Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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2.1.2.10 Barabfindungsangebot

145

Nach Art. 34 SE-VO kann jeder Mitgliedstaat hinsichtlich der seinem Recht unterliegenden Gründungsgesellschaften Vorschriften zum Schutz der die Gründung ablehnenden Minderheitsgesellschafter erlassen. Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit in § 9 SEAG Gebrauch gemacht: Danach hat jede deutsche Gründungsgesellschaft in der Rechtsform einer AG im Gründungsplan jedem ihrer Aktionäre, der gegen den Zustimmungsbeschluss zum Gründungsplan Widerspruch zur Niederschrift erklärt, den Erwerb seiner Aktien gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten, wenn die Holding-SE ihren Sitz im Ausland haben soll oder abhängig i. S. d. § 17 AktG ist.[227]

146

Soll die neue Holding-SE ihren Sitz in Deutschland haben und ist sie nicht abhängig, greift § 9 Abs. 1 SEAG nicht, sodass für die Gesellschafter der deutschen Gründungsgesellschaften ein Barabfindungsangebot entbehrlich ist. Soweit jedoch andere Mitgliedstaaten ähnliche Regelungen getroffen haben, ist denkbar, dass der Gründungsplan Barabfindungsangebote derjenigen Gründungsgesellschaften enthalten muss, die dem Recht dieser Mitgliedstaaten unterliegen.

2.1.3 Holdingprüfung

147

Nach Art. 32 Abs. 4 SE-VO ist der Gründungsplan für jede beteiligte Gründungsgesellschaft durch einen oder mehrere unabhängige Holdingprüfer zu prüfen. Die Holdingprüfung soll – wie die Verschmelzungsprüfung – sicherstellen, dass die Gesellschafter in Kenntnis der Wertverhältnisse der Gründungsgesellschaften über die Holdinggründung abstimmen und dass Benachteiligungen durch unzutreffende Umtauschverhältnisse von vornherein verhindert werden. Grundsätzlich ist die Holdingprüfung für jede Gründungsgesellschaft durchzuführen. Alternativ besteht jedoch auch die Möglichkeit einer gemeinsamen Holdingprüfung.[228] Fraglich ist, ob auf die Holdingprüfung – wie bei der Verschmelzung – durch beurkundete Verzichtserklärungen aller Gesellschafter verzichtet werden kann.[229] Sachliche Gründe, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Für die Praxis ist allerdings davon auszugehen, dass auf die Holdingprüfung nicht verzichtet werden kann, da dies weder in einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung noch in einem analogiefähigen unionsrechtlichen Grundsatz zugelassen ist. Auch bei einer Gründungsgesellschaft in Form der GmbH besteht die Erforderlichkeit einer Prüfung unabhängig von einem entsprechenden Verlangen eines Gesellschafters nach § 48 S. 1 UmwG (analog).[230]

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Die Holdingprüfer werden durch ein Gericht bzw. eine Verwaltungsbehörde – in Deutschland durch das Landgericht, in dessen Bezirk eine Gründungsgesellschaft ihren Sitz hat[231] – bestellt.[232] Nach Art. 32 Abs. 4 i. V. m. § 11 Abs. 1 UmwG, § 319 HGB sind als Holdingprüfer nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften befähigt.

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Prüfungsgegenstand ist der Gründungsplan und vor allem die Kontrolle der Umtauschverhältnisse und etwaiger Ausgleichszahlungen. Die Zweckmäßigkeit der Holdinggründung ist dagegen nicht Prüfungsgegenstand. Der Prüfungsauftrag erstreckt sich nach dem Wortlaut auch auf den Holdingbericht als Bestandteil des Gründungsplans.[233]

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Obwohl die SE-VO für die Holdinggründung dazu schweigt, sind die Holdingprüfer berechtigt, von jeder der Gründungsgesellschaften alle zweckdienlichen Auskünfte und Unterlagen zu verlangen und alle erforderlichen Nachprüfungen vorzunehmen. Dieses Auskunfts- und Informationsrecht ist dem Prüfungsauftrag immanent und korrespondiert mit den entsprechenden unionsrechtlich normierten Rechten bei der Verschmelzung.[234]

2.1.4 Holdingprüfungsbericht

151

Nach Art. 32 Abs. 4 SE-VO haben die Holdingprüfer einen schriftlichen Bericht über das Ergebnis der Prüfung (Holdingprüfungsbericht) zu erstatten. Im Falle einer gemeinsamen Holdingprüfung wird nach Art. 32 Abs. 4 S. 2 SE-VO ein gemeinsamer Holdingprüfungsbericht erstellt. Aus dem Schriftformerfordernis folgt, dass der Holdingprüfungsbericht von den Prüfern unterzeichnet werden muss. Der Holdingprüfungsbericht muss erläutern, ob der Gründungsplan entsprechend den gesetzlichen Anforderungen richtig und vollständig ist, und hat den in Art. 32 Abs. 5 SE-VO angegebenen Mindestinhalt zum Umtauschverhältnis aufzuweisen, der weitgehend § 12 Abs. 2 UmwG entspricht. Er ist den jeweiligen Leitungs- bzw. Verwaltungsorganen der Gründungsgesellschaften auszuhändigen. Entsprechend der Holdingprüfung kann auf den Holdingprüfungsbericht nicht verzichtet werden.

2.1.5 Offenlegung des Gründungplans

152

Gem. Art. 32 Abs. 3 SE-VO ist der Gründungsplan für jede Gründungsgesellschaft mindestens einen Monat vor deren jeweiliger Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung, die über die Gründung zu beschließen hat, nach den in Art. 3 der Publizitätsrichtlinie vorgesehenen nationalen Verfahrensregeln offen zu legen. Die beteiligten deutschen Gründungsgesellschaften haben daher den Gründungsplan – einschließlich des Holdingberichts[235] – bei ihrem Handelsregister zur Hinterlegung einzureichen. In Anlehnung an § 61 S. 1 UmwG ist die Einreichung eines Entwurfs des Gründungsplans ausreichend.[236] Das Registergericht muss daraufhin im elektronischen Bundesanzeiger[237] einen Hinweis darauf bekannt machen, dass der Gründungsplan hinterlegt wurde.[238]

2.1.6 Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SEBG

153

Nach § 4 Abs. 2 SEBG[239] haben die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane[240] der Gründungsgesellschaften, soweit sie selbst oder die künftige Holding-SE ihren Sitz in Deutschland haben,[241] unverzüglich nach Offenlegung des Gründungsplans[242] die Arbeitnehmervertretungen in ihren Gesellschaften, Tochtergesellschaften und Betrieben[243] über das Gründungsvorhaben zu informieren. Besteht keine Arbeitnehmervertretung, erfolgt diese Information gegenüber den Arbeitnehmern. Der Mindestinhalt der Information umfasst nach § 4 Abs. 3 SEBG:


die Identität und Struktur der Gründungsgesellschaften, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe und deren Verteilung auf die Mitgliedstaaten;
die in diesen Gesellschaften und Betrieben bestehenden Arbeitnehmervertretungen;
die Zahl der in diesen Gesellschaften und Betrieben jeweils beschäftigten Arbeitnehmer sowie die daraus zu errechnende Gesamtzahl der in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer;
die Zahl der Arbeitnehmer, denen Mitbestimmungsrechte in den Organen dieser Gesellschaften zustehen.

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Gleichzeitig sind die Arbeitnehmervertretungen bzw. Arbeitnehmer schriftlich aufzufordern, das besondere Verhandlungsgremium nach §§ 5 ff. SEBG zu bilden.[244] Ziel dieser Information und Aufforderung ist es, dessen Bildung möglichst kurzfristig vorzunehmen und zügig in die Verhandlungen zur Arbeitnehmerbeteiligung nach §§ 11 ff. SEBG einzutreten.[245] Neben der Verpflichtung nach § 4 Abs. 2 SEBG besteht keine Pflicht der Gründungsgesellschaften, den Gründungsplan ihrem jeweiligen Betriebsrat zuzuleiten; § 5 Abs. 3 UmwG ist weder unmittelbar noch mittelbar oder analog anwendbar, da angesichts der Tatsache, dass die Holding-Gründung lediglich zu einem Gesellschafterwechsel führt, ein vergleichbares Schutzbedürfnis nicht besteht.[246]

2.1.7 Einberufung und Vorbereitung der Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung

155

Zu der Frage der Einberufung und Vorbereitung der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlungen der Gründungsgesellschaften, die nach Art. 32 Abs. 6 SE-VO über die Zustimmung zum Gründungsplan zu beschließen haben, schweigt die SE-VO. Sie enthält hierzu weder Spezialregelungen noch eine dem Art. 18 SE-VO vergleichbare Verweisung in das nationale Recht der einzelnen Gründungsgesellschaften. Art. 15 SE-VO ist nicht einschlägig, da die Zustimmungsbeschlüsse der einzelnen Gründungsgesellschaften nicht unmittelbar mit der Gründung der SE gleichgesetzt werden können. Das gleiche gilt für Art. 9 SE-VO. Dass diese Regelungslücke zum Schutz des Informationsinteresses der Gesellschafter geschlossen werden muss, kann angesichts der Funktion von Gründungsplan und Holdingprüfungsbericht nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Aufgrund des supranationalen Charakters der Holdinggründung kann diese Regelungslücke nur auf der Ebene des Unionsrechts geschlossen werden. Diskutiert werden eine Analogie zu Art. 18 SE-VO[247] und eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des vereinheitlichten europäischen Gesellschaftsrechts, insbesondere des Art. 11 Abs. 1 der Verschmelzungsrichtlinie und des Art. 9 Abs. 1 der Spaltungsrichtlinie.[248] Beide Meinungen kommen zu demselben Ergebnis, nämlich für deutsche Gründungsgesellschaften jedenfalls in der Rechtsform der AG zu der entsprechenden Anwendung des § 63 UmwG. Jedoch widerspräche die entsprechende Anwendung der für die AG geltenden Vorschriften auch auf die GmbH der stärker personalistisch geprägten Struktur der GmbH, den für ihre Gesellschafterversammlung geltenden Einberufungsregeln und dem Schutzniveau ihrer Gesellschafter in der vergleichbaren Konstellation einer Verschmelzung. Die einheitliche Anwendung des Aktienrechts auf AG und GmbH ist auch aus unionsrechtlicher Sicht keineswegs zwingend. Sachgerecht ist vielmehr eine Analogie zu Art. 18 SE-VO, bei der allerdings berücksichtigt wird, dass diese Verweisungsnorm in ihrem direkten Anwendungsbereich nur für sich verschmelzende AG gilt und deshalb für die analoge Anwendung auf die GmbH als Verweisung in das nationale Recht der GmbH zu lesen ist.[249] Auf diese Weise ist auch ein Gleichlauf mit den übrigen jeweils einschlägigen nationalen Einberufungsregeln sichergestellt. Demzufolge ist zwischen AG und GmbH zu differenzieren.

 

2.1.7.1 AG

156

Im Falle deutscher Gründungsgesellschaften in der Rechtsform einer AG ist die Hauptversammlung durch den Vorstand einzuberufen, der darüber mit einfacher Mehrheit entscheidet.[250] Die Einberufung muss entgegen der 30-Tage-Frist des § 123 Abs. 1 S. 1 AktG wegen der für die Auslegung der Unterlagen (§ 63 UmwG) maßgeblichen Monatsfrist aus Art. 11 Abs. 1 der Verschmelzungsrichtlinie (RL 78/855/EWG, vgl. Art. 18 SE-VO) mindestens einen Monat vor dem Tag der Versammlung erfolgen[251] und ist in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen.[252] Sind die Aktionäre der Gesellschaft namentlich bekannt, kann die Einberufung mit eingeschriebenem Brief erfolgen, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt.[253] Bei der Einberufung ist gleichzeitig die Tagesordnung der Hauptversammlung in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen,[254] dies gilt auch für den wesentlichen Inhalt des Gründungsplans.[255] Handelt es sich aufgrund vollständiger Präsenz aller Aktionäre um eine Vollversammlung, ist diese von der Beachtung der vorstehenden formalen Vorschriften befreit, soweit kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht.[256]

157

Im Rahmen der Vorbereitung der Hauptversammlung ist darauf zu achten, dass die unionsrechtskonformen Grundsätze hinsichtlich der Vorabinformation der Aktionäre beachtet werden. Deshalb sind entsprechend § 63 Abs. 1 UmwG von der Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der AG zur Einsicht der Aktionäre der Gründungsplan einschließlich Holdingbericht, die Jahresabschlüsse und Lageberichte der Gründungsgesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre und die Holdingprüfungsberichte auszulegen. Jedem Aktionär ist auf Verlangen unverzüglich und kostenlos eine Abschrift der vorbezeichneten Unterlagen zu erteilen.[257]

2.1.7.2 GmbH

158

Soweit die deutschen Gründungsgesellschaften die Rechtsform einer GmbH haben, ist die Gesellschafterversammlung durch die Geschäftsführer einzuberufen,[258] wobei unabhängig von der konkreten Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung jeder einzelne Geschäftsführer einberufungsbefugt ist.[259] Die Einberufung erfolgt mit eingeschriebenem Brief, und zwar vorbehaltlich abweichender Satzungsregelungen mit einer Frist von mindestens einer Woche.[260] Bei der Einberufung ist gleichzeitig die Zustimmung zum Gründungsplan als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen.[261] Die Gesellschafterversammlung kann auch ohne Beachtung der formalen Vorschriften abgehalten werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend oder vertreten sind und keiner der Beschlussfassung widerspricht.[262]

159

Im Falle einer Gründungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH sind entsprechend § 47 UmwG der Gründungsplan einschließlich Holdingbericht und die Holdingprüfungsberichte[263] zusammen mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung – also auch per eingeschriebenem Brief – den Gesellschaftern zu übersenden.[264] Außerdem sind entsprechend § 49 Abs. 2 UmwG von der Einberufung an in den Geschäftsräumen der GmbH zur Einsicht der Gesellschafter die Jahresabschlüsse und Lageberichte der Gründungsgesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre auszulegen.[265] Hiervon kann jeder Gesellschafter auf seine Kosten Kopien fertigen.[266]

2.2 Gründungsphase

2.2.1 Durchführung der Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung

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Die SE-VO enthält keine Regelungen zur Durchführung der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung, die nach Art. 32 Abs. 6 SE-VO über die Zustimmung zum Gründungsplan beschließen soll. Grundsätzlich gilt zunächst das jeweilige nationale Gesellschaftsrecht, für deutsche Gründungsgesellschaften also das Aktienrecht bzw. das GmbH-Recht. Darüber hinaus ist es zum Schutz des Informationsinteresses der Gesellschafter sachgerecht, über Art. 18 SE-VO analog[267] ergänzend die Vorschriften der §§ 49 Abs. 3, 64 UmwG heranzuziehen. Im Falle einer Gründungsgesellschaft in der Rechtsform einer AG sind danach die Unterlagen, die schon vor der Hauptversammlung zur Einsicht der Aktionäre auszulegen sind,[268] auch während der Hauptversammlung zugänglich zu machen und hat der Vorstand den Gründungsplan zu Beginn der Verhandlung mündlich zusammenfassend zu erläutern und über jede wesentliche Veränderung des Vermögens der Gesellschaft zu unterrichten, die seit dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages oder der Aufstellung des Entwurfs eingetreten ist.[269] Für die Gesellschafterversammlung einer Gründungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH bestehen diese Anforderungen – im Hinblick auf die besonderen Auskunfts- und Einsichtsrechte der Gesellschafter nach § 51a GmbHG – nicht, wenngleich die Auslegung der Jahresabschlüsse und Lageberichte der Gründungsgesellschaften[270] und eine unaufgeforderte Erläuterung des Gründungsplans regelmäßig empfehlenswert sein dürfte.[271] Sowohl für die AG als auch für die GmbH erstreckt sich das Auskunftsrecht der Aktionäre bzw. Gesellschafter auf alle für die Holdinggründung wesentlichen Angelegenheiten auch der anderen Gründungsgesellschafter.[272]

2.2.2 Zustimmungsbeschluss zum Gründungsplan

161

Nach Art. 32 Abs. 6 SE-VO[273] hat dem Gründungsplan die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung jeder Gründungsgesellschaft zuzustimmen. Zum Mehrheitserfordernis für diesen Zustimmungsbeschluss schweigt die SE-VO. Für deutsche Gründungsgesellschaften bedarf er nach § 10 Abs. 1 SEAG einer Mehrheit, die bei einer AG mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals und bei einer GmbH mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst.[274] Sonderbeschlüsse hinsichtlich verschiedener Aktiengattungen gem. § 138 AktG sind nicht erforderlich. Einer sachlichen Rechtfertigung des Zustimmungsbeschlusses bedarf es ebenfalls nicht.[275]

162

Die SE-VO enthält keine besonderen Formvorschriften für den Zustimmungsbeschluss. Da auch das SEAG keine Beurkundungspflicht vorsieht, sind in Deutschland nur die Zustimmungsbeschlüsse von Gründungsgesellschaften in der Rechtsform der AG nach § 130 Abs. 1 AktG zu beurkunden.[276] Eine Analogie zu Art. 18 SE-VO i. V. m. § 13 Abs. 3 S. 1 UmwG mit der Folge, dass unabhängig von der Rechtsform sämtliche Zustimmungsbeschlüsse – also auch die einer GmbH – zu beurkunden sind, erscheint nicht zwingend, da die Holding-Gründung anders als die Verschmelzung keine Auswirkungen auf die Verfassung der Gründungsgesellschaften hat.[277] Insoweit kann sich aber mangels ergangener Entscheidungen der Gerichte eine vorherige Abstimmung mit dem zuständigen Registergericht empfehlen.

163

Die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlungen der deutschen Gründungsgesellschaften müssen keinen Beschluss über die Anerkennung etwaiger Spruchstellenverfahren in anderen Mitgliedstaaten fassen, da ein derartiges Spruchverfahren in Deutschland besteht.[278]

164

Im Hinblick darauf, dass die Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bzw. Verwaltungsrats und damit die Bestellungsbeschlüsse haben kann, wird es häufig empfehlenswert sein, die Zustimmungsbeschlüsse erst zu einem Zeitpunkt zu fassen, zu dem die Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer nach § 13 Abs. 1 SEBG bereits abgeschlossen ist. Liegt zum Zeitpunkt der Zustimmungsbeschlüsse diese Vereinbarung noch nicht vor, kann sich nach Art. 32 Abs. 6 S. 3 SE-VO die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung jeder Gründungsgesellschaft das Recht vorbehalten, die Eintragung der SE davon abhängig zu machen, dass die geschlossene Vereinbarung von ihr ausdrücklich genehmigt wird.[279] Da für den Genehmigungsbeschluss eine neue Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung erforderlich ist, würde ein solcher Zustimmungsvorbehalt das Gründungsverfahren erheblich verzögern. Im Falle einer AG kann die Genehmigungskompetenz dennoch nicht alternativ auf den Aufsichtsrat verlagert werden, um den Prozess zu beschleunigen, weil die SE-VO eine solche Delegation nicht vorsieht und darin eine mit der Organisationsstruktur der AG unvereinbare Selbstbeschränkung der Hauptversammlung läge.[280] Demgegenüber wird man dies im Falle einer GmbH mit Aufsichtsrat für zulässig halten müssen, da hier grundsätzlich die Gesellschafterversammlung frei ist, der Geschäftsführung einen entsprechenden Genehmigungsvorbehalt aufzuerlegen.

2.2.3 Bestellung der Organmitglieder und des Abschlussprüfers

165

Da die Holding-SE neu gegründet wird, sind die Mitglieder des ersten Aufsichtsrats der dualistisch strukturierten SE bzw. des ersten Verwaltungsrats der monistisch strukturierten SE zu bestellen. Den ersten Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat haben nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 30 Abs. 1 AktG[281] die Gründer, im Falle der Holding-SE also die Gründungsgesellschaften, zu bestellen. Nach Art. 40 Abs. 2 S. 2, 43 Abs. 3 S. 2 SE-VO können sie diese Bestellung durch die Satzung vornehmen; in diesem Zusammenhang kann hiermit nur die Gründungsurkunde,[282] d.h. der Gründungsplan, gemeint sein. Ein gesonderter Bestellungsbeschluss durch die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften ist demzufolge nicht erforderlich. Dem Beurkundungserfordernis des § 30 Abs. 1 S. 2 AktG[283] wird durch die Beurkundung des Gründungsplans Rechnung getragen.[284] Die Vorschriften der §§ 30 Abs. 3, 31 AktG finden auf die SE keine – auch keine entsprechende – Anwendung.[285] Soweit zum Zeitpunkt der Zustimmungsbeschlüsse die Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung noch nicht abgeschlossen sind, wird der erste Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat konsequenterweise noch ohne Arbeitnehmervertreter in Übereinstimmung mit den satzungsmäßigen Vorgaben zusammengesetzt;[286] falls diese Verhandlungen ein Mitbestimmungsmodell zum Ergebnis haben, hat nach Eintragung der SE eine Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG bzw. § 25 Abs. 1 SEAG zu erfolgen und ist der Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat nach §§ 97 ff. AktG bzw. §§ 25 ff. SEAG – gegebenenfalls im Rahmen eines gerichtlichen Statusverfahrens – neu zu besetzen. Soweit zum Zeitpunkt der Zustimmungsbeschlüsse die Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung bereits abgeschlossen sind, kann schon der erste Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat entsprechend dem Verhandlungsergebnis zusammengesetzt werden, wobei die Arbeitnehmervertreter erst nach Eintragung der SE hinzu gewählt werden.[287]

166

Anschließend hat im dualistischen System der Aufsichtsrat die ersten Mitglieder des Vorstands nach Art. 39 Abs. 2 SE-VO zu bestellen, im monistischen System der Verwaltungsrat die ersten geschäftsführenden Direktoren nach § 40 Abs. 1 SEAG.

 

167

Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 30 Abs. 1 AktG erfolgt die Bestellung des ersten Abschlussprüfers durch die Gründer der Holding-SE, also die Gründungsgesellschaften. Die Bestellung hat in notarieller Form zu erfolgen. Empfehlenswert ist die Bestellung im Gründungsplan.