Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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1.4.2 Barabfindungsangebot

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Soll die SE ihren Sitz im Ausland haben, hat jede übertragende deutsche Gesellschaft nach § 7 Abs. 1 SEAG im Verschmelzungsplan bzw. seinem Entwurf jedem ihrer Aktionäre, der gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt, den Erwerb seiner Aktien gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten.[179] Dem Widerspruch zur Niederschrift stehen nach § 7 Abs. 1 S. 5 SEAG die in § 29 Abs. 2 UmwG genannten Fälle gleich. Anders als bei der baren Zuzahlung gem. § 6 SEAG können das Barabfindungsangebot also nur solche Aktionäre annehmen, die dem Verschmelzungsbeschluss selbst widersprochen haben; diese Einschränkung rechtfertigt sich daraus, dass ein Anspruch auf Barabfindung denknotwendig das Ausscheiden aus der Gesellschaft voraussetzt. Die Verpflichtung zur Barabfindung der Aktionäre der deutschen übertragenden Gesellschaften geht mit Wirksamwerden der Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die SE über.[180]

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Da das Ausscheiden gegen Barabfindung zur Übernahme von Aktien durch die SE führt, handelt es sich aus ihrer Sicht um einen Erwerb eigener Aktien. § 7 Abs. 1 S. 2 SEAG verweist deshalb – mit Einschränkungen – auf die entsprechenden Regelungen in §§ 71 ff. AktG. Der Erwerb eigener Aktien zum Zwecke der Abfindung ist nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG im Falle einer Verschmelzung nach deutschem Recht grundsätzlich zulässig; diese Vorschrift ist auf die Verschmelzungs-SE analog anzuwenden. Da sich der Erwerb eigener Aktien im Rahmen des § 71 Abs. 2 AktG halten muss, hat die Verschmelzung zu unterbleiben, wenn sich bereits vor Verschmelzungsbeschluss abzeichnet, dass diese Grenze nicht eingehalten werden kann.[181] Ein trotzdem gefasster Beschluss ist anfechtbar,[182] der Aktienerwerb ist jedoch in jedem Falle schuldrechtlich[183] und dinglich wirksam.[184]

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Die Barabfindung, die die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt des Verschmelzungsbeschlusses berücksichtigen muss, ist gem. § 7 Abs. 2 SEAG nach Ablauf des Tages, an dem die Verschmelzung im Sitzstaat der SE eingetragen und bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. Die Angemessenheit der anzubietenden Barabfindung ist nach § 7 Abs. 3 SEAG durch Verschmelzungsprüfer entsprechend §§ 10–12 UmwG zu prüfen, sofern die Berechtigten nicht auf die Prüfung oder den Prüfungsbericht in notariell beurkundeter Form verzichten.

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Die widersprechenden Aktionäre können nach § 7 Abs. 4 SEAG das Barabfindungsangebot nur binnen zwei Monaten nach Eintragung und Bekanntmachung der SE annehmen. Im Falle eines Spruchverfahrens läuft die Annahmefrist zwei Monate nach der Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger ab. Die Frist ist eine Ausschlussfrist. Das Barabfindungsangebot kann formlos angenommen werden. Die Übertragung der Aktien erfolgt Zug um Zug gegen Erhalt der Abfindung zwischen dem widersprechenden Aktionär und der SE. Möchte der Aktionär seine Aktien zwischen Fassung des Verschmelzungsbeschlusses und Ablauf der Annahmefrist anderweitig veräußern, setzt § 7 Abs. 6 SEAG etwaige Verfügungsbeschränkungen bei dem beteiligten Rechtsträger außer Kraft.

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§ 7 Abs. 7 SEAG stellt – wie § 6 Abs. 4 SEAG für die Verbesserung des Umtauschverhältnisses – die Verbindung zwischen dem Anspruch auf Barabfindung und einem Spruchverfahren zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung her. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist. Das Spruchverfahren richtet sich nach dem SpruchG. Zuständig für das Spruchverfahren ist nach § 2 Abs. 1 SpruchG das Landgericht, in dessen Bezirk der Rechtsträger seinen Sitz hat, dessen Aktionäre antragsberechtigt sind, im Falle mehrerer zuständiger Landgerichte dasjenige, das zuerst in der Sache tätig geworden ist.[185]

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Dieses Spruchverfahren zur Überprüfung der Abfindung von Minderheitsaktionären findet nach Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO – wie das Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses – nur dann Anwendung, wenn die übrigen sich verschmelzenden Gesellschaften entweder in ihrem jeweiligen Sitzstaat ein entsprechendes Verfahren haben oder anderenfalls bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan gem. Art. 23 Abs. 1 SE-VO durch ausdrücklichen Beschluss akzeptieren, dass die Aktionäre der beteiligten deutschen Gesellschaften auf dieses Verfahren zurückgreifen können; die Einleitung eines solchen Verfahrens hindert nicht die Ausstellung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung gem. Art. 25 Abs. 2 SE-VO, die allerdings einen Hinweis auf das anhängige Verfahren enthalten muss. In diesem Falle kann nach § 7 Abs. 5 SEAG eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses einer übertragenden Gesellschaft nicht darauf gestützt werden, dass das Barabfindungsangebot zu niedrig bemessen oder dass die Barabfindung im Verschmelzungsplan nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist.[186] Anderenfalls bleibt es bei der Anfechtungsmöglichkeit.[187]

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Nach § 7 Abs. 7 S. 3 SEAG können auch Aktionäre einer ausländischen Gründungsgesellschaft unter den Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO ein Spruchverfahren vor einem deutschen Gericht einleiten, wenn ihr nationales Recht ebenfalls ein derartiges Verfahren vorsieht und zudem die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts gegeben ist. Aktionäre einer übertragenden Gesellschaft in einem Mitgliedstaat, der ein Spruchverfahren nicht kennt, können sich an dem deutschen Spruchverfahren nicht direkt beteiligen. Ihre wirtschaftlichen Interessen, die durch eine aus dem Vermögen der SE aufzubringende erhöhte Barabfindung betroffen sind, werden dadurch geschützt, dass sie nach § 6a SpruchG durch einen gemeinsamen Vertreter am Spruchverfahren beteiligt werden, der durch das Gericht auf Antrag bestellt wird.

1.5 Gläubigerschutz

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Hat die SE ihren Sitz in Deutschland, werden die Gläubiger über Art. 24 Abs. 1 a SE-VO i. V. m. § 22 UmwG geschützt. Soweit sie nicht Befriedigung verlangen können, ist ihnen Sicherheit zu leisten, wenn sie ihren Anspruch binnen sechs Monaten nach Bekanntmachung der Durchführung der Verschmelzung i. S. d. Art. 28 SE-VO[188] nach Grund und Höhe schriftlich anmelden und glaubhaft machen, dass durch die Verschmelzung die Erfüllung ihrer Forderung gefährdet wird.

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Hat die SE ihren Sitz im Ausland, könnten die Gläubiger eines übertragenden deutschen Rechtsträgers nach § 22 UmwG ihren Anspruch auf Sicherheitsleistung nur im Ausland geltend machen; der nachgeordnete Gläubigerschutz des § 22 UmwG wird ihrem Schutzinteresse also nicht ausreichend gerecht.[189] § 8 S. 1 SEAG verweist für diese Fälle daher auf die Gläubigerschutzvorschriften bei der Sitzverlegung gem. § 13 Abs. 1, 2 SEAG.[190] Danach hat jeder übertragende deutsche Rechtsträger seinen Gläubigern Sicherheit zu leisten, wenn diese binnen zwei Monaten nach Offenlegung des Verschmelzungsplans ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich angemeldet haben, Befriedigung nicht verlangen können und glaubhaft machen, dass durch die Verschmelzung ins Ausland die Erfüllung ihrer Forderungen gefährdet wird. Das zuständige Registergericht stellt nach § 8 S. 2 SEAG in diesen Fällen die Rechtmäßigkeitsbescheinigung gem. Art. 25 Abs. 2 SE-VO nur aus, wenn die Vorstandsmitglieder der betreffenden übertragenden Gesellschaft die Versicherung abgeben, dass allen berechtigten Gläubigern eine angemessene Sicherheit geleistet wurde.[191] Damit wird der Zeitpunkt der Sicherheitsleistung vor das Wirksamwerden der Verschmelzung vorgezogen und ist die Sicherheitsleistung noch von dem jeweiligen übertragenden Rechtsträger zu erbringen. Problematisch ist insoweit, dass der erfolgreiche Vollzug der Verschmelzung möglicherweise durch Rechtsstreitigkeiten über die Angemessenheit der Sicherheitsleistung verzögert oder behindert wird. Jedenfalls muss mit der Anmeldung die Zweimonatsfrist abgewartet werden, selbst wenn im Einzelfall alle anderen Voraussetzungen schon erfüllt sind.

3 › III › 2. Holding-SE

2. Holding-SE

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Das Verfahren zur Gründung einer Holding-SE[192] ist in Art. 32 ff. SE-VO geregelt. Es handelt sich um ein Gründungsverfahren, das im deutschen Recht bisher nicht kodifiziert ist: Die die Gründung einer Holding-SE anstrebenden Gesellschaften (Gründungsgesellschaften) wollen sich einer gemeinsamen Holding unterstellen und veranlassen ihre jeweiligen Gesellschafter, sich an der Gründung der Holding-SE durch Anteilstausch zu beteiligen. Die SE wird dadurch zur Muttergesellschaft ihrer Gründungsgesellschaften, die unter ihrem Konzerndach als abhängige Gesellschaften fortbestehen.[193]

 

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Diskutiert wird die Frage, wer i. S. d. aktienrechtlichen Gründungsvorschriften Gründer der Holding-SE ist: die Gründungsgesellschaften oder deren Gesellschafter, die ihre Gesellschaftsanteile in SE-Aktien tauschen. Da die Gründungsgesellschaften durch ihre Gesellschafterversammlung als Gesamtorgan die Satzung zusammen mit dem Gründungsplan feststellen und von diesem Zustimmungsbeschluss die tatsächlich tauschwilligen Gesellschafter unabhängig sind, sind die Gründungsgesellschaften als Gründer i. S. d. § 28 AktG anzusehen.[194]

2.1 Vorbereitungsphase

2.1.1 Unternehmensbewertung

131

Zur Bestimmung der Umtauschverhältnisse, auf deren Basis die Gesellschafter der jeweiligen Gründungsgesellschaften ihre Gesellschaftsanteile in Aktien der neuen Holding-SE tauschen, ist eine Bewertung der Gründungsgesellschaften erforderlich. Diese Unternehmensbewertungen sind u. a. Gegenstand des Holdingberichts und der Holdingprüfung.[195]

2.1.2 Gründungsplan

132

Nach Art. 32 Abs. 2 SE-VO haben die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane der Gründungsgesellschaften[196] gemeinsam einen gleichlautenden Gründungsplan für die SE zu erstellen. Dieser Gründungsplan ist das Kernstück und die wesentliche Grundlage der Gründung.

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Fraglich ist, ob eine Beurkundung des Gründungsplans erforderlich ist. Hierzu schweigt die SE-VO. § 6 UmwG, der die Beurkundung eines Verschmelzungsvertrags vorschreibt, findet auf die vorliegende Konstellation keine Anwendung. Für den nicht in der SE-VO geregelten weiteren Verlauf der Gründung der Holding-SE ist nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO jeweils das nationale Sitzrecht über die Gründung einer AG maßgebend.[197] Soll die Holding-SE ihren Sitz in Deutschland haben, ist nach § 23 Abs. 1, 2 AktG nicht nur die Satzung selbst, die zum Mindestinhalt des Gründungsplans gehört,[198] sondern die gesamte Gründungsurkunde[199] beurkundungspflichtig. Die Reichweite dieser Beurkundungspflicht erstreckt sich daher auch auf den gesamten Gründungsplan.[200] Dies ist auch sachgerecht, da die Gründe für eine Beurkundung – Beweissicherung und Schutz der Anteilseigner durch materielle Richtigkeitsgewähr – für den Gründungsplan ebenso einschlägig sind wie für den Verschmelzungsplan.[201]

134

Nach Art. 20 Abs. 1, 32 Abs. 2 S. 3 SE-VO muss der Gründungsplan einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Trotz Fehlens einer Verweisung auf Art. 20 Abs. 2 SE-VO sind die Parteien berechtigt, darüber hinaus auch weitere Punkte im Gründungsplan zu regeln.[202] Bspw. ist es zweckmäßig, die Bestellung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats bzw. Verwaltungsrats nach Art. 40 Abs. 2 S. 2, 43 Abs. 3 S. 2 SE-VO sowie des ersten Abschlussprüfers in den Gründungsplan aufzunehmen.[203]

2.1.2.1 Holdingbericht

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Anders als der Verschmelzungsbericht ist der Holdingbericht der Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane nach Art. 32 Abs. 2 S. 2 SE-VO Bestandteil des Gründungsplans. Der Holdingbericht muss die Gründung aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht erläutern und begründen sowie darlegen, welche Auswirkungen der Übergang zur Rechtsform einer SE für die Aktionäre und für die Arbeitnehmer hat. Da die Gründungsgesellschaften einen gleichlautenden Gründungsplan aufstellen müssen, muss es sich im Ergebnis um einen gemeinsamen Holdingbericht handeln.[204] Dieser unterliegt damit zugleich dem notariellen Beurkundungserfordernis.[205]

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Die inhaltlichen Anforderungen an den Holdingbericht entsprechen denen an einen Verschmelzungsbericht. Er dient dem Zweck, die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften in die Lage zu versetzen, auf der Basis der wesentlichen Umstände eine Plausibilitätskontrolle hinsichtlich der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Holdinggründung vorzunehmen. Der Holdingbericht muss die wirtschaftliche Ausgangslage der Gründungsgesellschaften vor der Holdinggründung, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Holdinggründung sowie eine Abwägung der Vor- und Nachteile beinhalten; in diesem Zusammenhang ist auch die Arbeitnehmerbeteiligung in der Holding-SE darzustellen. Außerdem muss der Holdingbericht den Gründungsplan und die Ermittlung des Umtauschverhältnisses erläutern. Schließlich muss er Angaben dazu enthalten, welche Auswirkungen der Übergang auf die Rechtsform der SE für die Gesellschafter hat; hierher gehört auch ein Hinweis auf das für sie einschlägige Recht und auf diejenigen Satzungsregelungen, die entweder vom gesetzlichen Normalstatut abweichen oder – wie im Falle des dualistischen und monistischen Systems – einem Wahlrecht unterliegen.[206]

2.1.2.2 Firma und Sitz der beteiligten Rechtsträger

137

Der Gründungsplan hat die Firma und den Sitz der Gründungsgesellschaften sowie die für die Holding-SE vorgesehene Firma und ihren geplanten Sitz zu enthalten.[207] Für die vorgesehene Firma der in Deutschland zu errichtenden SE gilt über Art. 15 Abs. 1 SE-VO das deutsche Firmenrecht des HGB, wobei der Firma nach Art. 11 Abs. 1 SE-VO der Zusatz „SE“ voran- oder nachzustellen ist. Eine in Deutschland zu errichtende SE muss nach Art. 7 S. 1 SE-VO neben ihrem Satzungssitz auch ihren Hauptverwaltungssitz in Deutschland haben, allerdings infolge der Aufhebung des § 2 SEAG a. F. nicht mehr an demselben Ort.

2.1.2.3 Umtauschverhältnis, Ausgleichsbetrag

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Außerdem muss der Gründungsplan das Umtauschverhältnis für die SE-Aktien und gegebenenfalls die Höhe der Ausgleichsleistung ausweisen.[208] Wie bei der Verschmelzung wird die Höhe einer etwaigen Ausgleichsleistung durch bare Zuzahlungen bei der Gründung einer Holding-SE auf 10 % des auf die gewährten Aktien der Holding-SE entfallenden anteiligen Betrags des Grundkapitals begrenzt; dies ergibt sich – im Hinblick auf die wirtschaftlich vergleichbare Interessenlage – aus einer Analogie zu § 68 Abs. 3 UmwG, der mit Art. 3 Abs. 1 der Verschmelzungsrichtlinie in Einklang steht, also aus einer Analogie unionsrechtlicher Grundsätze.[209]

2.1.2.4 Übertragung der Aktien der SE

139

Der Gründungsplan hat Einzelheiten hinsichtlich der Übertragung der Aktien der SE zu enthalten.[210] Da die SE-VO dazu keine weiteren Details vorschreibt, obliegt es den Parteien, die Einzelheiten des Anteilstauschs im Gründungsplan festzulegen.[211] Dazu gehören Angaben über die Modalitäten des Erwerbs der neuen Aktien der SE gegen Einbringung der bestehenden Gesellschaftsanteile an den Gründungsgesellschaften, insbesondere also Erläuterungen zur Schaffung des erforderlichen Grundkapitals, zur Übernahme der Aktien mittels Zeichnungsscheins und zu den abzuschließenden Einbringungsverträgen.[212] Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 41 Abs. 4 AktG dürfen die neuen Aktien der SE allerdings erst nach deren Eintragung in das Handelsregister ausgegeben werden.

2.1.2.5 Gewährung von Sonderrechten

140

Der Gründungsplan hat sämtliche Rechte, welche die SE den mit Sonderrechten ausgestatteten Gesellschaftern der Gründungsgesellschaften und den Inhabern anderer Wertpapiere als Aktien gewährt, oder die für diese Personen vorgeschlagenen Maßnahmen anzugeben.[213] Dabei handelt es sich um jegliche gesellschaftsrechtlichen Sonderrechte oder sonstigen schuldrechtlichen Sondervorteile in vermögensrechtlicher oder mitverwaltungsrechtlicher Hinsicht, die an Gesellschafter einer Gründungsgesellschaft oder an Inhaber anderer besonderer Rechte[214] ausgegeben werden.

2.1.2.6 Gewährung von Sondervorteilen

141

Darüber hinaus muss der Gründungsplan auch jeden besonderen Vorteil ausweisen, der den Sachverständigen, die den Gründungsplan prüfen, oder den Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs-, Aufsichts- oder Kontrollorgane der Gründungsgesellschaften gewährt wird.[215] Damit sollen die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften in die Lage versetzt werden, die Objektivität der vorgenannten Personen überprüfen zu können.

2.1.2.7 Satzung der SE/Kapitalerhöhung

142

Als Kernstück enthält der Gründungsplan die Satzung[216] der neuen SE.[217] Bei der Gründung einer Holding-SE empfehlen sich im Hinblick auf die Umtauschrechte gem. Art. 33 Abs. 1, 3 S. 2 SE-VO flexible Regelungen zum Grundkapital, die sich aus einem festen Grundkapital[218] und einer Kapitalerhöhung[219] zusammensetzen. Damit kann der Unsicherheit über die endgültige Höhe des Grundkapitals begegnet werden, die sich daraus ergibt, dass bei Feststellung der Satzung die Zahl der umtauschwilligen Gesellschafter noch nicht feststeht.[220] Das feste Grundkapital sollte mit der Summe der Mindesteinbringungsquoten korrespondieren, da die Gründung nur bei Erreichen dieser Quoten und damit des korrespondierenden Grundkapitals erfolgreich, möglicherweise aber auch genau darauf begrenzt ist; im Hinblick auf Art. 4 Abs. 2 SE-VO sollte es mindestens 120 000 EUR betragen. Die Aktien, die für den Umtausch der übrigen über die Mindesteinbringungsquoten hinaus gehenden Gesellschaftsanteile benötigt werden, sollten im Rahmen einer Kapitalerhöhung geschaffen werden, die nicht einen Fixbetrag vorsieht, sondern einen variablen Erhöhungsbetrag mit Höchstgrenze.[221] Die festzulegende Zeichnungsfrist müsste in diesem Fall mit den Einbringungs- und Nachfristen des Art. 33 Abs. 1, 3 SE-VO korrespondieren.[222] Denkbar ist auch die Schaffung eines genehmigten oder bedingten Kapitals.[223]

2.1.2.8 Beteiligung der Arbeitnehmer

143

Der Gründungsplan hat Angaben zu dem Verfahren zu enthalten, nach dem die Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gem. der SE-RL geschlossen wird.[224] Da die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane der Gründungsgesellschaften die erforderlichen Schritte für die Aufnahme von Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern nach § 4 SEBG regelmäßig erst unmittelbar nach Offenlegung des Gründungsplans einleiten, kann der Gründungsplan denknotwendig nicht das tatsächlich durchgeführte, sondern nur das geplante Verfahren beschreiben.[225]

2.1.2.9 Mindesteinbringungsquoten

144

Der Gründungsplan muss für jede Gründungsgesellschaft den Mindestprozentsatz der Gesellschaftsanteile festsetzen, der von deren Gesellschaftern eingebracht werden muss, damit die SE gegründet werden kann; dieser Mindestprozentsatz muss jeweils einer Quote von Gesellschaftsanteilen entsprechen, die mehr als 50 % der Stimmrechte vermitteln.[226] Die Mindesteinbringungsquote von mehr als 50 % bezweckt, dass unter der Holding-SE keine Minderheitsbeteiligungen an den Gründungsgesellschaften, sondern abhängige Gesellschaften entstehen. Anderenfalls würde der Zweck der Holdinggründung verfehlt.