Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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2.2.4 Einbringungsverfahren

168

Nach erfolgter Zustimmung zum Gründungsplan können die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften ihre Gesellschaftsanteile in zwei Stufen in die zu gründende Holding-SE einbringen. Zunächst steht allen Gesellschaftern der Gründungsgesellschaften eine Einbringungsfrist von drei Monaten zur Verfügung, ihre Gesellschaftsanteile in die zu gründende Holding-SE einzubringen. Wenn danach feststeht, dass die Gründungsvoraussetzungen erfüllt sind, steht den Gesellschaftern, die sich bis dahin nicht an dem Anteilstausch beteiligt haben, eine weitere Nachfrist von einem Monat zur Verfügung.

2.2.4.1 Einbringung der Aktien bzw. Geschäftsanteile

169

Mangels konkretisierender Regelungen in der SE-VO richtet sich die Einbringung der Aktien bzw. Geschäftsanteile nach dem jeweils einschlägigen nationalen Recht der Gründungsgesellschaften. Ergänzend gelten über Art. 15 Abs. 1 SE-VO die nationalen aktienrechtlichen Vorschriften über die Sachgründung.

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Aus Art. 33 Abs. 2 SE-VO ergibt sich, dass zur Wirksamkeit der Holdinggründung – entgegen dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 1 SE-VO – die bloße Mitteilung der Einbringungsabsicht nicht genügt, sondern die Gesellschaftsanteile an den Gründungsgesellschaften tatsächlich eingebracht werden müssen, der Einbringungsvertrag also auch das dingliche Übertragungsgeschäft beinhalten muss.[288] Die tauschwilligen Gesellschafter der Gründungsgesellschaften müssen deshalb mit der in Gründung befindlichen Holding-SE – also der durch ihre Organe vertretenen Vor-SE – Einbringungsverträge über die von ihnen umzutauschenden Gesellschaftsanteile schließen, die die Abtretung der Aktien bzw. Geschäftsanteile zum Gegenstand haben. Da die Gründung der Holding-SE nur möglich ist, wenn die Mindesteinbringungsquoten erreicht werden, ist es empfehlenswert, die Einbringungsverträge unter die aufschiebende Bedingung des Erreichens sämtlicher Mindesteinbringungsquoten[289] zu stellen.

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Welchen Formvorschriften diese Einbringungsverträge unterliegen, richtet sich nach dem jeweils für die einzelnen Gründungsgesellschaften anwendbaren nationalen Recht. Soweit es sich bei einer der Gründungsgesellschaften um eine deutsche GmbH handelt, ist § 15 Abs. 3, 4 GmbHG zu beachten, grundsätzlich also notarielle Beurkundung erforderlich.[290] Die Abtretung der Aktien einer deutschen AG ist grundsätzlich formfrei; da die Einbringung jedoch im Rahmen des Eintragungsverfahrens nachgewiesen werden muss, empfiehlt sich zumindest einfache Schriftform.

2.2.4.2 Übernahme der Aktien

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Nach deutschem Aktienrecht übernehmen die Gründer im Rahmen der Gründungsurkunde sämtliche Aktien.[291] Da im Falle der Gründung einer Holding-SE die Gründungsgesellschaften als Gründer die Gründungsurkunde errichten, die neuen Aktien der Holding-SE jedoch nicht durch sie, sondern durch ihre umtauschwilligen Gesellschafter übernommen werden, passt die Vorschrift des § 29 AktG für die Gründung einer Holding-SE nicht. Das deutsche Aktienrecht enthält insoweit für die Gründung der Holding-SE eine Regelungslücke. Diese ist durch eine analoge Anwendung des § 185 AktG zu schließen.[292] Diese Vorschrift betrifft eine vergleichbare Konstellation, da auch hier die Personen, die an dem Kapitalerhöhungsbeschluss als dem die aktienrechtliche Kapitalstruktur betreffenden Akt beteiligt sind, die Aktien unter bestimmten Umständen nicht selbst übernehmen. Demzufolge haben sämtliche Gesellschafter, die ihre Gesellschaftsanteile in SE-Aktien tauschen möchten, neben dem Einbringungsvertrag die Übernahme der neuen Aktien durch Unterzeichnung eines Zeichnungsscheins zu erklären, der den Anforderungen des § 185 Abs. 1 AktG genügen muss.[293]

2.2.4.3 Einbringungsfrist

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Die Einbringungsfrist beträgt nach Art. 33 Abs. 1 SE-VO drei Monate und beginnt für jede Gründungsgesellschaft jeweils zu dem Zeitpunkt, in dem die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung dem Gründungsplan gem. Art. 32 Abs. 6 S. 1 SE-VO zugestimmt oder im Falle eines Vorbehalts gem. Art. 32 Abs. 6 S. 3 SE-VO die geschlossene Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung genehmigt hat.[294] Ein solcher separater Fristlauf ist gegenüber einem einheitlichen Fristbeginn für sämtliche Gründungsgesellschaften (in dem Zeitpunkt, in dem die letzte Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung dem Gründungsplan zustimmt) vorzugswürdig.[295] Mit dem „Zeitpunkt, zu dem der Gründungsplan für die SE gem. Artikel 32 endgültig festgelegt worden ist“, ist nicht zwingend der letzte Zustimmungsbeschluss gemeint, mit dem der Gründungsplan für sämtliche Gründungsgesellschaften bindend wird.[296] Die Umschreibung dient vielmehr dazu, neben der ursprünglich im Entwurf der SE-VO von 1991 für den Fristbeginn maßgeblichen „Zustimmung der Hauptversammlung zum Gründungsplan“ auch die erst später eingeführte Möglichkeit des Zustimmungsvorbehalts nach Art. 32 Abs. 6 S. 3 SE-VO zu erfassen.[297] Sowohl die Mitteilung nach Art. 33 Abs. 1 SE-VO[298] als auch der Zustimmungsbeschluss nach Art. 32 Abs. 6 SE-VO vollziehen sich noch innerhalb der jeweiligen Gründungsgesellschaft. Daher wäre bei einem einheitlichen Fristbeginn bereits fraglich, wie sichergestellt werden kann, dass die übrigen Gründungsgesellschaften bzw. deren Anteilsinhaber von den Zustimmungsbeschlüssen der anderen Gründungsgesellschaften, insbesondere von dem zuletzt gefassten Beschluss, rechtzeitig, d.h. ohne eine damit verbundene faktische Verkürzung der dreimonatigen Frist, erfahren. Gegen einen separaten Fristlauf kann auch nicht eingewendet werden, dass erst mit dem letzten Zustimmungsbeschluss geklärt sei, ob die Einbringungsphase überhaupt stattfinde bzw. die Gründung zustande komme, und ein früherer Fristlauf damit keinen Sinn ergebe.[299] Denn ex post betrachtet sind letztlich sämtliche der für die Holdinggründung vorgesehenen Verfahrensschritte nur dann sinnvoll gewesen, wenn die Gründung tatsächlich zustande gekommen ist.

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Innerhalb dieser Frist von drei Monaten haben die umtauschwilligen Gesellschafter die Einbringungsverträge abzuschließen und die Übernahme der SE-Aktien mittels Zeichnungsschein zu erklären. Art. 33 Abs. 1 S. 1 SE-VO verlangt seinem Wortlaut nach zwar nur, dass die umtauschwilligen Gesellschafter innerhalb der Frist ihre entsprechende Absicht mitteilen. Aus Art. 33 Abs. 2 SE-VO ergibt sich jedoch, dass die Gesellschafter ihre Anteile innerhalb der Frist tatsächlich eingebracht haben müssen und die Formulierung in Art. 33 Abs. 1 S. 1 SE-VO demnach ein Redaktionsversehen darstellt.[300]

2.2.4.4 Erreichen der Mindesteinbringungsquoten

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Nach Art. 33 Abs. 2 SE-VO setzt die Gründung der SE voraus, dass für jede Gründungsgesellschaft die im Gründungsplan festgelegte Mindesteinbringungsquote erreicht wird. Über Art. 32 Abs. 2 S. 4 SE-VO wird dadurch sichergestellt, dass die Holding-SE nur entstehen kann, wenn sämtliche Gründungsgesellschaften zu abhängigen Tochtergesellschaften der Holding-SE werden.

2.2.4.5 Offenlegung durch die Gründungsgesellschaften

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Nach Art. 33 Abs. 3 S. 1 SE-VO hat jede Gründungsgesellschaft die Tatsache, dass alle Bedingungen für die Gründung der Holding-SE erfüllt sind, gem. den nach Art. 3 der Publizitätsrichtlinie erlassenen Vorschriften ihres jeweiligen nationalen Rechts offen zu legen. Voraussetzung für diese Offenlegungspflicht ist also zum einen das Erreichen der Mindesteinbringungsquoten und zum anderen das Vorliegen der übrigen Bedingungen.[301] Bei diesen übrigen Bedingungen handelt es sich um die Aufstellung eines gleichlautenden Gründungsplans, das Vorliegen eines Holdingprüfungsberichts, die Offenlegung des Gründungsplans, die Erfüllung der Voraussetzungen hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer gem. Art. 12 Abs. 2 SE-VO[302] und die Zustimmung zum Gründungsplan gem. Art. 32 Abs. 6 SE-VO. Soweit deutsche Gründungsgesellschaften beteiligt sind, ist die Tatsachenmitteilung i. S. d. Art. 33 Abs. 3 S. 1 SE-VO dem zuständigen Handelsregister zur Hinterlegung einzureichen. Das Registergericht muss daraufhin im elektronischen Bundesanzeiger[303] einen Hinweis darauf bekannt machen, dass diese Mitteilung eingereicht worden ist.

2.2.4.6 Nachfrist

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Nach Art. 33 Abs. 3 S. 2 SE-VO haben die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften, die sich innerhalb der Einbringungsfrist des Art. 33 Abs. 1 SE-VO noch nicht entschließen konnten, innerhalb einer weiteren Frist von einem Monat die Gelegenheit, ihre Anteile doch noch in SE-Aktien zu tauschen.[304] Diese Nachfrist von einem Monat beginnt mit der vorgenannten Bekanntmachung.[305]

178

Um von ihrem Recht Gebrauch zu machen, müssen die nunmehr umtauschwilligen Gesellschafter innerhalb der Monatsfrist mit der zu gründenden Holding-SE einen Einbringungsvertrag über ihre Anteile an der betreffenden Gründungsgesellschaft schließen und die Übernahme der Aktien durch Zeichnungsschein erklären.

 

2.2.4.7 Endgültige Höhe des Grundkapitals

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Erst nach Ablauf der Nachfrist steht die endgültige Höhe des Grundkapitals fest.[306]

2.2.5 Gründungsbericht

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Bei der Gründung einer Holding-SE handelt es sich um eine Sachgründung. Über Art. 15 Abs. 1 SE-VO sind daher die nationalen Vorschriften über Sachgründungen von AG, insbesondere die Regelungen der §§ 32 ff. AktG zu Gründungsbericht, Gründungsprüfung und Gründungsprüfungsbericht, zu beachten. Anders als bei der Verschmelzung und Umwandlung sind ein Gründungsbericht nach § 32 AktG und eine Gründungsprüfung durch externe Gründungsprüfer gem. § 33 Abs. 2 AktG trotz Holdingbericht und Holdingprüfung nicht entbehrlich. § 75 Abs. 2 UmwG ist weder direkt (mangels Verschmelzung) noch analog anwendbar. § 75 Abs. 2 UmwG liegt der Gedanke zugrunde, dass Gründungsbericht und externe Gründungsprüfung bei übertragenden Kapitalgesellschaften entbehrlich sind, weil die Kapitalaufbringung und -erhaltung aufgrund der Kapitalerhaltungsvorschriften gesichert ist.[307] Dieser Gedanke trifft für die Holdinggründung nicht ohne weiteres zu. Während bei der Verschmelzung die Gründungsgesellschaften ihr Vermögen einbringen, besteht der Einbringungsgegenstand bei der Holdinggründung in den Anteilen der Anteilsinhaber an den Gründungsgesellschaften. Die Bewertung des Umtauschverhältnisses dieser Anteile am Maßstab ihres Verkehrswerts im Rahmen der Holdingprüfung stimmt nicht zwingend mit der bilanziellen Bewertung im Rahmen des aktienrechtlichen Kapitalschutzes überein. Hinzu kommt, dass Gründungsbericht und externe Gründungsprüfung dem Gläubigerschutz, Holdingbericht und Holdingprüfung jedoch nur der Information der Anteilsinhaber dienen. Im Ergebnis muss daher eine analoge Anwendung des § 75 Abs. 2 UmwG mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte ausscheiden. Ein Gründungsbericht gem. § 32 AktG ist danach – wie auch eine externe Gründungsprüfung gem. § 33 Abs. 2 AktG – erforderlich.[308]

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Der Gründungsbericht ist von den Leitungs- bzw. Verwaltungsorganen der Gründungsgesellschaften zu erstatten und – aufgrund des Schriftformerfordernisses – von ihnen (in vertretungsberechtigter Zahl) zu unterzeichnen. Inhaltlich muss sich der Bericht mit dem Hergang der Gründung befassen. Er muss also Angaben zu den einzelnen Vorbereitungsschritten, insbesondere dem Gründungsplan, zu den Zustimmungsbeschlüssen der einzelnen Gründungsgesellschaften, zur Bestellung der Organe der Holding-SE und zum Tausch der Gesellschaftsanteile in SE-Aktien enthalten. Nach § 32 Abs. 2 S. 1 AktG ist im Gründungsbericht außerdem die Angemessenheit zwischen dem Wert der eingebrachten Gesellschaftsanteile und dem Umtauschverhältnis in SE-Aktien darzulegen. Soweit die Angaben nach § 32 Abs. 2 S. 2 AktG – wie in der Praxis regelmäßig – leer laufen, weil sie nicht erfüllt werden können, sind sie nicht erforderlich.[309] Schließlich muss der Gründungsbericht die in § 32 Abs. 3 AktG geforderten Informationen enthalten.[310] Darüber hinaus kann auf die Ausführungen im Rahmen der Gründung einer Tochter-SE verwiesen werden.[311]

2.2.6 Interne Gründungsprüfung

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Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 33 Abs. 1 AktG haben die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats den Hergang der Gründung zu prüfen. Für eine monistisch strukturierte Holding-SE ist die Prüfung durch den Verwaltungsrat vorzunehmen.[312] Der Umfang der Gründungsprüfung durch die Organmitglieder hat sich auf den Hergang – und damit alle tatsächlichen und rechtlichen Vorgänge[313] – der Gründung zu erstrecken und zusätzlich auf die in § 34 Abs. 1 AktG besonders hervorgehobenen Aspekte, soweit sie für die Gründung einer Holding-SE einschlägig sind.[314]

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Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 34 Abs. 2 AktG ist durch Vorstand und Aufsichtsrat bzw. durch den Verwaltungsrat ein schriftlicher Gründungsprüfungsbericht zu erstatten. Aus dem Schriftformerfordernis und der Gesamtzuständigkeit ergibt sich, dass der Gründungsprüfungsbericht persönlich durch sämtliche Mitglieder der verpflichteten Organe zu unterzeichnen ist. Der Bericht muss alle Umstände enthalten, die Gegenstand der Prüfung waren.[315]

2.2.7 Externe Gründungsprüfung

184

Eine externe Gründungsprüfung durch einen oder mehrere gerichtlich bestellte Gründungsprüfer gem. § 33 Abs. 2 AktG[316] ist neben dem Gründungsbericht aus den dort angestellten Erwägungen[317] ebenfalls erforderlich.[318] Eine Entbehrlichkeit folgt nicht aus § 75 Abs. 2 UmwG (analog). Anders als bei der Umwandlung besteht für die Holdinggründung auch keine dem Art. 37 Abs. 6 SE-VO entsprechende Regelung, nach der eine externe Gründungsprüfung obsolet sein könnte. Die fachlichen Bestellungsanforderungen an den Gründungsprüfer ergeben sich aus § 33 Abs. 4 AktG. Der Gründungsprüfer kann mit dem bestellten ersten Abschlussprüfer identisch sein.[319] Hinsichtlich des Umfangs entspricht die externe Gründungsprüfung der Gründungsprüfung durch die Organmitglieder.

185

Für den Gründungsprüfungsbericht der externen Gründungsprüfung gelten die Ausführungen zum Gründungsprüfungsbericht der Organmitglieder entsprechend.

2.2.8 Anmeldung der Gründung

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Soweit die SE ihren Sitz in Deutschland hat, richtet sich die Anmeldung der Gründung der Holding-SE nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO und §§ 3, 21 SEAG,[320] also nach den für die AG geltenden Vorschriften. Die Holding-SE ist von den Gründungsgesellschaften als Gründer sowie von allen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats[321] bzw. allen Mitgliedern des Verwaltungsrats und allen geschäftsführenden Direktoren[322] der neuen SE zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.[323] Eine rechtsgeschäftliche Vertretung bei der Anmeldung ist unzulässig.[324] In der Anmeldung ist zu erklären, in welchem Umfang die Anteile an den Gründungsgesellschaften eingebracht worden sind.[325] Außerdem sind die Versicherungen nach § 37 Abs. 2 AktG abzugeben. Zudem sind nach § 37 Abs. 3, 5 AktG, § 21 Abs. 2 SEAG mit der Anmeldung die Vorstandsmitglieder bzw. geschäftsführenden Direktoren mit ihrer jeweiligen Vertretungsbefugnis anzugeben. Nach § 37 Abs. 4 AktG sind die dort genannten Anlagen beizufügen, soweit sie für die Gründung einer Holding-SE einschlägig sind, insbesondere der Gründungsplan, die Holdingprüfungsberichte, die Niederschriften über die Gründungsbeschlüsse, die Einbringungsverträge, die Zeichnungsscheine,[326] der Gründungsbericht sowie die Gründungsprüfungsberichte der Organmitglieder und externen Prüfer. Außerdem ist im Hinblick auf Art. 12 Abs. 2 SE-VO ein Nachweis über die Vereinbarung der Arbeitnehmerbeteiligung vorzulegen oder, soweit keine Vereinbarung getroffen wurde, ein Nachweis, dass die Verhandlungen nicht aufgenommen bzw. abgebrochen wurden oder die Verhandlungsfrist abgelaufen ist. Schließlich haben die Vertretungsorgane der Holding-SE nach § 10 Abs. 2 SEAG zu erklären, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit der Zustimmungsbeschlüsse gem. Art. 32 Abs. 6 SE-VO nicht oder nicht fristgemäß erhoben oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist (Negativattest). Mangels entsprechender Regelung reicht hier – anders als bei der Verschmelzung – nicht die Vorlage von Verzichtserklärungen.[327] Aus denselben Gründen ist ein Unbedenklichkeitsverfahren wie in § 16 Abs. 3 UmwG nicht statthaft.[328]

2.2.9 Eintragung, Offenlegung, Bekanntmachung

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Erst wenn sämtliche Formalitäten gem. Art. 32 SE-VO und die Voraussetzungen der Mindesteinbringungsquoten gem. Art. 33 Abs. 2 SE-VO nachweislich erfüllt sind, kann die Holding-SE nach Art. 32 Abs. 5 SE-VO eingetragen werden. Darüber hinaus stellt Art. 12 Abs. 2 SE-VO noch einmal klar, dass die SE erst eingetragen werden kann, wenn eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gem. Art. 4 SE-RL geschlossen worden ist, ein Beschluss nach Art. 3 Abs. 6 SE-RL gefasst worden ist oder die Verhandlungsfrist nach Art. 5 SE-RL abgelaufen ist, ohne dass eine Vereinbarung zustande gekommen ist; auch dies ist also vom Registergericht zu prüfen.

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Die Eintragung der Holding-SE kann theoretisch schon vor Ablauf der Nachfrist gem. Art. 33 Abs. 3 S. 2 SE-VO betrieben werden. Dies ergibt sich daraus, dass Art. 33 Abs. 5 SE-VO als Eintragungsvoraussetzung nicht auf den Ablauf dieser Nachfrist, sondern lediglich auf das Erreichen der Mindesteinbringungsquoten innerhalb der Einbringungsfrist Bezug nimmt.[329]

189

Nach § 38 AktG hat im Falle einer deutschen Holding-SE das Registergericht zu prüfen, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. Das Registergericht prüft anhand der vorzulegenden Negativatteste[330] auch, ob die Zustimmungsbeschlüsse gem. Art. 32 Abs. 6 SE-VO endgültig Bestand haben. Ist dies alles der Fall, wird die Holding-SE nach Art. 12 Abs. 1 SE-VO i. V. m. §§ 14, 39 AktG, §§ 8 ff. HGB in das Handelsregister eingetragen, und zwar nach § 3 Abs. 3 HRV in Abteilung B. Mit Eintragung entsteht die Holding-SE.[331]

190

Nach Art. 13 SE-VO i. V. m. § 10 HGB ist die Eintragung der Holding-SE durch das Registergericht ihres Sitzes bekannt zu machen. Anschließend ist die Eintragung der SE nach Art. 14 Abs. 1 SE-VO mittels einer Bekanntmachung zu Informationszwecken im Amtsblatt der Europäischen Union[332] zu veröffentlichen; diese Bekanntmachung muss die Firma der SE, die Handelsregisternummer, Datum und Ort der Handelsregistereintragung, Datum, Ort und Titel der Veröffentlichung sowie den Sitz und den Geschäftszweig der SE enthalten.

2.3 Schutz der Minderheitsgesellschafter

191

Die Minderheitsgesellschafter der beteiligten deutschen Gründungsgesellschaften werden – abgesehen von den Mitwirkungsrechten bei den Zustimmungsbeschlüssen – zum einen durch die Möglichkeit eines Spruchverfahrens zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses und zum anderen durch ein Barabfindungsangebot im Gründungsplan, das ebenfalls durch ein Spruchverfahren überprüft werden kann, geschützt. Im Hinblick auf den supranationalen Charakter der Holdinggründung unterliegt die Anwendbarkeit dieser Verfahren allerdings gewissen Einschränkungen.

2.3.1 Verbesserung des Umtauschverhältnisses

192

§ 11 SEAG sieht ein Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses vor.[333] Über die Verweisung in § 11 Abs. 2 SEAG auf § 6 Abs. 1 SEAG findet auch bei der Holdinggründung die einschränkende Regelung des Art. 25 Abs. 3 SE-VO analoge Anwendung.[334] Danach ist dieses Verfahren nur dann anwendbar, wenn die übrigen Gründungsgesellschaften entweder in ihrem jeweiligen Sitzstaat ein entsprechendes Verfahren haben oder anderenfalls bei der Zustimmung zum Gründungsplan gem. Art. 32 Abs. 6 SE-VO durch ausdrücklichen Beschluss akzeptieren, dass die Gesellschafter der deutschen Gründungsgesellschaften auf dieses Verfahren zurückgreifen können.

193

Liegen die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO vor, kann nach §§ 6 Abs. 1, 11 Abs. 2 SEAG eine Klage gegen den Zustimmungsbeschluss einer deutschen Gründungsgesellschaft nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen ist. Ist das Umtauschverhältnis nicht angemessen, kann jeder Gesellschafter einer deutschen Gründungsgesellschaft nach § 11 Abs. 1 SEAG stattdessen von der Holding-SE einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen. Der Anspruch auf bare Zuzahlung wird jedoch entgegen der missverständlichen Gesetzesbegründung[335] nur solchen Gesellschaftern gewährt, die ihre Anteile in SE-Aktien umgetauscht haben.[336] Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Gesellschafter gegen den Gründungsplan gestimmt hat;[337] anderenfalls müssten die Gesellschafter dem Zustimmungsbeschluss widersprechen, obwohl sie lediglich das Umtauschverhältnis angreifen wollen, und es ergäbe sich außerdem ein Widerspruch zu der inter-omnes-Wirkung der Entscheidung im Spruchverfahren gem. § 13 S. 2 SpruchG. Aus Gläubigerschutzgesichtspunkten unterliegt der Anspruch auf bare Zuzahlung den Grenzen der Kapitalerhaltungsregeln.

 

194

Der Anspruch auf bare Zuzahlung ist gem. §§ 6 Abs. 3, 11 Abs. 2 SEAG nach Ablauf des Tages, an dem die Gründung der Holding-SE eingetragen und bekannt gemacht[338] worden ist, mit jährlich 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

195

Die Regelung in §§ 6 Abs. 4, 11 Abs. 2 SEAG stellt die Verbindung zwischen einem Anspruch auf bare Zuzahlung und der gerichtlichen Nachprüfung im Spruchverfahren her.[339] Macht ein Gesellschafter einer Gründungsgesellschaft unter den Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO einen Anspruch auf bare Zuzahlung geltend, erfolgt eine gerichtliche Bestimmung einer angemessenen baren Zuzahlung nach dem SpruchG. Zuständig für das Spruchverfahren ist nach § 2 Abs. 1 SpruchG das Landgericht, in dessen Bezirk die Gründungsgesellschaft ihren Sitz hat, deren Gesellschafter antragsberechtigt sind, im Falle mehrerer zuständiger Landgerichte dasjenige, das zuerst in der Sache tätig geworden ist.[340]

196

Um Doppelarbeit und sich widersprechende Entscheidungen deutscher und ausländischer Gerichte zu vermeiden, können nach §§ 6 Abs. 4 S. 2, 11 Abs. 2 SEAG auch Gesellschafter einer ausländischen Gründungsgesellschaft ein Spruchverfahren vor einem deutschen Gericht einleiten, wenn ihr nationales Recht ebenfalls ein derartiges Verfahren vorsieht und zudem die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts gegeben ist. Gesellschafter einer Gründungsgesellschaft in einem Mitgliedstaat, der ein Spruchverfahren nicht kennt, können sich an dem deutschen Spruchverfahren nicht direkt beteiligen. Um ihnen die Sorge vor dem deutschen Spruchverfahren zu nehmen und die Zustimmung nach Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO zu erleichtern, werden ihre wirtschaftlichen Interessen, die durch eine aus dem Vermögen der Holding-SE aufzubringende bare Zuzahlung betroffen sind, dadurch geschützt, dass sie nach § 6a SpruchG durch einen gemeinsamen Vertreter am Spruchverfahren beteiligt werden, der durch das Gericht auf Antrag bestellt wird.[341]

197

Im Umkehrschluss aus der Einschränkung in §§ 6 Abs. 1, 11 Abs. 2 SEAG folgt, dass in den Fällen, in denen die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO nicht vorliegen, die Möglichkeit der Anfechtungsklage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses erhalten bleibt. Stimmen also die Gesellschaften in Mitgliedstaaten, in denen kein Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses existiert, der Anerkennung des in Deutschland geltenden Spruchverfahrens nicht zu, können Anfechtungsklagen gegen den Zustimmungsbeschluss auch auf die Behauptung eines unangemessenen Umtauschverhältnisses gestützt werden.[342] Der Gründung einer Holding-SE droht in diesen Fällen das Damoklesschwert des Scheiterns, zumindest das Damoklesschwert „räuberischer Gesellschafter“.