Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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3 › II. Gründungsformen

II. Gründungsformen

3 › II › 1. Verschmelzung

1. Verschmelzung

4

Nach Art. 2 Abs. 1 SE-VO kann eine SE durch Verschmelzung gegründet werden. Die Verschmelzung ist sowohl durch Aufnahme als auch durch Neugründung möglich.[1]

5

Der Sitz der SE ist bei der Verschmelzung durch Aufnahme mit dem Sitz des übernehmenden Rechtsträgers vorgegeben (vgl. auch bei Gründung durch Umwandlung Art. 37 Abs. 3 SE-VO).[2] Im Falle der Verschmelzung durch Neugründung können die beteiligten Rechtsträger anstelle eines ihrer bestehenden Sitze den Sitz der neuen SE auch in einem dritten Mitgliedstaat wählen.[3]

1.1 Beteiligte Rechtsträger

6

Sowohl bei den übertragenden Rechtsträgern als auch bei dem übernehmenden Rechtsträger muss es sich um AG i. S. d. Anhangs I[4] der SE-VO handeln, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der EU haben.[5] Da die SE gem. Art. 3 Abs. 1 SE-VO als AG gilt, kann auch sie selbst übertragender[6] – allerdings nicht übernehmender[7] – Rechtsträger der Verschmelzung sein.

1.2 Mehrstaatlichkeit

7

Von den an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgern müssen mindestens zwei dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten[8] unterliegen, ihren Satzungssitz also in unterschiedlichen Mitgliedstaaten haben.[9] Dies gilt nach dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 SE-VO auch für den Fall, dass sich an der Verschmelzung eine SE beteiligt: SE und nationale AG müssen also, um nach Art. 2 Abs. 1 SE-VO verschmolzen werden zu können, ihren Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben;[10] haben beide ihren Sitz in demselben Mitgliedstaat, können sie nur nach nationalem Umwandlungsrecht verschmolzen werden, wobei die Rechtsform der SE selbstverständlich nur erhalten bleibt, wenn die AG durch Aufnahme auf die SE verschmolzen wird.[11] Die Verschmelzung nach Art. 2 Abs. 1 SE-VO ist auch dann möglich, wenn die beteiligten AG in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen.[12]

3 › II › 2. Holding-SE

2. Holding-SE

8

Nach Art. 2 Abs. 2 SE-VO kann eine Holding-SE gegründet werden. Hierbei handelt es sich um ein Gründungsverfahren, das im deutschen Recht bisher nicht kodifiziert ist: Die die Gründung einer Holding-SE anstrebenden Gesellschaften (Gründungsgesellschaften)[13] wollen sich einer gemeinsamen Holding[14] unterstellen und veranlassen ihre jeweiligen Gesellschafter, sich an der Gründung der Holding-SE durch Einbringung der von ihnen gehaltenen Gesellschaftsanteile gegen Gewährung von SE-Aktien zu beteiligen. Die Gründung der Holding-SE ist allerdings nur möglich, wenn die tatsächlich in die Holding-SE eingebrachten Gesellschaftsanteile jeweils mehr als 50 % der Stimmrechte vermitteln.[15] Die SE wird dadurch zur Muttergesellschaft ihrer Gründungsgesellschaften, die unter ihrem Konzerndach als abhängige Gesellschaften fortbestehen. Die Gründung einer Holding-SE bewegt sich damit materiell zwischen der Sachgründung einer Joint Venture-Holdinggesellschaft und aus dem Übernahmerecht[16] bekannten Grundsätzen.

9

Die Gründungsgesellschaften können den Sitz der Holding-SE außer in ihren eigenen Sitzstaaten auch in jedem beliebigen anderen Mitgliedstaat wählen.

2.1 Gründungsgesellschaften

10

Die Gründung einer Holding-SE können AG und GmbH i. S. d. Anhänge I und II[17] der SE-VO anstreben, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der EU haben.[18] Da die SE gem. Art. 3 Abs. 1 SE-VO als AG gilt, kann sie selbst zu den Gründungsgesellschaften gehören.

2.2 Mehrstaatlichkeit

11

Von den Gründungsgesellschaften müssen mindestens zwei entweder dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten[19] unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben.[20] Angesichts des eindeutigen Wortlauts reicht es nicht aus, wenn nur eine der Gründungsgesellschaften diesen Auslandsbezug aufweist.[21] Dies gilt auch, wenn zu den Gründungsgesellschaften eine SE gehört.[22]

12

Die Zweijahresfrist des Art. 2 Abs. 2 b SE-VO beginnt mit Errichtung der Tochtergesellschaft bzw. Niederlassung[23] oder mit dem nachträglichen Kontrollerwerb über die Tochtergesellschaft[24] und muss bis zu dem Zeitpunkt abgelaufen sein, in dem die Anmeldung der Holding-SE zur Eintragung in das Handelsregister erfolgt.[25] Hierzu enthält die SE-VO zwar keine Konkretisierung, es ist jedoch sachgerecht, für den Ablauf auf den Zeitpunkt abzustellen, ab dem das Registergericht das Vorliegen der Gründungsvoraussetzungen prüft.

13

Ebenso wenig wie den Anknüpfungspunkt für die Zweijahresfrist definiert die SE-VO den Begriff der „Tochtergesellschaft“. Mangels Verweisung in nationales Recht ist der Begriff unionsrechtlich auszulegen. Insofern bietet sich ein Rückgriff auf Art. 2c SE-RL[26] an. Danach ist auf das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses i. S. d. Art. 3 Abs. 2–7 der Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat[27] abzustellen.[28] Dies steht im Einklang mit dem Zweck des Mehrstaatlichkeitsprinzips und dem Vergleich zur alternativ geforderten Niederlassung. Da ein beherrschender Einfluss nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie auch dann vermutet wird, wenn ein Unternehmen in Bezug auf ein anderes Unternehmen lediglich indirekt die Mehrheit des gezeichneten Kapitals dieses Unternehmens besitzt, über die Mehrheit der mit den Anteilen am anderen Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des anderen Unternehmens bestellen kann, ist auch eine bloß mittelbare Tochtergesellschaft (Enkelgesellschaft) oder Niederlassung ausreichend.[29] Eine Minderheitsbeteiligung im Ausland ohne beherrschenden Einfluss begründet demgegenüber noch keine Transnationalität.[30]

3 › II › 3. Tochter-SE

3. Tochter-SE

14

Nach Art. 2 Abs. 3 SE-VO kann eine Tochter-SE gegründet werden. Bei dieser Strukturmaßnahme handelt es sich um die klassische Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens.[31]

15

Wie bei der Holding-SE kann als Sitz der Tochter-SE jeder beliebige Mitgliedstaat gewählt werden.

3.1 Gründer

16

Als Gründer einer Tochter-SE kommen gem. Art. 2 Abs. 3 SE-VO i. V. m. Art. 48 Abs. 2 EGV sämtliche – einen Erwerbszweck verfolgenden – Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften sowie sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts in Betracht, soweit sie nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der EU haben.[32] Anders als die Holding-SE steht diese Gründungsform also nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern auch Personengesellschaften offen.[33] Da die SE gem. Art. 3 Abs. 1 SE-VO als AG gilt, kommt sie ebenfalls als Gründer in Betracht.[34]

3.2 Mehrstaatlichkeit

17

Von den Gründern der Tochter-SE müssen mindestens zwei dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten[35] unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben. Insofern kann auf die Ausführungen zur Mehrstaatlichkeit bei der Holding-SE verwiesen werden.[36] Wenn sich unter den Gründern eine SE befindet und die Mehrstaatlichkeit nicht erfüllt ist, bleibt noch die Möglichkeit einer Gründung nach Art. 3 Abs. 2 S. 1 SE-VO durch die SE allein und die anschließende Aufnahme weiterer Aktionäre.[37]

3 › II › 4. Umwandlung

4. Umwandlung

18

Nach Art. 2 Abs. 4 SE-VO kann eine SE durch Umwandlung entstehen. Die Umwandlung ist dem Formwechsel nach deutschem Umwandlungsrecht (§§ 190 ff. UmwG) vergleichbar. Wie der deutsche Formwechsel führt auch die Umwandlung nach Art. 2 Abs. 4 SE-VO weder zu einer Auflösung der bestehenden Gesellschaft noch zur Gründung einer neuen juristischen Person.[38] Die umzuwandelnde Gesellschaft behält also ihre rechtliche Identität. Ein Rechtsübergang findet nicht statt. Art. 37 Abs. 9 SE-VO hat daher lediglich deklaratorische Bedeutung.

 

19

Da der Sitz der Gesellschaft anlässlich der Umwandlung nach Art. 37 Abs. 3 SE-VO nicht gem. Art. 8 SE-VO in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden darf,[39] handelt es sich um eine Umwandlung rein nationalen Charakters.

4.1 Umwandelnder Rechtsträger

20

In eine SE umgewandelt werden kann ausschließlich eine AG i. S. d. Anhangs I[40] der SE-VO, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden ist und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der EU hat.[41]

4.2 Mehrstaatlichkeit

21

Eine AG kann nur dann in eine SE umgewandelt werden, wenn sie seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats[42] unterliegende Tochtergesellschaft hat.[43]

22

Die Zweijahresfrist beginnt mit Errichtung der Tochtergesellschaft bzw. mit dem nachträglichen Kontrollerwerb über diese und muss bis zu dem Zeitpunkt abgelaufen sein, in dem die Anmeldung der Umwandlung zur Eintragung in das Handelsregister erfolgt.[44] Die Gründungsgesellschaft muss nicht während des Zweijahreszeitraums durchgehend in der Rechtsform einer AG bestanden haben. Ein zwischenzeitlicher identitätswahrender Formwechsel der Gründungsgesellschaft ist im Hinblick auf das Mehrstaatlichkeitserfordernis unschädlich.[45] Bei der insofern möglichen „Kettenumwandlung“ einer GmbH über eine AG in eine SE ist sogar die parallele Durchführung der einzelnen Umwandlungsvorgänge zulässig, solange die Gründungsgesellschaft vor ihrer Umwandlung in eine SE noch als AG durch Eintragung entstanden ist.[46] Für die Definition des Begriffs „Tochtergesellschaft“ ist wie in Art. 2 Abs. 2 SE-VO auf das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses abzustellen; ausreichend ist es, wenn es sich um eine mittelbare Tochtergesellschaft (Enkelgesellschaft) handelt.[47]

3 › II › 5. SE-Tochtergesellschaft

5. SE-Tochtergesellschaft

23

Nach Art. 3 Abs. 2 S. 1 SE-VO kann eine SE selbst eine oder mehrere Tochtergesellschaften in Form einer SE gründen.[48] Dabei handelt es sich – wie bei der Tochter-SE – um eine klassische Gründung nach nationalem Aktienrecht. Daneben kommt die Gründung einer SE im Wege der Ausgliederung eines Unternehmensteils nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG nicht in Betracht, da die SE-VO in ihrem numerus clausus der Gründungsformen diese Option nicht vorsieht und insoweit abschließenden Charakter hat.[49]

24

Als Sitz ihrer Tochtergesellschaft kann sie jeden beliebigen Mitgliedstaat wählen.

5.1 Gründer

25

Art. 3 Abs. 2 SE-VO lässt jedenfalls eine Einmanngründung durch eine SE zu.[50] Dies ergibt sich eindeutig aus den ergänzenden Regelungen in S. 2 und 3. Damit bietet sich diese Gründungsvariante für die Schaffung von Vorratsgesellschaften an.[51] Fraglich ist, ob sich darüber hinaus an der Gründung weitere Gesellschafter beteiligen dürfen. Der Wortlaut scheint dies nicht auszuschließen. Hinzu kommt, dass sich ohnehin weitere Gesellschafter unmittelbar nach der Gründung im Wege einer Kapitalerhöhung oder einer Aktienübertragung beteiligen könnten. Beide Aspekte könnten für eine Zulassung weiterer Gründungsgesellschafter ins Feld geführt werden.[52] Eine Einschränkung ergäbe sich dann allerdings daraus, dass es sich um eine Tochtergesellschaft der SE handeln muss, sodass auch insoweit – wie in Art. 2 Abs. 2 b, Abs. 3 b SE-VO – auf die Definition in Art. 3 Abs. 2–7 der Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat abzustellen und das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses zu verlangen wäre.[53] Neben der SE könnten sich nach dieser weiten Auslegung an der Gründung auch weitere SE, Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder natürliche Personen beteiligen, solange nur die SE beherrschender Gesellschafter wäre. Gegen diese weite Auslegung spricht jedoch zum einen der Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 S. 1 SE-VO, der weitere Gründer nicht erwähnt, und zum anderen der systematische Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des Art. 3 Abs. 2 SE-VO, die sich sämtlich mit der Einmanngründung befassen. Die SE-VO geht also offensichtlich ausschließlich von der Möglichkeit der Einmanngründung aus. Letztlich entscheidend dürfte das Argument sein, dass die Gründungsvorschriften angesichts des numerus clausus der Gründungsformen eng auszulegen sind. In jedem Fall ist vor dem Hintergrund dieser Rechtsunsicherheit der Praxis zu empfehlen, an der Gründung einer SE-Tochtergesellschaft nach Möglichkeit keine weiteren Gesellschafter zu beteiligen, solange diese Auslegungsfrage nicht auf Unionsebene geklärt ist.[54]

5.2 Mehrstaatlichkeit

26

Das Mehrstaatlichkeitsprinzip wird hier bereits dadurch erfüllt, dass die SE-Tochtergesellschaft durch eine SE selbst gegründet wird. Die SE ist eine supranationale Gesellschaft, die selbst nur unter Einhaltung des Mehrstaatlichkeitsprinzips gegründet werden konnte. Ihre eigene transnationale Dimension vermittelt sie ihrer Tochtergesellschaft.

Anmerkungen

[1]

Art. 17 Abs. 2 SE-VO.

[2]

Vgl. dazu und zu den Möglichkeiten einer zeitlich zusammenhängenden Sitzverlegung des übernehmenden Rechtsträgers Ihrig/Wagner BB 2004, 1749, 1752. Wie hier auch Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 8 SE-VO Rn. 15; KölnKomm AktG/Maul Art. 17 SE-VO Rn. 27; Spindler/Stilz/Casper Art. 17 SE-VO Rn. 7; MünchKomm AktG/Schäfer Art. 17 SE-VO Rn. 10; Spitzbart RNotZ 2006, 369, 376; a. A. (freie Sitzwahl für die SE bei Gründung durch Verschmelzung zur Aufnahme) Schwarz Art. 20 Rn. 21; Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 17 SE-VO Rn. 3; Habersack/Drinhausen/Marsch-Barner Art. 17 SE-VO Rn. 4, Art. 20 SE-VO Rn. 12 m. w. N.

[3]

Lutter BB 2002, 1, 4; Kallmeyer AG 2003, 197, 198.

[4]

Einzelheiten s. Anh. I.1. Zulässig ist auch die Beteiligung einer AG i.L., mangels abgeschlossener Gründung aber nicht die einer Vor-AG, näher hierzu Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 2 SE-VO Rn. 5 m. w. N. Eine KGaA ist im Anhang nicht erwähnt und damit kein beteiligungsfähiger Rechtsträger, Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 2 SE-VO Rn. 8; MünchKomm AktG/Schäfer Art. 17 SE-VO Rn. 8; Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 2 SE-VO Rn. 5; a. A. MünchKomm AktG/Oechsler Art. 2 SE-VO Rn. 24; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 7.

[5]

Art. 2 Abs. 1 SE-VO.

[6]

Sowohl bei der Verschmelzung durch Neugründung als auch bei der Verschmelzung durch Aufnahme können einzelne oder alle übertragenden Rechtsträger die Rechtsform der SE haben; Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 16; s. 10. Kap. Rn. 5; Thoma/Leuering NJW 2002, 1449, 1452; a. A. Kallmeyer AG 2003, 197, 199.

[7]

Eine AG (oder SE) kann im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme nach der SE-VO nur auf eine AG, nicht jedoch auf eine SE aus einem anderen Mitgliedstaat verschmolzen werden. Der Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 SE-VO spricht von „gründen“. Auch wenn die Verschmelzung durch Aufnahme generell keine Gründung im rechtstechnischen Sinne beinhaltet, dieser Begriff also nicht überbewertet werden darf, regelt die SE-VO in Art. 2 in allen Fällen die Entstehung einer neuen SE. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme auf eine SE entsteht jedoch gerade keine neue SE. Vgl. auch Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 16; a. A. Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 3 SE-VO Rn. 3; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 17 Rn. 3, 23; Schwarz SE-VO Art. 3 Rn. 15 f.; wohl auch Kalss/Hügel/Kalss Vor § 17 SEG – Gründung, Rn. 13. Freilich ist die grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine SE nach den Regelungen über grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften (§§ 122a ff. UmwG) jederzeit möglich.

[8]

Den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in diesem Sinne gleichgestellt sind auch die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen.

[9]

Art. 2 Abs. 1 SE-VO.

[10]

So auch MünchKomm AktG/Oechsler Art. 3 SE-VO Rn. 1; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 3 SE-VO Rn. 3 ff.; a. A. (teleologische Reduktion des Art. 3 Abs. 1 SE-VO hinsichtlich des Mehrstaatlichkeitserfordernisses) Schwarz SE-VO Art. 3 Rn. 10 f.; Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 3 SE-VO Rn. 4; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 34; Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 3 SE-VO Rn. 4.

[11]

Möglich sind nach nationalem Umwandlungsrecht auch Verschmelzungen mit Rechtsträgern anderer verschmelzungsfähiger Rechtsformen – anderenfalls würde die SE gegenüber nationalen AG benachteiligt, was mit Art. 10 SE-VO nicht vereinbar wäre; im Ergebnis ebenso Lutter/Lutter/Drygala UmwG, § 3 Rn. 14; Lutter/Karollus UmwG, § 120 Rn. 18 (jeweils unter Hinweis auf Art. 9 Abs. 1 lit. c (ii) SE-VO); Oplustil/Schneider NZG 2003, 13, 16; s. 10. Kap. Rn. 5; vgl. auch Hirte NZG 2002, 1, 10.

[12]

Ebenso Schindler 3.1.3.1.2.1.; Kalss/Hügel/Kalss Vor § 17 SEG – Gründung, Rn. 16; a. A. Hirte NZG 2002, 1, 3, der in dieser Konstellation ein Unterlaufen der an eine Zeitschranke anknüpfenden Gründungsmöglichkeit durch Umwandlung sieht. Die von Hirte geforderte Beschränkung führte dazu, dass zwei im Abhängigkeitsverhältnis stehende AG nicht einmal dann miteinander verschmolzen werden dürften, wenn das Mutter-Tochter-Verhältnis bereits länger als zwei Jahre bestünde, und wäre deshalb unverhältnismäßig. Die Zulässigkeit der einzelnen Gründungsformen ist unabhängig voneinander zu beurteilen, sodass eine nach dem Wortlaut zulässige Gründungsvariante nicht eine Umgehung einer anderen Gründungsform darstellen kann.

[13]

Die die Gründung einer Holding-SE anstrebenden Gesellschaften sollen im Folgenden zur Vereinfachung als Gründungsgesellschaften bezeichnet werden, auch wenn diese Formulierung dogmatisch etwas unscharf sein mag.

[14]

In Betracht kommt sowohl eine Finanzholding als auch eine Konzernholding mit Unternehmensleitungsfunktion; vgl. Blanquet ZGR 2002, 20, 45.

[15]

Vgl. Art. 32 Abs. 2, 33 Abs. 2 SE-VO.

[16]

Zur Anwendbarkeit des WpÜG und der hieraus abgeleiteten Notwendigkeit zur Abgabe eines Pflichtangebots (§ 35 WpÜG) durch die entstandene SE – vorbehaltlich einer Befreiung von dieser Verpflichtung durch die BaFin nach § 37 WpÜG – Teichmann AG 2004, 67, 77 ff.; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2004, 957, 958; Vossius ZIP 2005, 741, 746, Fn. 59; Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 32 SE-VO Rn. 19 f.; Spindler/Stilz/Casper Art. 32 SE-VO Rn. 6; MünchKomm AktG/Schäfer Art. 32 SE-VO Rn. 6; eine Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots (§ 29 Abs. 1 WpÜG) vor Eintragung der SE durch die Gründungsgesellschaften bzw. die Vor-SE nehmen an Kalss ZGR 2003, 593, 642; KölnKomm AktG/Paefgen Art. 32 SE-VO Rn. 137 ff. und Rn. 155 ff. zur praktischen Durchführung im Zusammenhang mit der SE-Gründung; gegen eine Anwendbarkeit des WpÜG Brandt NZG 2002, 991, 995; Ihrig/Wagner BB 2003, 969, 973: dies. BB 2004, 1749, 1753; Brandes AG 2005, 177, 179, 186; Habersack/Drinhausen/Scholz Art. 32 SE-VO Rn. 25.

 

[17]

Einzelheiten s. Anh. I.1.

[18]

Art. 2 Abs. 2 SE-VO.

[19]

Den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in diesem Sinne gleichgestellt sind auch die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen.

[20]

Art. 2 Abs. 2 SE-VO; ausreichend ist es aber, wenn die beteiligten Gründungsgesellschaften eine gemeinsam beherrschte Tochtergesellschaft haben (näher MünchKomm AktG/Oechsler Art. 2 SE-VO Rn. 33) oder die verschiedenen Tochtergesellschaften dem Recht desselben Mitgliedstaats unterliegen (Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 2 SE-VO Rn. 15).

[21]

Habersack/Verse § 13 Rn. 21; Teichmann ZGR 2002, 383, 411; Theisen/Wenz/Neun S. 66 f.; Schwarz ZIP 2001, 1847, 1850; Schindler 3.1.3.2.1.; a. A. Hommelhoff AG 2001, 279, 281; Kallmeyer AG 2003, 197, 199.

[22]

Vgl. Art. 3 Abs. 1 SE-VO und oben Rn. 7 m. w. N.

[23]

Die Eintragung wäre kein geeigneter Anknüpfungspunkt, da – abhängig von Rechtsform und Sitzstaat – nicht jede Tochtergesellschaft und nicht jede Niederlassung zur Eintragung gelangt.

[24]

Näher MünchKomm AktG/Oechsler Art. 2 SE-VO Rn. 34; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 14.

[25]

Ebenso Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 2 SE-VO Rn. 18; MünchKomm AktG/Oechsler Art. 2 SE-VO Rn. 34; Spindler/Stilz/Casper Art. 2, 3 SE-VO Rn. 14; Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 2 SE-VO Rn. 17; a. A. Seibt/Reinhard Der Konzern 2005, 407, 411, die die Eintragung für maßgeblich halten, sowie Theisen/Wenz/Neun S. 68, der auf das Gründungsgeschäft abstellen möchte. Im Interesse größerer Flexibilität sollte es möglich sein, den Gründungsakt schon vorzunehmen und mit der Anmeldung bis zum Ablauf der Frist zu warten.

[26]

RL 2001/86/EG des Rates v. 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABlEG Nr. L 294 v. 10.11.2001, 22 ff. s. Anh. I.2.

[27]

RL 94/45/EG des Rates v. 22.9.1994, ABlEG Nr. L 254 v. 30.9.1994, 64 ff. (nunmehr RL 2009/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 6.5.2009, ABlEU Nr. L 122 v. 16.5.2009, 28 ff.).

[28]

Vgl. auch ArbG Stuttgart 29.4.2008 – 12 BV 109/07, Rn. 85 ff.: Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 2 SE-VO Rn. 15 m. w. N. auch zu anderen Ansätzen.

[29]

Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 2 SE-VO Rn. 61; bzgl. der Umwandlung auch Lutter/Hommelhoff/Seibt Art. 37 SE-VO Rn. 15.

[30]

Im Ergebnis ebenso Theisen/Wenz/Neun S. 68 f.

[31]

Insoweit unzutreffend Bungert/Beier EWS 2002, 1, 8, die die strukturellen Unterschiede zwischen Holding-SE und Tochter-SE verkennen.

[32]

Art. 2 Abs. 3 SE-VO. Bei den sonstigen juristischen Personen kommt es infolge ihrer gesonderten, von Art. 54 Abs. 2 AEUV unabhängigen Erwähnung auf einen Erwerbszweck nicht an, wodurch etwa auch Idealvereine und Stiftungen Gründer sein können, Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 2 SE-VO Rn. 19 m. w. N.

[33]

MünchKomm AktG/Oechsler Art. 2 SE-VO Rn. 36.

[34]

Vgl. aber auch die Gründungsmöglichkeit nach Art. 3 Abs. 2 S. 1 SE-VO.

[35]

Den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in diesem Sinne gleichgestellt sind auch die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen.

[36]

S. o. Rn. 11 ff.

[37]

Dazu s. u. Rn. 23 ff.

[38]

Art. 37 Abs. 2 SE-VO.

[39]

Zur umstrittenen Frage der Zulässigkeit von Vorbereitungshandlungen für eine Sitzverlegung bereits vor Eintragung der SE vgl. Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 SE-VO Rn. 4; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 37 SE-VO Rn. 9 ff., jeweils m. w. N.

[40]

Einzelheiten s. Anh. I.1.

[41]

Art. 2 Abs. 4 SE-VO. Satzungs- und Verwaltungssitz einer deutschen AG müssen allerdings entgegen der im nationalen Recht infolge des MoMiG nunmehr zulässigen Möglichkeit, den Verwaltungssitz abweichend vom inländischen Satzungssitz im Ausland wählen zu können (§ 5 AktG), wegen Art. 7 SE-VO in Deutschland liegen, Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 SE-VO Rn. 12 m. w. N. auch zur diesbezüglichen Vereinbarkeit mit Art. 49, 54 AEUV.

[42]

Den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in diesem Sinne gleichgestellt sind auch die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen.

[43]

Art. 2 Abs. 4 SE-VO; eine Zweigniederlassung reicht hier, anders als bei der Holding- oder Tochtergründung, nicht aus, MünchKomm AktG/Oechsler Art. 2 SE-VO Rn. 44.

[44]

Zur Begr. s. o. Rn. 12 m. w. N.

[45]

Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 37 SE-VO Rn. 20; Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 SE-VO Rn. 13; vgl. auch Lange EuZW 2003, 301, 302, Fn. 18; Schwarz Art. 2 Rn. 77.

[46]

Ebenso und mit näheren Ausführungen hierzu Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 37 SE-VO Rn. 13, der darauf hinweist, dass ein solches Vorgehen eine hohe Abstraktionsbereitschaft von den Verfahrensbeteiligten verlange, und deshalb die Durchführung der Umwandlung in die SE erst nach Abschluss des Formwechsels in die AG empfiehlt.

[47]

S. o. Rn. 13.

[48]

Da diese Gründungsform die Existenz einer SE bereits voraussetzt, wird sie in der Lit. z. T. auch als „abgeleitete“ oder „sekundäre“ Gründung bezeichnet. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass es sich um eine selbständige Gründungsform der SE-VO handelt. Ohne die Möglichkeit des Art. 3 Abs. 2 SE-VO wären angesichts des numerus clausus – also des abschließenden Charakters – der Gründungsmöglichkeiten bestimmte Gründungsoptionen ausgeschlossen. Dies wird von den Autoren verkannt, die von lediglich vier Gründungsformen der SE-VO sprechen.

[49]

Hirte NZG 2002, 1, 4; Widmann/Mayer/Fronhöfer UmwG, § 125 Rn. 24 (AG/SE, rechte Spalte), 26; wohl auch (da allgemein von Spaltungen sprechend) Semler/Stengel/Drinhausen UmwG, Einl. C Rn. 60; Widmann/Mayer/Vossius UmwG, § 20 Rn. 403; a. A. etwa Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 3 SE-VO Rn. 16; Casper AG 2007, 97, 104; Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 3 SE-VO Rn. 12; Widmann/Mayer/Heckschen UmwG, Anh. 14 Rn. 403 f.; Kalss/Hügel/Kalss Vor § 17 SEG – Gründung, Rn. 40; KölnKomm AktG/Maul Art. 3 SE-VO Rn. 34; MünchKomm AktG/Oechsler Art. 3 SE-VO Rn. 6; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 3 SE-VO Rn. 27; Schwarz Art. 3 SE-VO Rn. 29 f.; Lutter/A. Teichmann UmwG, § 124 Rn. 7. Sofern man mit der Gegenansicht eine Gründung durch Ausgliederung anerkennt, vgl. zum Verfahren Widmann/Mayer/Heckschen UmwG, Anh. 14 Rn. 404; zum nationalen Recht siehe auch Widmann/Mayer/Fronhöfer UmwG, § 125 Rn. 23 ff.

[50]

Dies gilt selbst in den Mitgliedstaaten, deren Aktienrecht eine Einmanngründung nicht zulässt.

[51]

Siehe zur Vorrats-SE Rn. 304.

[52]

Davon gehen offenbar auch Hommelhoff AG 2001, 279, 280 und Schlüter EuZW 2002, 589, 590 aus, die das Hinzutreten natürlicher Personen „zu dem Gründungsgeschäft“ für möglich halten; a. A. Habersack/Drinhausen/Habersack Art. 3 SE-VO Rn. 8; Kallmeyer AG 2003, 197, 199; Kalss/Hügel/Kalss Vor § 17 SEG – Art. 15 SE-VO Rn. 4; Schindler 3.1.3.; MünchKomm AktG/Oechsler Art. 3 SE-VO Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 3 SE-VO Rn. 8; Schwarz Art. 3 Rn. 22; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 3 SE-VO Rn. 18; offensichtlich auch Schulz/Geismar DStR 2001, 1078, 1081.

[53]

S. o. Rn. 13.

[54]

Im Folgenden wird deshalb die SE-Tochtergesellschaft als Alleingründung behandelt.