Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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Anmerkungen

[1]

OLG Düsseldorf ZIP 2009, 918, 920; Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 2 SE-VO Rn. 28 ff.; Casper AG 2007, 97, 99 f.; Spindler/Stilz/ders. Art. 2, 3 Rn. 27 ff.; Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 2 SE-VO Rn. 29; MünchKomm AktG/Oechsler Art. 2 SE-VO Rn. 49; MünchKomm AktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 9 ff.; a. A. wohl nur Blanke ZIP 2006, 789, 791 f. Näher zur Vorrats-SE Casper/Schäfer ZIP 2007, 653; zur Arbeitnehmerbeteiligung Forst NZG 2009, 687.

[2]

Ausführlich zum numerus clausus und Mehrstaatlichkeitsprinzip auch bzgl. der Zulässigkeit einer Vorrats-SE Casper AG 2007, 97 ff.

[3]

Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 2 SE-VO Rn. 27 f. mit Beispielen hierzu.

[4]

Habersack/Drinhausen/Schürnbrand Art. 12 SE-VO Rn. 11; vgl. für eine AG BGH NJW 1992, 1824; Hüffer § 23 Rn. 25.

[5]

So im Ergebnis OLG Düsseldorf ZIP 2009, 918, 920; Kienast 13. Kap. Rn. 210 ff.; MünchKomm AktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 13; zur teleologischen Reduktion Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 3 SE-VO Rn. 29.

[6]

OLG Düsseldorf ZIP 2009, 918, 919; AG Düsseldorf ZIP 2006, 287; AG München ZIP 2006, 1300, 1301.

[7]

Kienast 13. Kap. Rn. 253 ff., 488; in diese Richtung auch Lutter/Bayer/Schmidt § 41 Rn. 194; an der Gegenauffassung ebenfalls zweifelnd Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 12 SE-VO Rn. 17; eine solche Einschränkung ist auch den Entscheidungen des LG Hamburg und AG Hamburg ZIP 2005, 2017 nicht zu entnehmen; a. A. aber etwa Casper/Schäfer ZIP 2007, 653 f.; MünchKomm AktG/Jacobs § 3 SEBG Rn. 2a; KölnKomm AktG/Kiem Art. 12 SE-VO Rn. 42; Habersack/Drinhausen/Schürnbrand Art. 12 SE-VO Rn. 25; Seibt ZIP 2005, 2248, 2249 f.; KölnKomm AktG/Veil Art. 2 SE-VO Rn. 51.

[8]

Zutreffend Lutter/Bayer/Schmidt § 41 Rn. 194.

[9]

LG Hamburg ZIP 2005, 2017, 2019; AG Hamburg ZIP 2005, 2017, 2018; Seibt ZIP 2005, 2248, 2249 f.; Frodermann/Jannott ZIP 2005, 2251.

[10]

Casper/Schäfer ZIP 2007, 653, 655 ff.; zum deutschen Recht vgl. BGH NJW 1992, 1824; zuletzt NJW 2012, 1875; eingehend Winnen RNotZ 2013, 389 ff. Zu beachten ist, dass gerade im Zusammenhang mit einer AG zahlreiche Einzelfragen zur analogen Anwendung der Gründungsvorschriften mangels Klärung durch die Rspr. noch offen sind.

[11]

Winnen RNotZ 2013, 389, 401 f. (für eine AG) m. w. N. zur bisher durch die Rspr. ungeklärten Frage über die anmeldepflichtigen Personen bei einer AG im Rahmen der analogen Anwendung der aktienrechtlichen Gründungsvorschriften auf die wirtschaftliche Neugründung; a. A. (nur Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats) etwa Heinze BB 2012, 67, 69 f.; DNotI-Report 2012, 93, 96 – die hier vertretene Auffassung dürfte wegen ihrer Anlehnung an die strengeren Vorgaben des § 36 AktG indes eine höhere Sicherheit vor einer Zurückweisung der Anmeldung durch das Registergericht bieten (in diese Richtung auch Winnen RNotZ 2013, 389, 402: für die Praxis zweckmäßig).

[12]

A.A. wohl KölnKomm AktG/Veil Art. 2 SE-VO Rn. 53 (nur Vorstand bzw. geschäftsführende Direktoren).

[13]

Für eine AG Hüffer § 23 Rn. 27; Winnen RNotZ 2013, 389, 405 f., jeweils m. w. N. auch zu Gegenstimmen.

[14]

Für eine AG Hüffer § 23 Rn. 27; Winnen RNotZ 2013, 389, 405 f.; s. hierzu Rn. 335.

[15]

Die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung gegenüber dem Registergericht ist insoweit anstelle der Eintragung maßgeblich, vgl. BGH NZG 2011, 1066, 1067 f.

[16]

Eines Rückgriffs auf § 41 Abs. 1 S. 2 AktG als Analogiegrundlage bedarf es nicht mehr, Casper/Schäfer ZIP 2007, 653, 657 f.

[17]

Vgl. BGH NJW 2012, 1875 ff. (zur GmbH); für die SE auch Casper/Schäfer ZIP 2007, 653, 658.

[18]

So Casper/Schäfer ZIP 2007, 653, 657 unter Hinweis auf die vermeintliche Vergleichbarkeit der wirtschaftlichen Neugründung mit einer Umwandlung und den durch die genannten Beschränkungen verfolgten Schutz vor einer Flucht aus der Mitbestimmung.

[19]

Im Ergebnis ebenso (wegen fehlender Eignung zur Minderung von Beteiligungsrechten der Arbeitnehmer, allerdings unter Einordnung der wirtschaftlichen Neugründung als strukturelle Änderung) Ulmer/Habersack/Henssler/Henssler § 18 SEBG Rn. 32; Hamann/Sigle/Schuberth § 8 Rn. 29 ff.; a. A. (Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren wegen bzw. ungeachtet einer strukturellen Änderung analog § 18 Abs. 3 SEBG) etwa Casper/Schäfer ZIP 2007, 653, 659; Forst NZG 2009, 687, 690 f.; Teichmann FS Hellwig, S. 347, 367 f.; KölnKomm AktG/Feuerborn § 18 SEBG Rn. 53 f.; MünchKomm AktG/Jacobs § 18 SEBG Rn. 17; KölnKomm AktG/Veil Art. 2 SE-VO Rn. 55.

[20]

Näher hierzu Kienast Kap. 3 Rn. 489 ff., 499 ff.

3 › V. Vorgesellschaft

V. Vorgesellschaft

311

Eine SE erwirbt mit der Eintragung in das Handelsregister Rechtspersönlichkeit.[1] Da die Eintragung der SE den Gründungsvorgang abschließt, stellt sich die Frage, wie die noch nicht eingetragene SE rechtlich zu behandeln ist. Die SE-VO belässt es insoweit bei dem Hinweis, dass bereits vor der Eintragung Rechtshandlungen im Namen der SE vorgenommen werden können und diese unter bestimmten Voraussetzungen auch die SE berechtigen oder verpflichten können.[2] Abgesehen von einzelnen Normen, die die Vor-SE voraussetzen,[3] finden sich Bestimmungen zur Vor-SE weder in der SE-VO noch im SEAG. Dies schließt freilich ebenso wenig wie die Haftungsregelung in Art. 16 Abs. 2 SE-VO die Existenz einer Vor-SE aus. Da die Frage der Vorgesellschaft als Teil des Gründungsrechts über Art. 15 SE-VO dem nationalen Recht zugewiesen ist, entsteht im Rahmen der Gründung einer deutschen SE grundsätzlich eine Vor-SE.[4]

3 › V › 1. Entstehung der Vor-SE

1. Entstehung der Vor-SE

312

Das Ende der Vor-SE wird durch die Eintragung markiert; demgegenüber finden sich keine gesetzgeberischen Vorgaben zur Entstehung der Vor-SE. Nach allgemeinem gesellschaftsrechtlichem Verständnis entsteht die Vor-SE mit Errichtung der Gesellschaft. Es ist deshalb wie folgt zu differenzieren:[5]

313

Wird die SE im Wege der Verschmelzung durch Neugründung errichtet,[6] kommt es darauf an, in welcher Reihenfolge die einzelnen Gründungsvoraussetzungen erfüllt werden. Bei der Verschmelzung ist ein Verschmelzungsplan aufzustellen, der notariell zu beurkunden ist und über den die Hauptversammlungen beschließen müssen.[7] Da keine bestimmte Reihenfolge von Beurkundung und Beschlüssen einzuhalten ist, kommt es darauf an, welche Voraussetzung zuletzt erfüllt wurde. Erst wenn sowohl die Beurkundung des Verschmelzungsplans als auch die Hauptversammlungsbeschlüsse vorliegen, entsteht die Vor-SE.[8] Auf die Vereinbarung mit den Arbeitnehmern kommt es nicht an. Bei der Tochter-SE[9] und der SE-Tochtergesellschaft[10] ist die Feststellung der Satzung und die Übernahme der Aktien als Gründungsgeschäft anzusehen, sodass in diesem Zeitpunkt die Vor-SE entsteht.

314

Wird eine Holding-SE[11] gegründet, kommen verschiedene Entstehungszeitpunkte für die Vor-SE in Betracht. Zum einen könnte auch hier auf die Beschlussfassungen der Gründungsgesellschaften bzw. die Beurkundung des Gründungsplans abgestellt werden, zum anderen aber auch auf den Zeitpunkt, in dem der im Gründungsplan vorgesehene Mindestprozentsatz der Gesellschaftsanteile eingebracht wurde. Für den letztgenannten Zeitpunkt könnte Art. 33 Abs. 2 SE-VO sprechen, der normiert, dass die Holding-SE nur dann gegründet ist, wenn ein Mindestprozentsatz der Gesellschaftsanteile eingebracht wurde. Gleichwohl greift diese Argumentation zu kurz, denn die Einbringung[12] von Gesellschaftsanteilen setzt notwendig das Bestehen eines Rechtsträgers voraus, der Inhaber dieser Anteile wird. Die Vor-SE entsteht also auch bei der Holding-SE in dem Zeitpunkt, in dem die Gründungsgesellschaften einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss gefasst haben und der Gründungsplan notariell beurkundet wurde.[13] Im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 SE-VO handelt es sich aber um eine auflösend bedingte Vor-SE, die automatisch und liquidationslos erlischt, wenn die festgelegte Mindesteinbringungsquote nicht erreicht wird.

 

315

Wird eine SE durch Umwandlung[14] oder im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme[15] gegründet, kommt es gar nicht zur Entstehung einer Vor-SE, denn die formwechselnde bzw. aufnehmende AG wandelt sich ohne Zwischenschritte in eine SE um.[16] Da bis zur Eintragung der SE die alte AG fortbesteht, ist kein Raum für eine Vor-SE.[17]

3 › V › 2. Rechtliche Qualifikation der Vor-SE, Organe der Vor-SE

2. Rechtliche Qualifikation der Vor-SE, Organe der Vor-SE

316

In Deutschland ist die Vor-SE ebenso wie andere Vorgesellschaften[18] als Gesellschaft sui generis zu qualifizieren,[19] wenn es sich um eine Mehrpersonen-Vorgesellschaft handelt. Diese Einordnung hat jedoch keine praktischen Auswirkungen, da die Rechtfolgen von Art. 16 Abs. 2 SE-VO vorgegeben werden. Entsprechend der Mehrpersonen-Vorgesellschaft ist auch die Einmann-Vorgesellschaft zu behandeln.[20]

317

Die Vor-SE handelt durch ihr Leitungsorgan bzw. Verwaltungsorgan, je nach dem, welches System für die SE gelten soll. Da weder § 76 AktG noch § 41 SEAG eine Eintragung voraussetzen, ist das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan unbeschränkt vertretungsberechtigt.[21] Lediglich im Innenverhältnis sind diese Organe gehalten, nur die Eintragung zu betreiben und allein die hierzu notwendigen Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Dies folgt aus dem für die Gründer mit der Unterbilanzhaftung verbundenen Risiko. Nur wenn die Gründer ausnahmslos zustimmen, ist das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan auch im Innenverhältnis berechtigt, Handlungen vorzunehmen, die über das Betreiben der Handelsregistereintragung und damit unmittelbar zusammenhängender Geschäfte hinausgehen. Überschreiten die Organe ihre im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen, haften sie gegenüber der Gesellschaft nach § 93 AktG, gegebenenfalls i. V. m. § 39 SEAG.

Anmerkungen

[1]

Vgl. Art. 16 Abs. 1 SE-VO, § 3 SEAG.

[2]

Art. 16 Abs. 2 SE-VO.

[3]

Vgl. bspw. Art. 12 Abs. 2, 3, Art. 33 Abs. 2, 3 SE-VO.

[4]

Ebenso Schäfer NZG 2004, 785, 790 f.; Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 16 SE-VO Rn. 6 ff.; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 SE-VO Rn. 21; MünchKomm AktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 4 f.; abw. El Mahi S. 35. Ausführlich zur Vor-SE auch Casper Der Konzern 2007, 244.

[5]

Vgl. auch Schindler 3.1.2.2; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 SE-VO Rn. 30 ff.; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 SE-VO Rn. 2 ff.

[6]

Art. 2 Abs. 1, 17 Abs. 2 b SE-VO.

[7]

Einzelheiten s. o. Rn. 36 f., 82.

[8]

So auch für die entspr. Konstellation nach deutschem Verschmelzungsrecht Lutter/Drygala UmwG, § 4 Rn. 24.

[9]

Art. 2 Abs. 3 SE-VO.

[10]

Art. 3 Abs. 2 SE-VO; auch im Fall einer Einmanngründung ist von dem Entstehen einer Vorgesellschaft auszugehen, vgl. MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 79; a. A. Hüffer § 41 Rn. 17a ff. m. w. N.

[11]

Art. 2 Abs. 2 SE-VO.

[12]

Zu dem missverständlichen Wortlaut des Art. 33 Abs. 1 SE-VO („Mitteilung, ob eine Einbringung beabsichtigt ist“) vgl. oben Rn. 170.

[13]

Es ist allerdings zweifelhaft, wer die ersten Gesellschafter der Vor-SE sind. Sachgerecht ist es, die Gründungsgesellschaften als erste Gesellschafter der Vor-SE einzuordnen, denn den Gesellschaftern der Gründungsgesellschaften fehlt bis zur Einbringung jeder Bezug zur Vor-SE.

[14]

Art. 2 Abs. 4 SE-VO.

[15]

Art. 2 Abs. 1, 17 Abs. 2 a SE-VO.

[16]

Art. 29 Abs. 1 d SE-VO bzw. Art. 37 Abs. 2 SE-VO.

[17]

Ebenso Schäfer NZG 2004, 785, 789 f; Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 16 SE-VO Rn. 12; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 SE-VO Rn. 27; ähnlich Kersting DB 2001, 2079, 2084, der aber einen konstruktiv anderen Weg beschreitet.

[18]

Vgl. zur Vor-GmbH bspw. BGHZ 21, 242, 246.

[19]

BGHZ 80, 129, 132, der sehr anschaulich formuliert, dass Vorgesellschaften jeweils „auf die künftige juristische Person hin angelegte Rechtsgebilde“ sind; vgl. auch Kersting DB 2001, 2079, 2082, der zutr. darauf hinweist, dass die Qualifikation der Vor-SE vom nationalen Recht abhängig ist; ebenso Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 16 SE-VO Rn. 6 f.

[20]

Zur Einmanngründung einer deutschen AG vgl. MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 79; a. A. Hüffer § 41 Rn. 17a ff. m. w. N.

[21]

Zur AG vgl. BGH ZIP 1981, 394; zur Entwicklung der Vorgesellschaften vgl. Beuthien ZIP 1996, 305, 306.

3 › VI. Haftung

VI. Haftung

3 › VI › 1. Haftung vor Eintragung der SE

1. Haftung vor Eintragung der SE

1.1 Haftung der Vor-SE

318

Nimmt die Vor-SE bereits vor der Eintragung den werbenden Betrieb auf, wird sie regelmäßig auch Verbindlichkeiten begründen. Für solche haftet die Vor-SE[1] bis zu ihrer Eintragung. Die Gesellschafter haften nicht unmittelbar gegenüber den Gläubigern der Vor-SE.[2]

1.2 Handelndenhaftung nach Art. 16 Abs. 2 SE-VO

319

Neben der Haftung der Vor-SE trifft die Handelnden eine selbstschuldnerische und akzessorische Haftung. Die Gläubiger sind demzufolge nicht verpflichtet, sich zunächst an die Vor-SE zu halten und erst danach die Handelnden in Anspruch zu nehmen.[3]

320

Die Handelndenhaftung betrifft in erster Linie den Vorstand bzw. die geschäftsführenden Direktoren und den Verwaltungsrat der Vor-SE. Soweit sich diese anderer Personen bedienen und daher nicht unmittelbar selbst handeln, befreit sie dies nicht von der Handelndenhaftung nach Art. 16 Abs. 2 SE-VO. Personen, die nicht dem Leitungsorgan der Vor-SE angehören, haften nur dann, wenn sie sich als dessen Mitglied ausgeben und die Gesellschaft durch diese Handlungen rechtlich gebunden wird.[4] Andere Personen haften nicht nach Art. 16 Abs. 2 SE-VO.

321

Es ist zuweilen versucht worden, über die Handelndenhaftung eine unmittelbare Außenhaftung der Gesellschafter zu begründen.[5] Eine solche Haftung ist bereits mit dem Wortlaut von Art. 16 Abs. 2 SE-VO nicht in Einklang zu bringen. Diese Vorschrift setzt voraus, dass Handelnde diejenigen Personen sind, die die haftungsbegründenden „Rechtshandlungen vorgenommen haben“. Die Gesellschafter der SE sind aber gar nicht berechtigt, die Vor-SE zu vertreten, und können diese daher gar nicht wirksam verpflichten; auch die Vertretung der Vor-SE obliegt dem Vorstand bzw. den geschäftsführenden Direktoren. Selbst eine etwaige Zustimmung der Gesellschafter der Vor-SE zur Geschäftsaufnahme kann nicht als Vornehmen von Rechtshandlungen verstanden werden, die zur Begründung von Verbindlichkeiten geführt haben, da die Zustimmung zur Geschäftsaufnahme für sich genommen noch keine Verbindlichkeiten begründet. Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck dieser Vorschrift für ein solches Verständnis. Der Vertragspartner der Vor-SE soll sich nicht allein mit dem Anspruch gegen die Vor-SE begnügen müssen, sondern auch denjenigen zur Haftung heranziehen können, der den Vertrag für die Vor-SE abgeschlossen hat. Der Vertragspartner wird in aller Regel nicht im Vertrauen auf die Gesellschafter der Vor-SE einen Vertrag abschließen; über die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises ist er oftmals nicht einmal informiert.

322

Die Haftung nach Art. 16 Abs. 2 SE-VO erstreckt sich auf sämtliche vertraglich begründeten Ansprüche und umfasst auch vertragliche Schadensersatzansprüche, etwa aus § 280 BGB.

323

Die Handelndenhaftung erlischt in dem Moment, in dem die Vor-SE eingetragen wird. Denn zu diesem Zeitpunkt gehen die Forderungen und Verbindlichkeiten automatisch auf die SE über.[6] Aus diesem Grund hat die Handelndenhaftung vor allem in den Fällen Bedeutung, in denen die Vor-SE letztlich nicht eingetragen wird.

3 › VI › 2. Haftung der SE nach Eintragung

2. Haftung der SE nach Eintragung

324

Der Wortlaut des Art. 16 Abs. 2 SE-VO scheint vorzuschreiben, dass die Handelndenhaftung durch eine Haftung seitens der SE nur abgelöst wird, wenn die SE die Verbindlichkeiten der Vor-SE ausdrücklich übernimmt. Diese Vorschrift, die sich in ähnlicher Form in Art. 7 der Publizitätsrichtlinie und in Art. 9 Abs. 2 der EWIV-VO[7] findet, legt die Vermutung nahe, dass die Verbindlichkeiten der Vor-SE die SE grundsätzlich nicht binden. Dieses Verständnis ginge indessen fehl. Entsteht die SE durch Eintragung, haftet diese für die Verbindlichkeiten, die während der Gründungsphase eingegangen wurden.[8] Die SE kann also nicht entscheiden, ob sie die Verbindlichkeiten übernimmt, sondern haftet mit der Eintragung automatisch.[9] Dieses Ergebnis folgt aus Art. 15 Abs. 1 SE-VO, der vorbehaltlich der Regelungen der SE-VO das nationale Aktienrecht für anwendbar erklärt. Da die SE-VO nicht vorschreibt, unter welchen Voraussetzungen ein Übergang der Forderungen auf die SE stattfindet, ist diese Rechtsfrage nach nationalem Recht zu beantworten, sodass die SE automatisch in die Verbindlichkeiten der Vor-SE eintritt. Da mit der Übernahme der Verbindlichkeiten auch die Handelndenhaftung erlischt, würde ein anderes Verständnis im Übrigen dazu führen, dass die Haftung der Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane in das Belieben der SE gestellt würde und damit die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane[10] letztlich darüber zu entscheiden hätten, ob sie persönlich oder die SE für die vor Eintragung eingegangenen Verbindlichkeiten haften sollen.[11] Zudem ist ein solches – früher zu § 41 Abs. 2 AktG vertretenes – Verständnis[12] nicht mit dem Recht der Vorgesellschaft in seinem heutigen Entwicklungsstand vereinbar.[13]

 

3 › VI › 3. Unterbilanz- und Verlustdeckungshaftung

3. Unterbilanz- und Verlustdeckungshaftung

3.1 Bedürfnis einer Unterbilanzhaftung

325

Eine im Wege der Unterbilanzhaftung[14] auszugleichende Differenz zwischen dem Grundkapital der SE und deren tatsächlichem Wert kann bei der Gründung einer SE auf zwei Ursachen beruhen. Zum einen kann sich eine solche Differenz deshalb ergeben, weil der Wert der in die SE eingebrachten Gegenstände[15] hinter dem bilanzierten Wert zurückbleibt, und zum anderen, weil die Vor-SE bereits vor ihrer Eintragung Verbindlichkeiten begründet, die dann automatisch auf die SE übergehen. Differenziert man nach der Art der SE-Gründung, kommen beide Ursachen kumulativ nur bei der SE-Gründung im Wege der Verschmelzung durch Neugründung, bei der Gründung einer Holding-SE sowie bei der Sachgründung einer Tochter-SE oder SE-Tochtergesellschaft in Betracht. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme und bei der Umwandlung kann sich eine solche Differenz nur daraus ergeben, dass die eingebrachten Gegenstände, also insbesondere die eingebrachten AG, hinter dem bilanzierten Wert zurückbleiben, da diese Gründungsformen nicht zum Entstehen einer Vor-SE führen.[16] Bei der Bargründung einer Tochter-SE oder SE-Tochtergesellschaft wiederum kommt eine Differenz nur wegen der Verluste der Vor-SE in Frage, denn es kann sich keine Differenz zwischen eingebrachten Barmitteln und bilanziertem Wert ergeben.

3.2 Unterbilanzhaftung wegen nicht werthaltiger Sacheinlage

326

Das Bedürfnis nach einer Sicherung der Kapitalaufbringung steht außer Zweifel, zumal für Dritte nicht ohne weiteres ersichtlich ist, ob die Ausstattung der SE mit Grundkapital durch Barmittel oder Sachmittel erfolgt ist. Gleichwohl lässt sich ein lückenloser Schutz nicht gewährleisten.[17] Soweit es um die Differenz zwischen eingebrachten Gegenständen und deren bilanziellem Wert geht, beschränkt sich der Schutz im Wesentlichen auf die registergerichtliche Kontrolle, welche sich hauptsächlich auf den Prüfungsbericht der externen Prüfer[18] stützt. Da das Registergericht die SE gem. Art. 15 SE-VO, § 38 Abs. 2 S. 2 AktG nicht eintragen wird, wenn es der Ansicht sein sollte, dass der Wert der Sacheinlagen nicht nur unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt, wird gegebenenfalls noch ein Gutachten nachgefordert. Hierzu ist das Gericht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 26 FamFG) berechtigt.

327

Kommt es trotz der Präventivkontrolle zu einer Wertdifferenz, kommt nur teilweise ein Anspruch der SE in Betracht. Im Einzelnen ist wie folgt zu differenzieren: