(Wahre Geschichte) Reggae Love, wenn die Liebe weint! Schwarz weiße Liebesodyssee

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Die beiden sprachen eine lange Zeit nicht miteinander. Sie spürten beide, dass eine andere Zeit gekommen war. Etwas ging zu Ende, etwas, das man nicht aufhalten konnte, aber auch nicht aufhalten sollte. Etwas, das man nicht versuchen sollte zu retten.

Das Frühstück schien ganz gut zu schmecken und sie genossen einfach die Zeit und die Tatsache, dass sie sich liebten, nicht nur wegen des Sexes oder wegen des Geldes. Sie würden nie ein normales Paar sein und sie wussten nun, dass sie für immer unzertrennlich sein würden. Eine Liebe für die Ewigkeit, egal, was passierte.

Auf dem Weg nach Bonaberi, da wo Johnny lebte, fragte Amina leise und traurig: „Werden wir uns noch mal sehen, bevor du gehst?“

Johnny antwortete nicht. Es saß einfach da, den Kopf auf der Kopfstütze des Beifahrersitzes, die Augen zu, schüttelte den Kopf langsam hin und her, hoch runter, als ob er ein Lied, das man nicht hören kann, sang.

Angekommen, da wo sie sich immer verabschiedeten, an einer Ecke neben dem Internetshop von Wadjo, stieg Johnny aus, ging um das Auto zum Fenster von Amina und machte ihr ein Zeichen, dass sie das Fenster runter machen sollte. Und er sah Amina zum ersten Mal ins Gesicht, seitdem sie im Restaurant geredet haben. Er merkte, dass sie still weinte.

Die Tränen liefen auf ihrem Gesicht zur Bluse und ihre schöne lila-orangene Bluse war total nass. Wie lange weinte sie schon so? fragte er sich. Sein Herz war auch nass, vielleicht viel nasser als ihre Bluse. Sie sah das einfach nicht. Er sagte nur: „Amina, lass mich gehen.“

Er drehte sich zum Gehen, ging auch einige Meter weiter und das Auto rollte schon langsam weg. Er schaute hinter sich und Amina merkte das und bremse leicht, aber ließ das Auto doch weiter langsam rollen, sehr langsam rollen, Johnny kam zurück und rannte zu ihr.

Er machte das gleiche Zeichen, damit Amina das Fenster runter ließ. Diesmal tat sie es nicht und ließ einfach das Auto weiter rollen, langsam rollen, langsam aber immer weiter weg von Johnny. Johnny stand da, wie ein Automat, fast zehn Minuten lang und diesmal überfluteten die Tränen sein Herz und schwappten über. Er spürte, wie nass nun auch sein Hemd wurde. Er wusste, dass die nächste schwere Trennung in seinem Leben nach dem Tod seines Vaters gerade stattgefunden hatte. Es gab keinen Weg zurück mehr. „Adieu, Amina“, schrieb er mit seinen Finger in der Luft.

Er hatte lange gebraucht, um den Tod seines Vaters zu verarbeiten. Diesmal würde er nicht zulassen, dass es so lange dauerte. Er wollte und würde diese Trennung nicht verarbeiten. Er wollte diese Schmerzen absichtlich behalten, er wollte weiter um sie trauern und immer nachtrauern. Deswegen würde er fröhlich sein und so tun, als ob er gut drauf wäre. Nur so würde er weiter an diese Frau denken, sie niemals verlieren, sie weiter und ewig lieben und auch ewig behalten können.

„Johnny, was ist los? Du gehst einfach so vorbei ohne Hallo zu sagen?“, das war Wadjo, der Besitzer des Shops. Johnny drehte sich um: „Ho, es tut mir leid Wadjo, wie geht es dir? Es ist alles in Ordnung, meine Gedanken waren bei Nicole, die ich gleich treffen werde. Freue mich so drauf“, versuchte er zu lügen.

Wadjo schaute ihn fragend an: „Wirklich bei Nicole? Wie lange kennen wir uns schon Johnny Waka? Seit Bafoussam. Es ist mehr als 20 Jahre her. Was ist los? Warum bist du so blass?“, er ging zu Johnny, nahm seine linke Hand, zog ihn zu sich, gab ihm eine Akkolade und sagte ihm: „Johnny, ziehe einfach weiter. Du bist so lange hier geblieben. Bonaberi ist mein Ziel, aber nicht deins. Ich bin angekommen und zufrieden. Du nicht. Verfolge deinen Traum. Geh weg von hier, wenn du dein Ziel erreichen willst. Bring dich auf den Weg. Ich will dich hier nicht mehr sehen. Du bist hier nicht mehr willkommen. Dieses Viertel will dich nicht mehr. Diese Stadt ist satt von dir. Dieses Land ist zu klein für dich. Johnny Walker ist somit beendet. Nicole ist somit heute beendet. Meine Tür ist für dich, wenn du wieder kommst, zu. Aber andere Türen sind offen und warten auf dich. Johnny der Große. Johnny der Killer. Au revoir, mendoTchoup ke joug. Gott ist mit dir. Geh ohne Angst.“

Johnny befreite sich aus der Hand von Wadjo, nahm ihn wieder in der Arm, umarmte ihn sehr fest: „Danke Bruder. Ich werde mich bei dir melden“, und eilte schnell nach Hause.

Er ging direkt in sein Zimmer ohne Rita zu rufen, wie er es immer gemacht hatte. Er saß auf dem Bett, die Hände zwischen dem Kopf. In diesem Moment kam Rita rein, stand vor der Tür und sah ihn lange an, vielleicht zehn, 20, 30 Minuten? Johnny bewegte sich nicht einmal. Rita fragte nur: „Du wirst doch warten, bis das Essen fertig ist? Die Kinder, das weiß ich, von ihnen hast du dich schon heute Morgen verabschiedet, ohne es zu wissen.“ Dann ging sie raus, ließ die Tür offen und so konnte sie von der Küche genau sehen, was Johnny machte.

Sie hatte ein frisches Hähnchen gekauft und wollte das Lieblingsessen von Johnny kochen. DG. Das ist eine Mischung aus frittierten Kochbananen, mit Hähnchen, Gemüse und frischen Gewürzen. Ein sehr leckeres Essen. Sie war sehr konzentriert dabei, das Hähnchen zu schneiden und bemerkte nicht, dass Johnny hinter ihr stand. „Ho, du hast mich erschreckt“, sagte sie. Im gleichen Moment sah sie die Reisetasche auf dem Boden und Johnny in einem Top Anzug. Er sah noch schöner aus als all die letzten Jahre.

„Komm her, du sture Frau“, versuchte Johnny lächelnd die Stimmung zu lockern. Sie ließ alles stehen, ging zu ihm und er nahm sie in seine Arme. Sie blieben lange so, bis Johnny sagte: „Gruß an die Kinder, und pass gut auf dich. Ich ruf dich an, wenn ich angekommen bin.“

Sie weinte und wollte ihn dran erinnern, dass er erst am Freitag fahren wollte. Aber sie wusste, dass es keinen Sinn hatte und dass Johnny gehen musste. „Johnny der Große, vergiss es nicht. Du schaffst es und wir warten auf dich und denken an dich. Die ganze Familie. Ich werde Mama nichts sagen. Ich werde allen sagen, dass es dir gut geht. Wir sind bei dir. Glaub an dich, Gott und dein Vater schützen dich, geh, geh ohne Angst“, sie versuchte in ihrem Weinen zu lachen.

„Danke Rita, weine nicht. Ich bin Johnny, ich werde gewinnen und ich vergesse euch nicht. Ciao.“

„Ciao, erster Tellerwäscher im Boss Designer Anzug“, sagte Rita zwischen Weinen und Lachen.

Johnny, der schon auf der Veranda war, schaute hinter sich nach Rita und lachte. „Ja, der Tellerwäscher im Boss Anzug, hat man nicht gesagt, dass alle Wege nach Rom führen? Dann bin ich schon in Rom.“ Und er lächelte komisch, als er wegging, als ob er wusste, dass er nie mehr in dieser Wohnung zurückkommen würde.

Als er wieder am Telefonshop vorbeilief, um auf der anderen Seite ein Taxi zu nehmen, hörte er Wadjo rufen: „Johnny, Johnny der Große, warte mal“, und sah ihn wieder in seinen Shop gehen.

Johnny ging deswegen in Richtung Shop, und als er reingehen wollte, war der Wadjo schon an der Tür.

„Was habe ich dir gesagt?“, fragte er. „Halt. Hier kommst du nicht rein. Du bist hier nicht mehr willkommen, bis du als der Große, nein als der Gewinner wieder kommst, mit einem dicken Geländewagen hier vor der Tür. Ich will auch angeben, dass ich reiche Leute kenne.“

Er drückte ihm einen großen Umschlag in die Hand und sagte: „Schau erst rein, wenn du im Taxi bist.“

Johnny steckte den Umschlag in seine Tasche und sagte: „Weißt du Wadjo, das Leben ist ein Win-Win Geschäft. Such dir nur deine Winseite und das Leben kommt mit seiner Winseite und macht mit ihm dann das Geschäft.“

Wadjo lachte zufrieden „Johnny Win-Win, ja das ist es, Johnny Win-Win der neue Johnny.“

Johnny reist nach Kribi und lernt eine Gruppe Deutscher kennen

Die Busstation, an der die Busse nach Kribi fuhren, war um diese Uhrzeit sehr belebt. Von dort gingen auch Busse nach Yaounde und es gab mehrere Busgesellschaft mit Hunderten von Bussen, die diese Linien bedienten.

Es stand auf verschiedenen Tafeln, dass die nächsten Bussen nach Kribi um 13 Uhr 30, 14 Uhr und 14 Uhr 30 losfahren würden. Sie müssten nach Aussage der Tafel schon losgefahren sein. Es war aber schon nach 15 Uhr und alle waren immer noch da. Es ist so, dass die Busgesellschaften einfach feste Abfahrtzeiten angeben, um Kunden anzulocken. Kaum einer respektiert diese Zeiten. Der Bus fährt los, wenn er voll ist. Und keiner der Busse war voll, das hieß: so lange warten bis fast alle Plätze besetzt sind. Deswegen kann man um 8 Uhr an einer Busstation ankommen und erst um 14 Uhr losfahren. Glück gehabt, dachte Johnny. Die Gepäckträger und Vermittler kämpften miteinander um die Kunden. Jeder vermittelte Kunde bedeutet Provision für die Vermittler.

Johnny bevorzugte den modernsten Bus, der da war, obwohl es darin noch mehr freie Plätze gab als in den anderen Bussen. Der Bus war teurer als die anderen, deswegen waren im Vergleich weniger Leute drin. Irgendwann würden die Verantwortlichen die Preise auf das Niveau der anderen senken, um mehr Kunden zu locken. Sie wussten das auch, aber bis dahin hatten sie auch schon einige Kunden gewonnen, die wie Johnny wegen der Bequemlichkeit lieber bis zu 100% mehr bezahlt hatten: wie an der Börse halt.

Johnny saß seit einer Stunde im Bus und wartete, dass der Fahrer anfuhr. Gegen 17 Uhr war es so weit und auf einmal hatte der Fahrer es eilig.

Es wurde gehupt, geschrien. Sie müssten noch vor der Dunkelheit in Kribi ankommen. Er tat so, als ob er die ganze Zeit nicht gewusst hätte, dass es um 18 Uhr schon fast überall in Kamerun dunkel ist. Die Passagiere versuchten noch durch das Fenster einiges an Proviant zu kaufen.

Johnny lachte nur. Typisch kamerunisch. Die ganze Zeit sitzen sie einfach so im Bus und wissen, dass der Bus bald fahren wird. Erst als der Motor an ist und der Bus schon langsam losrollt, denken sie daran, dass sie noch Wasser, noch Saft, noch etwas zu essen brauchen. Der Fahrer kennt die Situation, aber um Druck zu machen, lässt er den Bus weiter langsam rollen, manchmal gibt er Gas und dann wieder langsamer bis irgendwann mal alle Passagiere das bekommen haben, was sie wollten.

 

Man muss in Kamerun sehr geduldig sein, meinte er. Geduld war aber eine seiner Stärken. Der Bus fuhr Richtung Osten aus der Stadt Douala in Richtung Yaoundé/Edea/Kribi. Um diese Uhrzeit wimmelt es nur so von Taxis, Pkws und vor allem Unmengen von Mototaxis, die manchmal bis zu vier Personen trugen. Endlich waren sie raus aus der Stadt und fuhren auf eine ganz ordentliche Straße nach Kribi. Die Spannung sank endlich.

Im Bus lief ganz gute Musik, man fühlte sich einfach wohl darin. Die Passagiere schienen nett zu sein und hinter Johnny entbrannte eine heiße Diskussion über Fußball. Über Eto´o, Roger Milla und die nationale Mannschaft „die unbezähmbaren Löwen“.

„ Eto´o ist der beste Stürmer der Welt. Seht ihr nicht, was er in Barcelona macht?“, sagte der eine.

„Es ist uns egal, ob er in Europa der beste Stürmer ist, für uns in Kamerun ist und bleibt Roger Milla, unsere Roger der beste Stürmer“, sagte eine Frau um die 40, die die ganze Zeit mit einer Gruppe von Männern über Fußball diskutierte.

„Ha, du bist nur eine Frau, die keine Ahnung vom Fußball hat. Hat Roger Milla jemals in einer großen Mannschaft gespielt? Hat er so viel verdient, wie Eto’o?“

Die Frau ließ sich nicht einschüchtern: „Ob ich Ahnung habe oder nicht, ist egal. Wichtig ist, was der eine für unser Land getan hat. Ich war mehrmals in Europa, wenn ich sage ich komme aus Kamerun, fragen alle nach unserem Roger. Jeder kennt ihn, aber Eto´o? Wer denn?“

„Haha, typisch Frau“, entgegnete der Mann wieder, „ihr seht nur das Äußerliche.“ Ein anderer Mann intervenierte: „Lass es sein, uns immer mit dem Gegenargument „typisch Frau“ überzeugen zu wollen. Hier geht es nicht um Frau oder Mann. Sag uns einfach, warum für einen Kameruner Eto´o besser ist als Milla? Auf wen ein Kameruner stolzer sein sollte, wer für unseren Fußball und für das Land mehr gemacht, sich geopfert hat. Ja, das ist die Frage und wir wollen dafür deine Argumente hören und nicht nur Frau hier, Frau da.“

Der ganze Bus lachte. Das hatte gesessen. Der andere schaute auf seine Kumpels, die ihm die ganze Zeit mit dem Kopf zugenickt hatten, um zu zeigen, dass sie mit seiner Ausführung einverstanden waren, ja er schaute ein bisschen ratlos nach ihnen, um Unterstützung anzufordern. Leider bekam er sie nicht. Die Blicke der Kumpels waren nun auf die Straße fixiert.

Sie waren nun in Edea, eine kleine Altstadt in Kamerun zwischen Douala und Yaounde, wo der Sitz einer großen Aluminiumfirma ist und auch das große Kraftwerk, das Kamerun mit Elektrizität versorgt.

Der Busfahrer bog rechts an der Kreuzung Richtung Kribi ab auf eine sehr schöne Straße in sehr gutem Zustand. Die Landschaft war hier auch schon anders, sehr wenige Häuser, viel Grünes, wie eine Autobahn durch eine intakte Natur.

Der Mann griff wieder an. Anscheinend wollte er sich nicht so leicht geschlagen geben. „Ja Milla, Milla, man muss die Sache in die Zeit einordnen. Eto´o verdient heute hundertmal mehr als Milla und damit ist er ein Schwarzer, der unter den Besten ist. Das macht uns stolz und er schießt Tore und Tore und Tore. So viele wie keiner vor ihm.“

Die Frau lächelte. „Er verdient hundertmal mehr als unser Roger in seiner Zeit. Gerade das ist ja das Problem. Roger hat mit so wenig Geld mehr für Kamerun getan. Es geht auch um das Verhalten. Eto´o ist arrogant und benimmt sich schlecht. Sein Verhalten zerstört die Stimmung in der ganzen Mannschaft. Er ist ein Arrivist, der von der Straße zum großen Geld gekommen ist und denkt nun, er kann sich alles leisten.“

Die Frau bekam Unterstützung von dem Busfahrer: „Ihr geht zu weit, glaube ich. Eto´o zu vergleichen mit Roger Milla ist eine Majestätsbeleidigung. Es gibt da nichts zu vergleichen. Man müsste ihn mit Rigo vergleichen, Rigobert Song ist viel patriotischer als Eto´o. Er kämpft mehr für das Land als Eto´o.“

Weitere Unterstützung bekam die Frau von verschiedenen Leuten im Bus. „Es ist uns egal, was Eto´o verdient. Kommt ein Cent davon in meine Tasche?“, sagte ein alter Mann. Eine andere Frau mischte sich auch ein: „Er hat sogar gesagt, er würde nie eine kamerunische Frau heiraten, weil sie schlecht wären … h´´e, Mouf, er soll verschwinden mit seinem dickem Kopf. Auch mit seinem ganzen Geld kriegt er nicht die letzte Kamerunerin.“

Der ganze Bus lachte sich kaputt.

„Ja, er ist nur bei den Weißen gut. Er hat Komplexe vor Weißen. In der kamerunischen Nationalmannschaft macht er nur Probleme. Bei den Weißen ist er angepasst und hier will er so tun, als ob er wichtiger ist? Sa tête la m´énerve beaucoup. Er schießt sowieso nur Tore wegen Ronaldhino…“

Es war ganz schnell klar, wer der Favorit der Kameruner im Bus war.

Die Fahrt ging bis dahin sehr gut. Johnny saß direkt hinter dem Fahrer am Fenster. Neben ihm war eine Gruppe von deutschen Urlaubern, die die ganze Zeit ruhig die Diskussion verfolgte und sehr interessiert die schöne Landschaft anschauten. Der eine neben ihm streckte öfter die Hand durch das Fenster nach draußen, um Bilder zu machen. Sie überquerten gerade eine Brücke über einen langen Fluss. Sehr schöne Sicht. Johnny schubste ihn und macht ihm ein Zeichen doch gerade hier Bilder zu machen. Der Mann versuchte es, aber da es schwer war, immer so schnell mit dem Fotoapparat zu reagieren, fragte ihn Johnny, ob er nicht doch direkt am Fenster sitzen möchte. Der Deutsche war überglücklich und nahm das nette Angebot gern an. So konnte er ungeniert bessere Bilder von der Landschaft machen.

„Merci beaucoup, c’est gentil“, sagte er.

„De rien, you are welcome”, antwortete Johnny.

Sie wechselten die Plätze und Johnny sagte auch zu der Frau, die neben dem Deutschen saß auch weiter nach links zu ihrem Kumpel durchzurutschen. Er würde dann zwei Plätze weiter nach rechts gehen, damit die beiden sich nicht trennen. Die Frau bedankte sich auch und sagte: „Stefan, das ist sehr nett von dem Mann. In Deutschland würde so etwas nie passieren. Die Menschen sind hier einfach nicht auf sich selbst fixiert, sie tun viel für die anderen einfach so, damit es den anderen gut geht. Das gefällt mir hier mit dieser Mentalität.“

Johnny lächelte und fragte sich, reden sie mit mir? Ich verstehe kein einziges Wort Deutsch. Der nun am Fenster saß und Stefan hieß, antwortet in einem ziemlich guten französisch: „Nein sie hat sich bedankt und freut sich über die Mentalität hier, ich heiße Stefan.“

„Ich..., humm, nennt mich einfach Johnny, meine Freunde nennen mich aber Johnny Win-Win.“

Alle lachten über den Spitznamen. „Win, win?“, fragte die deutsche Frau neben Stefan.

„Ja Win-Win. Kennt ihr in Deutschland sowas wie Spitznamen nicht?“

Die Frau antwortete in einem passablen Französisch: „Doch, das kennen wir. So was gibt es in Deutschland, aber öfter ist es eine Abkürzung oder Ableitung des richtigen Namens, z.B. wie Klinsi, das kommt von dem bekannten Fußballspieler Klinsmann.“

„Ja Klinsmann kenne ich, das war doch eine Mannschaft 1990. Damals war ich auch Jugendlicher, sehr aktiv, ich muss so um die17 gewesen sein. Wir haben Deutschland immer die Daumen gedrückt. Rudi Völler, Matthäus, aber mein Liebling damals war Riedle, richtig? Riedle glaube ich etwas mit Karl oder so ähnlich.“ Da sprach zum ersten Mal der andere Deutsche, der ein bisschen älter war und die ganze Zeit gelesen hatte: „Karl-Heinz Riedle, meinen Sie?“

„Ho, ja Karl Heinz Riedle, den habe ich gemocht.“

„Ich glaube“, sagte Stefan, „es wäre höflich, wenn ich dir alle vorstelle. Wie gesagt ich heiße Stefan, bin Agraringenieur, sie –“, die Frau, die mit Johnny gesprochen hatte, „heißt Anna, sie ist Augenärztin“, er zeigte auf den, der Riedle kannte, „Günther ist auch Augenarzt, sie“, die andere Frau, die schlief, „ist Carla, Praktikantin, und der letzte heißt Mauritz, der Jüngste unter uns, er macht hier sein Auslandspraktikum. Wir arbeiten in Bamenda für eine Entwicklungsorganisation. Anna, Günther und ich sind seit zwei Jahren öfter hier. Wir kommen immer so zweimal im Jahr her und bleiben ungefähr drei Monate. Diesmal waren wir sechs Monate am Stück da und wollen nun unsere letzten 14 Tage Urlaub machen. Dann kehren wir nach Deutschland zurück. Aber Mauritz und Carla bleiben noch vier Monate glaube ich, ja vier Monate. Wir freuen uns sehr auf Kribi, aufs Meer, weißen Sand, leere Strände, Kokosnüsse, Ananas, Melonen, vielleicht sogar kleine Affen, Erholung pur.“

Johnny, ganz Gentleman, grüßte alle bis auf die Schlafende mit Namen Carla: “Hallo Stefan, hallo Anna, hallo Günther, hallo Mauritz, ich bin der Johnny.“

Anna ergänzte: „Johnny Win-Win, so ist es, oder?“ Johnny lächelte nur. Anne fragte ihn: „Warum Win-Win? Bist du immer nur im Business?“ Johnny antwortete: „So in etwa kann man das behaupten. Das Leben ist ein Win-Win Geschäft oder ein Lose-Lose Geschäft. Da ich ein positiver Mensch bin, und es liebe zu gewinnen, haben meine Freunde mir diesen Spitznamen Win-Win gegeben.“

„Was machst du so beruflich und was machst du in Kribi? Auch Urlaub?“, fragte Stefan. Johnny mit seinem charmanten Lächeln antwortete nicht direkt. Er antwortete strategisch mit einer Gegenfrage: „Ihr dürft dreimal raten, und wer nah dran ist, bekommt von mir ein Dinner spendiert, ein drei Gänge Menü mit Champagner.“

„Humm, ein Galan“, sagte Anna. „Du musst uns aber dabei helfen. Sehr warm heißt richtige Richtung. Wärmer sagst du, je näher wir dran sind und umgekehrt mit kalt. Ich fange an: du bist ein Akademiker bzw. du hast studiert.“ Johnny sagte: „Sehr warm“.

„Du bist auf Urlaub in Kribi“, sagte Günther.

„Sehr kalt“, antwortete Johnny.

„Dann bist du beruflich in Kribi“, sagte Anna wieder.

„Warm“, antwortete Johnny.

„Das ist schon drei Mal“, meinte Stefan, „aber ich würde noch dazu sagen, dass du nicht ganz beruflich in Kribi bist, sondern geschäftlich, wenn dein Name schon Win-Win heißt.“

Johnny sagte ganz relaxed: „Ok, ihr alle seid nah dran, deswegen kriegt ihr alle zusammen das Menü, auch Carla.“ Die wurde gerade wach, als sie hörte, wie die vier laut lachten. Sie fragte, worum es ginge und was mit ihr sein sollte.

Johnny schaute sie ungewollt direkt an, und ihre Augen trafen sich so intensiv, dass Carla rot wurde. Jeder konnte es merken. „Bist du immer so schön, wenn du aufwachst? Man könnte sagen, Deutschland hat seine schönsten Frauen nach Kamerun geschickt und zwei davon befinden sich mit mir in diesem Bus.“ Ja, Johnny war wieder mal in seinem Element. „Ich heiße Johnny, aber Anna will immer, dass ich Win-Win nicht weglasse. Deswegen einfach Johnny Win-Win.“

„Ich heiße Carla, Carla Schröder, freue mich dich kennenzulernen.“ „Schr… Sh… che… Scscöder...?“, versuchte Johnny den Namen auszusprechen. „Nein, das ist nichts für mich. Aie, die deutsche Sprache ist wie eine Kriegssprache, eine Kommando-Sprache, sehr schwer. In der 9. und 10. Klasse hatte ich Deutsch als zweite Fremdsprache. ‚yao lernt Deutsch, gut Morgen, gut Abend, gute Nacht, wer bist du, mein Name ist Johnny…‘ das kenne ich noch, sonst nix mehr.“

Carla lächelte ein bisschen geniert, da Johnnys Aufmerksamkeit nun nur ihr zugeteilt war und die anderen sich vielleicht ausgeschlossen fühlten. Deswegen versuchte sie, die Ausführung von Johnny nicht weiter zu kommentieren als mit einem Lächeln, und sie versuchte, aus der Johnny-Umklammerung mit einer Frage auf Deutsch an Anna zu entkommen.

Johnny ließ sich so nicht beeindrucken: „Hast du jetzt Geheimnisse vor mir?“

„Wieso?“, fragte Anna. „Du hast Geheimisse vor uns. Du hast noch nicht gesagt, was du machst und was du in Kribi machen willst?“

„Ha, es ist mir eigentlich egal, aber ich freue mich riesig auf sein kostenloses Dinner, wann wäre das?“, fragte Stefan.

„Du schon wieder, Stefan, immer das gleiche. Alles ist dir egal bis auf Essen“, betonte Anna ein bisschen genervt.

„Warum willst du wissen, was er macht und was er in Kribi vorhat? Immer sehr neugierig. Typisch deutsch, Johnny. Geheimnisse sind Folter für Deutsche. Sie können nicht mit etwas umgehen, was sie nicht kontrollieren können, oder wo sie zumindest das Gefühl haben, es kontrollieren zu können.“

„Hein, ich will ihn gar nicht kontrollieren. Übrigens weiß er auch, wer wir sind und was wir dort machen. Ich finde das überhaupt nicht als ein Problem, wenn ich mich für die Kultur der Menschen interessiere“, entgegnete Anna.

 

„Naja, Interesse an der Kultur, höchstens an ihm, auf jeden Fall freue ich mich auf das Dinner“, sagte Stefan und machte schon wieder Bilder, um sich auszuklinken.

„Ist kein Problem“, sagte Johnny, der diese kleine Diskussion mitverfolgt hatte. “Ich bin ein Geschäftsmann aus Douala und möchte in Kribi einen Job suchen, einen Job in einem Hotel.“

Alle waren überrascht. Sie hätten an alles gedacht, aber nicht, dass er nach Kribi fährt, um einen Job zu suchen.

Diesmal reagierte sogar der Es-ist -mir-egal-Mann Stefan doch ein bisschen irritiert bzw. überrascht.

„Du willst uns doch nicht verarschen, oder?“, fragte Stefan.

„Nein, es ist wirklich so. Ich möchte einen Job in einem Hotel, sei es auch als Tellerwäscher oder als Müllsammler am Strand. Egal was. Entwarnung: Ich experimentiere nur etwas. Ich möchte sehen, wie es ist, diesmal nicht als Chef, sondern als einfacher Arbeiter zu arbeiten und Anweisungen von Dritten auszuführen und zu befolgen. Das habe ich noch nie erlebt und es interessiert mich sozioökonomisch sehr. Ich schreibe gerade ein Buch über das Sozialverhalten von Menschen aus den sogenannten unteren Klassen und was man von ihnen lernen kann.“ Ja, Johnny konnte mit einem Wort eine goldene Pyramide bauen. Das Gold hier waren seine Ideen. Er war in seinem Element. Er war eine Art Alchemist des Lebens. Er fand immer die richtige Antwort, um sich von schwierigen Fragen zu befreien. Seinen Plan hatte er noch niemandem erzählt.

Man konnte an den Gesichtern der Deutschen erkennen, wie die Anspannung weg war.

Stefan war erleichtert, dass sein Baugefühl ihn nicht getäuscht hatte, er sagte: „Es hätte mich wirklich erstaunt. So schlechte Menschenkenntnis habe ich nicht. Ich bin kein Branchenkenner, da ich viele meiner Sachen bei C&A kaufe. Aber wenn ich sehe, was du da anhast, alles top, von Boss und Prada. Wenn ich deine Ausstrahlung, deine Allüren, deine Manieren und dein Benehmen sehe, kann ich hundertprozentig davon ausgehen, dass du keinen Job brauchst. Du bist also einer von oben, der aus Langweile das tut, was konträr zu dem ist, was er immer getan hat, oder?“

Zum ersten Mal versuchte Johnny, seine neuen Freunde genau zu betrachten.

Der Stefan sah wirklich aus wie ein Agrarmensch, wie ein Ökotyp. Er war normal groß, vielleicht 1,80 m, dünn mit langen, ungepflegten Haaren und kurzem Bart. Hinter der Fassade konnte man einen schönen Mann sehen, wenn er noch fünf Kilo mehr zunehmen würde. Johnny schätzte, dass er Mitte 30 sein könnte. Er sah locker aus, wie so ein Mensch, der sich wenig um seine Umwelt kümmert, nein besser gesagt einer, der sich nicht kümmert, was seine Umwelt über ihn denkt. Er hatte eine Jeans angezogen und ein schwarzes T-Shirt, das dem Augenschein nach schon mehrmals gewaschen wurde und seine Farbe ziemlich verloren haben. Er trug solche Schuhe, die man hier in Kamerun nur auf dem Second Hand Markt aus Deutschland kriegen konnte. Solche Schuhe, die auch in 100 Jahren immer noch getragen werden können.

Günther war das Gegenteil von Stefan. Zwar nicht so richtig elegant, aber schon ziemlich gepflegt. Seine Haare waren schön geschnitten. Er war ein zurückhaltender Mensch, lächelte hier und da und schaute niemandem wirklich direkt in die Augen. Er war sicher älter als Stefan, aber nicht älter als 42, 43 Jahre. Er sah gebildet aus, mit einer Brille, an der man ihn aus 100 Meter Entfernung als Akademiker erkennen konnte. Er trug eine Jeans, ein kurzärmeliges weißes Hemd und Lederschuhe, die nicht billig aussahen.

Mauritz sah noch sehr jung aus. Er könnte gerade 21 oder 22 Jahre alt sein und sah, wie alle jungen Menschen in diesem Alter, aus wie aus dem Fernsehen. Er hatte um seinen Hals seinen MP3 Player, trug eine Kappe, eine schöne Jeans, T-Shirt und Turnschuhe von Adidas. Er war ziemlich groß und sah sehr sportlich aus. Ja, über ihn war wenig zu sagen. Ein ganz normaler Mann im Wachstum.

Anna, humm Anna, dachte Johnny, könnte er abschleppen. Sie könnte ihm gefallen. So fing Johnny immer an, wenn er eine Frau beschrieb. Wenn es um Frauen ging, war bei ihm die erste Frage „Kann sie mir gefallen?“ Seine Antwort war ziemlich klar: Ja. Sie war ca. 1,74m groß, sehr gepflegt, eine schöne Frisur, sehr schön geschminkt. Sie könnte Anfang/Mitte 30 sein, sah in ihrem schwarzen Rock so aus, als ob sie gut gebaut sei. Beine in Ikonen Form oder in V-Form, volle, muskulöse Oberschenkel, aber nicht dick. Ganz normales Gewicht für ihre Größe. Unten ihrer braunen, gut geschnittenen Bluse konnte man 2 volle und große Brüste erkennen. Sie sah eigentlich schön aus. Man konnte sagen, ja, das ist eine schöne Frau. Es fehlte bei ihr aber die leidenschaftliche, die erotische Ausstrahlung. Aber man konnte erkennen, dass diese Frau auch fantasievoll sein konnte. Sie war offen, interessiert, lachte viel.

Carla war eine Mischung aus allem. Sie war auch ziemlich jung. Vielleicht zwischen 18 und 20 Jahren? Aber sie hatte schon eine sehr starke Ausstrahlung. Sie strahlte nur so vor Selbstbewusstsein. Solche Mädchen, die schon sehr früh wissen, was sie wollen und ihr Ziel stur verfolgen. Man konnte sofort merken, dass sie eine unabhängige Frau war, aber auch noch naiv. Sie musste ca. 165-170 cm groß sein, mit einer guten, afrikanischen Figur. Nicht dünn, nicht dick, aber alles dort, wo es halt hingehört. Sie schaute Menschen direkt in die Augen und in ihren Augen konnte man sehen, wie sie alle Information regelrecht verschlang. Dabei aber stieß sie – so würde man sagen, wenn es um Tiere ginge – unabsichtlich viele Lockdüfte aus, die einen normalen Mann nicht unberührt lassen. Johnny war sich sicher, sie machte es nicht absichtlich, sie war einfach so träumerisch, Menschen, die die Welt noch verbessern wollen und allen vertrauen. Dieser einzige, zufällige, scharfe Blick vorhin hatte bei beiden Spuren hinterlassen, da war sich Johnny sicher.

Während dieser Betrachtung ging das Gespräch unter den vier Passagieren ganz normal weiter. Carla war wieder wach, nur Mauritz hörte seine Musik und beteiligte sich nicht so an dem Gespräch.

„Hast du schon eine Ahnung, in welchem Hotel du dort arbeiten möchtest?“, fragte Anna interessiert.

„Nee, keine Ahnung, vor Ort werde ich auf die Suche gehen“, antwortete Johnny.

„Wie lange willst du dort bleiben und arbeiten?“, fragte Carla.

Johnny überlegte doch ein bisschen und antwortete ohne Carla anzuschauen: „Ich weiß nicht genau, wie lange ich dort bleibe, aber Kribi ist nur ein Zwischenstopp und ein kurzer Trip auf dem Weg zu meinem größten Experiment. Ich gebe mir keine genaue Zeit, um mir keinen Druck zu machen. Ich weiß nur, dass es von Kribi aus einfacher wird, dass zu tun, wovon ich träume.“

Er hatte entschieden, da Carla in ihm etwas ausgelöst hatte, dass er ihr ab nun einfach keinen weiteren Blick zuwenden würde. Er würde versuchen, sie zu ignorieren, gerade um sich noch interessanter zu machen und Carla zu verwirren.

Carla sollte sich fragen: Was los ist? Ob sie ihn vielleicht verletzt hatte, ohne es zu wissen? Dieses Gefühl von Zweifeln und Fragen würde sie verwundbar machen und somit sehr leicht angreifbar. Johnny hatte immer für alles, wenn es um ihn ging, einen Plan. Selten machte er Sachen unbedacht. Etwas in ihm sagte ihm, du musst diese Frau berühren, küssen, streicheln und mit ihr schlafen. Er ahnte, dass die Schwierigkeit der junge Mann Mauritz sein könnte. Johnny vermutete, dass sie ein Paar waren. Natürlich ist das in Kamerun kein Hindernis, im Gegenteil, es ist eine größere Herausforderung.