Lebenskompetenzen erweitern (E-Book)

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Ressourcenorientiert unterrichten

Für die Art und Weise, wie konkret unterrichtet wird, gibt es viele theoretische Modelle. Eines der aktuellsten stammt von Schubiger (2013, S. 35 f.), der mit seinem Lernprozessmodell RITA für den kompetenzorientierten Unterricht vier Phasen vorschlägt: «Ressourcen aktivieren», «Informationen verarbeiten», «Transfer anbahnen» und «Auswerten». In jeder Phase werden, wo immer möglich, Wissen, Können und Wollen aktiviert und Problemstellungen eingebaut. Jede Phase hat ihre eigenen Schwerpunkte und Methoden.


Bei «Ressourcen aktivieren» geht es darum, an bereits Vorhandenes anzuknüpfen und Interesse und Motivation zu wecken. Dazu werden die Erfahrungen aller Beteiligten ausgetauscht. In der Phase «Informationen verarbeiten» wird neues Wissen erworben und integriert. Dazu gehören der Austausch ebenso wie die individuelle Erarbeitung und das Üben. Schubiger betont die Phase «Transfer anbahnen» als wesentlich, um den Bezug zum realen Leben oder zur Berufspraxis herzustellen. Dieser Praxisbezug lässt sich besonders gut über aktuelle Problemstellungen bewerkstelligen. In der Phase «Auswerten» wird überprüft, welche Lernfortschritte erreicht wurden.

Der zeitgemäße ressourcenorientierte Unterricht berücksichtigt entsprechend zwingend:

•den umfassenden Einbezug von Erfahrungen und Wissen aller Beteiligten;

•einen intensiven Austausch untereinander;

•einen hohen Praxisbezug;

•viel Handlungsorientierung.

Performanzorientiert beurteilen

Eine Kompetenz wird am Schluss nicht direkt, sondern indirekt über ihre Performanz beurteilt. Da Performanz sich in typischen Situationen zeigt, kann sie mithilfe von Testaufgaben messbar gemacht und auch in verschiedene Schwierigkeitsgrade unterteilt werden. Diese Performanzstufen werden häufig in Kompetenzrastern dargestellt. Die Anordnung in einer Matrix erlaubt einen schnellen Überblick sowohl über die zu erwerbenden Ressourcen als auch über die verschiedenen Ausprägungsstufen innerhalb dieser Performanzen.

Wenn performanzorientiert beurteilt werden soll, gehören folgende Elemente zwingend dazu:

•Es wird Verhalten beurteilt.

•Es werden standardisierte typische Handlungssituationen definiert.

•Der/die Lernende kann seine/ihre Ressourcen in der Handlungssituation mobilisieren.

•Der/die Lernende kann seine/ihre Handlungen analysieren und begründen.

Lebenskompetenzen: Soft Skills


Soft Skills werden diejenigen Kompetenzen genannt, die eng mit der Persönlichkeit eines Menschen verbunden sind und seine Identität prägen. Sie können als Schmiermittel oder Katalysatoren in Gesellschaft, Beruf und Familie verstanden werden, mit deren Hilfe die fachlichen Kompetenzen effektiv und konstruktiv genutzt werden können. Dank Soft Skills sind Menschen in der Lage, konstruktiv mit komplexen, uneindeutigen und wenig strukturierten Herausforderungen im beruflichen und persönlichen Alltag umzugehen.

Im Buch Soft Skills fördern (Meyer 2011) wird eine Fülle von Soft Skills anhand von beobachtbarem Verhalten beschrieben. Unterschieden werden die folgenden sechs Soft-Skills-Bereiche:

•Entwicklungskompetenz (Lernbereitschaft, Reflexionsfähigkeit, Entwicklungsbedarf feststellen, Entwicklung planen, Entwicklungserfolg überprüfen);

•emotionale Kompetenz (Selbsterkenntnis, Selbstdisziplin, Selbstständigkeit, Engagement, Empathie);

•Wirkungskompetenz (Echtheit, auftreten, präsentieren, sich durchsetzen, Zivilcourage);

•kommunikative Kompetenz (Kommunikation verstehen, zuhören, Dialoge führen, verhandeln, schwierige Gesprächssituationen meistern);

•Beziehungskompetenz (Beziehung gestalten, Konflikte bewältigen, andere in ihrer Veränderung unterstützen, erziehen, führen);

•Gruppenkompetenz (Gruppendynamik verstehen, zur Gruppe dazugehören, eine gemeinsame Arbeit bewältigen, Gruppen leiten, kritische Gruppensituationen meistern).

Immer, wenn im vorliegenden Buch bestimmte Soft Skills benannt werden, handelt es sich um diese im Buch Soft Skills fördern beschriebenen Kompetenzen.

Es ist wohl unbestritten, dass eine Persönlichkeit mit gut ausgebildeten Soft Skills deutlich akzeptierter, erfolgreicher und angenehmer im Umgang ist als ihr Gegenteil. Soft Skills sind nicht an bestimmtes Fachwissen oder an spezifische Berufe gebunden, auch weniger gebildete Menschen können weit entwickelte Soft Skills haben.

In diesem Buch wird synonym zum Begriff «Soft Skills» auch der Begriff «Lebenskompetenzen» verwendet, weil er zum Ausdruck bringt, dass diese Kompetenzen wesentlich zu einem befriedigenden Leben beitragen. Auch die WHO verwendet den Begriff «Lebenskompetenzen». Sie definierte 1994 zehn Kernkompetenzen, die es im Rahmen der Lebenskompetenzförderung zu vermitteln gilt. Dazu gehören die Selbstwahrnehmung, die Empathie, das kreative Denken, das kritische Denken, die Entscheidungsfähigkeit, die Problemlösefertigkeit, die kommunikative Kompetenz, die Beziehungsfertigkeiten, die Gefühlsbewältigung sowie die Stressbewältigung (WHO 1994).

Jeder Mensch hat ein eigenes Kompetenzprofil mit unterschiedlich starken Ausprägungen in den verschiedenen Kompetenzbereichen. Bildlich gesprochen, bringt jeder Mensch ein Bouquet an Lebenskompetenzen mit.


Abb. 3: Die verschiedenen Soft Skills (Blumen) fügen sich zur Persönlichkeit zusammen

Die einzelnen Soft Skills hängen nur bedingt voneinander ab und stehen in keinem direkten Zusammenhang mit Fachkompetenzen. Es ist sehr gut möglich, dass jemand sehr viel von einem Fachgebiet versteht und gleichzeitig eine unfähige Führungsperson, ein unzuverlässiger Freund oder eine überbehütende Mutter ist. Jede Person hat ihre individuellen Stärken und Schwächen.

Im Lauf der Zeit können sich diese verändern. In gewissen Lebenssituationen geschieht das von selbst, außerordentliche Umstände oder wichtige Bezugspersonen lösen eine Entwicklung aus. Manchmal wird eine Entwicklung in einem Soft Skill auch bewusst angestrebt.

Mitmenschen übernehmen dabei eine wichtige Rolle. Lehrpersonen beeinflussen die persönliche Entwicklung von Menschen, auch wenn sie hauptsächlich fachliche Kompetenzen unterrichten. Andere Lehrpersonen schulen Soft Skills explizit. Zum Beispiel für berufliche Tätigkeiten, bei denen Soft Skills zu den Kernkompetenzen gehören, wie Pflege, Betreuung, Beratung, Erziehung, Lehren und Führen. Und in vielen Beratungs- und Coaching-Angeboten stehen die Soft Skills im Mittelpunkt. Sogar im Lebensalltag mit nahestehenden Personen wird die Entwicklung der andern maßgeblich beeinflusst, wenn auch häufig nicht reflektiert.

Oft fehlt den Personen, die einen Entwicklungsprozess reflektiert und gezielt anstoßen und begleiten wollen, das notwendige Wissen dazu.

Wer Entwicklungsprozesse bei anderen begleitet, muss selbst kompetent sein!

In den nächsten drei Kapiteln wird deshalb aufgezeigt, wie Lernbegleiter/-innen konkret vorgehen können, wenn sie bei ihren Lernenden oder zu fördernden Personen Soft Skills gezielt und reflektiert planen, erweitern und überprüfen wollen.

2. Die Erweiterung von Soft Skills kompetenzorientiert planen


In diesem Kapitel wird dargestellt, wie die Erweiterung von Soft Skills kompetenzorientiert geplant werden kann. Während Fachkompetenzen in Berufsbildern meistens klar definiert sind, ist die Situation bezüglich der Erweiterung von Soft Skills weniger eindeutig. Häufig ist nicht allen Beteiligten klar, dass zu einem Bildungs- oder Beratungsangebot auch die Förderung von Soft Skills gehört. Sie sind überrascht, dass sie mit ganz persönlichen Fragen konfrontiert werden, wenn sie ursprünglich nur ein paar Informationen wollten. Häufig sind weder die Rollen geklärt noch der Bedarf oder die Absichten offenkundig. Für die beratende und lehrende Person ist es aber wichtig, im Vorfeld alle diese Aspekte zu klären. Zusätzlich dazu können Merkmale eines aufbauenden Entwicklungsklimas benannt werden, das es wahrscheinlicher macht, dass tatsächlich Persönlichkeitsbildung stattfindet. Die Themen in diesem Kapitel lauten deshalb:

•Merkmale eines aufbauenden Entwicklungsklimas: Wissen darüber, in welchem Klima Soft Skills gut gedeihen;

•Schauplätze der Erweiterung von Lebenskompetenzen;

•Klarheit über die eigene Rolle;

•Bedarf und Auftrag klären;

•Entwicklungsabsichten und Kompetenzstufen.

Die Merkmale eines aufbauenden Entwicklungsklimas

Es ist ziemlich unbestritten, dass in einem guten Klima besser gelernt wird. In besonderem Maße gilt dies für Soft Skills. Es ist faktisch unmöglich, in einem einschüchternden Klima, unter Druck und mit Gewalt die eigene Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Und wo Fehlermachen bestraft wird, ist kein freudiges Lernen möglich. Soft Skills gedeihen da, wo man spielen, etwas ausprobieren und scheitern kann, wo man geschätzt und respektiert wird.

 

Nur in einem aufbauenden Entwicklungsklima gelingt das Aufblühen der Lebenskompetenzen.


Abb. 4: Aufbauendes Entwicklungsklima

Dafür zu sorgen, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Lehrpersonen oder Beratenden. Das beginnt bereits bei der Planung. Auch während des Lernprozesses liegt es in ihrer Verantwortung, immer wieder darauf zu achten.

Ein aufbauendes Entwicklungsklima ist durch folgende sieben Merkmale gekennzeichnet (a r b o w i s):

aanerkennend

rressourcenorientiert

bbeziehungsorientiert

oohne Druck

wwertebasiert

iinvolvierend

sSelbstständigkeit fördernd

Alle Anwesenden sind an der Gestaltung des Lernklimas beteiligt.

Alle Anwesenden sind an der Gestaltung des Lernklimas beteiligt, nicht nur die Lehrpersonen. Letztere tragen jedoch besondere Verantwortung und greifen bei negativen Einflüssen korrigierend ein. Es ist darauf zu achten, dass die Lernenden untereinander wertschätzend, respektvoll, aufbauend und tolerant umgehen. Zusätzlich gilt dies auch für den Umgang mit sich selbst: Die Art und Weise, wie jemand über sich selbst urteilt, sich selbst fordert und korrigiert und mit sich selbst wertschätzend umgeht, braucht Achtsamkeit.

«a wie anerkennend»


Anerkennen heißt: loben, Toleranz zeigen, respektvoll sein, Wertschätzung zeigen für das, was jemand ist und zeigt, sowie großzügig sein.

Diese Anerkennung ist nicht nur den beteiligten Personen (Lehrpersonen, Teilnehmende, Lernende) untereinander geschuldet, sondern auch sich selbst gegenüber.

Didaktische Möglichkeiten

•Ermuntern und unterstützen.

•Regeln vereinbaren, die vorher mit den Lernenden ausgehandelt wurden. Auf die Regeln und mögliche Sanktionen hinweisen, wenn ein Regelverstoß beobachtet wird.

•Schnell und deutlich reagieren, wenn jemand abgewertet oder verurteilt wird.

•Bei Präsentationen von Gruppenarbeiten alle Lernenden ihre Beiträge einbringen lassen. Zurückhaltenden Lernenden dafür wohlwollende Brücken bauen (z. B. «Sie haben da vorher etwas erwähnt, was ich interessant finde, können Sie das den anderen noch kurz erklären?»).

•Kreative und originelle Wege der Erarbeitung und Präsentation schätzen.

Merkmale guten anerkennenden Unterrichts

•Alle werden als wertvolle Persönlichkeiten respektiert.

•Es wird mehr Zutrauen als Misstrauen gezeigt.

•Es wird mehr vertraut als kontrolliert.

•Es wird mehr zugemutet als entmutigt.

•Es wird mehr gelobt als kritisiert.

«r wie ressourcenorientiert»


Konsequente Ressourcenorientierung führt dazu, dass auf dem Vorhandenen und den Erfahrungen der Lernenden aufgebaut wird. Diese Haltung steht in großem Gegensatz zum defizitorientierten Fehlersuchen, das viele Lehrpersonen bevorzugen. Die Würdigung und Repetition des Vorhandenen in der Gruppe stärkt gleichzeitig das Vorwissen und führt bereits vor der eigentlichen Themenerarbeitung zu einem wesentlichen Entwicklungsschub aller Beteiligten.

Didaktische Möglichkeiten

•Bereits am Anfang einer Kurseinheit mittels Advance Organizer aufzeigen, wo das Thema verortet ist.

•Vorwissen und Vorerfahrung in Kleingruppen reaktivieren und mit der gesamten Gruppe strukturieren und sichtbar machen.

•Bei Aufgabenstellungen darlegen, welche Ressourcen für die Lösung benötigt werden.

•Bei der Korrektur bzw. Bewertung von Lösungen vor allem herausschälen, was bereits richtig vorhanden ist, und dies beim Feedback deutlich benennen.

•Für die gezielte Erfassung von Kompetenzen: Kompetenzraster benennen Ressourcen und Performanzen, das hilft bei der Selbst- und Fremdeinschätzung.

•Für die gezielte Erfassung von Soft Skills: Gegenseitig Kompetenzen in Erzählungen aufzeigen und damit bewusst machen hilft ebenfalls bei der Selbst- und Fremdeinschätzung.

•Bei Lehrgesprächen Bezug auf früher geäußerte Erfahrungen und Beiträge von Lernenden nehmen und diese in die Ausführungen einbauen.

Merkmale guten ressourcenorientierten Unterrichts

•Die Unterrichtsgestaltung ist so offen angelegt, dass alle Beteiligten an eigene Anwendungskontexte, Lernerfahrungen und Lernschwierigkeiten anknüpfen können.

•Beim Feedback wird angemessen gelobt.

•Fehler werden positiv aufgenommen, und es wird daraus gelernt.

•Gelerntes und Erfahrenes wird (mit-)geteilt und gezeigt;

•Botschaften werden immer auch mit Bezug zur Selbstoffenbarung gesehen.

•Wo Emotionen sind (positiv oder negativ), ist auch Engagement – und dieses Engagement wird gewürdigt.

«b wie beziehungsorientiert»


Beziehungsorientiert zu unterrichten, ist im Bildungsalltag eine spezielle Herausforderung, weil eine Lehrperson es meist mit großen Klassen zu tun hat und sie nicht mit jedem Einzelnen ins Gespräch kommen kann. Eine Beziehung wird indes auch durch die Körperhaltungen und die Gesprächsinhalte beeinflusst. Deshalb ist selbst in großen Gruppen spürbar, ob die Beziehungsebene stimmig ist.

Didaktische Möglichkeiten

•Zum Einstieg jeder Person die Möglichkeit geben, etwas über sich selbst zu erzählen, und auch etwas Persönliches als Lehrperson preisgeben (Vorstellungsrunde, Lieblingsbild oder Lieblingsgegenstand auswählen und vorstellen, den persönlichen Zugang zum Thema erzählen).

•Bei Beiträgen im Plenum tendenziell das Gesagte stehen lassen und nicht inhaltlich widersprechen. Wertschätzender ist es, sich für den Beitrag zu bedanken und eventuell ein Gefühl dahinter anzusprechen – ohne weiter in die Diskussion zu gehen.

•Generelles Auftreten nonverbal: eher auf Empfang als auf Sendung gehen und sich offen für das zeigen, was die anderen äußern. Blickkontakt suchen und sich der Gruppe und dem Einzelnen zuwenden. Auf Nähe achten, ohne die Minimaldistanz zu unterschreiten.

•Generelles Auftreten verbal: schnelle Bewertungen und das Wort «aber» vermeiden. Worte, Bilder, Gefühle aus Teilnehmerbeiträgen aufgreifen und weiterspinnen. Dabei darauf achten, dass auch andere zu Wort kommen, und nicht zu lange reden.

Merkmale guten beziehungsorientierten Unterrichts

•Es wird viel gelacht.

•Es wird in unterschiedlichen Gruppenzusammenstellungen gearbeitet.

•Die Lehrperson ist mittendrin.

•Es wird zwischen eigenen und fremden Emotionen unterschieden.

•Es ist eine Bereitschaft zum genauen Zuhören spürbar.

•Mit der Sprache wird genau und sorgfältig umgegangen.

•Das Auftreten wirkt freundlich, entgegenkommend und aufmerksam.

•Feedback und Kritik sind willkommen und werden ernst genommen.

«o wie ohne Druck»


Wenn freiwillig bezeichnungsweise intrinsisch motiviert gelernt wird, braucht es keinen Druck seitens der Lehrperson. Natürlich ist das nicht immer der Fall. Besonders bei Pflichtunterricht muss damit gerechnet werden, dass die Lernenden von sich aus wenig bis nichts tun. Die Lehrperson ist dann stark versucht, Druck auszuüben und Sanktionen anzudrohen. Dabei würde es vermutlich mehr helfen, wenn erst Druck weggenommen würde und die Lernenden eine Chance erhielten, Motivation und Interesse aufzubauen.

Didaktische Möglichkeiten

•Mit attraktiven und interessanten Themen beginnen.

•Zu Beginn die Lernenden fragen, was ihnen der Kurs im besten Fall bringen könnte.

•Wenige Regeln zum Umgang miteinander vereinbaren und den Lernenden im Übrigen viel Freiheit lassen. Dabei aber klar aufzeigen, was das geforderte Minimum ist.

•Um die Bereitschaft mitzubringen, an den eigenen Soft Skills zu arbeiten, braucht es häufig einen gewissen Leidensdruck. Der Druck soll durch gezielte und bewusste Konfrontation dosiert erzeugt werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Konfrontation ausschliesslich in Kombination mit hoher Akzeptanz funktioniert.

Merkmale guten druckfreien Unterrichts

•Es ist mehr von Angeboten als von Forderungen die Rede.

•Es ist Zeit, viel Zeit vorhanden.

•Die intrinsische Motivation wird gestärkt.

•Widerstand wird nicht gebrochen, sondern umgangen oder es wird damit gearbeitet.

•Der Horizont wird erweitert, nicht eingeengt.

•Weigerung, Widerstand und Ablehnung werden toleriert.

•Mehr Verführung, weniger Manipulation.

«w wie wertebasiert»


Jeder Mensch braucht in seinem Leben Sinnhaftigkeit. Wenn Lehrpersonen von Lernenden erwarten, dass sie Sinnloses tun, zerstören sie Motivation. Wenn sie dagegen an den Werten und Wichtigkeiten der Lernenden ansetzen können, dann steigt die intrinsische Motivation, zu lernen.

Die Lehrperson ist auch hier Vorbild: Wenn es ihr gelingt, ihre eigenen Leitwerte wie Wahrhaftigkeit, Pünktlichkeit oder Gründlichkeit vorzuleben, gelingt es auch eher, solche Haltungen von anderen einzufordern. Das dem Komiker Karl Valentin zugeschriebene Bonmot «Wir brauchen unsere Kinder nicht erziehen, sie machen uns sowieso alles nach» beschreibt diesen Sachverhalt treffend.

Didaktische Möglichkeiten

•Das Lebensmotto mit (Lebens-)Geschichten illustrieren lassen – die Lernenden erfahren so voneinander, welches die Leitwerte der anderen sind. Die Erkenntnis, dass Menschen alle ähnliche Werte anstreben, ist verbindend.

•Unterschiedliche Werte thematisieren und in einen Kontext stellen. Werte als subjektiv anerkennen, diese Subjektivität transparent machen.

•Konkurrierende Werte benennen lassen und begründen, weshalb der eine oder der andere Wert in der spezifischen Situation Vorrang erhalten soll.

•Gemeinsam mit den Teilnehmenden die Bedeutung des bearbeiteten Themas erschließen (die exemplarische Bedeutung, die Bedeutung für die Gegenwart sowie die Bedeutung für die Zukunft).

•Einschränkungen vermeiden wie: «Wir machen das jetzt einfach so», «Das muss man halt so machen», «Es geht nicht anders», «So machen es alle», «Das galt schon immer».

Merkmale guten wertebasierten Unterrichts

•Allen wird zugehört.

•Es darf über alles diskutiert werden.

•Wertungen dürfen sein, sie werden als subjektive Wortmeldungen ohne allgemeine Gültigkeit stehen gelassen (und sehr deutlich in die Subjektivität verwiesen, wenn sie destruktiv sind).

•Widerspruch ist erlaubt.

•Wenn jemand etwas für sinnlos hält, wird nicht insistiert.

«i wie involvierend»


Wer möchte, dass die Lernenden verstehen, muss dafür sorgen, dass sie sich selbst vollständig zum Lehrstoff in Bezug setzen können. Ziel ist eine «erlebbare Verständlichkeit». Deshalb sind Lernangebote draußen in der Natur, inmitten eines lebendigen Gruppengeschehens oder involviert in eine herausfordernde Situation am wirksamsten.

Eine Annäherung kann im Unterrichtszimmer direkt über berührende Erfahrungen hergestellt werden. Es hilft auch, irgendwann im Leben gemachte berührende Erfahrungen in Erinnerung zu rufen und mit anderen Personen intensiv zu teilen.

Didaktische Möglichkeiten

•Offene, aktivierende Fragen stellen, die die Lernenden auffordern, sich aktiv mit dem Lernstoff zu beschäftigen.

 

•Arbeitsaufträge, die die Lernenden zu eigenen Überlegungen und Vorgehensweisen führen.

•Situativ vorgehen: an Situationen des alltäglichen Lebens anknüpfen.

•Geschichten erzählen, aufrüttelnde Beispiele erzählen.

•Alle Sinne mit Bildern, Klängen, Materialien, Farben, Gegenständen, Körperübungen usw. ansprechen.

Merkmale guten involvierenden Unterrichts

•Es kommen alle zu Wort.

•Es werden alle Sinne angesprochen.

•Emotionen werden aufgegriffen und gewürdigt.

•Es wird an Praxissituationen gearbeitet.

•Spontane Äußerungen werden begrüßt.

•Es darf auch mal laut sein, auch mal chaotisch.

•Beiträge mit Bezug zur eigenen Erfahrung haben Vorrang.

•Auch Persönliches hat Platz.

«s wie Selbstständigkeit fördernd»


Erwachsene (und Jugendliche) lernen besser, wenn sie ihre Lernprozesse selbst mitsteuern können. «Selbst mitsteuern» wird unterschiedlich definiert; es ist von selbstgesteuertem, selbstorganisiertem (SOL), selbstverantwortetem und selbstsorgendem Lernen die Rede.

Grundsätzlich sollte jeder Unterricht hinführend zu mehr Selbstständigkeit und Mündigkeit gestaltet werden. Das setzt voraus, dass auf die Lernenden individuell eingegangen wird, damit jede/r an die eigenen Möglichkeiten anknüpfen und darauf aufbauen kann.

Didaktische Möglichkeiten

•Selbstgesteuertes Lernen ermöglichen. «Denken Sie das Lernen Ihrer Teilnehmer von ihrer Selbstbewegung her, zu der Sie einladen und für die Sie Raum geben» (Arnold 2015, S. 65).

•Anregungen bieten, das eigene Lernen und die eigenen Lernwege-Entscheidungen besser zu erkennen und zu nutzen.

•Unterstützung dabei anbieten, den eigenen Lernstand zu erkennen und sich selbst Entwicklungsziele zu setzen.

•Einzelarbeit und Arbeit in Lerngruppen ermöglichen.

•Möglichkeiten aufzeigen und Erfolgserlebnisse ermöglichen.

Merkmale guten Selbstständigkeit fördernden Unterrichts

•Die Lernenden entscheiden selbst, welche Lernwege sie wählen.

•Die Lernenden machen so viel wie möglich selbst.

•Die Lehrperson gibt so viel Hilfe wie nötig und so wenig wie möglich.

•Die Rollen in der Lerngruppe werden flexibel verteilt, sodass alle alles machen können.

•Alle Beteiligten haben Zugang zu den Lernressourcen wie Medien, Materialien, Informationen, Arbeitsplätzen usw.

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