Eight Ball Boogie

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6

Conway meldete sich, als ich gerade angefangen hatte, die andere Wand zu erkunden, einfach zur Abwechslung. Anschließend rief ich Herbie an und gab ihm die Einzelheiten über Helen Conway durch.

»Suchen wir nach was Besonderem?«, fragte er.

»Nur das Übliche, und davon so viel du kriegen kannst.«

»Geht klar – und wann brauchst du es?«

»Gestern.«

»In Ordnung, ich melde mich.«


Ich kippte den restlichen Kaffee runter und überlegte, ob ich das Büro mal putzen sollte. Die Idee war so betörend, dass ich sie immer weiter dachte, die Füße auf dem Schreibtisch, die Jalousie ein Stück weit hochgezogen.

Es war die vierte Adventswoche und die Stadt gehörte den Bauern. Sie trotteten durch die Straßen wie Matrosen auf Landurlaub, grimmig und entschlossen. Stapelweise Einkäufe in den Armen, über die sie mühsam die Hälse reckten. Blecherne Melodien tönten aus den Ladeneingängen und über dem ganzen Trubel tanzten die bunten Lichter im Wind den Tanz der Gehängten.

Ich warf noch eine Tablette ein. Drei Stück an einem Tag waren zwei zu viel, aber sie waren nicht besonders stark, bloß ein Säuseln im Wind. Gegen meine Weihnachtsphobie hätte ich was gebraucht, das ein Pferd ruhiggestellt hätte. Diese schwach dosierten Pillen waren auch so eine brillante Idee meines Arztes gewesen, der sich vorgenommen hatte, mich bis zum Neujahrstag von den Tranquilizern runterzubringen. Großartiger Vorschlag von einem Mann, dessen Venen so viele Löcher hatten wie ein Golfplatz.

Ich holte tief Luft und verpasste mir eine Ohrfeige, gefolgt von einem Cross-Punch mit der Rechten, der aber nicht genau traf. Ich schloss die Augen und beschwor das Gesicht eines kleinen Strolchs mit schläfrigen Augen, schiefen Zähnen, unschuldigem Lächeln und widerspenstigen flachsblonden Haaren herauf. Kombiniert mit der Bescherung am Weihnachtsmorgen, dem funkelnagelneuen Fahrrad würde sich ein breites Grinsen auf Bens Gesicht ausbreiten.

Das Gewicht auf meiner Brust verschwand. Ich atmete tief aus, schloss das Büro ab und fuhr fünf Meilen weit aus der Stadt zu diesem Golfklub, The Bridge.

Dort unterhielt ich mich mit dem Barkeeper in der Members Bar ohne Apostroph und ließ ein paar Bemerkungen über Helen Conway fallen, um ihn anzustacheln. Er blieb höflich, aber diskret, und fixierte meine Brusttasche, auf die leider nicht der Schriftzug von Pringle gestickt war. Ich setzte mich in eine Nische am Fenster mit Blick auf das achtzehnte Grün, trank Kaffee und aß einen zähen Toast mit Tomate und Käse. Die Sturmwolken, die sich über dem Atlantik zusammenbrauten, hatten die Farbe von alter Bratensoße, und die Golfspieler stemmten sich gegen den Wind, drei Schritte vorwärts, zwei Schritte zurück.

Als ich wieder in der Stadt war, schaute ich bei Clark’s Toyshop vorbei, um Bens Fahrrad abzuholen. Ich kaufte noch ein bisschen Zubehör, zum Beispiel eine rote Hupe mit Gummibalg, über die er sich bestimmt freuen würde wie ein Schneekönig. Es war fast drei, als ich zurück ins Büro kam. Ich stellte das Rad hinter den Schreibtisch, hörte den Anrufbeantworter ab, um endlich mal wieder den Klang meiner eigenen Stimme zu genießen, und rauchte eine halbe Stunde. Dann rauchte ich noch mehr und versuchte, in den Rissen an der Decke die Umrisse von Giraffen zu entdecken. Schließlich gab ich es auf und rief Conway an, um mich mit ihm zu verabreden.

»Geht nicht«, schnarrte er. »Ich bin ab vier Uhr unterwegs. Dringende Geschäfte.«

»Perfekt. Dann achten Sie darauf, dass auch Ihr Mobiltelefon ausgeschaltet ist. Ich möchte nicht, dass jemand mit Ihnen Kontakt aufnimmt.«

Conway wohnte ungefähr zwei Meilen nördlich der Stadt, und seinem Haus fehlten höchstens drei Abwasserrohre, um es zu einem Anwesen zu machen. Es war ein plumper, quadratischer Bau im edwardianischen Stil, der die Persönlichkeit des protestantischen Besitzers widerspiegeln sollte. Efeu rankte sich üppig über die Backsteinmauern bis unter die Giebel, ein weißes Mercedes-Cabriolet mit Softtop parkte am Ende der Kieseinfahrt, und es gab ein Schlafzimmer für jeden Wochentag. Weit hinten war ein gebückter Gärtner damit beschäftigt, die welken Blätter vom Rasen zu harken, in einem Tempo, das sicherstellte, dass er anschließend die Osterglocken damit düngen konnte. Ich parkte meinen ramponierten VW Golf neben der Treppe, die zur Veranda führte, und stieg hinauf. Währenddessen dachte ich über das ausdrucksstarke Schimpfwort nach, das ich gelernt hatte, als ich Conway mitteilte, dass ich seine hübsche Ehefrau aufsuchen wollte.

Seine hübsche Tochter öffnete die Tür. Sie trug einen blauweiß gestreiften Pulli und hatte diesen verwirrenden Gesichtsausdruck, der allen siebzehnjährigen Mädchen eigen ist und der andeutet, dass sie gleichzeitig gereizt und zu Tode gelangweilt sind. Ihre blonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden, und sie hatte die gleiche Nase wie ihre Mutter, die sie bei meinem Anblick rümpfte. Ihr Benehmen schien sie von ihrem Vater geerbt zu haben.

»Ja, bitte?«

»Mrs Conway?«

Auch das Lachen hatte sie von ihrem Vater geerbt.

»Mrs Conway ist meine Mutter. Was wollen Sie?«

»Ich bin mit Mrs Conway verabredet.«

»Und wer könnten Sie wohl sein?«

»Ich könnte Calvin Klein sein, aber vielleicht trage ich auch nur seinen Slip. Kann ich jetzt deine Mutter sprechen?«

Sie nagte an der Innenseite ihrer Lippe und war sprachlos. Ich musste zugeben, dass sie nicht wie ein Mädchen aussah, dass jemals eine Frage wiederholen musste, falls sie überhaupt je eine Frage stellte. Siebzehnjährige Blondinen mit großen blauen Augen und Hüften, die diesen Namen kaum verdienen, kennen intuitiv die Antworten auf alle Fragen, es ist wie ein Fluch. Sie drehte sich um und rief durch den Flur:

»Mutter, hier ist ein Herr an der Tür.«

Ihr Timing war schlecht, aber der Satz war echt gut. Dann zog Helen Conway die Tür weit auf, und ihre Tochter hörte auf zu existieren. Sie hatte kein Make-up aufgelegt und die Falten in ihren Augenwinkeln erinnerten mich an Anführungszeichen. Das schlichte schwarze Kleid hätte auch zur Totenwache eines Millionärs gepasst. Die schmale Perlenkette, die die sanfte Rundung ihres Halses unterstrich, war völlig überflüssig. Ihr Haar war pechschwarz, und wenn es gefärbt war, dann war ihr Stylist absolut unterfordert und sollte sich besser nach Rom aufmachen, um die Sixtinische Kapelle zu retuschieren.

»Ja?«

Höflich, eiskalt.

»Wie geht es Ihnen?« Ich lächelte einnehmend. »Ich habe eine Verabredung mit Mr Conway.«

»Mr Conway ist nicht zu Hause. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«

»Das hoffe ich sehr. Mein Name ist Bob Delaney.« Ich zog eine Karte aus der Tasche, auf der der Name Robert L. Delaney stand. Vertriebsleiter. »First Option« Lebensversicherungen.

»Das muss wohl ein Missverständnis sein.«

Sie gab mir die Karte zurück. Ich steckte sie wieder ein, immer noch lächelnd.

»Ganz bestimmt nicht. Ich habe gestern mit Mr Conway telefoniert. Er war sehr interessiert, darüber zu sprechen, inwieweit Sie Ihre laufenden Lebensversicherungsverträge im Rahmen einer Kostenreduzierungsstrategie vereinheitlichen können. Das ist unser Spezialgebiet bei First Option.«

»Wirklich wahr?« Sie klang leicht amüsiert. Die entzückende Miss Conway schnaubte kurz, drehte sich auf dem Absatz um und stapfte die Treppe in den ersten Stock hinauf. Kurz darauf war das gedämpfte Geräusch einer zugeworfenen Tür zu hören.

»Ja, genau so ist es.«

Meine Gesichtsmuskeln taten schon weh vom Lächeln. Wenn man innerhalb von sechzig Sekunden nicht ins Haus gebeten wird, dann stehen die Chancen schlecht, dass es noch klappt.

»Nun, wie ich schon sagte, Mr Conway ist nicht zu Hause im …«

»Kein Problem, ich warte gern.« Ich ging seitlich an ihr vorbei in den Hausflur und lächelte wieder. »Ich habe die Angewohnheit, immer ein bisschen zu früh zu meinen Terminen zu erscheinen.«

»Na ja, wenn Sie sicher sind …«

Sie kam schnell wieder zu sich und führte mich den Flur entlang. Auf halbem Weg hätte ich gern ein Taxi gerufen, aber wir schafften es schließlich bis zum Ende. Die Küche war eine einzige Pracht aus Chrom, edlem Holz und Terracotta-Fliesen. Die Rovers hätten mit je fünf Spielern pro Mannschaft darin herumkicken können, ohne den Koch zu stören, der sich wahrscheinlich ohnehin auf dem Rückweg vom Zwischengeschoss irgendwo verlaufen hatte.

»Hübsch«, sagte ich und nickte anerkennend. »Luftig.«

»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Mr …?«

»Delaney. Aber sagen Sie einfach Bob, bitte. Eine Tasse Kaffee wäre wunderbar, wenn es Ihnen nicht zu viele Umstände macht.«

»Aber gar nicht, Mr Delaney. Cappuccino? Espresso?«

»Nur schwarz, bitte.«

Die Küche war sehr hell. Die Türen zum Patio reichten von der Decke bis zum Boden. Es gab keinen Swimmingpool im Garten, was mich überraschte, aber das Meer lag ja nur einen Salto weit entfernt, grau und düster und immer kurz vorm nächsten Zornausbruch. Im Hintergrund waren die schneebedeckten Donegal Mountains zu sehen, eine Aussicht, die man weder für Liebe noch für Geld kaufen konnte, auch wenn die Kombination aus beidem vielleicht für eine Anzahlung gereicht hätte. Sie schenkte mir eine schwarze Brühe ein aus dem Topf, der auf dem AGA-Herd gestanden hatte.

»Zucker?«

»Nein, danke, ich muss auf meine Figur achten.«

Sie lächelt distanziert wie eine Frau, die diese Sprüche schon so oft gehört hatte, dass sie nichts mehr darauf zu erwidern wusste. Sie stellte mir den Kaffee hin, sie selbst verzichtete und zündete sich eine Zigarette an, ohne mir eine anzubieten.

 

»Wenn Sie mich für einen Moment entschuldigen würden, Mr Delaney …«

Ich drehte mir eine Fluppe, während ich darauf wartete, dass sie zurückkehrte, nachdem sie vergeblich versucht hätte, ihren Mann zu erreichen, der nicht im Büro war und sein Mobiltelefon hoffentlich wie verabredet ausgeschaltet hatte. Falls nicht, steckten wir beide in Schwierigkeiten. Als sie wieder erschien, zündete sie sich eine weitere Zigarette an und nahm ganz entspannt Platz. Ich versuchte es noch mal mit einem dämlichen Grinsen und deutete auf die Terrassentüren.

»Na, hoffentlich regnet es heute nicht.«

»Sicher.« Ihre Stimme klang wie gefriergetrocknet, passend für eine Eiskönigin, und ich hätte mich nicht gewundert, wenn die Worte über den Tisch auf mich zugeschwebt wären und mich vergiftet hätten. »Sie sagten, Sie hätten mit Francis gesprochen?«

Francis?

»Ja, genau, gestern Nachmittag.«

»Und er möchte unsere Versicherungsverträge ändern?«

»Die meisten Menschen tun das, wenn sie erfahren, wie günstig die Bedingungen der First Option im Vergleich zu unseren Mitbewerbern sind.«

Sie kräuselte die Nase, als hätte sie etwas unangenehm Süßliches gerochen. Die meisten Menschen drehen durch, wenn man ihnen erklärt, sie könnten eine Menge Geld sparen, kriegen Schaum vorm Mund und wollen mehr wissen. Die Eiskönigin hatte nicht mal mit der Wimper gezuckt. Ich vermutete, dass Frank Conway das große Los gezogen hatte, als er die schöne Helen geheiratet hatte. Womöglich drängte es ihn ständig, einen zufriedenen Blick auf seine Heiratsurkunde und die Geburtsurkunde seiner entzückenden Tochter zu werfen, einfach nur so.

»Um welche Uhrzeit, sagten Sie, sind Sie verabredet, Mr Delaney?«

Immer noch argwöhnisch, aber höflich.

»Ich erwähnte es noch gar nicht, aber um vier Uhr. Mr Conway hat mir versichert, dass er dann hier sein würde.«

»Wenn er gesagt hat, er würde hier sein, dann wird er kommen. Er ist gewöhnlich pünktlich.«

Pünktlich bedeutet berechenbar und berechenbar bedeutet, dass man einen Zeitplan einzuhalten hat.

»Es ist nicht unbedingt notwendig, dass Mr Conway anwesend ist. Vielleicht können Sie mir schon mal bei einigen Details helfen, bevor er eintrifft? Das spart uns Zeit, und Zeit ist bekanntlich Geld.«

»Details?«

»Oh, ganz einfache Dinge.« Ich klappte meinen schäbigen Aktenkoffer auf und zog ein paar Broschüren und Formblätter heraus. Ich hatte keine Ahnung, was genau darauf stand, und ich war mir ziemlich sicher, dass sie kein Interesse daran hatte. Trotzdem breitete ich alles vor ihr aus. »Wie hoch Ihre Prämie ist, wie viel Ertrag Sie erwarten, und wie sich das auf Ihre Steuerfreibeträge auswirkt. Die Vereinbarungen, die im Fall einer Scheidung wirksam werden. Solche Dinge.«

»Scheidung?«

Sie war noch immer nicht sonderlich interessiert, aber ich hatte den Eindruck, dass sie ein bisschen überrascht war.

»Traurig, aber wahr, Mrs Conway. Alle Lebensversicherungen, die wir bei First Option mit verheirateten Paaren abschließen, haben eine Klausel zu einer möglichen Scheidung. Das ist heutzutage üblicher Standard.«

Sie lachte, als wäre das etwas Unanständiges. Mein Magen schlug einen Purzelbaum.

»Ich bin sicher, dass wir keine derartige Klausel haben, Mr Delaney.« Sie drehte zerstreut an ihrem Ehering. Das Sonnenlicht brach sich in den Diamanten und winselte um Gnade. »Francis und ich haben zu einem Zeitpunkt geheiratet, als so etwas noch gar nicht nötig war. Wie Sie wissen.«

Sie lächelte kokett. Mein Magen sprintete über die Hürden und machte einen Stabhochsprung.

»Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, warum Mr Conway jemals eine Scheidung auch nur in Betracht ziehen sollte.« Falls Helen Conway auf Komplimente aus war, konnte sie auf mich zählen. »Es ist nur eine Standardfrage, die wir bei First Trust im Rahmen unseres umfassenden Kundenpakets routinemäßig stellen.«

Ihre Augenbrauen hoben sich und ein leichtes Stirnrunzeln deutete sich an.

»Sie meinen First Option.«

Ich lächelte und tat verlegen.

»Natürlich First Option. Ich bin noch nicht so lange bei dieser Firma …«

»Ja, aber ich fürchte, Sie verschwenden hier nur Ihre Zeit, Mr Delaney. Francis befasst sich mit den finanziellen Dingen, und deshalb sollten Sie besser mit ihm darüber reden.«

Sie schaute auf ihre hübsche zierliche Armbanduhr aus Gold.

»Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber ich erwarte Besuch …«

»Natürlich, natürlich. Es tut mir wirklich leid, dass ich Sie aufhalte.«

»Ich verstehe wirklich nicht, warum Francis sich verspätet. Normalerweise ist er pünktlich. Er hasst es, wenn man ihn warten lässt.«

»Tja, vielleicht ist ja etwas dazwischengekommen. Ich werde ihn anrufen und einen anderen Termin vereinbaren. Vielleicht am besten in seinem Büro.«

»Das wäre bestimmt günstiger.« Sie stand langsam auf, aber nicht so langsam, dass ich den Wink nicht mitbekommen würde.

»Es tut mir sehr leid, dass Sie umsonst gekommen sind …«

»Das macht doch nichts. Ich hatte immerhin eine gute Tasse Kaffee.«

Sie lachte geschmeichelt, reine Höflichkeit, und mein Magen stieg auf und suchte nach einem hohen Gebäude, über das er springen könnte. Ich stopfte die Broschüren in meinen Aktenkoffer. Sie begleitete mich zur Tür und wir gaben uns die Hand. Ihr Händedruck war fest und bestimmt.

»Auf Wiedersehen, Mr Delaney.«

»Bob.«

»Selbstverständlich.«


Sie wartete am Ende der Zufahrt hinter einer Hecke versteckt, um vom Haus aus nicht gesehen zu werden. Mit verschränkten Armen, fröstelnd wegen des kalten Winds, und rauchend. Sie hatte das Tor geschlossen und machte keine Anstalten es zu öffnen. Ich stieg aus dem Wagen.

»Ein Versicherungsvertreter.«

Wenn man eine abfällige Bemerkung macht, sollte man gleichzeitig eine Schnute ziehen, dann wirkt es nicht so gemein.

»Ich verkaufe Sicherheit – das ist ein Unterschied. Versicherung suggeriert, dass nichts passieren kann. Ich hingegen sorge dafür, dass das Unvermeidliche finanziell erträglich gestaltet wird.«

»Blödsinn.«

Ich nahm es nicht persönlich. Wenn man siebzehn ist, ist so gut wie alles Blödsinn, vor allem der Blödsinn. Ich schob das Tor auf und stieg wieder ins Auto. Sie kam näher, blieb stehen und warf einen prüfenden Blick darauf. Ich ließ die Scheibe herunter. Ihr Hohn war toxisch.

»Hübscher Wagen. Ich mag alte Autos.«

»Ich sammle Antiquitäten.«

»Das können Sie sich als Versicherungsvertreter leisten?«

»Ich verdiene nicht gerade viel«, gab ich grinsend zu, »aber ich greife zu, wenn sich die Gelegenheit bietet.«

Sie warf den Pferdeschwanz nach hinten. Ihre großen blauen Augen leuchteten auf und ihre Gesichtszüge verhärteten sich.

»Sie sind ein billiger Scheißkerl«, stieß sie hervor.

»Oh, hör bitte auf zu flirten«, sagte ich und legte den Gang ein. »Sonst krieg ich noch Nasenbluten.«


Auf halbem Weg in die Stadt hielt ich in einer Parkbucht und tauschte die falschen Nummernschilder aus. Ich stieg gerade wieder in den Wagen, als ein weißes Mercedes-Cabrio mit Softtop vorbeizischte. Die Eiskönigin saß am Steuer, und falls noch jemand mit von der Partie war, war er entweder winzig klein oder hockte im Kofferraum.

Ich holte sie an der Ampel vor der neuen Brücke ein und blieb drei Autos hinter ihr, während der Verkehr sich träge durch die Stadt schlängelte. Sie fuhr auf den Parkplatz an der Francis Street und parkte mit Blick zum Fluss. Ich suchte mir eine Parkbucht am anderen Ende.

Sie saß dort zwanzig Minuten lang, vielleicht beobachtete sie die Angler. Dann stieg sie aus, schaltete die Alarmanlage ein und ging Richtung Fußgängerbrücke. Ich stieg aus dem Golf, hatte aber gerade mal fünf Schritte gemacht, als sie die Tür eines Volvo Estate aufzog und auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Der Motor des Volvo lief bereits. Sie fuhren mit einem heiseren Aufheulen davon.

Als ich mich in den Feierabendverkehr einfädelte, war weit und breit kein Volvo mehr zu sehen. Ich fuhr auf gut Glück auf der anderen Seite der Brücke das östliche Flussufer entlang und dann nach Süden Richtung Holy Well, wo es große Häuser gab mit viel Platz dazwischen und nicht so vielen Passanten. Jenseits des Sees erstreckte sich der Foynes Hill Richtung Leitrim, auf der linken Seite fielen die Felder ab bis zum Fluss. Der See weiter hinten sah aus wie ein Tropfen Quecksilber, silbrig, statisch und stumpf. Die Stadt wirkte schmutzig, dunkle Wolken wogten am Himmel. Auf dem Foynes Hill schien die Sonne noch, schwach wie Orangenlimonade. Die Sonne schien immer da oben auf dem Foynes Hill, im Sommer wie im Winter, bei Tag und bei Nacht.

Ich holte sie dort ein, wo der Volvo sich durch die engen Kurven quälte. Ich blieb in gemessenem Abstand, als sie Holy Well passierten, und folgte ihnen am Seeufer entlang, bis sie beim Hughes Point auf einen Picknickplatz abbogen. Ich nahm den nächsten Picknickplatz, ungefähr eine halbe Meile weiter, die ich durch einen dunklen Tunnel aus Nadelbäumen zurücklegte. Ich holte Herbies Digitalkamera aus dem Handschuhfach und joggte zwischen den Bäumen hindurch zurück.

Die Dämmerung brach an, dichtes Schneegrieseln setzte ein. Der Picknickplatz wurde auf drei Seiten von dichten Kiefern eingerahmt und auf der vierten Seite von der Straße begrenzt. Ich konnte zwei Picknicktische ausmachen, eine überquellende Mülltonne und den Volvo, der auf der anderen Seite der Lichtung parkte, was so idyllisch aussah, dass ich es kaum ertragen konnte. Drei Pfade führten zwischen den Bäumen hindurch zum Hughes Point, von dem man über den See hinweg bis zur Stadt blicken konnte.

Ich schlich zurück hinter die Bäume, machte ein paar Aufnahmen vom Auto und überlegte, ob ich einen der Pfade nehmen sollte, nur um mal auszuprobieren, ob das Glück mir weiterhin hold war. Ich entschied, dass ich es nicht erzwingen wollte, als ich hörte, wie sich auf dem Weg hinter mir knirschende Schritte näherten. Es war die Eiskönigin, die sich einen malvenfarbenen Seidenschal um den Kopf gewunden hatte, um ihr Haar zu schützen. Der Mann trug eine schwere Tweedjacke, olivgrüne Gummistiefel und hielt einen Regenschirm in der Hand gegen den Schneeregen. Ich hockte mich hinter einen dicken Baumstamm, richtete die Kamera auf den Pfad und machte ein paar Aufnahmen.

Sie gingen knapp zwanzig Meter entfernt vorbei, der Wind sorgte dafür, dass das, was sie sprachen, in Richtung Straße geweht wurde. Ich bemerkte ein paar rötlich verfärbte Wangen und einen Schopf grauer Haare unter der Schirmmütze. Das hätte jeder sein können, sogar der Papst oder eine Dragqueen, die sich noch nicht ganz in ihre Rolle gefunden hatte.

Sie gingen über den Picknickplatz auf den Volvo zu. Die Scheinwerfer flammten auf und beleuchteten die Bäume, hinter denen ich mich versteckte. Dann war er verschwunden. Ich rannte zwischen den Bäumen hindurch zum Golf und stieß nur ab und zu mit dem Gesicht gegen einen Stamm, aber trotzdem war keine Spur mehr vom Volvo oder dem Mercedes-Cabrio zu sehen, als ich den Parkplatz am Flussufer wieder erreichte.

Es war eine echte Pleite, eine von den vielen in der endlosen Liste von aufregenden Ermittlungen, durchgeführt von Harry J. Rigby, Experte für private Ermittlungen.

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