wahlmöglichkeit von Hommelhoff AG 2001, 279, 282 als revolutionär bezeichnet. Zur Tendenz, dass europaweit verhältnismäßig mehr SE in Ländern gegründet werden, deren nationales Recht lediglich die dualistische Struktur zulässt vgl. Schubert/von der Höh AG 2014, 439, 442.

[2]

Vgl. 15. Kap. zu Island Rn. 1350 ff.; 15. Kap. zu Luxemburg Rn. 2179; 15. Kap. zu Schweden Rn. 3311 ff.

[3]

KölnKomm AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 5.

[4]

KölnKomm AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 10; zu den Rechtsfolgen bei dennoch erfolgter Eintragung vgl. Rn. 16 ff.

[5]

KölnKomm AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 15; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 38 SE-VO Rn. 9, 15; Spindler/Stilz/Casper/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 7.

[6]

Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 38 SE-VO Rn. 29.

[7]

Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 38 S-VO Rn. 29.

[8]

KölnKomm AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 15; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 39 SE-VO Rn. 30; Spindler/Stilz/Casper/Eberspächer Art. 38 SE-VO Rn. 7; KölnKomm AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 15.

[9]

So auch: KölnKomm AktG/Paefgen Art. 38 SE-VO Rn. 15.

[10]

Anders: Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 39 SE-VO Rn. 30, die den Strukturwechsel und die damit verbundene Notwendigkeit eines erneuten Verhandlungsverfahrens über die Mitbestimmung bejahen.

[11]

BT-Drucks. 15/3405, 50.

[12]

13. Kap. Rn. 527.

[13]

Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 39 SE-VO Rn. 31.

[14]

Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 39 SE-VO Rn. 32.

4 › VII. Satzungsregelungen beim dualistischen System

VII. Satzungsregelungen beim dualistischen System

4 › VII › 1. Überblick

1. Überblick

83

Entscheidet sich der Satzungsgeber für das dualistische System, sind neben der Wahl der Organisationsverfassung zusätzlich weitere Regelungen in der Satzung zwingend erforderlich. Dies betrifft zum einen die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans (Art. 39 Abs. 4 SE-VO), die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans (Art. 40 Abs. 3 S. 1 SE-VO), die Amtszeit der Mitglieder des Aufsichts- und Leitungsorgans (Art. 46 Abs. 1 SE-VO) und die zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfte (Art. 48 Abs. 1 SE-VO). Darüber hinaus hat der Satzungsgeber die Möglichkeit, folgende Bereiche freiwillig in der Satzung aufzunehmen: Regelungen zur Beschlussfähigkeit von Aufsichts- und Leitungsorgan, zur Bestellung des ersten Aufsichtsorgans (Art. 40 Abs. 2 S. 2 SE-VO), zu Einschränkungen zur wiederholten Bestellung von Organmitgliedern (Art. 46 Abs. 2 SE-VO), zu Mindestanforderungen für Organmitglieder (Art. 47 Abs. 3 SE-VO), zur Vergütung des Aufsichtsorgans, zur Geschäftsordnung und zur Ermächtigung an das Aufsichtsorgan, bloße Fassungsänderungen der Satzung vornehmen zu dürfen.

4 › VII › 2. Zwingende Satzungsbestimmungen für die dualistische SE

2. Zwingende Satzungsbestimmungen für die dualistische SE

84

Die in diesem Abschnitt behandelten Satzungsregelungen sind zwingend in die Satzung der dualistischen SE aufzunehmen. Fehlen Bestimmungen hierzu, besteht ein Eintragungshindernis. Wird die SE gleichwohl eingetragen, kommen – je nach dem, welche Bestimmung fehlt – die Nichtigkeitsklage (Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, § 275 AktG) oder die Verfahren nach Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, §§ 397, 299 FamFG in Betracht.

2.1 Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans

85

Art. 39 Abs. 4 SE-VO ordnet an, dass die Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung durch die Satzung bestimmt werden. Zusätzlich hat der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung in Art. 39 Abs. 4 S. 2 SE-VO durch § 16 Abs. 1 SEAG teilweise Gebrauch gemacht. Hiernach hat das Leitungsorgan aus mindestens zwei Personen zu bestehen, wenn die Gesellschaft über ein Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR verfügt. Allerdings räumt § 16 SEAG dem Satzungsgeber auch die Möglichkeit ein, von dieser Regelung abzuweichen und lediglich eine Person als Mitglied des Leitungsorgans vorzusehen.

86

Für den Satzungsgeber ergeben sich demnach folgende Regelungsaufträge. Es muss zwingend entweder die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans angegeben oder aber die Regelungen für die Bestimmung der Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans festgelegt werden. Dementsprechend würde eine Satzungsregelung, nach der sich das Leitungsorgan aus drei Personen zusammensetzt, dem Regelungsauftrag des Art. 39 Abs. 4 S. 1 SE-VO genügen. Fraglich ist allerdings, ob – wie wohl von der überwiegenden Ansicht befürwortet[1] – eine Satzungsbestimmung dem Regelungsauftrag genügt, nach der das Leitungsorgan aus einer oder mehreren Personen zu bestehen hat. Denn Art. 39 Abs. 4 S. 1 SE-VO verlangt vom Satzungsgeber die Bestimmung der Regeln für die Festlegung der Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans. Da die bloße Beschreibung, aus wie vielen Mitgliedern das Leitungsorgan zu bestehen hat, gerade keine Regeln für die Bestimmung der Anzahl festlegt, dürfte eine solch allgemeine Regelung nicht genügen und ein Eintragungshindernis darstellen. Praktisch lässt sich diese Unsicherheit aber dadurch ausräumen, indem man dem Aufsichtsorgan das Recht einräumt, die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans nach dem jeweiligen Bedarf der Gesellschaft festzulegen. Alternativ ließe sich auch an eine Verknüpfung der Grundkapitalziffer mit der Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans denken, wenngleich der zuvor genannte Vorschlag deutlich flexiblere Regelungen ermöglicht.

87

Soweit der Satzungsgeber auch bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR lediglich ein Einpersonenleitungsorgan implementieren möchte, ist dies in der Satzung ausdrücklich vorzusehen (§ 16 S. 1 SEAG). Nicht abschließend geklärt ist insoweit, ob bei einer Gesellschaft mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR eine satzungsmäßige Regelungsermächtigung an das Aufsichtsorgan zulässig ist. Durch eine solche Bestimmung würde also das Aufsichtsorgan nicht nur ermächtigt, die Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans festzulegen, sondern zusätzlich geregelt, dass das Aufsichtsorgan auch bei einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR ein Einpersonenleitungsorgan vorsehen kann. Gegen die Zulässigkeit einer solchen Klausel spricht allerdings der Wortlaut des § 16 S. 1 SEAG. Hiernach ist eine Regelung erforderlich, die das Einpersonenleitungsorgan anordnet und nicht lediglich als Option vorsieht („es sei denn, die Satzung bestimmt, dass es aus einer Person bestehen soll“). Im Hinblick darauf, dass derartige Regelungen der Eintragung der SE bzw. der entsprechenden Satzungsänderung entgegenstehen könnten, empfiehlt es sich in jedem Fall, dies vorab mit dem Registergericht zu klären. Denn ist die Gesellschaft einmal eingetragen, bleibt der Verstoß gegen § 16 S. 1 SEAG sanktionslos.[2]

88

Bei der Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans hat der Satzungsgeber zusätzlich § 38 Abs. 1 SEBG zu beachten. Nach dieser Bestimmung ist bei der mitbestimmten SE ein Arbeitsdirektor zu bestellen, so dass in diesen Fällen das Leitungsorgan aus wenigstens zwei Mitgliedern bestehen muss.[3]

89

Zudem sollte der Satzungsgeber bei der Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Leitungsorgans für die börsennotierte SE Ziff. 4.2.1 S. 1 DCGK berücksichtigen. Der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt insoweit einen mehrköpfigen Vorstand.

 

2.2 Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans

90

Wortgleich zu Art. 39 Abs. 4 SE-VO verlangt Art. 40 Abs. 3 SE-VO vom Satzungsgeber auch die Festlegung der Mitglieder des Aufsichtsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung. Auch insoweit handelt es sich um einen zwingenden Satzungsbestandteil, dessen Fehlen ein Eintragungshindernis darstellt.[4] Allerdings ist der Satzungsgeber nicht frei in seiner Gestaltung, da der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung in Art. 40 Abs. 3 S. 2 SE-VO Gebrauch gemacht und in § 17 Abs. 1 SEAG Höchst- und Mindestanzahl festgelegt hat. Dementsprechend ist der Regelungsspielraum des Satzungsgebers beschränkt. Das Aufsichtsorgan muss aus mindestens drei Mitgliedern bestehen (§ 17 Abs. 1 S. 1 und 2 SEAG). Die Höchstzahl, die der Satzungsgeber festlegen kann, richtet sich nach § 17 Abs. 1 S. 3 SEAG. Nach dieser Vorschrift wird – inhaltsgleich zu § 95 AktG – die Höchstzahl in Abhängigkeit vom Grundkapital festgesetzt. Dementsprechend kann der Satzungsgeber bei einem Grundkapital von bis zu 1 500 000 EUR neun, bei einem Grundkapital von mehr als 1 500 000 EUR und weniger als 10 000 000 EUR bis zu fünfzehn und bei einem Grundkapital von mehr als 10 000 000 EUR bis zu einundzwanzig Mitglieder des Aufsichtsorgans festlegen.

91

Von diesem Regelungsspielraum kann der Satzungsgeber entweder durch die Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans in der Satzung Gebrauch machen. Alternativ ist es dem Satzungsgeber auch gestattet, Regeln für die Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans festzuschreiben. Insoweit könnte man zum einen daran denken, die Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans von der Höhe des Grundkapitals oder von der Mitarbeiterzahl abhängig zu machen. Dies würde aber in vielen Fällen nicht die hinreichende Flexibilität sicherstellen, so dass dieses Vorgehen in der Praxis regelmäßig nicht anzuraten ist.

92

Umstritten ist, inwieweit eine Satzungsbestimmung zulässig ist, die die Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans der Hauptversammlung überträgt.[5] Auch wenn die SE-VO eine solche Satzungsbestimmung nach hier vertretener Ansicht – jedenfalls dann verbietet, wenn nicht wenigstens Regeln für ihre Festlegung in der Satzung vorgesehen sind, empfiehlt sich eine solche Satzungsbestimmung aus rein praktischen Erwägungen nicht. In der Praxis hat sich die feste Bestimmung der Größe des Aufsichtsgremiums etabliert.[6] Zudem ist umstritten, ob die Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans durch eine etwaige Beteiligungsvereinbarung festgelegt werden kann.[7]

93

Greift die sogenannte Auffangregelung bei der mitbestimmten SE, ist der Satzungsgeber in jedem Fall berechtigt, die Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans festzulegen. Dies ergibt sich ebenfalls aus Art. 40 Abs. 3 SE-VO, der insoweit nicht durch § 35 SEBG modifiziert wird. Für die Gründungsform der Verschmelzung, der Holding- und der Tochter-SE ergibt sich dies aus § 35 Abs. 2 S. 2 SEBG unmittelbar.[8] Entsprechendes gilt nach h.M. aber auch für die SE-Gründung durch Umwandlung, auch wenn § 35 Abs. 1 SEBG dem Wortlaut nach anders verstanden werden könnte. Denn nach § 35 Abs. 1 SEBG bleibt die Regelung zur Mitbestimmung erhalten, die in der Gesellschaft vor der Umwandlung bestanden hat.[9]

94

Fraglich ist schließlich, inwieweit das in § 17 Abs. 1 S. 3 SEAG normierte Dreiteilungsgebot wirksam ist. Hieran bestehen deshalb Zweifel, weil Art. 40 Abs. 3 S. 2 SE-VO als Regelungsauftrag für den nationalen Gesetzgeber nur die Festlegung der Zahl sowie der Höchst- und Mindestzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans vorsieht. Dem nationalen Gesetzgeber steht nicht das Recht zu, Regelungen zur Festlegung der Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans – hierzu würde auch das Dreiteilungsgebot gehören – zu normieren; dieses Recht ist dem Satzungsgeber in Art. 40 Abs. 3 S. 1 SE-VO zugewiesen. Dementsprechend würde eine Satzungsbestimmung, die eine nicht durch drei teilbare Anzahl an Mitgliedern vorsieht, § 17 Abs. 1 S. 3 SEAG vorgehen (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO).

2.3 Amtsdauer der Organe

95

Nach Art. 46 Abs. 1 SE-VO werden die Mitglieder der Organe der SE für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum, der sechs Jahre nicht überschreiten darf, bestellt. Obwohl der Wortlaut eindeutig zu sein scheint, ist es ausreichend, in der Satzung die bloße Höchstdauer der Amtszeit festzulegen und die Bestellungsdauer im Einzelnen dem Bestellungsorgan zu überlassen.[10] Es wäre überaus unpraktikabel, wenn beispielsweise Mitglieder des Leitungsorgans immer für einen fixen Zeitraum zu bestellen wären. In dieser Konstellation würde man dem Aufsichtsorgan erhebliche Gestaltungsspielräume nehmen. Würde die Satzung beispielsweise eine vergleichsweise kurze Bestelldauer von einem Jahr bestimmen, würde dies einen echten Wettbewerbsnachteil im Wettlauf um Spitzenkräfte bedeuten. Umgekehrt würde ein besonders langer Bestellzeitraum für die SE den Nachteil mit sich bringen, dass die vorzeitige Abberufung von Mitgliedern des Leitungs- oder Verwaltungsorgans nur unter besonderen Voraussetzungen möglich ist.

96

Für die vorzeitige Abberufung von Mitgliedern des Leitungsorgans muss ein wichtiger Grund vorliegen (Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, § 84 Abs. 3 AktG).

97

Da der Wortlaut des Art. 46 Abs. 1 SE-VO gleichwohl in eine andere Richtung verstanden werden könnte, empfiehlt es sich aus praktischen Gesichtspunkten daher dann, wenn eine flexible Regelung gewünscht wird, dies vorab mit dem Registergericht abzustimmen, denn nach der Eintragung bliebe der Verstoß gegen Art. 46 Abs. 1 SE-VO ohne Rechtsfolgen. Zudem akzeptiert die überwiegende registergerichtliche Praxis flexible Lösungen.[11]

2.4 Zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte

98

Art. 48 Abs. 1 SE-VO regelt, dass in der Satzung der SE die Arten von Geschäften aufgeführt werden, für die im dualistischen System das Aufsichtsorgan seine Zustimmung erteilen muss. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob ein Katalog zustimmungsbedürftiger Rechtsgeschäfte Pflichtbestandteil der Satzung einer dualistischen SE ist.[12] Auch wenn die deutsche Fassung der SE-VO insoweit nicht eindeutig ist („In der Satzung werden die Arten von Geschäften aufgeführt […]“), spricht insbesondere die englische Fassung der SE-VO dafür, dass zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte Pflichtbestandteil der Satzung einer dualistischen SE sind („shall list“). Im Hinblick darauf, dass das Fehlen zwingender Satzungsbestandteile ein Eintragungshindernis darstellt, empfiehlt es sich bereits aus Vorsichtsgesichtspunkten, einen Basiskatalog zustimmungsbedürftiger Rechtsgeschäfte in der Satzung zu regeln. Die detailliertere Festlegung zustimmungsbedürftiger Rechtsgeschäfte und damit die Kontrolldichte kann (und sollte zweckmäßigerweise) durch das Aufsichtsorgan selbst erfolgen (Art. 48 Abs. 1 S. 2 SE-VO, § 19 SEAG). Einer ausdrücklichen satzungsmäßigen Ermächtigung bedarf es insoweit nicht, auch wenn dies aus Klarstellungsgesichtspunkten zweckmäßig sein mag. Denn die Änderung der Satzung im Hinblick auf zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte ist in Hauptversammlungen vielfach nicht in sachlich angemessener Weise zu beschließen.

99

Rechtlich sind die Grenzen dessen, was in der Satzung unter Zustimmungsvorbehalt gestellt werden kann, vergleichsweise weit. Die Zulässigkeitsgrenze ist erst dort überschritten, wo das Leitungsorgan nicht mehr in der Lage ist, die Geschäfte der SE in eigener Verantwortung zu führen (Art. 39 Abs. 1 S. 1 SE-VO).[13] Insoweit bietet es sich an, die für das deutsche Aktienrecht entwickelten Grundsätze als Leitlinie entsprechend heranzuziehen,[14] auch wenn eine pauschale Übertragung dieser Grundsätze dogmatisch nicht zu begründen ist.

100

Der deutsche Gesetzgeber hat keinen Gebrauch von der Regelungsermächtigung in Art. 48 Abs. 2 SE-VO gemacht. Nach dieser Vorschrift können Mitgliedstaaten festlegen, welche Arten von Geschäften auf jeden Fall in die Satzung aufzunehmen sind. Nicht einmal der Deutsche Corporate Governance Kodex sieht insoweit konkrete Empfehlungen vor. Ziff. 3.3 DCGK[15] regelt lediglich, dass Geschäfte von grundlegender Bedeutung, also solche, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens grundlegend verändern „einer Zustimmungsverpflichtung unterworfen werden sollen“.

4 › VII › 3. Fakultative Satzungsbestimmungen für die dualistische SE

3. Fakultative Satzungsbestimmungen für die dualistische SE

101

Über die zwingend in der Satzung der dualistischen SE vorzusehenden Bestandteile hinaus, hat der Satzungsgeber in Teilbereichen in Bezug auf die dualistische Leitungsstruktur die Möglichkeit, Satzungsregelungen vorzusehen, um die Satzung an die konkreten Bedürfnisse der jeweiligen Gesellschaft anzupassen. Im Hinblick auf den Grundsatz der Satzungsstrenge[16] ist der darüber hinausgehende Regelungsspielraum limitiert.

3.1 Beschlussfähigkeit von Aufsichts- und Leitungsorganen

102

Art. 50 Abs. 1 SE-VO regelt die Beschlussfähigkeit und einzelne Aspekte der Beschlussfassung der Organe der SE für den Fall, in dem weder die SE-VO noch die Satzung andere Regelungen vorsehen. Für den Satzungsgeber ergeben sich damit folgende Gestaltungsmöglichkeiten:

3.1.1 Gesetzliche Ausgangslage

103

Soweit in der Satzung der SE keine andere Regelung vorgenommen wird, sind das Aufsichts- und das Leitungsorgan dann beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend oder vertreten ist (Art. 50 Abs. 1 a SE-VO). Im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers der SE ist bei der Beschlussfähigkeit wie folgt zu differenzieren:

3.1.2 Anwesenheitsquoren

104

Ist das Aufsichtsorgan der SE nicht paritätisch mitbestimmt, ist es möglich, für die Beschlussfähigkeit auch ein niedrigeres oder höheres Anwesenheitsquorum festzulegen.[17] Die insoweit von Teichmann vertretene Gegenauffassung,[18] ein niedrigeres Beschlussquorum könne in der Satzung nicht vorgesehen werden, überzeugt nicht. Nach dieser Ansicht würde ein Beschlussquorum, das unterhalb der Hälfte der Mitglieder festgesetzt würde, dem Charakter des Aufsichts- bzw. Leitungsorgans als Kollegialorgan widersprechen. Diese Ansicht ist indessen nicht mit dem klaren Wortlaut des Art. 50 Abs. 1 a SE-VO in Einklang zu bringen. Hiernach wird dem Satzungsgeber ausdrücklich das Recht zur abweichenden Festlegung in der Satzung eingeräumt und dies nicht etwa auf die Festlegung eines höheren Beschlussquorums beschränkt.

105

Fraglich ist indessen, ob der Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers bzgl. des Anwesenheitsquorums bei einem paritätisch besetzten Überwachungsorgan beschränkt ist. Insoweit wird die Ansicht vertreten, dass ein Anwesenheitsquorum von mehr als 50 % mit dem Rechtsgedanken des Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO nicht in Einklang zu bringen sei. Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO untersagt für paritätisch mitbestimmte Aufsichtsorgane ausdrücklich, das Stichentscheidsrecht des Vorsitzenden zu beschränken. Hieraus wird zum Teil verallgemeinernd der Grundsatz abgeleitet, dass die Arbeitnehmerseite eine Beschlussfassung nicht allein verhindern können soll.[19] Würde man nun ein höheres Anwesenheitsquorum in der Satzung festlegen, könnte die Arbeitnehmerseite durch kollektives Fernbleiben Beschlussfassungen allein verhindern.

106

 

Wenn der Satzungsgeber gleichwohl höhere Anwesenheitsquoren festsetzen möchte, ist ihm dies indessen nach richtiger Ansicht gestattet.[20] Denn Art. 50 Abs. 1 SE-VO räumt dem Satzungsgeber insoweit ausdrücklich einen Gestaltungsspielraum ein. Für eine einschränkende Auslegung des Art. 50 Abs. 1 SE-VO ist kein Raum. Denn wenn der Verordnungsgeber in Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO die Konstellation der paritätisch mitbestimmten SE ausdrücklich adressiert und in Art. 50 Abs. 1 SE-VO weitgehende Gestaltungsspielräume einräumt, ohne nach dem Mitbestimmungsregime zu differenzieren, kommt damit klar zum Ausdruck, dass der Verordnungsgeber bei der Anwesenheitsquote gerade nicht zwischen mitbestimmten und nicht mitbestimmten Aufsichtsorganen unterscheiden wollte. Dementsprechend kann der Satzungsgeber – unabhängig von der Frage, ob eine mitbestimmte SE vorliegt oder nicht – höhere oder niedrigere Anwesenheitsquoren für das Aufsichtsorgan festlegen. Gleiches gilt für das Leitungsorgan.